Mit Walter Jens ist ein Großer gegangen

von Mani Stenner

Walter Jens war nicht nur ein großer Intellektueller. Er war ein großer Engagierter, der auch die Geschichte der Friedensbewegung und das Aufbegehren für mehr Partizipation und Demokratie in der Bundesrepublik mitgeprägt hat.

Seit der Blockade des Atomraketenstützpunkts Mutlangen im September 1983 haben Walter und Inge Jens die Initiativen für Frieden und Abrüstung kontinuierlich unterstützt und der Friedensbewegung in Aktionen beigestanden und in Appellen und Konferenzen radikale Abrüstung und Entmilitarisierung des Denkens gefordert.

Sprachgewaltige Stimmen wie die von Walter Jens gegen Gewalt und Krieg vermissen wir aus der intellektuellen Elite Europas bei den derzeitigen militärischen Interventionen und Kriegsbeteiligungen unserer Regierungen schmerzlich.

Die langjährige Demenzerkrankung unseres Weggefährten und die großen persönlichen Belastungen der häuslichen Pflege hat seine Familie offen dargestellt. Das war auch für mich (u.a. bei einem längeren Telefonat mit Inge Jens) sehr bewegend und tat weh. Mit der Trauer und dem Mitgefühl um den Tod von Walter Jens verbindet sich eine große Bewunderung für Inge Jens.

Der Deutschlandfunk hat kürzlich ein Interview nochmals ausgestrahlt, das der Sender mit Walter Jens anlässlich seines 70sten Geburtstags im Jahr 1993 geführt hatte. Es enthält viele Beispiele für seine rhetorische Eloquenz und seine politische Gradheit und kann uns Mut machen:

Zur Mutlangenblockade und seiner Verurteilung wegen Nötigung:
"Ich wusste schon, warum ich mich da in Mutlangen hinsetzte, in Kauf nehmen musste, dass manche sagen, also jetzt versagt seine Stimme, jetzt versucht er`s mit dem Hintern. Es war nicht ganz so. Es war eine zeichenhafte, eine gestische, auch eine rednerische Argumentation, die die amerikanischen Soldaten sehr viel besser verstanden als die Richter. Amerikanische Soldaten warfen uns zum Teil kleine Zettel zu, worauf stand: `Wir sind mit Sie. We shall overcome`."

Zum Erfolg des Redens:
"Die vermittelte Politik, das Reden und Schreiben, das denkende Argumentieren, Poesie und Rhetorik, verändert das Bewusstsein im Maßstab der Jahrzehnte und nicht der Tage."

Zur Wiedervereinigung und Wolfgang Biermanns damalige Polemik gegen den brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe im Spiegel:
"Diese Art von Rechthaberei hat es früher nie gegeben. Was mich im Augenblick am meisten empört ist die erinnerungslose Rechthaberei von Konvertiten. Mich bekümmert die Siegerpose der einen sehr, mehr noch die Demutshaltung vieler, die sich als besiegt empfinden und in überwältigender Mehrheit ihrem Leben nach - ich rede nicht von den Stasi-Schurken - keinen Grund dazu haben."

Zum Einfluss der "Gedankenfrauen und Gedankenmänner":
"Unser Geschäft ist wichtig. Wir können nicht im Augenblick mit unseren Vorstellungen einen Krieg verhindern. Leider nicht. Wir können kaum bessere Gesetze durchsetzen. Aber wir können das Bewusstsein verändern und auf diese Weise vielleicht doch ein klein wenig unserer Grenzen bewusst zur Moralisierung der Gesellschaft beitragen."

Alle Zitate von Walter Jens aus:
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2013/06/16/dlf_20130616_1705_7...

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