Buchbesprechung

Rechtspopulismus, Arbeitswelt und Armut

von Christine Schweitzer

Der Aufstieg der extremen Rechten in vielen europäischen Ländern wird gerne in Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Situation in den betroffenen Ländern, besonders der Zunahme relativer Armut und der Zahl jener, die ohne feste Beschäftigungsverhältnisse ihr Leben fristen müssen, in Verbindung gebracht. Das von den Rechtsextremismus-ExpertInnen Christoph Butterwegge und Gudrun Hentges herausgegebene Buch beschäftigt sich mit diesen Zusammenhängen. Nach einer ausführlichen Einleitung zum Thema durch Butterwegge folgt als Hauptteil die Darstellung der Ergebnisse eines Forschungsprojektes (‚SIREN’), das rechtspopulistische Einstellungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz untersuchte.

Das Forschungsprojekt stellte fest, dass es eindeutige Beziehungen zwischen rechtspopulistischem Gedankengut und den wirtschaftlichen Verhältnissen gibt, in denen Menschen leben. Dies gilt nicht nur für jene, die sich in sog. ‚prekären’ (Hartz 4, Billiglohnjobs etc.) Verhältnissen befinden, sondern auch für andere, die z. B. ihre Arbeit durch betriebliche, mit der Globalisierung in Zusammenhang gebrachte Reformen als entwertet erlebten. Interessant ist, dass die Einstellungen (z. B. Verankerung der Schuld bei denjenigen, die nicht der eigenen Nation angehören) nicht unbedingt auch zum Wählen der entsprechenden rechtsextremen Parteien führen. (Diese Parteien wiederum haben sich erst in den letzten Jahren des Themas der Armut angenommen und versuchen, die Verbitterung der ‚Modernisierungsverlierer’ sich zu Nutze zu machen.)

Das Buch beginnt mit einer ausführlichen Einleitung zum Thema durch Christoph Butterwegge. Im zweiten Teil des Buches werden dann die Ergebnisse des Forschungsprojektes vorgestellt, wobei die Darstellung der Argumentationen einzelner Befragter eine gute Einsicht in die Gedankenwelt und die vermuteten Zusammenhänge zwischen Armut und Rechtspopulismus gibt. Leider weisen die AutorInnen nur in kurzen Anmerkungen darauf hin, dass es viele Menschen mit identischen Erfahrungen gibt, die deshalb nicht die als rechtspopulistisch eingestuften Einstellungen teilen. Dieser Befund scheint mir in dem Forschungsprojekt ein wenig unterbelichtet zu bleiben, obwohl er eigentlich ein eindeutiger Hinweis darauf ist, dass Armut oder Verarmung als solche eben keine hinreichende Erklärung für Rechtsextremismus darstellen. Es ist deutlich, dass die Erfahrungen in der Arbeitswelt einen Einfluss auf die politische Orientierung haben. Aber erklären tun sie sie nicht.

Der dritte, abschließende Teil des Buches setzt in drei Beiträgen die Diskussion des zweiten Teiles fort und schaut sich spezifisch die Rolle von Gewerkschaften und Probleme in Ausbildungsbetrieben an.

Das Buch ist eindeutig von wissenschaftlichem Charakter und keine Einführung in das Thema. Dennoch ist es gut und verständlich geschrieben und von daher all jenen zu empfehlen, die sich mit den Zusammenhängen zwischen Armut und Rechtspopulismus näher auseinandersetzen wollen.

Butterwegge, Christoph und Hentges, Gudrun (Hrsg.) (2008) Rechtspopulismus, Arbeitswelt und Armut. Befunde aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Opladen & Farmington Hills: Verlag Barbara Budrich. ISBN 978-3-86649-071-0. 306 Seiten. EUR 24,90

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Christine Schweitzer ist Co-Geschäftsführerin beim Bund für Soziale Verteidigung und Redakteurin des Friedensforums.