Redebeitrag für die Hiroshima-Gedenkveranstaltung in Kiel am 6. August 2018

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 06.08., Redebeginn: ca. 20 Uhr -

 

Sehr geehrte Ratsmitglieder,
Sehr geehrter Herr Sommer,
Liebe Gäste,

der 6. August 1945 war ein schöner japanischer Sommertag. Knapp 30 Grad Lufttemperatur und ein strahlend blauer Himmel herrschten in der japanischen Großstadt Hiroshima, die damals 255.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählte. Viele von ihnen gingen um 8 Uhr morgens zur Arbeit, zur Schule oder zum Supermarkt. Nur 16 Minuten später waren mindestens 45.000 Einwohnerinnen und Einwohner von Hiroshima auf der Stelle tot.

Der 6. August 1945 war der Tag, als zum ersten Mal in der Geschichte eine Atombombe in einem Krieg eingesetzt wurde. Der 6. August 1945 war ein schwarzer Tag, der für die grausamen und unermesslichen Schrecken des Zweiten Weltkrieges steht.

Gegen 8.15 Uhr klinkte der US-amerikanische Pilot Paul Tibbets die drei Meter lange und vier Tonnen schwere Uranbombe mit dem zynischen Namen „Little Boy“ über Hiroshima aus. Die Bombe explodierte in knapp 600 Metern Höhe. 80 Prozent der Innenstadt von Hiroshima waren sofort zerstört. Ein riesiger Feuersturm brannte Schattenrisse von Personen in Häuserwände ein. Die radioaktive Strahlung hatte verheerende, bis heute spürbare Auswirkungen.

Drei Tage später, am 9. August, legte die zweite Atombombe „Fat Man“ die japanische Stadt Nagasaki in Schutt und Asche. Geschätzt 220.000 Tote forderten die Atombombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki. Das sind beinahe so viele Menschen wie derzeit in der Landeshauptstadt Kiel wohnhaft sind.

 

Meine Damen und Herren,

wir wollen uns heute im Hiroshimapark schrecklicher Ereignisse erinnern. Wir müssen uns vor Augen führen, dass die Opfer von Hiroshima und Nagasaki Menschen wie wir waren. Sie hatten Bedürfnisse, Träume, Wünsche und Visionen. Sie standen anderen Menschen nahe. Sie hofften auf eine bessere Zukunft nach dem Krieg. All diese Formen der Menschlichkeit wurden am 6. und 9. August 1945 in radioaktiven Feuerstürmen pulverisiert. Die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki waren eine menschliche Tragödie.

Der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel hat einmal gesagt: „Die Geschichte hat noch nie etwas anderes gelehrt, als dass die Menschen nichts aus ihr gelernt haben.“

 

Meine Damen und Herren,

diese pessimistische Einschätzung Hegels trifft auch auf die Geschichte nach 1945 zu. Zwar blieb es angesichts ihrer verheerenden Wirkung der einzige Einsatz von Atomwaffen in einem Krieg. Doch bestimmte die ständige Gefahr eines Atomkrieges mit all seinen dramatischen Folgen das politische Geschehen im Kalten Krieg.

Die Gefahr eines Atomkrieges ist nie gebannt, solange es Atomwaffen gibt. Geschätzt existieren weltweit über 14.000 Atomsprengköpfe. Jeder einzelne von ihnen macht die Welt nicht sicherer, sondern unsicherer. Mit Pakistan und Indien sollen zwei benachbarte Staaten über Atomwaffen verfügen, die sich seit Jahren verfeindet gegenüberstehen. Auch Nordkorea verfügt über ein nukleares Potenzial, das angesichts des verbalen Säbelrasselns des nordkoreanischen Diktators Anlass zu größter Sorge gibt. In Washington regiert zudem ein unberechenbarer und leichtsinniger Präsident, dem sogar der Einsatz von Atomwaffen zuzutrauen wäre.

Die Stadt Hiroshima hat als Erinnerung an die Ereignisse nach dem Krieg einen Friedenspark angelegt. Dort brennt eine Flamme des Friedens, die erst erlischt, wenn alle Atomwaffen von der Erde verschwunden sind.

 

Meine Damen und Herren,

mit den Lotosblüten auf dem Kleinen Kiel setzen wir heute ein sichtbares Zeichen für eine friedliche und bessere Welt ohne Atomwaffen. Wir werden Hiroshima und Nagasaki nicht vergessen.

Vielen Dank.

 

Hans-Werner Tovar ist Stadtpräsident der Landeshauptstadt Kiel.