8. Mai 2015

Vielfältige Aktionen am Tag der Befreiung

von Pascal Luig

Ich sage zu Schülern immer: Ihr seid nicht schuld an der ganzen Sache, die damals gewesen ist, aber ihr macht euch schuldig, wenn ihr nichts über diese Geschichte wissen wollt. Es ist ganz wichtig, dass ihr wisst, wie sich Ausländerhass oder Antisemitismus auswirken können. Das kann alles wieder passieren, wenn man nicht weiß, was damals geschehen ist.“ (Esther Bejarano)

70 Jahre nach der Befreiung von Krieg und Faschismus ist der Schwur von Buchenwald noch immer brandaktuell. Damals hatten die befreiten AntifaschistInnen von Buchenwald geschworen: „Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“ Dennoch wird die Welt noch immer von unzähligen gewaltsamen Konflikten beherrscht. Mittlerweile wird Krieg auch wieder in Europa geführt, und ein Weltkrieg, diesmal mit Atomwaffen, wird von ernsthaften AnalytikerInnen sowie PolitikerInnen nicht mehr ausgeschlossen.

Weltweit werden jährlich 1.700 Milliarden Dollar für Krieg und Rüstung ausgeben. Mehr als 16.000 Atomwaffen bedrohen das Leben auf diesem Planeten. Die aktuelle Bundesregierung will mittels einer mentalen Mobilmachung der Bevölkerung und der Behauptung einer „neuen deutschen Verantwortung“ weltweite Militäreinsätzen und den Krieg wieder zur Normalität machen. „Deutsche Interessen“ sollen wieder mit militärischen Mitteln durchgesetzt werden, damit Deutschland sich als europäische Mittelmacht in der Welt etablieren kann – und das gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung. Dieser Wiedereintritt Deutschlands in die Reihe der kriegführenden Länder stellt einen eklatanten Bruch mit den Lehren aus der Geschichte dar. Der Grundsatz „Nie wieder Krieg – Nie wieder Faschismus“, der für die deutsche Politik nach der Befreiung gelten sollte, wird dadurch ad absurdum geführt. Die Grauen und das Leid, welche damals durch deutsches Großmachtstreben verursacht wurden, werden dabei ausgeblendet.

Daher ist es auch heute noch so wichtig, dass wir uns erinnern und uns immer wieder vor Augen führen, was Krieg bedeutet und was er bewirkt. Die historische Lehre, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf, muss auch heute noch gelten und an die folgenden Generationen weitergegeben werden. Die besondere Aufgabe der Friedensbewegung ist hier, immer wieder zu mahnen und zu erinnern. Aber es geht um noch mehr: Die aktuellen friedenspolitischen Herausforderungen, das Warnen vor dem Krieg, muss wieder in große Aktionen umgesetzt werden. Der 8. Mai ist ein Friedenstag, ein Tag des Widerstands gegen aktuelle Kriege und für zivile Konfliktgestaltung sowie Abrüstung. Die Friedensbewegung muss deutlich machen, dass Krieg immer den Hass auf den Anderen, die Ablehnung des Fremden, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit sowie Feindbilder und Nationalismus in sich trägt wie die Wolke den Regen.

Lasst uns darum vom 8.-10. Mai deutlich sichtbar auf die Straße gehen. Für eine Welt ohne Krieg, für ein Leben in Solidarität und Partnerschaft, für eine Politik der Verständigung und der gemeinsamen Sicherheit. Historische Verantwortung heißt, nicht zu vergessen und für eine gerechte Welt in Frieden und Gewaltlosigkeit einzutreten.

Dies soll rund um den 8. Mai durch vielfältige dezentrale, antifaschistische und friedenspolitische Aktionen geschehen. Ein guter Überblick über die vielen bundesweiten Aktionen findet sich unter www.friedenskooperative.de/termine.htm und www.vvn-bda.de/8-mai-2015/. Zum Abschluss der vielfältigen Aktivitäten ruft das Berliner Aktionsbündnis „70 Jahre Tag der Befreiung“ zu einer Demonstration in Berlin auf. Diese beginnt um 13 Uhr am Gendarmenmarkt und endet um ca. 15 Uhr auf der Wiese vor dem Reichstag. Weitere Informationen gibt es unter www.frikoberlin.de oder www.friedenswinter.de.

Darüber hinaus wird vom 8.-10. Mai das diesjährige Friedensfestival in Berlin stattfinden. Mit Gesprächsrunden, Kultur, Musik, Informationsständen, Workshops, Lesungen, Ausstellungen, internationalen KünstlerInnen und Organisationen wird der Breitscheidplatz einer Kultur der Gewaltfreiheit gewidmet. Für das musikalische Programm sorgen u.a. Microphone Mafia & Esther Bejarano, Rainer Höß, Naked, Volkan, Insieme, Strom & Wasser, Barbara Thalheim und Musiker der Schlesischen Philharmonie. Zum Gedenken an den 70. Jahrestag des Kriegsendes wird außerdem ein Chor von 30 Männern aus Gleiwitz – der Stadt, in der die Deutschen den 2. Weltkrieg gestartet haben – auftreten. Weitere Informationen finden sich unter www.friedensfestival.org.

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Initiativen
Pascal Luig, Geschäftsführer NaturwissenschaftlerInnen-Initiative - Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit e.V. (NatWiss), Koordinierungskreis Stopp Air Base Ramstein.