Sudan

Darfur – der erste Klimakrieg?

von Wolfgang Schreiber
Schwerpunkt
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Die Untersuchung der Frage, inwieweit der Krieg in Darfur als „Klimakrieg“ bezeichnet werden kann, macht eine generelle Vorbemerkung notwendig. Aus Sicht der Kriegsursachenforschung ist der Begriff des Klimakrieges bereits als solcher zu kritisieren. Zum einen lassen sich Kriege kaum auf eine einzelne Ursache zurückführen, zum anderen suggeriert die begriffliche Kombination selbst mehrerer Ursachen mit dem Wort Krieg einen nicht vorhandenen Automatismus von ursächlichen Faktoren und Konfliktgegenständen zum bewaffneten Austrag eines Konfliktes. Damit wird der dazwischen liegende Eskalationsprozess völlig ignoriert.

Der offene Krieg in Darfur begann im Frühjahr 2003. Die Darfur Liberation Front brachte Teile der Region unter ihre Kontrolle. Dieser ursprüngliche Name der Rebellen weist auf einen Zentrum-Peripherie-Konflikt hin. Die baldige Umbenennung der Rebellen in Sudan Liberation Movement/Army (SLM/A) verweist auf Verbindungen zum südsudanesischen Konflikt. Die dortigen Rebellen der Sudan People’s Liberation Movement/Army (SPLM/A) hatten mit Regimegegnern in Darfur zusammengearbeitet. Durch die Friedenslösung im Südsudan-Krieg verloren die Darfur-Rebellen jedoch diese innersudanesische Unterstützung, da sich abzeichnete, dass es zu einer Unabhängigkeit Südsudans kommen würde.

Hintergründe und Vorgeschichte des Krieges
Mitte der 1980er Jahre geriet die sudanesische Regierung zunehmend unter Druck. Das Regime versuchte, dem unter anderem durch eine Politik der Regionalisierung zu begegnen. Der Aufbau einer regionalen Verwaltung in Darfur führte zum Vordringen staatlicher Aktivitäten in Bereiche, die zuvor traditionell geregelt wurden. Geändert wurde zum einen das Landrecht mit der Folge, dass sich bei Streitigkeiten zwischen sesshaften Ackerbauern und nomadischen Kamel- und Viehhirten erstere auf das traditionelle und letztere auf staatliches Recht beriefen. Zum anderen griff die regionale Verwaltung vermehrt zur Schlichtung von Konflikten ein und schwächte dadurch indirekt traditionelle Formen der Streitbeilegung, ohne eine wirkliche Alternative zu bieten. Verschärft wurden die Gegensätze in Darfur dann 1999 durch die Spaltung der Zentralregierung zwischen Staatschef Omar al-Baschir und dem Führer der Muslimbruderschaft Hassan al-Turabi. Dessen Gefolgschaft bildete dann 2003 unter dem Namen Justice and Equality Movement (JEM) eine zweite Rebellengruppe in Darfur.

Die Rebellen verfügten schon zu Beginn des Krieges über erfahrene Kämpfer, die zuvor in lokalen Milizen gekämpft hatten. Diese Milizen hatten sich in den letzten Jahren zunehmend entlang eines Gegensatzes von „Arabisch“ versus „Afrikanisch“ formiert. Daher wurde der Krieg zunächst häufig auch als „ethnischer Konflikt“ beschrieben.

Eine weitere Ursache des Krieges in Darfur waren Konflikte im benachbarten Tschad. Diverse tschadische Rebellengruppen hatten Darfur seit Mitte der 1960er Jahre als Rückzugsgebiet benutzt. Zuletzt gelang es 1991 dem derzeitigen tschadischen Präsidenten Idris Déby, von Darfur aus an die Macht zu gelangen. Darüber hinaus waren die politischen Beziehungen zwischen Sudan und Tschad häufig belastet. Verschärft wurden diese bilateralen Spannungen noch durch Interventionen Libyens. Mit den sudanesischen und tschadischen Kämpfern der vom libyschen Staatschef Muammar Gaddafi gegründeten Islamischen Legion gelangte eine große Zahl automatischer Waffen nach Darfur, die dort auch an Einheimische getauscht oder verkauft wurden.

Darfur und der Klimawandel
Der Hauptgrund für die Bezeichnung des Krieges in Darfur als Klimakrieg dürfte in der beobachteten Korrelation zwischen einen Rückgang der Niederschläge und einem Ansteigen der Konflikthäufigkeit in den 1970er bis 1990er Jahren liegen. In Zusammenhang mit dem Klimawandel wurde der Krieg in Darfur dann mehrfach im Jahr 2007 gebracht.

Einem Artikel in der Zeitschrift „The Atlantic“ folgte ein Gastbeitrag des damaligen UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon für die Washington Post. Und im Oktober 2007 schließlich wurde der Friedensnobelpreis an den Weltklimarat und Al Gore verliehen, wobei das Nobelkomitee in seiner Begründung Darfur als einen von mehreren Klimakriegen in Afrika bezeichnete.

Zusammenfassung
Schaut man sich die Eskalationsgeschichte zum Krieg in Darfur an, so lässt sich diese plausibel auch ohne den Faktor Klimawandel nachzeichnen. Umgekehrt reicht der Klimawandel ohne das Hinzukommen einer Reihe weiterer Faktoren wie die Politisierung weiter Teile der Bevölkerung der Region entlang der Konfliktlinie „Arabisch“ versus „Afrikanisch“, die Einmischung sowohl der sudanesischen Regierung als auch externer Akteure wie Libyen und die Verfügbarkeit von Waffen zur Ursachenerklärung des Krieges nicht aus.

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Wolfgang Schreiber ist Leiter der Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) am Institut für Politikwissenschaft der Universität Hamburg (www.akuf.de).