FF2009-5


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 Kriegsprofiteure

Nach einem außergewöhnlichen Jahr wird der Status Quo fortgesetzt

Die Rüstungs-Lobby unter Obama

Andrew Heaslet

Die USA stehen am Ende eines unruhigen Jahres. 2008 verbrachten wir mit den bislang teuersten Wahlen in der Geschichte, während gleichzeitig unsere Wirtschaft zusammenbrach. Es ist nicht ganz einfach, nach einem solchen Jahr eine typische, lineare Analyse vorzunehmen. Aber die Feststellung, dass die US-Rüstungslobby immer noch gleich viel Geld wie in den Jahren zuvor ausgibt, einschließlich des Rekordjahres 2008, kann nur zur Folgerung führen, dass diese Firmen a) wissen, dass Dollars für Lobbyarbeit Investitionen mit hohem Gewinn sind und b) wir den wirtschaftlichen und Wahl-Sturm sehr gut überstanden haben.





Hohe Gewinne

Die Bush-Administration bereitete den Weg für Rüstungsbauer in einer Zeit der Fülle. Zwischen 1999 und 2009 verdoppelte sich der Verteidigungshaushalt annähernd. Viele dieser Mittel gingen in "Erneuerungs"-Anstrengungen, wobei Unmengen an Geld in Waffen der Zeit des Kalten Krieges investiert wurden, um Krieg gegen Feinde der Ära des Kalten Krieges vorzubereiten. Dies in einer Zeit, in der wir Gruppen von Aufständischen bekämpften, deren effektivste Waffen schlicht als "Improvisierte Explosivwaffen" bekannt waren (und sind).

Die Aussicht nach den Wahlen 2008 bot kurzfristig die Möglichkeit eines anderen Kurses. Doch unglücklicherweise wurde diese Hoffnung schnell wieder zum Erlöschen gebracht, was teilweise auf aggressive Spendenkampagnen und Lobbyarbeit der Rüstungsindustrie zurückzuführen ist.

Hillary Clinton erzielte, obwohl sie noch nicht einmal den Sieg in der Demokratischen Partei davon trug, fast 400.000 USD Spenden aus der Rüstungsindustrie. Während der innerparteilichen Ausscheidungskämpfe war sie die bundesweit führende Empfängerin von Rüstungsgeldern und ihr Endergebnis war etwa um die Hälfte höher als was der republikanische Kandidat, John McCain, von diesem Sektor während des gesamten Wahlzyklus erhalten hatte (ca. 700.000 USD).

Die Zuwendungen der Rüstungsindustrie an Obama stieg schließlich über eine Million USD, was einen relativ kleinen Anteil an den 700 Millionen USD darstellt, die er insgesamt während der Wahlen an Spenden erhielt. McCain, der sich für eine öffentliche Finanzierung der Wahlen entschieden hatte, erzielte immer noch fast 400 Millionen insgesamt. Diese Zahlen bedeuten, dass die direkten Spenden der Rüstungsindustrie nur 0.175% bei McCain und 0.143% bei Obama ausmachen. Diese Prozentzahlen scheinen winzig, aber diese Spenden stellen nur ungefähr 10% der Gesamtspenden der Rüstungsindustrie 2008 dar. 20 weitere Millionen wurden für weniger teure Kongresswahlen im gesamten Land ausgegeben, wobei man sich Freunde bei anderen politischen Entscheidungsfindern machte, die letztendlich die Kontrolle über jeden Haushalt, den der Präsident vorlegen mag, haben.

Die Investitionen der Rüstungsindustrie zahlen sich aus, weil diese mit Wahlkampfspenden ein weites Netz auswirft und mit separaten Lobby-Bemühungen Folgearbeit leistet. Während die Firmen 23,7 Millionen Dollar für bundesweite Kampagnen ausgaben, betrug der Gesamtbetrag für Lobbyarbeit fast 150 Millionen! Die 23 Millionen Zuschüsse zu Wahlkampagnen würden an 14. Stelle in OpenSecrets.orgs Liste der industriellen Spender an Mitglieder des Kongresses in 2008 rangieren, wenn die drei Rüstungsbranchen (Luftfahrt, Elektronik und gemischte), die in dieser Quelle aufgeführt werden, zusammengefasst würden, vergleichbar mit "Versicherungen", "Immobilien" oder "Gesundheitsberufe". Verteidigung rangierte an 9. Stelle in den Lobby-Sektoren, gefolgt von Gesundheit, Finanzen, Energie, Kommunikation, Transport und `anderen speziellen Interessen`.

Platz 9 und 14 sind keine überwältigenden Positionen, aber das beschränkt nicht die eindrucksvollen Gewinne, die die politischen Investitionen der Industrie abwerfen. Der Haushaltsentwurf des Verteidigungsministeriums für 2010 ist ein früher Indikator dafür, was die Gewinne der Wahlen in 2008 für Zuwender bringen werden: Rund 200 Milliarden USD sind potentiell verfügbar für die Rüstungsindustrie: 13,5 Milliarden für militärische Bauvorhaben, 78,6 Milliarden für Forschung, Entwicklung, Tests und Evaluation und 107,4 Milliarden für Beschaffung. Diese Mittel schließen nicht die Milliarden ein, die der Industrie zur Verfügung stehen, um das amerikanische Nuklearwaffenarsenal zu pflegen, noch schließt es die Milliarden für Vertragsnehmer auf den Schlachtfeldern im Irak und Afghanistan ein.

Um diese Summen für Rüstungsprofiteure in Perspektive zu setzen: Diese fast 200 Milliarden, nur ein winziger Teil der US-Militärausgaben, sind ungefähr vier Mal so viel wie das, was das Weiße Haus im Haushaltsentwurf für das Außenministerium, also die Stelle, die für diplomatische Beziehungen mit dem Rest der Welt zuständig ist, vorgesehen hat!

Für politische Investitionen von weniger 200 Millionen Dollar bekommt die Rüstungsindustrie Zugang zu 200 Milliarden in Form von Verträgen! Die Summe, die notwendig ist, um Einfluss auf das Ausgabeverhalten der Regierung zu nehmen, ist beschämend klein im Vergleich zu den Summen, um die es geht. Und, wie der Haushalt dieses Jahres zeigt, ist es für die Rüstungsindustrie eine Investition, die sich lohnt.



Den Sturm aussitzen

Einer der Vorteile, die man als Vertragsnehmer einer Regierung hat, ist, dass Regierungsausgaben eines der ersten Instrumente ist, das eingesetzt wird, um die Wirtschaft zu sanieren. Unternehmen mit starken Verbindungen zu Regierungsverträgen haben den Vorteil, Geschäft mit einem Kunden zu machen, der seine eigenen Regeln aufstellen kann, sich so viel leihen kann, wie er mag und sogar, wenn nötig, Geld drucken kann.

In der Tat hielten solche Regierungsverträge viele Rüstungsunternehmen in der Zeit dieser schwierigen Rezession in den schwarzen Zahlen. Neben den Vorteilen, einen Kunden zu haben, der nicht Pleite machen kann, hat die Rezession der Rüstungsindustrie genutzt, weil Jobs (heißt: politische Währung) in solchen Zeiten ein extra Gewicht haben. Zum Beispiel wird die F-22 in 44 der 50 US-Staaten hergestellt und die C-17 in 42! Doch interessanterweise haben sich diese Verbindungen nicht nur als ein Vorteil sondern auch als ein Problem herausgestellt.

Nach weniger als 100 Tagen von Obamas Präsidentschaft erklärte sein Verteidigungsminister Robert Gates, dass sein "Ministerium glaubhaft sein Engagement und Führerschaft demonstrieren muss, Programme zu stoppen, die ihren Haushaltsansatz deutlich übersteigen oder die begrenzte Steuermittel ausgeben, um mehr Kapazitäten anzuschaffen, als die Nation braucht". Damit kündigte er Pläne an, verschiedene teure Posten aus dem Verteidigungsetat zu streichen oder zu reduzieren, darunter der Verzicht auf den F-22 Raptor und den VH-71 Präsidentenhubschrauber. Das C-17 Transportmaschinenprogramm soll auslaufen und Ausgaben für Raketenabwehr und zukünftige Kampfsysteme sollen reduziert werden.

In der gleichen Rede erläuterte er, dass der Verteidigungshaushalt immer noch 4 % höher sein werde als der des Vorjahrs. Doch wenn man nach den Reaktionen der Auftragnehmer und dem Aufschrei einiger Konservativer geht, dann bekommt man, fünf Monate später, den Eindruck, dass der Minister vorgeschlagen habe, wir sollten für das Militär überhaupt kein Geld mehr ausgeben. Doch nichts könnte natürlich weiter von der Wahrheit entfernt sein.

Boeing, dessen militärisches Hauptquartier in meiner Heimatstadt St. Louis liegt, scheint besonders von einigen der Änderungen, die Gates vorgeschlagen hat, betroffen zu sein, denn diese Firma hat Verbindungen zu vier der fünf oben erwähnten Programme. Doch es ist auch ein Hersteller von Waffen, die der Verteidigungsminister weiterhin leidenschaftlich unterstützt, besondern unbemannten Fluggeräten und Dronen.

Wenn Gates es damit ernst meinen würde, Verschwendung zu stoppen, dann hat er seine Aufgabe schlecht angefangen. Oder er hat bedenklich die politische Macht unterschätzt, die die Verteidigungsindustrie aufbringen kann.

Unmittelbar nach seiner Ankündigung begannen die Räder des mächtigen militärisch-industriellen-Kongress-Komplexes zu rollen. Meinungsäußerungen wurden (und werden) laut, dass dieser Haushalt unsere Nation gegenüber einem Angriff verwundbar mache. In St. Louis sind Medien, Arbeitnehmervertreter und Politiker, die sich manchmal nicht einmal darauf einigen können, auf welchem Weg man unsere berühmte Arche erreicht, auf engen Bühnen in Unterstützung von Programmen zusammengepfercht, die Minister Gates ändern oder beenden wollte.

Vielleicht wollte Gates einfach nicht mehr abbeißen, als er schlucken konnte, doch er und Obama mussten kämpfen, um wenigstens ihre bescheidenen Einschnitte zu verteidigen. Von Seiten des Weißen Hauses und des Senats sind inzwischen mehr C-17 und F-18 als ursprünglich vorgeschlagen in den Haushalt aufgenommen worden; ebenso wie Mittel für zusätzliche Ausgaben für einige der fragwürdigeren Aspekte des Raketenabwehrprogramms.

Wie Bloomberg.com berichtet: "Präsident Barack Obama sagte, dass er ein Veto gegen den Verteidigungshaushalt einlegen werde, sofern der Kongress in ihn Ausgaben für Käufe vorsehen würde. von denen er sagte, dass sie nicht benötigt würden." Das ist ein ermutigendes Zeichen, doch man muss sich fragen, wie viel politisches Kapital der Präsident bereit ist, auf eine Handvoll von Dingen innerhalb eines populären Verteidigungshaushaltes zu setzen, während er mit der Durchsetzung von kontroverseren Dingen wie Gesundheits- und Umweltreform im Kongress befasst ist.

Unabhängig von den Veto-Drohungen des Präsidenten scheint es, dass selbst das Bestfall-Szenario uns mit einem weiter wachsenden Verteidigungshaushalt zurücklässt. Die Dinge sehen nicht zu schwarz für die Rüstungsindustrie aus. Während sie während der letzten Monate ein paar kleine Rückschläge hinnehmen mussten, scheint mit der richtigen Kombination von Lobbyarbeit, Spenden und politischen Manövrierens ihre grundlegende Struktur den Sturm einer Wahl und der gleichzeitigen Rezession ziemlich gut überstanden zu haben. Ihre Arbeit und ihre Profite gehen weiter - wie die Anstrengungen der Anti-Kriegsprofiteur-AktivistInnen.



Andy Heaslet ist der Koordinator des in St. Louis (MO, USA) angesiedelten Peace Economy Projects. Er hat einen BA in `Wissenschaftstechnologie und Gesellschaft` von der Butler Universität mit Mathematik und Ethnologie als Nebenfächern. Andrew hat verschiedene Artikel für lokale Printmedien wie für nationale und internationale Magazine und Rundbriefe geschrieben und ist Kommentator in lokalen und nationalen Radio- und Videoprogrammen.

Übersetzung: CS

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