Klima im Kreuzfeuer

Der Beitrag des Militärs zum Klimawandel

von Otmar Steinbicker
Hintergrund
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Die nächste UNO-Klimakonferenz wird vom 30. November bis zum 12. Dezember in Dubai stattfinden; ob sie nennenswerte Ergebnisse bringen wird, ist mehr als fraglich. Die Probleme, die der Klimawandel für die gesamte Bevölkerung der Erde mit sich bringen wird, sind lange und hinreichend bekannt. Dass es bei einer Erwärmung von „deutlich unter“ zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter bleibt, wie es alle Staaten der Welt mit Ausnahme von Syrien im Übereinkommen von Paris 2015 als Zielsetzung beschlossen hatten, gilt zunehmend als unwahrscheinlich.

Dabei dürfte selbst das 2-Grad-Ziel nicht ausreichen, um irreversible Rückkopplungen durch Kippelemente im Erdsystem sicher zu verhindern, die das Erdklima dann in eine Heißzeit überführen würden, deren Temperatur um mehrere Grad über der heutigen Temperatur liegen würde. Eine weitere Zunahme von Hitzeextremen, Starkniederschlägen und Dürren sowie eine zusätzliche Erhöhung des Meeresspiegels dürften die Folge sein.

Dass gewaltige Investitionen erforderlich sind, um die zu erwartenden Schäden zumindest abzumildern, ist unter Klimaforscher*innen unumstritten. Dass politisch darum gerungen wird, welche Maßnahmen man dabei ergreift und in welcher Reihenfolge, ist verständlich, auch wenn die Zeit drängt. Gleiches gilt für Einsparungen, die an anderer Stelle vorgenommen werden müssen, um die erforderlichen Gelder bereitzustellen, wenn man nicht erheblich größere Folgekosten in Kauf nehmen will.

Eines sollte dabei allerdings klar sein: Krieg und Hochrüstung sind ohne Zweifel erhebliche Faktoren, die zum Klimawandel beitragen. Das betrifft nicht nur die Explosionen, die dabei ausgelöst werden und den Treibstoff, der dabei eingesetzt wird. Da geht es auch um den ökologischen Fußabdruck bei der Produktion von Rüstungsmaterial sowie Gelder, die dann für Klimaschutz nicht mehr zur Verfügung stehen.

Eine im Oktober veröffentlichte Studie, „Climate Crossfire: How NATO’s 2% military spending targets contribute to climate breakdown“, die unlängst vom Transnational Institute, Stop Wapenhandel und Tipping Point North South zusammen mit dem Centre Delàs und der IPPNW Deutschland herausgegeben wurde, warnt uns. Sie zeigt deutlich, dass die Zielsetzung des Pariser Klimaabkommens nicht mehr zu verwirklichen sind, wenn die NATO ihre Zielsetzung von Militärausgaben in Höhe von 2 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt verwirklicht. Die weltweiten Militärausgaben haben bereits ein Rekordhoch von 2,24 Billionen Dollar erreicht, wobei mehr als die Hälfte davon von den 31 NATO-Mitgliedsstaaten ausgegeben wird, und es wird erwartet, dass die Budgets in den nächsten Jahren massiv steigen werden. Der gesamte militärische CO2-Fußabdruck der NATO ist von 196 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent (tCO2e) im Jahr 2021 auf 226 Millionen im Jahr 2023 gestiegen – 30 Millionen Tonnen mehr in zwei Jahren, was etwa der Zahl von mehr als 8 Millionen zusätzlichen Autos auf den Straßen entspricht. Wenn alle NATO-Mitglieder das Ziel von 2 Prozent des BIP einhalten, würde sich ihr kollektiver militärischer Kohlenstoff-Fußabdruck zwischen 2021 und 2028 auf 2 Mrd. tCO2e belaufen.

Schon heute geben die 31 NATO-Mitgliedsstaaten mehr als die Hälfte der weltweiten Militärausgaben von 2,24 Billionen Dollar aus. Wenn sie demnächst diese Ausgaben weiter steigern, ist ein weiteres weltweites Wettrüsten vorprogrammiert.

Für die Bundesregierung gilt die Aussage des Verteidigungsministers Boris Pistorius, der die Bundeswehr „kriegstüchtig“ machen will. Wer solche Aussagen formuliert, will letztlich auch Krieg führen können und nicht wie frühere Bundesregierungen unbedingt vermeiden. Dass es in heutigen Kriegen keine Gewinner, sondern nur Verlierer gibt, war die gemeinsame Erkenntnis von Militärs in Ost und West gegen Ende des Kalten Krieges. Dass diese Erkenntnis auch noch heute gilt, lässt sich in der Ukraine feststellen, wo in bisher 21 Monaten Hunderttausende Menschen gestorben sind und ein Ende des Stellungskrieges nicht absehbar ist.

Wenn jetzt nicht drastisch umgesteuert wird, dann wird die Menschheit und dann werden vor allem die nächsten Generationen die dramatischen Folgen des kaum gebremsten Klimawandels zu spüren bekommen, so wie es seit Jahren in den internationalen Forschungsberichten beschrieben ist.
Wer die Studie lesen möchte: https://www.tni.org/en/publication/climate-crossfire

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Otmar Steinbicker ist Redakteur des FriedensForums und von aixpaix.de