Redebeitrag für den Ostermarsch in Frankfurt am 21. April 2025

 

- Sperrfrist: 21.04., Redebeginn: 13 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort –

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Wahrlich, wir leben in unruhigen Zeiten. In Zeiten multipler Krisen. In kriegerischen Zeiten. Wir ostermarschieren – zu allen Zeiten. Immer mit dem Ziel: Frieden fordern, wo Krieg vorbereitet wird. Gerechtigkeit fordern, wo Unrecht herrscht. Und gemeinsam laut sein, wo alleine schweigen gefährlich ist. Jetzt also wieder. 80 Jahre nach dem 8. Mai 1945. Der Tag, an dem der Hitlerfaschismus besiegt wurde. Die Befreiten wussten: Frieden und Antifaschismus – das gehört untrennbar zusammen. Sie schworen: Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! Der Schwur von Buchenwald – er steht auch hier auf dieser Bühne. „Nie wieder“ heißt: Keine Macht jenen Konzernen, die Krieg und Faschismus finanzierten. Kein Platz für Antisemitismus, Rassismus, Faschismus – nicht im Parlament, nicht in der Mitte der Gesellschaft. Keine Querfront. Faschismus ist und bleibt ein Verbrechen. eine Weltordnung, die sich durch Diplomatie, gegenseitiges Verständnis und friedliche Konfliktlösung unter strikten rechtlichen Verabredungen auszeichnet. Nie wieder Feindbilder! Nicht im Osten. Nicht im Westen. Nicht in unseren Köpfen!

Einer der befreiten Häftlinge von Buchenwald war Emil Carlebach, Frankfurter, Kommunist, Journalist, Antifaschist. Keine Straße, keine Schule ist nach ihm benannt. Er sagte angesichts der Frankfurter Trümmerlandschaft: „Nein, Tränen hatte ich nicht in den Augen – die hatten mir KZ und SS abgewöhnt. Aber das Herz krampfte sich doch zusammen: Was würde die Zukunft bringen?“ Für ihn war klar: „Anpacken. Aufräumen. Ausmisten. Materiell, personell und ideologisch; ein neues Deutschland schaffen, das nichts, aber auch gar nichts mit den Halbheiten und Schlechtigkeiten jener Republik von Weimar gemein haben dürfte, die auf ihrem vergifteten Boden die faschistische Pest ausgebrütet hatte.“ Es schien möglich: Die Anti-Hitler-Koalition – USA, Großbritannien, Sowjetunion – skizzierte eine friedliche Nachkriegsordnung. Sie gründeten die UNO – als Antwort auf den Völkerbund, als Garant für Frieden. In Hessen wurde dieser Wille 1946 Verfassungswirklichkeit: – Friedensgebot, – Gemeineigentum statt Monopole, – Ächtung des Krieges.

Doch heute erleben wir: Diese Werte werden verraten. Verraten durch die hessische Landesregierung: – Rüstungsforschung an Hochschulen, – Offiziere in Klassenzimmern, – Friedensstimmen werden diffamiert, kriminalisiert. Sie brechen die Verfassung.Wir halten sie hoch!

1945 bildeten in Frankfurt alle demokratischen Kräfte gemeinsam Antifaschistische Ausschüsse. Sie beseitigten Trümmer, organisierten die Müllabfuhr, verteilten Wohnraum, kümmerten sich um Ärzte, kurz und gut, sie erweckten eine vom deutschen Faschismus zerstörte Stadt zum Leben. Doch der antifaschistische Konsens hielt nicht. Deutschland wurde gespalten. Die KPD wurde verboten. Alte Nazis kehrten in öffentliche Ämter zurück. So entstanden die Ostermärsche. Und wir waren da. Die VVN war da. 1985 sprach Bundespräsident Weizsäcker endlich aus: „Der 8. Mai ist der Tag der Befreiung.“ 1994 kehrte der Krieg nach Europa zurück – durch die NATO nach Jugoslawien. Wir sagten: Nein! 1999 legitimierte Joschka Fischer den Bundeswehreinsatz in Kosovo mit den Worten, Auschwitz sei unvergleichbar. Wieder standen deutsche Soldaten im Osten. Und wir marschierten zu Ostern. Wir sagen: Nein: Nie wieder Krieg – schon gar nicht mit deutscher Beteiligung!

Wir marschieren – Ostern für Ostern. Und immer wieder hören wir dieselben Lügen:– Die Kriegstreiber wollen angeblich Frieden, – Die Friedensbewegung? Diffamiert, – Die AfD? Missbraucht unsere Friedenstaube – um Verwirrung zu stiften. Wir sagen: Nein! Wir lassen uns nicht täuschen. Schon Georgi Dimitroff warnte 1935: „Faschismus tarnt sich als Anti-Kapitalismus – aber verrät die Massen.“ Wieso verfängt in der heutigen Zeit solche Propaganda? Die einen sinnieren über die Legitimität von Kriegseinsätzen oder die Friedensfähigkeit der NATO, die anderen wagen nicht, hinter Friedensfahnen zu laufen, sie könnten ja der AfD gehören. Kriegspropaganda wirkt!

Doch wir bleiben laut. Es bleibt dabei: Eine Welt des Friedens und der Freiheit ist möglich. Wir lassen nicht nach: die Stationierung neuer Raketen muss verhindert werden. Wenn Jugendverbände ‚Nein‘ zur Wehrpflicht sagen – was antworten WIR? Wir stehen hinter euch! Unsere Friedensfahnen zeigen wir auch am 1. Mai. Denn: Aufrüstung ist keine tragfähige Industriepolitik, Aufrüstung ist keine taugliche Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Am 8. Mai feiern wir 80 Jahre Befreiung – nicht als Geschichte, sondern als Auftrag! Denn eine Welt ohne Krieg ist möglich – wenn wir sie erkämpfen. Gemeinsam. Laut. Unnachgiebig. Ich rufe: Schwerter zu... ‚Pflugscharen!‘ – Genau! Und heute? Krankenhäuser statt Raketen! Schulen statt Panzer! Bis unser Schwur von Buchenwald endlich Wirklichkeit ist!

Bis dahin marschieren wir, Ostern für Ostern!

Vielen Dank.

 

Norbert Birkwald ist ein aktives Mitglied der VVN-BdA  (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten).