6x jährlich informiert unsere Zeitschrift, das FriedensForum, über Aktionen und Kampagnen der Friedensbewegung. Gerne schicken wir dir ein kostenfreies Probeexemplar zu.
"Daumen drauf!"
vonDas Bundesamt für Wehrverwaltung hat in einer Dienstanweisung die Leiter der Kreiswehrersatzämter verpflichtet, sich um die Anträge von Zeit- und Berufssoldaten besonders zu kümmern. Sie haben über den Eingang von KDV-Anträgen dieses Personenkreises sofort dem Bundesamt für Wehrverwaltung unter Angaben von Namen, Personenkennziffer, Dienstgrad und Einheit des Antragstellers zu berichten. An einer persönlichen Anhörung des Antragsstellers haben die Leiter oder ihre Vertreter teilzunehmen. Wenn der Antragsteller anerkannt wird, ist die Entscheidung über einen Rechtshilfeverzicht oder die Einlegung des Widerspruchs dem Leiter des Kreiswehrersatzamtes entzogen.
Er muß die Wehrbereichsverwaltung fragen. Wird der Antragssteller auch im Widerspruchsverfahren als Kriegsdienstverweigerer anerkannt, trifft die Entscheidung über eine eventuelle Anfechtungsklage das Bundesamt für Wehrverwaltung, dem der Widerspruchsbescheid sofort per Telefax mit einem Entscheidungsvorschlag vorzulegen ist. Vor Entscheidungen über Rechtsbehelfe wird die zuständige personalbearbeitende Dienststelle des Soldaten, der einen KDV-Antrag gestellt hat, gefragt. Soweit der Tatbestand, um den es geht.
Man muß wissen: Die Ausschüsse und Kammern für KDV werden von Beamten oder Angestellten der Bundeswehrverwaltung geleitet. Ihre Dienstvorgesetzten sind die Leiter der Kreiswehrersatzämter und die Wehrbereichsverwaltungen. Diese Dienstvorgesetzten entscheiden über dienstliche Beurteilungen, Versetzungen, Beförderungen. Allein dadurch stehen die Vorsitzenden, obwohl sie von Gesetzes wegen an Weisungen nicht gebunden sind, immer unter einem gewissen Druck ihrer Behörde, die nun ihrerseits dem Bundesminister der Verteidigung und damit den militärischen Interessen untersteht. Der damit gegebene Interessenkonflikt zwischen der Verantwortung für die Wahrung des Grundrechts der KDV einerseits und den militärischen Interessen andererseits wird natürlich verschärft, wenn die Leiter der Kreiswehrersatzämter oder ihre Vertreter an den Verhandlungen teilnehmen und Entscheidungen jeweils der nächsthöheren Instanz vorgelegt werden müssen. Für die antragstellenden Soldaten kommt hinzu, daß ihre Stammdienststellen eingeschaltet werden. Alles kann man zusammenfassen als institutionellen Druck auf die antragstellenden Soldaten und die Vorsitzenden der weisungsunabhängigen Ausschüsse und Kammern für KDV.
Der Erlass regelt, daß die Entscheidungen nach _ 18, 2 KDVG dem verantwortlichen Ermessen der zuständigen Stellen entzogen und in der Hierarchie der Bundeswehrverwaltung nach oben verlegt werden. So etwas kann eine Behörde machen, wenn die zuständigen unteren Behörden nicht ordentlich funktionieren. Das wäre auch nicht uninteressant. Da es aber um die Anträge von längerdienenden Soldaten geht, ist es wohl der Versuch, Soldaten bei der Fahne zu halten, die sie verlassen wollen. Was heute gegenüber denen geschieht, die sich mindestens 6 Jahre verpflichtet haben, kann morgen gegenüber allen geschehen.
Die Anwesenheit von Vertretern der Verwaltungsbehörden, denen die Dienstaufsicht obliegt, ist nur zum Zwecke der Dienstaufsicht erlaubt. Das Verfahren vor den Ausschüssen ist nämlich nicht öffentlich (_ 10 KDVG). In Hannover ist gerichtlich entschieden worden, daß der Leiter des Kreiswehrersatzamtes kein Recht hat, an den mündlichen Verhandlungen des Ausschusses für Kriegsdienstverweigerung teilzunehmen.
Gegen die Kritik der neuen Dienstanweisung hat die Bundeswehrverwaltung die Ausrede versucht, es ginge hier um Maßnahmen der Dienstaufsicht, um neue Vorsitzende bei ihrer Tätigkeit zu überprüfen. Dagegen spricht der gesamte Wortlaut. Ich zitiere: "Betreff: Kriegsdienstverweigerungsverfahren: hier: Widersprüche/Klagen gegen Entscheidungen der Ausschüsse und Kammern für Kriegsdienstverweigerung bei KDV-Anträgen von Berufssoldaten und SaZ mit einer Verpflichtungszeit von 6 und mehr Jahren." Der Gegenstand ist damit klipp und klar bezeichnet. Es geht nur um eine bestimmte Gruppe von KDV-Antragstellern, auf deren Verfahren eingewirkt werden soll, nicht um bestimmte Vorsitzende.
Der Vorgang zeigt das besondere Interesse an den längerdienenden Soldaten. Ihnen soll das KDV-Recht erschwert werden. Ich halte das für die Vorbereitung einer Berufsarmee, die als Interventionsarmee für Kriege in aller Welt eingesetzt werden soll. Es ist klar, daß diejenigen Soldaten, die sich vor Jahren zum "Friedensdienst mit Waffen" verpflichtet haben, natürlich Probleme bekommen, wenn sie nicht mehr dem Frieden dienen, sondern sogenannte Interessen mit Interventionskriegen in aller Welt "verteidigen" sollen. Damit sie dann nicht verweigern, soll ihnen die KDV erschwert werden. Es geht um den Übergang von einer Friedenspolitik zu einer Interventionspolitik in aller Welt. Vor diesem Hintergrund ist die Diskussion über die Änderung des Grundgesetzes für Blauhelmeinsätze, für Uno-Einsätze im Bündnis oder wie immer das dann formuliert wird, besonders kritisch zu sehen. Die Bundeswehr bereitet eine Söldnerarmee vor, die mit langen Dienstzeiten als Kriegstruppe in alle Welt geschickt werden kann. Wie es immer bei Söldnern war, gilt dabei "Wer auf diese Fahne schwört, hat nichts mehr, was ihm selber gehört". Selbst im Grundgesetz garantierte Menschenrechte versucht man einzuschränken. Ein ungeheuerlicher Vorgang, der nicht scharf genug kritisiert werden kann. Wehret den Anfängen! Und warnt alle, die freiwillig zur Bundeswehr wollen!