Reservist verweigert Kriegsdienst

von Markus Franzen

Der Kriegsbeginn am Persischen Golf am 16.1.91 ließ mich über meine Kriegsdienstverweigerung und über den Sinn und Unsinn einer Armee überhaupt nachdenken. Da die Regierung nach Beendigung des Golf­krieges den Einsatz der Bundeswehr außerhalb des NATO-Gebietes plant, möchte ich einige Argumente gegen ein bundesdeutsches Militär anführen.

 

"Die Bundesrepublik braucht Militär, damit sie in Zukunft ihre Verantwortung innerhalb der UNO- Völkergemein­schaft wahrnehmen kann."?

 

Deutsche Soldaten haben in zwei Welt­kriegen gekämpft und ihren Nachbar­staaten vielfaches Leid zugefügt. Bun­desdeutsche Giftgaswaffen sind am 16.3.88 gegen irakische KurdInnen ein­gesetzt worden, denen 20.000 Menschen zum Opfer fielen. Dieselben Waffen be­drohten die PalästinenserInnen in den besetzten Gebieten und die Israelis im Golfkrieg.

Ich meine, daß es bundesdeutsche Ver­antwortung ist, Frieden zwischen den Völkern zu stiften. Das beinhaltet, daß Truppentransporte sowie Waffenexporte egal welcher Art in andere Staaten als Menschenrechtsverletzung geahndet werden sollten. Firmen wie Siemens, MBB und andere (vgl. Broschüre der Bonner Verbraucherzentrale) sollten Reparationszahlungen an alle Kriegsop­fer zahlen.

Welche Möglichkeiten gibt es, Rü­stungsexporte in andere Staaten zu verhindern?

Die Bundesregierung sollte einen Arti­kel in das Grundgesetz aufnehmen, nach dem Waffenexport als Verstoß gegen das Menschenrecht bezeichnet wird.

Die bundesdeutschen Verbraucherinnen und Verbraucher sollten Produkte der Firmen, die am Krieg verdient haben, nicht mehr kaufen. (Informationen bei: Die Verbraucherinitiative, Breite Str. 51, 53 Bonn 1.)

"Die BRD braucht ein Militär, das im Rahmen der UNO-Truppen kämpft, um Völkerrechtsverletzungen zu verhin­dern."?

Ich halte es grundsätzlich für falsch, Völkerrechtsverletzungen durch Einsatz militärischer Mittel zu begegnen. Im Golfkrieg haben die Aliierten unter Füh­rung der USA ca. 80.000 Bombenein­sätze mit Splitterbomben, Napalmbom­ben und Benzinbomben gegen irakische Städte geflogen, in denen ca. 150.000 ZivilIstinnen umgekommen sind. Die hohe Zahl der Toten ist eine Völker­rechtsverletzung genauso wie die Anne­xion Kuwaits durch Saddam Hussein.

Wenn die BRD das Grundgesetz dahin­gehend ändert, daß in künftigen Kriegen Bundeswehrsoldaten unter UNO-Hel­men mitkämpfen dürfen, dann beteiligt sie sich unmittelbar am Völkermord. Mittelbar hat sie dieses bereits durch die Waffenlieferungen an den Irak und an Israel sowie durch die Finanzmittel an Syrien, Israel und die Türkei getan.

Neben diesen Verletzungen des Völker­rechts hat es im Schatten des Golf­krieges weitere gegeben.

Im UN-Teilungsplan von 1947 sollten im Gebiet des heutigen Israel zwei Staaten entstehen. Ein palästinensischer und ein israelischer. Dieser UN-Plan ist bis heute nicht verwirklicht worden. Die UNO hat mehrfach Resolutionen gegen den Staat Israel verhängt, in der dieser aufgefordert wird, die besetzten Gebiete im Ghazastreifen und im Westjordan­land zu räumen. Die PalästinenserInnen, denen die UNO dasselbe Recht auf einen Staat zuerkannt hat, sind gerade während des Golfkrieges massiv unter­drückt worden.

Die israelische Regierung verhängte eine Ausgangssperre in den besetzten Gebieten. Israelische Soldaten schossen auf Frauen und Männer, die sich dieser Anordnung widersetzten. Die israelische Regierung verteilte an die Palästinen­serInnen zu wenige ABC- Schutzmas­ken.

Der Golfkrieg hat gezeigt, daß der Ein­satz von Militär das Völkerrecht nicht erbringen kann, sondern nur neue Völ­kerrechtsverletzungen mit sich bringt.

Welche Alternativen zu einem militä­rischen Einsatz kann es geben, um Völkerrechtsverletzungen zu verur­teilen?

Das UNO-Handelsembargo hätte wei­terhin aufrecht erhalten werden sollen. Wenn Saddam Hussein die Kontrolle über das Erdöl in Kuwait gehabt hätte, und er keine Abnehmer dafür gefunden hätte, so wäre die Wirtschaft des Irak zugrunde gegangen.

Um künftige Kriege um Erdöl zu ver­meiden, ist es die Verantwortung der deutschen Industrie und der Verbrau­cherInnen, den Energieverbrauch und insbesondere den Ölverbrauch zu sen­ken. Dies kann geschehen, indem die BundesbürgerInnen weniger Auto fah­ren und stattdessen Nahverkehrsmittel benutzen.

Daneben sollte die deutsche Industrie die Nutzung alternativer Energiequellen vorantreiben, um vom Erdöl unabhängi­ger als bisher zu sein.

Gegen den Truppeneinsatz von Bun­deswehrsoldaten außerhalb des NATO-Gebietes halte ich Protestschreiben an die SPD- Bundestagsabgeordneten für sinnvoll. Darin könnten die BundesbürgerInnen gegen eine Änderung des Grundgesetzes protestieren.

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Markus Franzen ist 26 Jahre alt. Nach dem Abitur leistete er von Juni 1983 bis November 1984 seinen Grundwehr¬dienst. Er studiert Latein und katholi¬sche Theologie und will Lehrer werden.