Ein Rückblick

Erfolge der Friedensbewegung im Jahr 2020

von Philipp Ingenleuf
Im Blickpunkt
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Im vergangenen Jahr erzielte die Friedensbewegung einige beachtliche Erfolge und zeigte, was in ihr steckt. Neben wichtigen politischen Erfolgen, wie dem Atomwaffenverbotsvertrag und dem Nein der SPD zur Bewaffnung der Bundeswehrdrohnen, erzielte die Bewegung 2020 auch Erfolge bei der Mobilisierung und dem Aufbau von Strukturen, trotz der schwierigen Situation durch Corona.

Keine Bewaffnung der Bundeswehrdrohnen

Ab Juni 2020 gab es vielfältige Aktionen der Friedensbewegung, um die Anschaffung bewaffneter Drohnen zu problematisieren. Dazu gehörte u.a. ein online Drohnen-Hearing, an dem sich auch Bundestagsabgeordnete von SPD, Grünen und Linken beteiligten, eine Postkartenaktion der Kampagne „Stopp Air Base Ramstein“ und viel Lobbyarbeit. Insbesondere die Abgeordneten der SPD wurden dabei intensiv „bearbeitet“.  Zum Beispiel schickten Tausende Aktive Mails über die Aktionsplattform www.lobbying4peace.de an die Abgeordneten der SPD.

Letztendlich kippte die Meinung in der SPD so sehr, dass sich im Dezember u.a. SPD-Co-Vorsitzender Norbert Walter-Borjans in der "Süddeutschen Zeitung" gegen eine Entscheidung für Kampfdrohnen im Jahr 2020 aussprach und bald klar wurde, dass sich die SPD zum Ärger des Koalitionspartner CDU/ CSU in der aktuellen Legislaturperiode gegen eine Bewaffnung der Drohnen stellen werde. Dies bedeutet, dass die Entscheidung aller Voraussicht nach erst in der kommenden Legislaturperiode fallen wird. Wertvolle Zeit für die Friedensbewegung, um weiter Druck zu machen!

Nein zu Atombombern, Ja zum Atomwaffenverbotsvertrag
Erfolge im Bereich der nuklearen Abrüstung gibt es nur selten. Doch 2020 konnte die Bewegung gleich zwei große Erfolge verzeichnen!

Im Frühjahr konnten die Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“, ICAN und viele weitere Organisationen den Plänen der Verteidigungsministerin zum Kauf neuer Atombomber erfolgreich einen Riegel vorschieben. Mit einer Mailaktion sowie durch zahlreiche Gespräche mit Abgeordneten wurde dafür gesorgt, dass der Kauf neuer atomwaffenfähiger Flugzeuge für die Bundeswehr auf die kommende Legislaturperiode verschoben werden musste. Ein großer Erfolg, denn dadurch droht Deutschland nun aus technischen Gründen aus der nuklearen Teilhabe der NATO auszuscheiden.

Ein weiterer Erfolg konnte schließlich im Oktober 2020 gefeiert werden. Als 50. Staat ratifizierte Honduras den UN-Atomwaffenverbotsvertrag. Dadurch wurde der Weg für das Inkrafttreten des Vertrages im Januar 2021 bereitet. Ein historischer Moment für die Friedensbewegung weltweit und ein großer Schritt hin zu der Vision einer atomwaffenfreien Welt. Es ist jedoch große Beharrlichkeit gefragt, da Deutschland und viele weitere Staaten den Vertrag noch nicht unterschrieben haben.

Verlängerung des Rüstungsexportverbots
Nach wie vor werden jährlich deutsche Rüstungsgüter im Wert von Milliarden Euro exportiert. Unter den Empfängern sind auch immer wieder menschenrechtsverletzende und kriegführende Staaten. Daher ist es zumindest als Teilerfolg zu sehen, dass der Stopp von Rüstungsexporten an Saudi-Arabien bestehen bleibt und von der Bundesregierung bis Ende 2021 verlängert wurde.

Verhängt wurde der Stopp damals aufgrund der 2018 nicht mehr zu ignorierenden öffentlichen Kritik an den Exporten, nachdem der saudische Journalist Jamal Kashoggi ermordet wurde. Auch zuvor gab es bereits massive Kritik, da Saudi-Arabien aktiv im Jemenkrieg beteiligt war und ist.

Erfolgreicher Aktivismus – trotz Cronona
2020 konnte die Bewegung bei der Mobilisierung und dem Ausbau der Strukturen auch zahlreiche bewegungsinterne Erfolge vermelden.
Bedingt durch die Einschränkungen aufgrund von Corona mussten 2020 ein Großteil der Veranstaltungen, Straßenaktionen und internen Treffen abgesagt und Alternativen gefunden werden. Waren vor Corona Videokonferenzen die große Ausnahme, lässt sich ein Jahr später festhalten, dass Videokonferenzen und Online-Formate für Workshops und Konferenzen erfolgreich in der Bewegung integriert wurden und so die Friedensarbeit aufrecht erhalten werden konnte.

Als gelungenes Beispiel können die Ostermärsche 2020 genannt werden. Im 60. Jahr ihres Bestehens in Deutschland konnte auch Corona die Ostermärsche nicht klein kriegen. Obwohl die meisten Veranstaltungen nicht im gewohnten Rahmen durchgeführt werden konnten, fanden die Ostermärsche statt, wenn auch anders und mit alternativen Protestformen. So wurde beispielsweise die Aktionswebseite www.ostermarsch.de ins Leben gerufen, auf der Friedensaktivist*innen ihre Fotos mit Fahnen und anderen Friedenssymbolen hochladen konnten. Außerdem gab es auch den ersten Online-Ostermarsch. Insgesamt zeigte der „alternative Ostermarsch“, wie flexibel und kreativ die Bewegung ist.

Wie mobilisierungsfähig die Friedensbewegung ist, zeigte sich beim bundesweiten Aktionstag von „Abrüsten statt Aufrüsten“ am 5. Dezember. Trotz des damaligen Lockdowns-Light fanden in rund 100 Städten Aktionen statt, um sich für die Senkung der Rüstungsausgaben und für eine neue Entspannungspolitik stark zu machen.

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Geschäftsführer und Kampagnenkoordinator beim Netzwerk Friedenskooperative sowie Co-Sprecher der Kooperation für den Frieden.