Eine Roadmap zum Ukrainekonflikt 2014

Dokumentation von Vorschlägen aus der Friedensbewegung 2014

von Andreas BuroKarl Grobe
Schwerpunkt
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Andreas Buro und Karl Grobe, mit Zuarbeit von Clemens Ronnefeldt, verfassten 2014 das Dossier VII im Rahmen des Monitoring-Projekts der Kooperation für den Frieden. Das Dossier trug den Titel: „Der Ukraine-Konflikt. Kooperation statt Konfrontation“. Wir dokumentieren hier die sog. „Road Map“ der beiden Autoren. Sie belegt, dass es damals viele Ideen gab, wie der Konflikt hätte konstruktiv bearbeitet werden können.

Vorschläge oder Road Map und Anforderungen an die involvierten Akteure für eine zivile Lösung des Konflikts mit weitreichender Perspektive für Vertrauensbildung und Kooperation. Was kann also getan werden, um Deeskalation und eine friedliche Überwindung des Konflikts voranzutreiben? Hier Vorschläge für eine Road Map:  

  • Es besteht die Gefahr einer nicht gewollten militärischen Eskalation zwischen den Großmächten. Die NATO und Russland erklären deshalb, sie wollen auf keinen Fall den Konflikt militärisch austragen. Deshalb solle zwischen NATO und Russland ein rotes Telefon und ein entsprechender Krisenstab eingerichtet werden.  
  • Die EU begrüßt diese Erklärungen und bietet Hilfe zur Deeskalation an.
  • Russland stimmt diesem Vorschlag zu und beteiligt sich an dessen Verwirklichung.
  • Die NATO erklärt, sie beabsichtige nicht, die Ukraine als Mitglied aufzunehmen und auch nicht in anderer Form mit ihr militärisch zu kooperieren.
  • Die EU erklärt, sie betrachte alle Teile des mit Kiew abgeschlossenen Assoziierungsabkommens, die sich auf eine militärische Kooperation beziehen, als ungültig.
  • Kiew erklärt sich als neutral, wie es bereits in der Verfassung von 1996 festgelegt ist. Es werde keinem Militärpakt beitreten.
  • Die USA erinnern Russland an den trilateralen Vertrag zwischen der Ukraine, den USA und Russland vom 13.1.1994 in Moskau. Dabei wurden der Ukraine unter anderem Grenzgarantien zugesichert.
  • Russland erklärt sich mit der Neutralität der Ukraine einverstanden und will sie dauerhaft respektieren.
  • Russland beendet daraufhin stillschweigend seine Unterstützung für die Separatisten in der Ost-Ukraine.
  • USA und EU akzeptieren die Neutralitätserklärung der Ukraine und bringen zum Ausdruck, sie dauerhaft respektieren zu wollen. Sie kündigen einen Plan an zur stufenweisen Beendigung ihrer Sanktionen gegen Russland und fordern dieses auf, es ihnen gleich zu tun.
  • Kiew erlässt eine Amnestie für die Separatisten und gestattet ihren unbehinderten Abzug nach Russland.
  • Kiew erarbeitet eine neue föderale Verfassung mit angemessenen Autonomierechten, die auch Minderheiten schützen. In ihr ist eine Wirtschaftsordnung festgelegt mit gleichberechtigten Beziehungen nach West und Ost unter Berücksichtigung der entwicklungspolitischen Bedürfnisse der Ukraine. Die NATO zieht die Streitkräfte wieder ab, die sie während des Konflikts in Mitgliedsstaaten mit einer Grenze zu Russland stationiert hatte.
  • Kiew fordert eine neue Volksabstimmung auf der Krim über deren Sezession. Dabei wird Russland vorab vertraglich zugesichert, dass das Areal um den russischen Kriegshafen Sewastopol unabhängig vom Ausgang der Volksabstimmung exterritoriales Gebiet Russlands bleiben würde. Die Volksabstimmung solle unter strikter Kontrolle der OSZE erfolgen, und die Ergebnisse wären verbindlich für alle. Russland müsse sich verpflichten, die kulturellen Rechte der Krimtataren zu respektieren, falls die Abstimmung die Angliederung der Krim an Russland bestätigt.
  • Russland erklärt sich bereit, über die Modalitäten dieses Vorschlags zu verhandeln.
  • USA, EU und NATO heben ihre Sanktionen gegen Russland auf.
  • Russland erklärt sich bereit, mit Kiew über die Lieferung von Öl und Gas und die Verrechnung bestehender Schulden erneut zu verhandeln.
  • Deutschland schlägt in Übereinstimmung mit der EU eine dauerhafte Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit (KSZE) vor – eventuell im Rahmen der OSZE. Auf ihr sollen in mehreren „Körben“ die verschiedenen Themen behandelt und zur Schlichtung von Kontroversen beigetragen werden.
  • Kiew fordert Armenien, Aserbaidschan, Georgien und Moldawien auf, sich ebenfalls für einen neutralen Status zu entscheiden und in regionaler Kooperation bestehende Differenzen – etwa bezogen auf Bergkarabach und Transnistrien – beizulegen und gemeinsame Interessen zu vertreten.
  • Die NATO verzichtet darauf, sich um einen Beitritt dieser Länder zu bemühen, falls diese sich für neutral erklären sollten.

Würde nach dieser Road Map verfahren, könnte die Ukraine eine wichtige Rolle als Brücke zwischen West und Ost und zur Befriedung vieler Länder in der Region spielen. Eine friedliche Lösung wäre möglich, wenn die alten Verhaltensweisen der Konfrontation zugunsten einer Politik der Kooperation und der zivilen Konfliktbearbeitung in Europa aufgegeben werden. Abbau von Misstrauen und Aufbau von Vertrauen sind erforderlich. Die Zivilgesellschaften aller beteiligten Länder können dazu beitragen, indem sie sich gegen Feindbilder und Verhetzungen wenden.

Die Gesamtfassung des Dossiers zur Ukraine findet sich hier:
https://www.friedenskooperative.de/sites/default/files/ukraine_25aug_d7.pdf

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Journalist und Historiker, war Außenpolitik-Redakteur der Frankfurter Rundschau.