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"Nicht länger Lernort zum Töten!"

Ostermarschierer in der Senne: "Hövelhofer Appell"

Hartmut Linne

Zum "Ostermarsch Senne" am Karsamstag, der zentralen Veranstaltung in Ostwestfalen-Lippe, hatten sich rund 120 Aktive aus Friedensgruppen, Gewerkschaften, der Partei Die Linke und der DKP in Hövelhof (Kreis Paderborn) versammelt. Das Motto ihres diesjährigen Aufrufes lautete: "Entrüstet Euch! - Militär: Zeit zu gehen, aus Afghanistan, aus der Senne, aus unserem Leben ...". Mit der Verabschiedung des "Hövelhofer Appells" wurde die sofortige Einstellung der Kriegstrainings in "Kampfdörfern" auf dem Truppenübungsübungsplatz Senne, das Ende militärischer Gewalt und eine ausschließlich zivile Nutzung des Senne-Terrains als Nationalpark gefordert.

An der abgesperrten Panzerringstraße mit dem Blick auf eines der jüngst neu errichteten "Kampfdörfer", in denen einige Tausend in der Senne stationierte britische Soldaten für den Häuserkampf im Afghanistankrieg ausgebildet werden, begründete Hartmut Linne von der "Paderborner Initiative gegen den Krieg" die Wahl des Treffpunktes: "Wir haben uns hier versammelt, weil wir meinen, dass es wichtig ist, an den Ort zu gehen, an dem seit 120 Jahren für Krieg geübt wird." Damit müsse nun endlich Schluss gemacht werden. Ein unmittelbarer Anwohner des Truppenübungsplatzes berichtete von unerträglichem Lärm aus einem der angrenzenden Kampfdörfer, lauten Kommandos und Detonationen, die seine "vier Wände erzittern" lassen. Den Ansprachen folgten ein Friedensgebet durch Mitglieder von "Pax Christi" und die Niederlegung von Buchsbaumzweigen an der Schranke als Friedenszeichen und als Trauerbekundung für die in Afghanistan getöteten Zivilisten und Soldaten.

Nach dem Auftakt zog der Demonstrationszug zum Hövelhover Marktplatz, wo die anschließende Kundgebung stattfand.

Helmut Adolf von der Bürgerinitiative OFFENe HEIDe sprach sich mit eindringlichen Worten für weltweite zivile Konfliktlösungen aus: "Wer meint, durch das Festhalten an Kriegsübungen Solidarität mit den Soldaten zu zeigen, handelt zynisch. Soldaten müssen zum Osterfest zuhause sein - und nicht auf den Schlachtfeldern."

Die Bielefelder Psychotherapeutin Dr. Angelika Claußen von der Ärztevereinigung zur Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) bezog in ihrer Rede auch den aktuellen Libyenkrieg mit ein: "Krieg traumatisiert die gesamte Gesellschaft in Afghanistan und jetzt ebenso die Gesellschaft in Libyen, von wo jetzt schon Tausende Familien fliehen. Krieg traumatisiert auch die Soldaten, die zerstört vom Kampftrauma in ihre jeweilige Gesellschaft heimkehren." Claußen wusste aus eigner Berufserfahrung davon zu berichten, dass ganz in der Nähe von Hövelhof, im Krankenhaus Gilead in Bielefeld, britische Soldaten behandelt würden, die schwer traumatisiert aus dem Kampfeinsätzen zurückgekehrt seien. Die Ärztin betonte, dass die deutschen Rüstungsexporte mittlerweile weltweit an dritter Stelle stünden. "2009 hat die Bundesregierung insgesamt Rüstungsexporte im Wert von rund 1 Milliarde Euro in die Staaten des Nahen und Mittleren Ostens gebilligt, auch nach Libyen." Öffentlicher Protest sei nötig: "Mut ist Widerstand und Kreativität für eine andere, bessere Zukunft."

Hubert Kniesburges, Vorsitzender des Arbeitskreises "Blumen für Stukenbrock", stellte heraus, dass "besonders für die Zivilbevölkerung im Kriegsgebiet der Häuserkampf tausendfachen Tod bedeutet". Dies völlig außer Acht lassend, kämen bei Lokalpolitikern einiger Senne-Anrainerkommunen ausschließlich wirtschaftliche Erwägungen ins Kalkül bei ihrer Forderung nach weiterer militärischer Nutzung der Senne. Damit, so Kniesburges, würde sich die blutige Militärgeschichte der Senne fortsetzen: "Hier sind die Kaisertruppen gedrillt worden. Hier haben die Krauss-Maffeis und Krupps für das Terrorregime des Hitlerfaschismus ihre Panzer und Kanonen getestet. Hier werden britische Soldaten gedrillt, den tausendfachen Tod über die Zivilbevölkerung in Kriegseinsatzgebieten zu bringen." Demgegenüber stehe für die Friedens- und Umweltbewegung in der Region fest, dass jetzt die Stunde für die zivile Nutzung geschlagen habe. Kniesburges übte deutliche Kritik an dem CDU-Europaabgeordneten und OWL-Chef Elmar Brok: "Der eingefleischte Militarist und CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok, der sich gerne als `waschechter Senne-Junge` verkauft, ist ein vehementer Vertreter der Leerformel vom prosperierenden Wohlstand durch das Üben des Kriegshandwerks in der Senne." Kniesburges` Appell lautete: "Die Senne darf nicht weiter ein Lernort des Tötens sein!"

Zum Abschluss der Kundgebung berichtete Barbara Übel von der Bürgerinitiative "FREIe HEIDe" vom erfolgreichen Widerstand gegen das Bombodrom in Brandenburg.






  Appell

Auszug aus dem Hövelhofer Appell:

"(...) Es ist an der Zeit, ein Ende zu machen mit dieser Militärgeschichte der Senne.

Wir fordern:

die sofortige Einstellung der Kriegsübungen in der Senne und den Abbau der Kampfdörfer

eine zivile Zukunft für die Senne;

Schluss mit dem Krieg in Afghanistan;

Schutz für Mensch und Natur!

Die einzigartige Senne-Landschaft bietet die Chance, einen Raum zu schaffen, in dem die Natur erhalten und gedeihen kann und in dem Menschen sich erholen können, ungestört von der Militärmaschinerie. Darin liegen auch die Möglichkeiten wirtschaftlicher Entwicklungen der Senne-Gemeinden. Deshalb fordern wir:

Eine Entscheidung gegen die militärische Nutzung der Senne - jetzt!"






Hartmut Linne ist Mitglied der FI, die sich gegen den Militärübungsplatz einsetzt.

E-Mail: hartmut (Punkt) linne (at) gmx (Punkt) de
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