Komitee für Grundrechte
und Demokratie



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Presseerklärung, Köln/Berlin, den 2. Mai 2001

1. Mai in Berlin - Wie sich die Dynamik der Gewalt entwickelte

Arbeitsgemeinschaft "Gegen Polizeigewalt"

Nun recken sie wieder die Wortarme, diese demokratieunfähigen Politiker. Ihre Rechnung mag aufgegangen sein. Denn sie wird im Nenner der vorgeschobenen Polizeigewalt und der von Demonstrierenden herausgelockten formell privaten Gewalt kalkuliert. Entsprechend hat sich der Innensenator Werthebach schon geäußert. Borniert rechtfertigte er seine Verbote- und polizeiliche Einsatz-, genauer Mißbrauchsstrategie und -taktik.

Tatsächlich sind demokratisch grundrechtlich gegründete Umgangsformen erneut und ohne Not zuschanden gemacht worden.

Aus dem 1. Mai 2000 wurde nicht gelernt. Erneut wurden unbegründete Gewaltprognosen angestellt. Dies, obwohl am 1. Mai 2000 nachgewiesen werden kann, daß sie seinerzeit falsch waren und gegenwärtig falsch sind. Angeblich, um von Jugendlichen ausgehende Gewalt zu vermeiden, verbot der Innensenator die Demonstration nach 16.00 Uhr. Mangelhaft informierte und grundrechtlich orientierte Gerichte folgten ihm. Dabei war von vornherein klar, daß nicht weniger, sondern mehr Gewalt von beiden Seiten die Folge sein würde. Offenkundig wurde dieses Mehr gewollt. Mit schlimmen weiterreichenden Folgen für den offenen, jedoch friedlichen Austrag von Konflikten in Berlin und anderwärts.

Der von Werthebach, Senat und Polizei gegen besseres Wissen durch Verbot beförderte Gewalteinsatz nahm im gestrigen Geschehen folgenden Verlauf:

 Gemessen an den massiven Einschränkungen des Demonstrations- und Versammlungsrechts und den eher brachialen Ankündigungen zu den Einsatzschwellen, nahm sich die Polizei in einer ersten Phase von ca. 12 - 16 Uhr eher zurück: die Personenkontrollen blieben vereinzelt, die Präsenz im Zentrum von Kreuzberg mäßig "aufgerüstet" und die Begleitung der genehmigten Demonstrationen eher zurückhaltend.

 In einer zweiten Phase wurden die Ansammlungen an den Straßenkreuzungen und verschiedenen Plätzen zu sog. Ersatz-Versammlungen umdefiniert und mit einem zuweilen moderaten manchmal aber auch ausgesprochen ruppigen polizeilichen Vorgehen aufgelöst (16.00 bis 17.20 Uhr). Die Definitionen von Ersatz-Versammlungen waren willkürlich und betrafen gerade nicht Versammlungen, sondern flanierende und sich informierende Bürger und Bürgerinnen. Nach unseren Beobachtungen ging hier die Gewalt eindeutig von der Polizei aus und die herrschende unaggressive Volksfestathmosphäre unter den massenhaft anwesenden Bürgern verhinderte zunächst eher eine Eskalation. In dieser Phase ist auch der angemeldete Demonstrationsbeobachter Prof. Dr. Wolf-Dieter Narr (FU Berlin, Geschäftsführender Vorstand des Grundrechtekomitees) zu Boden gestoßen und in rüder Form in einen Polizeiwagen geschleppt worden. 5 Stunden wurde er festgehalten.

 In einer dritten Phase hat die Polizei eine Einkesselungsstrategie mit einer großen Zahl von Festnahmen (400) aus den sich eskalierenden Konflikten Oranienstraße / Heinrich Heine Platz und Mariannenstraße / Naunystraße / Mariannenplatz eingeschlagen (ab ca. 17.40 Uhr).


Ausgangspunkt war die polizeiliche Vertreibung der Bürger aus der Oranienstraße und die versuchte Räumung des Heinrichplatzes und der Kreuzung Mariannenstraße / Naunystraße. Einzelne Demonstranten und Unterstützer aus den umliegenden Häusern bewarfen auf der Mariannenstraße die Polizei mit Steinen, Flaschen und anderen festen Materialien. Diese Ereignissen verstärkten den massiven Polizeieinsatz mit mehreren hundert Polizeikräften und 8 Wasserwerfern sowie anderen Räumfahrzeugen. Das friedliche Fest auf dem Mariannenplatz wurde mit Wasserwerfern und Polizeieinsätzen geräumt. Die Menschen wurde ab 18.30 Uhr eingekesselt und das Gebiet weiträumig abgeriegelt. Der Polizeieinsatz war hier augenmaßlos und unverhältnismäßig.

 In einer vierten Phase erfolgte die Kleinarbeitung der Konflikte mit Abschottung, Sperrungen ganzer Straßenzüge und einer hohen Zahl von Festnahmen.

Was folgt aus der Gewaltgeschichte des sonnigen 1. Mai?

Daß das Grundrecht auf Demonstration ohne Not politisch und dann polizeilich verboten und zerschlagen worden ist.

Daß sich solcher gewalttätiger Politikersatz schlimm auf die Jugendlichen, auf die politisch demokratische Kultur insgesamt auswirkt.

Daß alles demokratisch demonstrativ zu tun ist, um dieser Unpolitik der Werthebächer und anderen ein Ende zu bereiten. Denn diese meint Gewalt. Nicht Demokratie.

gez.: Prof. Dr. Wolf-Dieter Narr, gez.: Prof. Dr. Peter Grottian, gez.: Olaf Griebenow

(Dr. Elke Steven)

PS: Zu einer Pressekonferenz laden die Arbeitsgemeinschaft "Gegen Polizeigewalt" und das Komitee für Grundrechte und Demokratie für den 4. Mai 2001 um 11.30 Uhr in das Haus der Demokratie und Menschenrechte in Berlin, Greifswalderstraße 4, ein.

Arbeitsgemeinschaft "Gegen Polizeigewalt", Eichendorffstr. 16, 10115 Berlin, Olaf Griebenow, Telefon: 0179 - 5542669, email:
demobeobachter@gmx.net, Prof. Dr. Wolf-Dieter Narr: 030 / 8337162, Prof. Dr. Peter Grottian: 030 / 8385 - 496



E-Mail:   Grundrechtekomitee@t-online.de


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