Aktionstag
26.10.2002


vom:
28.10.2002

update:
02.11.2002


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Aktionstag gegen Irak-Krieg 26.10.2002

 Echo / Presse

Pressesplitter 27.-28.10.02

div. Zeitungen / Agenturen /

27.10.02

Tagesspiegel Friedensbewegung gegen USA-Politik Veranstalter zählten bei

28.10.02

Stuttgarter Nachrichten Demonstration gegen möglichen Irak-Krieg

Nordwest Zeitung Friedensbewegung ist ihm ein Anliegen

Mindener Tageblatt Ein Krieg bringt den ganzen Nahen Osten zur Explosion

Die Welt In den USA erwacht die Friedensbewegung

FR Bewegungsprobleme (Kommentar)

FR Angst vor Irak-Krieg treibt weltweit Zehntausende auf die Straßen

jW Stoppt den Krieg gegen Irak, bevor er beginnt

jW "Bush liegt falsch"

ND Standpunkt: Langeweile des Krieges (Kommentar)

ND Friedensbewegung trotzte dem Wetter

taz Prophyl-Achse des Friedens demonstriert

taz aktionstag: Weltweite Proteste

taz Gegen Bush und den Krieg

Saarbrücker Zeitung "Alle Kräfte gegen den Krieg mobilisieren"

Badische Zeitung "Ich lauf` jetzt auch mit"

Trierischer Volksfreund Bundesweite Demonstrationen der Friedensbewegung gegen Irak-Krieg

Trierischer Volksfreund Friedenskämpfer vor der Höhle des Löwen

Lindauer Zeitung Über hundert Menschen demonstrierten in Lindau gegen den Krieg



Tagesspiegel, Lokales, 27.10.02

Friedensbewegung gegen USA-Politik Veranstalter zählten bei

Protestzug 10.000 Teilnehmer

Auf den Transparenten steht "Kein Blut für Öl", "Kriege sind weder heilig, noch gerecht" oder "Kriege machen Soldaten zu Mördern". Blaue Luftballons mit weißen Friedenstauben schwingen durch die Luft. Einige Tausend Menschen sind am Samstagnachmittag in die Karl-Marx-Allee gekommen, um gegen den Krieg im Irak zu demonstrieren. Aufgerufen hatten Friedensgruppen, Gewerkschaften, die PDS und Teile der Grünen. Die Polizei schätzt 5000 Teilnehmer, die Veranstalter glauben, dass 10.000 Demonstranten gekommen sind. Erwartet hatten sie freilich 30.000.

Einer der Redner war der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele, der einen Krieg gegen den Irak als "völkerrechtswidrig" bezeichnete. Er warf US-Präsident Bush vor, "eine persönliche Kontroverse zu Ende bringen" zu wollen. Ströbele wandte sich aber auch gegen den Tschetschenien-Krieg der russischen Regierung. "Wir dürfen auf der Welt nicht mit zweierlei Maß messen", sagte der Bundestagsabgeordnete.

Der Demonstrationszug führte von der Karl-Marx-Allee zum Gendarmenmarkt. Den Schlusspunkt der Veranstaltung bildete eine Podiumsdiskussion in der Friedrichstadtkirche. (vv)



Quelle: Stuttgarter Nachrichten, Vermischtes, 28.10.02

Demonstration gegen möglichen Irak-Krieg

Stuttgart (jbo) - Am Samstag haben in Stuttgart rund 900 Menschen an einer Demonstration mit anschließender Protestkundgebung gegen einen möglichen Irak-Krieg teilgenommen. Mit der Demonstration, die aus Anlass eines weltweiten Aktionstags stattfand, wollte das Friedensnetz Baden-Württemberg ein Signal setzen. In 80 anderen deutschen Städten fanden ebenfalls Aktionen statt. Auch die US-Friedensbewegung hatte in Washington und San Francisco zu Demonstrationen gegen einen Irak-Krieg aufgerufen. (Seite 4 und Lokales Seite 18)



Quelle: Stuttgarter Nachrichten, lokales, 28.10.02

Protest gegen Irak-Krieg

Friedensnetz will an Aktionstag Signal setzen

Mit einem Demonstrationszug durch die Innenstadt und einer Kundgebung auf dem Schlossplatz haben am Samstag rund 900 Menschen gegen einen Krieg im Irak demonstriert. Das Friedensnetz Baden-Württemberg wollte dadurch aus Anlass eines weltweiten Aktionstages ein Signal setzen.

VON JÜRGEN BOCK

"Wir wollen nicht tatenlos zusehen, wie der vorhersehbare Tod tausender Menschen im Irak für alle sichtbar organisiert wird", sagt Sprecher Dieter Lachenmayer. Lautstark marschiert der Zug von der Lautenschlagerstraße zum Schlossplatz. "Krieg ist Terror, Frieden ist machbar", "Kein Blut für Öl", steht auf den Transparenten, die im Wind flattern. Eine Schalmeienkapelle spielt fast vergessene Arbeiterlieder für den Irak. Die Kriegsgefahr scheint aber nur der Aufhänger für zahlreiche Forderungen zu sein: Abschaffung der Atomenergie, Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan oder Kürzung des Rüstungshaushalts lauten die Parolen der Demonstranten.

"Wir wollen heute vor allem die US-Friedensbewegung unterstützen", so Lachenmayer bei der Abschlusskundgebung, bei der er eine Grußbotschaft aus den USA verlas. Zeitgleich fanden in etwa 80 deutschen Städten ähnliche Demonstrationen statt, die US-Friedensbewegung machte in Washington und San Francisco wider den drohenden Krieg gegen den Irak mobil.

Hauptvorwurf der Demonstranten: Es gehe der US-Regierung nicht um Frieden, sondern um Öl und Macht. "Die USA sind der größte Energieverbraucher der Welt und im Irak lagert das zweitgrößte Ölvorkommen", sagte Gewerkschafterin Anne Rieger. Die Amerikaner wollten nicht befreien oder Atomwaffen verhindern: "Sie sitzen selbst auf Massenvernichtungswaffen und würden sich wundern, wenn Uno-Inspektoren das Weiße Haus durchsuchen wollten." Den USA gehe es um die Kontrolle im Golf. Die Friedensbewegung hofft, durch die weltweiten Proteste das Schlimmste verhindern zu können, und forderte auch die Bundesregierung zur Solidarität auf. "Wir sind die Achse des Friedens", so Rieger.



Quelle: Nordwest Zeitung, Lokales, 28.10.02

Friedensbewegung ist ihm ein Anliegen

(epd Bremen) Der ehemalige theologische Repräsentant der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) und Mitbegründer der Lidice-Initiative in Deutschland, Pastor i.R. Ernst Uhl, hat gestern seinen 70. Geburtstag gefeiert. Der Name des promovierten Theologen, der von 1964 bis 1996 Gemeindepastor in Bremen-Bockhorn war, ist eng verbunden mit der Friedensarbeit und der Versöhnung mit den osteuropäischen Ländern. Uhl wurde am 27. Oktober 1932 in Budapest als Sohn einer Pastorenfamilie geboren. Er studierte Theologie in Wuppertal, Göttingen und Basel. Mitte der 60er Jahre begann sein Engagement in der Friedensbewegung. Uhl engagierte sich u.a. in der Abrüstungsinitiative Bremer Kirchengemeinden. 1979 gründete er mit anderen die deutsche Lidice-Initiative.



Quelle: Mindener Tageblatt, Lokales, 28.10.02

"Ein Krieg bringt den ganzen Nahen Osten zur Explosion"

Weltweiter Protest gegen den drohenden Irak-Konflikt / Etwa 40 Menschen nehmen am Aktionstag in Minden teil

Von Anja Wessler

Minden (mt). Geht es US- Präsident George W. Bush im Irak-Konflikt um Terrorbekämpfung oder um irakisches Öl? - Die Antwort der Mindener Friedensaktivisten ist klar: "Es geht um Öl." Etwa 40 von ihnen haben am Samstag in der Innenstadt gegen einen drohenden Krieg demonstriert.

"Kein Blut für Öl!" Die Transparente der Protestbewegung aus dem Winter 1990/91 kommen wieder zum Einsatz. Veranstalter sind die Aktionsgemeinschaft Friedenswoche, das Mindener Friedensplenum, der Bund für Soziale Verteidigung und die Globalisierungskritiker von Attac Minden.

Die Passanten an diesem Samstag für ihr Anliegen zu interessieren, ist kein leichter Job für die Demonstranten: Die "Achse des Bösen" so weit weg, die schöne bunte Warenwelt zum Greifen nah. So kämpfen die Teilnehmer mit ihren Transparenten und Pappschildern nicht nur gegen die Windböen, sondern auch gegen Desinteresse. Solange es noch keine Schreckensmeldungen über Giftgasopfer oder wackelige CNN-Bilder gibt, bleibt der Gedanke an Krieg irgendwie irreal. Dabei schätzt der Ex-Nato-Oberbefehlshaber in Europa, Wesley Clark, die Wahrscheinlichkeit, dass Bush im Jahr 2003 den Irak angreift, schon "auf 70 Prozent", meldete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

Rede per Megaphon von Martinitreppe

Falk Bloech (59) von der Aktionsgemeinschaft Friedenswoche und seit 30 Jahren in der Friedensbewegung aktiv, hat eigens für die Demo ein Megaphon von Verdi geliehen, um sich bei den Passanten Gehör zu verschaffen. "Wir wollen diesen Krieg nicht!", erklärt er von der Martinitreppe aus. "Wir appellieren an die deutsche Bundesregierung, alle deutschen Truppen aus der Krisenregion zurückzuziehen, insbesondere die ABC-Spürpanzer aus Kuweit." Ein solcher Krieg werde den ganzen Nahen Osten "zur Explosion bringen". In dem Augenblick kommen zwei Jugendliche mit gegelter Igelhaarfrisur die Treppe herunter, werfen einen kurzen Blick auf die Demonstranten und fluchen: "Hey, was versperrt ihr hier den Weg!" Die orangefarbenen Anti- Kriegs-Flugblätter finden nur spärlichen Absatz.

Dann setzt sich der Zug in Bewegung: Von der Martinitreppe über die Bäckerstraße zum Dom, dann über Obermarktstraße und Ritterstraße zurück zum Ausgangspunkt. Für Radau und Aufsehen sorgen vor allem die zumeist sehr jungen Mitglieder von Attac: Mit George- Bush-Masken vor dem Gesicht rollten sie mehrere leere Ölfässer ratternd über das Kopfsteinpflaster der Innenstadt. Der Irak ist das Land mit den zweitgrößten Erdöl-Reserven der Welt.

Mit Bush-Masken durch die Innenstadt

"Demo finde ich gut und Krieg ist sowieso Scheiße", sagt eine junge blonde Passantin, während die Gruppe den Dom erreicht. "Schade nur, dass die Demo so klein ist", meint sie dann - und marschiert schnellen Schrittes in die entgegengesetzte Richtung davon. Die Demonstranten erreichen den Marktplatz. Eine Windböe entreißt ihnen eine Bush-Maske.

"Heute sind die Leute satt"

Vor dem englischen Laden in der Altstadt macht Rentnerin Ursula Krückemeier (77) mit ihren Freundinnen kurze Pause vom Samstagseinkauf. Als sie die Demonstranten sieht, ist sie begeistert: "Ich finde das ganz mutig von den jungen Leuten", sagt sie. "Vor 20 Jahren wurde ja noch viel mehr demonstriert. Aber heute sind die Leute satt." Ein Ehepaar am Wochenmarkt, er 72, sie 71 Jahre alt, steht noch zu sehr unter den Eindrücken des Moskauer Geiseldramas, das am frühen Morgen blutig beendet wurde, um sich ernsthaft mit dem drohenden Irak-Konflikt zu befassen.

"Natürlich wollen wir keinen Krieg", betonen die beiden. "Aber politische Veränderungen müssen über die Parteien herbeigeführt werden." Nach einer halben Stunde ist die Demo vorbei. Ratsgymnasiastin Hannah Bleichroth (16) und Gesamtschülerin Ruth Becker (18) nehmen ihre Bush-Masken ab. Nein, mit den Demos in Köln oder Berlin sei die Mindener Aktion natürlich nicht zu vergleichen, meinen die beiden abschließend. "Aber wichtig ist doch, das überhaupt was passiert."



Quelle: Die Welt, Politik, 28.10.02

In den USA erwacht die Friedensbewegung

Etwa 150.000 Demonstranten versammelten sich am Wochenende, um gegen die Irak-Politik zu protestieren

Von Uwe Schmitt

Washington - In der größten Friedensdemonstration seit den Vietnamkriegs-Protesten Ende der sechziger Jahre hat sich am Samstag in der amerikanischen Hauptstadt die Bewegung gegen eine US-Invasion im Irak konstituiert. Bis zu 150 000, so Schätzungen der Veranstalter, versammelten sich nahe dem Vietnam Memorial auf der Mall zu einer friedlichen Kundgebung und einem anschließenden weiträumigen Marsch um das Weiße Haus mit Transparenten wie "Kein Beweis, kein Krieg" und "Präemptives Impeachment".

Zeitgleich flankiert von ähnlichen Aufmärschen in europäischen Städten und einer Kundgebung in San Franzisko mit über 40.000 Teilnehmern sollte die Demonstration nach dem Willen der Anti-Kriegs-Koalition International ANSWER den bisher disparaten, in den US-Medien weitgehend ignorierten Widerstand in das Bewusstsein der amerikanischen Bevölkerung rücken, die nach jüngsten Umfragen mit knapper Mehrheit (56 Prozent) einen Krieg gegen Saddam Hussein befürwortet.

Die Filmschauspielerin Susan Sarandon, neben den schwarzen Bürgerrechtlern Jesse Jackson und Al Sharpton eine der prominentesten Rednerinnen, beschuldigte die Regierung, nach den Anschlägen des 11. September "unseren Verlust und unsere Angst gekidnappt zu haben". Mit Gewalt sei Terrorismus nicht zu besiegen, sagte Sarandon: "Lasst uns Krieg in allen seinen Formen hassen, gleich ob ihm Raketen oder Ziviljets als Waffen dienen". Jesse Jackson rief zum Widerstand auf gegen einen "unnötigen Krieg", der in der Welt überwiegend abgelehnt werde.

Der Präsident hörte von den gegen ihn gerichteten Sprechchören - "No blood for oil" - nichts. Bush hielt sich zu einem Wirtschaftsgipfel der pazifischen Anrainerstaaten in Mexiko auf. Am Rande des Treffen stellte der Präsident klar, dass sich seine Geduld mit den Verhandlungen des UN-Sicherheitsrats über eine Irak-Resolution nunmehr nach Tagen bemesse. Die USA würden mit einer eigenen Koalition von Staaten gegen Saddams Regime vorgehen, falls nur eine zahnlose Resolution zustande komme. Im Fernsehen wurden die Demonstrationen in Washington und San Franzisko nur beiläufig erwähnt. In einer seiner Hauptsendungen, "NewsNight with Aaron Brown" (22-23 Uhr) gewährte CNN den beiden Ereignissen 15 Sekunden. Das Ganze wurde zudem ins Obskure gewendet von einer kurzen Bildsequenz über die 12-Mann-Demonstration amerikanischer Pazifisten in Baghdad, die von dem Diktator genehmigt worden sei.

Es ist bei allem "9/11"-Patriotismus schwer zu begreifen, warum Qualitätszeitungen wie die "New York Times", die selbst von Falken der Bush-Regierung der Parteinahme gegen einen Irak-Krieg und sogar der Manipulation beschuldigt wird, die Demonstrationen nachlässig behandeln. Über eine Kundgebung im New Yorker Central Park am 6. Oktober, an der nach Schätzungen 10.000 bis 20.000 Menschen teilnahmen, berichtete das Blatt in seiner nationalen Ausgabe mit keiner Zeile. Neben der Londoner Anti-Kriegs-Demonstration, die am 28. September fast 200.000 Teilnehmer mobilisiert hatte schienen die einheimischen Zahlen zu läppisch. Dabei geht es um einen angekündigten Feldzug, nicht um einen über Jahre eskalierenden Krieg, in dem täglich GIs fallen wie einst in Vietnam. Selbst damals dauerte es bis 1967, drei Jahre nach der Tonking-Resolution, bis Zahlen Protestierender wie an diesem Wochenende erreicht wurden.

Das liberale Hollywood, geführt von den "üblichen Verdächtigen" Barbra Streisand, Warren Beatty, Oliver Stone, hatte seine Kritik an Bushs Plänen bisher mehr auf den Zeitpunkt (kurz vor den Kongresswahlen am 5. November) gerichtet als auf einen möglichen Krieg selbst. Sie finden sich in die Defensive gedrängt von dem Terror des 11. September und äußern sich vorsichtig. Es gab Protest in Zeitungsanzeigen. Am 19. September waren es Hunderte von Künstlern und Wissenschaftlern), die "Not in Our Name" unterschrieben. Am 14. Oktober folgten linksliberale Unternehmer ("They are selling war. We
re not buying."), die Bush die Notwendigkeit eines Kriegs nicht abkaufen. Zuletzt richtete der Filmstar Sean Penn in der "Washington Post" einen höflich vernichtenden Protestbrief an den Präsidenten. Portokosten etwa 45.000 Dollar. Mit der Demonstration in Washington könnte sich über diese halbprivaten Gesten des Missvergnügens und der Verweigerung hinaus eine Massenbewegung gegen den Krieg formieren. Man wird sehen.



Quelle: Frankfurter Rundschau, Politik, 27.10.02 - Kommtar

Bewegungsprobleme

Der deutschen Friedensbewegung fehlt beim Protest gegen einen Irak-Krieg der erbitterte Widersacher im eigenen Land, und den US-amerikanischen Demonstranten die Hoffnung, bei ihrer Regierung Gehör zu finden

Von Pitt von Bebenburg

Diesseits und jenseits des Atlantiks hat die Friedensbewegung Schwierigkeiten im Kampf gegen Angriffe auf Irak. Ihre Probleme sind freilich völlig gegensätzlich. In den USA stoßen Zehntausende, die am Regierungssitz von George W. Bush demonstrierten, auf taube Ohren. Deswegen setzen die Kriegsgegner schon gar nicht mehr auf eine Wende seiner Politik, sondern höchstens auf einen "Regimewechsel" - nicht in Bagdad, sondern in Washington.

In Deutschland und manchen anderen europäischen Staaten dagegen hat die Friedensbewegung Schwierigkeiten, mehr als ein paar tausend Demonstranten auf die Straße zu bringen. Vielen Gesinnungsfreunden fehlt der Antrieb, denn sie rennen bei einigen Regierungen offene Türen ein. Die Deutschen haben ihre Ablehnung eines neuen Irak-Kriegs ohnehin deutlich geäußert: bei der Bundestagswahl. Erstmals entschied ein außenpolitisches Thema die Wahl, und seitdem ist Gerhard Schröder festgelegt. Bei der Kundgebung gegen die Pläne von US-Präsident Bush sprach ein Mann aus seinem Koalitionslager: Hans-Christian Ströbele, Grüner und seit voriger Woche immerhin Vizechef seiner Fraktion. Manche Veteranen der Friedensbewegung konstatieren irritiert, dass sie erstmals mitten im deutschen Mainstream schwimmen.

Der deutschen Friedensbewegung fehlt der erbitterte Widersacher, der US-Friedensbewegung die Hoffnung, Gehör zu finden. Deswegen kann der Druck von der Straße in der Irak-Frage nur eines erreichen: den standhaften Staaten, die Bush vom Präventivkrieg abhalten wollen, den Rücken zu stärken.



Quelle: Frankfurter Rundschau, Politik, 27.10.02

Angst vor Irak-Krieg treibt weltweit Zehntausende auf die Straßen

Offenbar größte Friedensdemonstration in den USA seit dem Vietnamkrieg / Kundgebungen in 89 deutschen Städten

Zehntausende Menschen haben am Samstag weltweit gegen einen drohenden Irak-Krieg protestiert. Allein in Washington kamen nach Angaben der Veranstalter bis zu 200 000 Demonstranten zusammen. Auch in 89 deutschen Städten beteiligten sich Tausende an Friedensaktionen.

WASHINGTON / BERLIN, 27. Oktober (ap/dpa/rtr/afp/epd). An dem internationalen Friedenstag beteiligten sich am Samstag Demonstranten in vielen Städten Europas, Mittelamerikas, Asiens und den USA. In Washington sprachen die Veranstalter, zu denen die Initiative "Not in our name" (Nicht in unserem Namen) und Kirchenkreise zählen, von der größten Friedensdemonstration seit dem Vietnamkrieg. In der US-Hauptstadt marschierten Zehntausende Kriegsgegner vom Vietnam-Mahnmal zum Weißen Haus.

"Keine Beweise, kein Krieg" und "Bush nervt" war auf Transparenten zu lesen. Einige riefen: "George Bush, du kannst dich nicht verstecken, wir klagen dich des Völkermordes an." Der schwarze Bürgerrechtler Jesse Jackson mahnte: "Wenn wir einen Präventivschlag gegen Irak starten, verlieren wir jegliche moralische Autorität." Der demokratische Politiker einen "Regime-Wechsel in diesem Land" - in Anspielung an den von Präsident George W. Bush geforderten Regime-Wechsel in Irak.

Der Hollywoodstar Schauspielerin Susan Sarandon sagte, man müsse "Fundamentalismus in jeder Form" bekämpfen. Das gelte für das Terrornetzwerk Al Qaeda wie für den "Fundamentalismus amerikanischer Art", dem es um die Durchsetzung der Interessen von Großkonzernen gehe. Bei einer Großkundgebung in San Francisco unter der Parole "No blood for oil" (Kein Blut für Öl) zählten die Veranstalter mehr als 40.000 Teilnehmer.

In Deutschland gingen nach Schätzungen der Veranstalter rund 15.000 Kriegsgegner in 89 Städten auf die Straße. An der größten Demonstration beteiligten sich in Berlin laut Polizei rund 8.000 Menschen; die Veranstalter sprachen von 30.000. Zu den Protesten unter dem Motto "Stoppt den Krieg bevor er anfängt" hatten Friedensgruppen, Gewerkschaften, kirchliche Verbände, die PDS sowie Politiker der Grünen und der SPD aufgerufen.

In Berlin sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele, die Darstellung, Irak habe Massenvernichtungswaffen und bedrohe damit Europa, sei falsch. "Jede deutsche Unterstützung eines völkerrechtswidrigen Krieges verstößt gegen das Grundgesetz." Demonstranten forderten auf Plakaten und in Sprechchören: "Bundeswehr raus aus der Golfregion".

In Hamburg rief die Theologin Dorothee Sölle dazu auf, die Friedensbewegung in den USA zu unterstützen. "Lasst uns verbündet sein mit dem anderen Amerika", sagte sie vor rund 400 Kriegsgegnern. In Frankfurt am Main zogen die Demonstranten vor die Konsulate der USA und Großbritanniens, wo sie Resolution verlasen.

Im Streit über eine neue Irak-Resolution des UN-Sicherheitsrats dringen die USA auf ein schnelles Ergebnis. Die Beratungen über die UN-Rüstungskontrollen in Irak gingen in eine "sehr entscheidende" Woche, sagte US-Außenminister Colin Powell am Samstag beim Gipfel des Asien-Pazifikforums (Apex) im mexikanischen Los Cabos. Es sei an der Zeit, die verbleibenden Streitpunkte für eine Entschließung zuzuspitzen. US-Präsident Bush bekräftigte, die USA würden falls nötig auch ohne ein UN-Mandat gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein militärisch vorgehen: "Wenn die UN nicht handeln und wenn Saddam Hussein nicht abrüstet, werden wir eine Koalition anführen, die ihn entwaffnet."



Quelle: Junge Welt, Politik, 28.10.02

"Stoppt den Krieg gegen Irak, bevor er beginnt"

Berliner Demonstration gegen den Irak-Krieg: Auszüge aus Beiträgen auf der Kundgebung

* junge Welt dokumentiert Passagen aus den Redebeiträgen der Antikriegsdemonstration in Berlin, an der nach Angaben der "Achse des Friedens" am Sonnabend 30.000 Menschen teilnahmen

Nelli Tügel, Schülerinnen und Schüler gegen den Krieg:

Unter dem Vorwand, daß der Irak im Besitz von Massenvernichtungswaffen sei und man das irakische Volk von einem grausamen Diktator befreien wolle, haben Bush und Konsorten das Kriegsgeheul angestimmt. Und sie werden alles dafür tun, diesen Krieg durchzusetzen und zu führen.

Einmal abgesehen davon, daß es mehr als fraglich ist, ob ein Land nach zwei Kriegen und elf Jahren Sanktionen über die Mittel verfügen kann, die für den Bau von Massenvernichtungswaffen notwendig sind, sind die Bemühungen der USA, uns weismachen zu wollen, ihr Angriff auf den Irak sei Menschenfreundlichkeit dem irakischen Volk gegenüber, reine Heuchelei.

Saddam Hussein ist ein grausamer Diktator, das ist gar keine Frage, doch der Leidtragende eines Krieges wird das irakische Volk sein. Seit Jahren hat das irakische Volk unter den Sanktionen zu leiden, die über den Irak verhängt worden sind. Jeden Monat sterben mehrere tausend Menschen an den Folgen der Sanktionen, an schmutzigem Wasser, mangelnden Medikamenten und Unterernährung, so daß sich die Situation im Irak drastisch verschlechtert hat und sich die Sanktionen zu einem regelrechten Massenmord an der irakischen Bevölkerung entwickelt haben.

Der wahre Grund für den bevorstehenden Krieg gegen den Irak ist nicht die Freiheit für die Menschen im Irak. Der wahre Grund für den drohenden Krieg ist, daß die Region für die USA ökonomisch enorm wichtig ist, denn der Irak verfügt über die zweitgrößten Erdölvorkommen der Welt. Und Saddam Hussein als unkontrollierbarer Herrscher ist den USA ein Dorn im Auge, den es zu entfernen gilt.

Um diesen Krieg stoppen zu können, müssen wir die Antikriegsbewegung weiter aufbauen. Wir können uns nicht auf Schröder, Fischer und Co. verlassen. Daß SPD und Grüne keine Antikriegsparteien sind, haben sie in den vergangenen vier Jahren bewiesen. Zwei Kriege und 17mal die Bundeswehr im Ausland unter Rot-Grün sind hierfür Beweis genug!

Würde Rot Grün es ernst meinen, dann hätten sie schon längst die Panzer aus Kuwait abgezogen und Schritte unternommen, um eine indirekte Unterstützung des Krieges, in Form von zum Beispiel Überflugrechten für amerikanische Flieger, unmöglich zu machen.

"Schülerinnen und Schüler gegen den Krieg" haben beim Krieg gegen Afghanistan im letzten Herbst einen Schülerstreik am Tag des Beginn des Krieges mit 5000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern organisiert und dies werden wir in Anbetracht eines neuen bevorstehenden Krieges wieder tun!

Um eine indirekte Unterstützung des Krieges zu verhindern, müßten Blockadeaktionen organisiert werden. Um erfolgreiche Massenmobilisierungen durchzuführen, wäre es eigentlich notwendig, daß auch die Gewerkschaften ihre Mobilisierungskraft nutzen. Wenn wir planen, einen Schülerstreik durchzuführen, so denken wir auch daran, daß es uns unsere Eltern und Lehrer eigentlich gleichtun müßten.

John Catalinotto, International Action Center (New York), eine der Gruppen in Antikriegsbündnis ANSWER, das die Proteste in Washington und San Francisco organisierte:

Ich bringe euch die Grüße der US-amerikanischen Friedensbewegung, heute, am 26. Oktober, dem internationalen Aktionstag gegen einen neuen US-Krieg gegen den Irak.

Die US-Regierung plant einen reinen Eroberungskrieg. Vielleicht kennt ihr noch nicht das Papier der Bush-Administration zur "Nationalen Sicherheitsstrategie". Das Papier ist voll von militärischen Drohungen und formuliert das Recht auf einen militärischen Erstschlag. Geplant ist die Eroberung der ganzen Welt, und Feinde und auch Freunde haben nur eine Wahl: Sie müssen sich unterordnen.

Wer das Papier gelesen hat, versteht, daß die Drohungen gegen den Irak nichts mit den Eigenschaften Saddam Husseins oder mit Massenvernichtungswaffen zu tun haben. Die Drohungen haben mit Erdöl zu tun. Und es geht um die strategische Kontrolle der Länder des Mittleren Ostens und Zentralasiens, um die Vormachtstellung in der Weltwirtschaft, es geht um alte und neue Kolonien und auch um die Konkurrenz zu Europa und Japan.

Die Bush-Regierung hat versucht, den 11. September 2001 zu benutzen, um das US-amerikanische Volk zu überzeugen, daß immer neue Kriege notwendig sind. Es ist nicht so, daß die Menschen in den USA nicht merken, was hier vorbereitet wird. Viele sind in großer Sorge. Als ich im September mit deutschen Gästen in New York unterwegs war, wurde diesen oft gratuliert. Ob es der Taxifahrer war, die Imbißverkäuferin oder Leute in der U-Bahn: Sie wollten zeigen, daß sie sich über den Wahlsieg von Schröder in Deutschland freuen. Warum diese Freude? Die Menschen wußten, daß Schröder einen Wahlkampf gegen Bush gemacht hat. Sie haben indirekt gesagt, daß sie gegen den Krieg sind.

Der US-Kongreß hat darin versagt, den Krieg zu stoppen. Tatsächlich hat er für den Krieg gestimmt. Und auch der UN-Sicherheitsrat hat den Krieg nicht gestoppt. Schröder und Fischer von der deutschen Regierung haben sich gegen den Krieg ausgesprochen, aber die US-amerikanischen Flugzeuge mit Kriegsmaterial starten immer noch von den US-Basen Spangdahlem und Ramstein in die Golfregion.

Die weltweite Antikriegsbewegung ist die einzige Kraft, die diesen Kriegskurs noch stoppen kann. Deshalb brauchen wir eine starke Solidarität miteinander und mit dem irakischen Volk. Fordern wir gemeinsam: Schluß mit den Sanktionen gegen den Irak! Schluß mit den Transporten von Kriegsmaterial von US-Militärbasen in Deutschland!

Stoppt den Krieg gegen den Irak, bevor er beginnt!

Christian Ströbele, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen:

Wir sind heute auf der Straße, um unseren Freunden in den USA, die heute in Washington demonstrieren, mitzuteilen, auch in Berlin sind so viele Gegner dieses Krieges, daß die Straße voll ist. Wir sind noch nicht Hunderttausende, aber wir wollen so viele werden, weil wir gemeinsam jede Chance nutzen wollen, diesen Krieg gegen den Irak noch zu verhindern.

Wir sagen dem amerikanischen Präsidenten Bush, es gibt keinen Grund, diesen Krieg zu führen. Dieser Krieg ist völkerrechtswidrig, dieser Krieg ist nicht gerechtfertigt. Und jede deutsche Unterstützung eines völkerrechtswidrigen Krieges wäre ein Verstoß gegen das Grundgesetz. Die Behauptung des amerikanischen Präsidenten, daß der Irak über Massenvernichtungswaffen verfügt, daß der Irak die USA bedroht, daß der Irak Europa bedroht oder daß der Irak seine Nachbarländer bedroht, diese Behauptungen sind falsch, sie sind Teil der psychologischen Kriegsführung zur Vorbereitung dieses Krieges, den die amerikanische Administration längst beschlossen hat.

Nadia Jasim im Namen der in der "Achse des Friedens" zusammengeschlossenen arabischen Gruppen:

Ginge es nach dem Willen der Bush-Regierung, so soll die seit zwölf Jahren anhaltende US-Aggression gegen unser Volk zu einer Invasion und Besatzung ausgeweitet werden. Am 12. Oktober erklärte der US-Außenminister, nach der Okkupation unseres Landes ein militärisches Besatzungsregime errichten zu wollen. Ein US-amerikanischer General soll uns regieren.

Wir Irakerinnen und Iraker der unterschiedlichsten politischen und religiösen Überzeugungen sind uns in einem Punkt einig: Wir wollen keine US-amerikanische Invasion unseres Landes. Wir haben Angst um unsere Freunde und Verwandte, um ihre und unsere Kinder.

Wir wollen die sofortige Einstellung der seit Jahren fortgesetzten Luftangriffe der US- amerikanischen und britischen Luftwaffe.

Wir fordern die Beendigung der verbrecherischen Blockade gegen unser Volk. Über 1,5 Millionen Menschen sind dieser Blockade bisher zum Opfer gefallen.

All jenen, die um Demokratie und Menschenrechte besorgt sind, rufe ich zu: Dies ist ein Raubkrieg!

Nicht um Waffenkontrolle geht es, sondern um Ölkontrolle!

Nicht um Demokratie geht es, sondern um die Errichtung einer Militärdiktatur, die den Raub im Interesse der US-amerikanischen Konzerne sichert!

Gibt es in der ganzen Welt von heute eine gefährlichere Diktatur als die Bush-Regierung?

Die Kriegstreiberei von Bush stellt eine Gefahr nicht nur für die Menschen im Irak dar: Im besetzten Palästina verübt die israelische Besatzungsarmee täglich Verbrechen gegen die palästinensische Bevölkerung. Bush nennt den verbündeten General Scharon, dessen Biographie eine ununterbrochene Kette von Kriegsverbrechen ist, einen Mann des Friedens. Dies zeigt mehr als deutlich, was Bush unter Friedenspolitik versteht.

Der zweite Verbündete in Bushs Kriegsbündnis ist Tony Blair. Wenige von euch wissen wahrscheinlich, daß Irak im Ersten Weltkrieg ein Verbündeter Englands war. Doch statt die vertraglich vereinbarte Unabhängigkeit zu respektieren, errichtete England im Irak eine koloniale Militärdiktatur. 40 Jahre lang führten die Menschen unseres Landes einen ungleichen Kampf gegen die Terrorherrschaft der britischen Kolonialherren. Tausende Irakerinnen und Iraker fielen im Kampf für die Freiheit. Nach 40 Jahren britischer "Zivilisation" waren 92 Prozent der Menschen in unserem - eigentlich wohlhabenden - Land Analphabeten, die Lebenserwartung der Menschen betrug durchschnittlich 35 Jahre. Erst nach der Befreiung Iraks von der Kolonialherrschaft und der Wiedererlangung der Souveränität über unsere Naturreichtümer war es dem irakischen Volk möglich, die Entwicklungsträume von Generationen Schritt für Schritt zu realisieren. Doch zeitgleich mit der Entmachtung der westlichen Ölkonzerne durch die Verstaatlichung 1972 begannen die USA mit den Aggressionsvorbereitungen gegen unser Land: Bereits drei Monate nach der Verstaatlichung wurde eine 300000 Mann starke schnelle Eingreiftruppe geschaffen, mit dem erklärten Ziel, unser Land unter amerikanische Herrschaft zu zwingen.

Es ist an der Zeit, daß manche Berufsdemokraten über den rassistischen Charakter ihres Zivilisationsverständnisses nachdenken: Sie sagen "Menschenrechte" und meinen "Krieg". Sie sagen "Demokratie" und meinen das Recht auf kolonialen Besitz und kolonialen Raub.

Günter Bodin, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft ver.di, Berlin, verlas eine Entschließung der Bezirkskonferenz Berlin, die am Samstag tagte:

Die Bezirkskonferenz unterstützt ausdrücklich die Erklärung von Bundeskanzler Schröder, daß es mit seiner Regierung "keine Beteiligung an einem eventuellen Krieg gegen Irak" geben werde, auch keine finanzielle Unterstützung. Die Kosten für den Krieg zahlt die Bevölkerung auch in Deutschland mit Kürzungen im Sozialhaushalt und der öffentlichen Daseinsvorsorge.

Statt immer gewaltigere Rüstungsanstrengungen zu finanzieren, wird dringend das Geld gebraucht für die Krankenhäuser, die Bildung unserer Kinder und Jugend, für die Finanzierung der öffentlichen und sozialen Aufgaben der Kommunen, z.B. auch der immensen Flutschäden in den ostdeutschen Ländern. Nach den Leiden des Zweiten Weltkrieges war es gerade die deutsche Arbeiterschaft, die geschworen hat: nie wieder Krieg. Wir wenden uns entschieden dagegen, daß deutsche Soldaten als Hilfstruppen der US-Regierung andere Völker mit Krieg überziehen. Kein deutscher Soldat soll mehr im Krieg sein Leben lassen.

Deshalb stehen wir solidarisch an der Seite aller, die heute weltweit an den Protesten gegen einen Krieg gegen Irak teilnehmen, insbesondere gilt unsere Solidarität den amerikanischen Kollegen und Kolleginnen, die heute in Washington und anderen amerikanischen Städten ihren Widerstand gegen den Krieg demonstrieren.

Als ver.di Berlin treten wir ein für:

- den Rückzug der deutschen Soldaten aus allen Auslandseinsätzen

- keine Finanzierung von militärischen Einsätzen aus dem öffentlichen Haushalt

- keine Unterstützung durch Bereitstellung der entsprechenden Infrastruktur.

Die ver.di-Bezirkskonferenz Berlin fordert den ver.di Gewerkschaftsrat und Bundesvorstand auf, mit allen Mitteln die Friedensdemonstrationen zu unterstützen und selbst für solche Demonstrationen die Initiative zu ergreifen.

Der Einsatz deutscher Soldaten in Krisengebieten ist abzulehnen.



Quelle: Junge Welt, Vermischtes, 28.10.02

"Bush liegt falsch"

Rüdiger Göbel

Hunderttausende bei internationalem Aktionstag gegen drohenden US-Angriff auf Irak

Mehrere hunderttausend Menschen haben sich am Wochenende im Rahmen eines internationalen Aktionstages an Protesten gegen den drohenden US-Angriff auf Irak beteiligt. Die größte Demonstration fand in Washington statt. Es war die größte Protestmanifestation seit Ende des Vietnam-Krieges. Nach Angaben der Veranstalter kamen bis zu 200.000 Kriegsgegner zusammen. Symbolträchtig zogen die Demonstranten vom Vietnamkriegsmahnmal zum Weißen Haus, dem Amtssitz von US-Präsident George W. Bush. "Stoppt den Krieg gegen Irak, bevor er beginnt", "Laßt Bush fallen statt Bomben" oder "Geld für Arbeit, nicht für den Krieg", war auf Transpartenten zu lesen. In Anspielung auf die von Bush ausgerufene "Achse des Bösen" (Irak-Iran-Nordkorea) riefen die Demonstranten immer wieder: "Die Achse des Bösen sind Bush-Cheney-Rumsfeld". Vizepräsident Dick Cheney und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld stehen neben dem US-Präsidenten für die amerikanische Ölindustrie und einen unbedingten Feldzug am Golf. In der Nähe von Taos in New Mexico zogen denn auch mehr als 2000 Menschen zum Privathaus von Rumsfeld.

Der frühere US-Justizminister Ramsey Clark sagte in Washington vor den Kundgebungsteilnehmern in Anspielung auf

Bushs Vorhaben, den irakischen Staatschef Saddam Hussein zu stürzen, es sei "Zeit, das Regime zu wechseln - aber hier, in Amerika". Clark, weltweit bekannt für sein Engagement gegen die imperialistische US-Außenpolitik, prangerte an, daß durch die gegen Irak verhängte UN-Blockade dort bereits mehr als 1,5 Millionen Menschen gestorben seien. Auch die Sängerin Patti Smith und der schwarze Bürgerrechtsaktivist Jesse Jackson gehörten zu den über 30 Rednern. Die Schauspielerin Susan Sarandon sagte: "Ich bin hier, weil ich Angst um meine Kinder habe. Weil ich Angst um die irakischen Kinder habe." Andere warfen den amerikanischen Kongreßabgeordneten vor, nicht im "Namen des Volkes" gesprochen zu haben, als sie Präsident Bush autorisiert haben, einen Angriffskrieg gegen Irak zu führen. Dieser sei Ausdruck der imperialistischen Außenpolitik der US-Regierung.

"Unser Protest war extrem erfolgreich", erklärte Mara Verheyden-Hilliard, eine der Organisatorinnen in der Friedenskoalition ANSWER. "Es wurde aller Welt vor Augen geführt: Wenn George Bush behauptet, Amerika spricht mit einer Stimme, und dies seine Stimme ist, liegt er falsch."

Am gleich Tag gab es ähnliche Proteste nicht nur in anderen US-amerikanischen Großstädten wie San Fransisco und Chicago, sondern rund um den Globus, von Tokio über Rom und Berlin nach San Juan, Puerto Rico und Mexiko-Stadt. Dabei richtete sich der Protest nicht nur gegen den geplanten US-Angriff auf Irak, sondern auch gegen die Besatzungs- und Repressionspolitik der israelischen Regierung gegen die Palästinenser und die Unterstützung der Scharon-Regierung durch die USA.

Unterstützung für die US-Friedensbewegung gab es am Samstag auch in Deutschland. In über 80 Städten fanden Antikriegsproteste statt, unter anderem in München, Frankfurt/ Main, Köln und Hamburg. Zu der größten Friedensmanifestation in Berlin kamen nach Angaben der Veranstalter 30.000 Demonstranten. Die Polizei sprach deutlich untertreibend von 8.000 Teilnehmern. Zu der Kundgebung hatten neben verschiedenen Friedensgruppen auch Gewerkschaften, die PDS und Teile der Grünen sowie das globalisierungskritische Netzwerk ATTAC aufgerufen. Seit langem waren bei den Antikriegsprotesten auch wieder Fahnen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu sehen. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele nannte einen möglichen US-Angriff auf Irak "völkerrechtswidrig und nicht gerechtfertigt". Jede deutsche Unterstützung eines solchen Krieges wäre "nicht nur ein Verstoß gegen das Grundgesetz, sondern Kriegspolitik". Andere Sprecher forderten den Abzug deutscher Soldaten, Spürpanzer und Kriegsschiffe aus der Golfregion. Britische und US-Basen in Deutschland dürften nicht für einen Irak-Krieg genutzt werden.

In Rheinland-Pfalz zogen rund 200 Demonstranten vor die US-Airbase in Spangdahlem, wo sie Flugblätter an die Soldaten verteilten. In der baden-württembergischen Universitätsstadt Heidelberg fand eine Protestkundgebung vor dem US-Hauptquartier statt. Teile des dortigen Stabes werden gegenwärtig für die Kriegführung in die Golfregion verlegt. Die örtliche SPD hatte vorab mitgeteilt, die Antikriegsproteste zu unterstützen, wenn die Forderungen bezüglich der Nutzung deutschen Staatsgebietes für Kriegsvorbereitungen sowie nach Kündigung der militärischen Unterstützungsabkommen zurückgenommen würden. Die Heidelberger Friedensgruppen erklärten, auf die halbherzige sozialdemokratische Unterstützung lieber zu verzichten.



Quelle: Neues Deutschland Vermischtes 28.10.02 - Kommentar

Standpunkt: Langeweile des Krieges

Von Tom Strohschneider

In dieser Woche wird eine bitterböse Satire mit dem beziehungsreichen Titel "Army Go Home!" in die Kinos kommen und von Soldaten erzählen, die vom Frieden gelangweilt sind. Ähnliches scheint sich ganz real derweil auch in der US-Hauptstadt zuzutragen. Denn im Land der unbegrenzten Möglichkeiten schickt sich ein schlechter Ronald-Reagan-Darsteller an, die Auseinandersetzung mit dem "Reich des Bösen" entschlossen gegen neue Feinde fortzusetzen. Trotz fragwürdiger Begründung: Die Zeichen stehen seit langem schon auf Krieg.

Während aber in den USA die Friedensbewegung alte Rekordmarken erreicht und in Großbritannien Hunderttausende gegen einen Militärschlag in Irak auf die Straße gehen, kommt der Protest in der Bundesrepublik nicht so Recht in Gang. Dafür dürfte es mehrere Gründe geben: Zum einen versammeln die Antikriegsgruppen Menschen unter einem recht allgemeinen Motto, nämlich gegen den Krieg zu sein. Warum aber, so mag sich mancher fragen, soll gegen etwas demonstriert werden, an dem sich die Bundesregierung angeblich gar nicht beteiligen will? Und was spricht dagegen, einem schrecklichen Regime wie dem des Potentaten Hussein die Leviten zu lesen?

Ganz gleich, ob die Friedensbewegung auf solche Bedenken Antworten hat - allen Argumenten zum Trotz scheint sich eine Mehrheit für den drohenden Krieg am Persischen Golf kaum zu interessieren. Was schon hier zu Lande lebende Muslime an Ablehnung erfahren, wird beim Thema Irak zu weitgehender Ignoranz. Nur wenn es tatsächlich um Öl gehen sollte, so die bizarre Logik, steht auch das eigene Wohl auf dem Spiel - der Benzinpreise wegen. Um den Schrecken militärischer Konflikte, um das Leid der Menschen und die Folgen für die gesamte Welt schert sich dieses Denken kaum. Darauf muss sich auch die Friedensbewegung einstellen - im hoffentlich anhaltenden Bemühen, jene zu erreichen, die inzwischen nicht nur vom Frieden sondern auch vom Krieg gelangweilt sind.



Quelle: Neues Deutschland, Politik, 28.10.02

Friedensbewegung trotzte dem Wetter

Beteiligung bleibt hinter manchen Erwartungen zurück / Antikriegsgruppen kündigen weitere Proteste an

Von unseren Korrespondenten

Bundesweit haben am Samstag Menschen in mehr als 90 Städten gegen einen drohenden Irak-Krieg demonstriert. Bei überwiegend schlechtem Wetter beteiligten sich mehrere Zehntausend Menschen an den Aktionen.

In der Hauptstadt versammelten sich am Samstagmittag nach wohlwollenden Angaben der Berliner Achse des Friedens bis zu 30000 Menschen in unmittelbarer Nähe des Alexanderplatzes und zogen von dort durch die Innenstadt. Die Polizei sprach von lediglich 8000 Demonstranten. Bei einer Auftaktkundgebung forderten mehrere Redner die Bundesregierung auf, bei ihrem Nein zu einem Kriegseinsatz gegen Irak zu bleiben. Dafür sollten auch die Überflugrechte über deutschem Luftraum und jegliche logistische Unterstützung einer Militärintervention am Persischen Golf verweigert werden, betonte eine Sprecherin der Initiative Achse für den Frieden.

Der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele bezeichnete die Kundgebungen in der gesamten Bundesrepublik als ein Signal in Richtung US-Administration, dass eine Mehrheit der Deutschen einen Krieg ablehne. Ströbele nannte einen möglichen Angriff auf Irak völkerrechtswidrig und nicht gerechtfertigt. Der zentrale Kriegsgrund der USA sei es, die Ölquellen in Irak unter amerikanische Kontrolle zu bringen. Zudem sei die Darstellung, Irak habe Massenvernichtungswaffen und bedrohe damit Europa, falsch. Während seiner Rede verdeckte ein Grünen-kritisches Transparent die Sicht auf die Bühne: Die einstige Umwelt- und Friedenspartei habe sich weitgehend von ihren inhaltlichen Traditionen gelöst und marschiere nunmehr im Gleichschritt für deutsche Interessen.

USA sollen Atomwaffen sofort abziehen

Mohammed Herzog, Oberhaupt der islamischen Gemeinschaft deutschsprachiger Muslime, rief die Teilnehmer dazu auf, über alle Religionsschranken hinweg aktiv für Frieden einzutreten. Dauerhafter Frieden sei nicht mit Waffen zu schaffen, Einsicht erreiche man nicht mit Gewalt. Eine gleichzeitig in Berlin tagende Konferenz der Gewerkschaft ver.di beschloss am Samstag eine Resolution, die den sofortigen Rückzug deutscher Soldaten von "out-of-area"-Einsätzen fordert.

Auch in Baden-Württemberg gingen am Samstag mehrere tausend Menschen gegen den drohenden Irak-Krieg in verschiedenen Städten auf die Straße. So zogen in Heidelberg Demonstranten mit Friedenstransparenten vor das Headquarter der US-Army. In Stuttgart versammelten sich nach einer Mahnwache vor der US-Militärzentrale EUCOM unter dem Motto "Stoppt den Krieg, bevor er beginnt" rund 900 Menschen. Anne Rieger, Landessprecherin des VVN-Bund der Antifaschisten, betonte die Solidarität mit der Friedensbewegung in den USA. Zugleich forderte sie die Bundesregierung auf, sich bei US-Präsident Bush für einen Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland einzusetzen.

In Rostock trafen sich mehrere hundert Teilnehmer, vor allem Anhänger der PDS, auf dem Universitätsplatz. Aufgerufen hatten die Landes-PDS und das überparteiliche Rostocker Friedensbündnis. Deren Sprecher Manfred Eckhoff erklärte, dass die derzeitigen Friedenskundgebungen in den USA den Willen einer Bevölkerungsmehrheit offenbaren würden.

PDS-Vorsitzende Gabi Zimmer forderte die Schröder-Regierung auf, auch nicht indirekt an einem eventuellen Krieg der USA gegen Irak teilzunehmen. Der Vertrag wegen der US-Überflugrechte sei 1996 ausgelaufen. Deshalb könne die Bundesregierung selbst Starts und Landungen von US-Kriegsgerät in Frankfurt (Main) und Ramstein verhindern. Dass Bundeskanzler Gerhard Schröder seine Haltung von "uneingeschränkter Solidarität mit den USA" zu einem Nein einer deutschen Teilnahme am Irak-Krieg änderte, bewertete die PDS-Politikerin als positiv. Sie verurteilte, dass Bundeswehrsoldaten immer noch "weltweit im Einsatz" seien.

Gabi Zimmer rief "die Linken" dazu auf, bei den Protesten auch die Kriegsgegner aus den anderen Teilen der Gesellschaft zu gewinnen. Sonst würde die Linke im kleinen Kreis bleiben. Ein großer Teil der Rostocker Kundgebungsteilnehmer war offensichtlich auch auf den Uniplatz gekommen, um Sympathie mit der PDS-Vorsitzenden zu bekunden .

Stärke des Rechts statt Recht des Stärkeren

In Freiburg im Breisgau zogen 400 Kriegsgegner durch die Innenstadt und versammelten sich anschließend auf dem Augustinerplatz. "Die Stärke des Rechts muss sich durchsetzen, nicht das Recht des Stärkeren", forderte dort Max Heinke vom Freiburger Friedensplenum. DGB-Regionalchef Jürgen Höfflin wandte sich gegen den staatlich legitimierten Mord, den George W. Bush in Irak plane. Zu gewaltfreiem Widerstand gegen die hegemonialen Bestrebungen der USA rief DFG-VK-Sprecher Wolfgang Menzel auf. "Eine Neuaufteilung der Welt unter US-Kommando dürfen wir nicht zulassen", sagte Menzel. Und Attac-Sprecher Sven Gigold rief die Friedensbewegung dazu auf, es nicht bei Demonstrationen zu belassen, sondern friedlich die US-amerikanischen Militärbasen in Deutschland zu blockieren, denn nur so schaffe man die nötige Aufmerksamkeit für die eigenen politischen Anliegen. Die Bundesregierung rief er auf, es nicht bei Worten zu belassen, sondern sich für eine internationale Allianz gegen den Irak-Krieg zu engagieren.

In Chemnitz begrüßte eine Linksruck-Sprecherin jene, die zum "Global Action Day" gekommen waren mit den Worten: "Wir müssen uns warm anziehen". Die junge Frau auf der Rathaustreppe spielte nicht auf den scharfen Wind an, der über den Neumarkt fegte und ein paar versprengte Einkaufende aus einer der neu gebauten Ladenzeilen in die nächste wehte. Sie meinte den Eskalationskurs der US-Regierung gegenüber Irak. Auch die Chemnitzer Friedensinitiative hatte am Samstag zum internationalen Aktionstag gegen den drohenden Krieg geladen. In dem seit Jahren äußerst aktiven örtlichen Bündnis arbeiten linke Parteien, kirchliche Initiativen, aber auch die kleine Chemnitzer Attac-Gruppe mit, die einen der paar Stände aufgeschlagen hatten.

Neben globalisierungskritischen Broschüren und Losungen wie "Kein Krieg für Öl" hatten die Studenten dort auch Fotos von einer Friedensdemonstration in London ausgelegt, zu der unlängst 400000 Menschen kamen. An diesem Vormittag in Chemnitz hatte sich dagegen nur ein bescheidenes Häuflein von etwa 70 Menschen eingefunden, um den Rednern zuzuhören: einem irakischen Flüchtling, einem jungen Mann, der ein 1991 während des ersten Golfkrieges entstandenes apokalyptisches Gedicht einer Chemnitzerin vortrug, und einer Studentin, die aus den USA in die sächsische Stadt gekommen war. Sie verlas in ihrer Muttersprache den Text der Grußbotschaft, die anschließend nach Amerika geschickt werden soll, "wo die Demonstranten jetzt gerade ihren Morgenkaffee trinken". Bei dem sind viele Chemnitzer an diesem Tag offenbar hängen geblieben.

Nur 70 Unentwegte im sächsischen Chemnitz

Die eher geringe Resonanz solle aber nicht bedeuten, dass das Anliegen in der Stadt auf wenig Resonanz trifft, hieß es am PDS-Stand: Einige Dutzend Unterschriftenlisten hatten sich im Laufe des Vormittags an den verschiedenen Tischen gefüllt, "obwohl es die Leute eilig haben". In den letzten Wochen seien sogar einige Tausend Unterschriften gesammelt worden, sagte die Frau von Linksruck. Und wenn demnächst bundesweit zu einer zentralen Demonstration mobilisiert wird, so hoffte sie, werde auch Chemnitz mit einer hör- und sichtbaren Gruppe vertreten sein. Im knapp 70 Kilometer entfernten Dresden hatten sich rund 700 Menschen zu einer Friedenskundgebung versammelt, in Magdeburg gingen rund 250 überwiegend junge Menschen auf die Straße.

Mehr als 200 Menschen demonstrierten in Dortmund gegen den Krieg. Neben Mitgliedern von PDS und DKP waren vor allem junge Menschen dem Aufruf des Dortmunder Friedensforums gefolgt, um sich gegen die "kriegstreiberische Politik des US-Präsidenten" zu wenden. Nach Ende der Kundgebung zogen die Teilnehmer in einem Demonstrationszug durch die Innenstadt und klagten die USA auf Transparenten und Schildern wegen ihrer "Blut-für-Öl-Politik" an.

Am Rande der Demonstration kam es aufgrund einer Provokation von so genannten Antideutschen zu scharfen verbalen Auseinandersetzungen. Diese hatten in einem Flugblatt die Irak-Politik der USA unterstützt und den Teilnehmern der Friedensdemonstration einen "anti-emanzipatorischen Schulterschluss mit islamischen Faschisten - wie man am Beispiel Saddam Husseins sehen" könne, vorgeworfen.

Zu Kundgebungen, Mahnwachen und Demonstrationen waren zahlreiche Kriegsgegner auch in anderen Städte zusammengekommen. Im verregneten Hamburg wünschte die Theologin Dorothee Sölle vor rund 500 Teilnehmern der Friedensbewegung einen langen Atem. In Frankfurt (Main) zogen mehr als 5000 Menschen unter dem Motto "Kein Krieg gegen Irak" durch die Innenstadt. In Köln und München sowie in Flensburg und Fulda beteiligten sich Tausende Menschen an dem Protesttag. Trotz der hinter manchen Erwartungen zurückbleibenden Teilnehmerzahlen kündigte die Friedensbewegung bereits am Samstag neue Proteste gegen den Irak-Krieg an.



Quelle: TAZ, Lokales, 28.10.02

Prophyl-Achse des Friedens demonstriert

Am internationalen Protesttag gegen den drohenden Irakkrieg gehen in Berlin rund 10.000 Menschen auf die Straße. Sie vereint nicht nur Antimilitarismus, sondern auch Skepsis gegenüber der derzeitigen Haltung der Bundesregierung

Rund 10.000 Kriegsgegner haben sich am Samstag trotz schlechten Wetters in Berlin an einer Demonstration gegen den drohenden Irakkrieg beteiligt. Auf Transparenten forderten sie "Stop the war before it starts" und "Bundeswehr raus aus der Golfregion". Aufgerufen hatten neben dem Bündnis "Achse des Friedens" religiöse Gruppen, Gewerkschaften, Globalisierungskritiker und Politiker von PDS und den Grünen.

Bei der Auftaktveranstaltung in der Nähe des Alexanderplatzes forderte Nelli Tügel von der Initiative "SchülerInnen gegen den Krieg", Eltern, Lehrer und Gewerschaften auf, sich an ihren Ausstandsvorbereitungen zu beteiligen. Die Schüler wollen den Unterricht bestreiken, wenn die Militäroffensive beginnt. Der Grünenpolitiker Christian Ströbele kritisierte, Ziel des Krieges sei es, eine persönliche Kontroverse der Familie Bush mit Saddam Hussein zu Ende zu bringen.

Die anschließende Demonstration führte vorbei am Auswärtigen Amt zum Gendarmenmarkt. Die Ablehnung des Kriegs und von indirekter Kriegsunterstützung durch die Bundesregierung war der gemeinsame Nenner der unterschiedlichsten Gruppierungen. Auffällig war die große Zahl jugendlicher Teilnehmer. "Krieg hängt stark mit Globalisierung zusammen", meinte der 17-jährige Paul Venuß. Er hatte sich einen weißen Schutzanzug angezogen und trug gemeinsam mit Freunden von der Attac-Jugendgruppe eine Ölpipeline. Die sechs wollten so symbolisch die "Kollateralschäden" in der Zivilbevölkerung nachstellen, die ein Krieg zur Folge hat.

Viele Demonstranten und Redner trauen der Antikriegshaltung der Bundesregierung nicht - auch der Sozialdemokrat Heinz Stapf-Finé. Er will Druck machen, dass sich seine Partei eindeutig gegen den Krieg ausspricht. Er habe auch gegen den Kosovokrieg demonstriert. "Seit der Bewilligung der Kriegskredite hat die SPD ein zwiespältiges Verhältnis zu Krieg und Frieden", so der SPDler.

Eine weitere Regierungsbeteiligung seiner Partei wäre beim Eintritt Deutschlands in den Irakkrieg nicht gerechtfertigt, meinte der Grünen-Lokalpolitiker Jörn Jensen. An der PDS-Landespolitik würde man aber sehen, "dass es einfach ist, Maximalforderungen zu stellen, wenn man nicht regiert". Elisabeth Schäfer von der PDS sieht das ganz anders. "Es gibt Dinge, wo man keine Kompromisse eingehen kann", meinte die 75-Jährige Frau aus Falkensee.

Auf der Abschlusskundgebung bezeichnete Nadia Kahtan die geplante US-Intervention als einen Raubkrieg. Es gehe dabei nicht um Waffenkontrolle, sondern um Ölkontrolle, sagte die irakische Vertreterin der "Achse des Friedens".

Hartmut Friedrich, Vizelandeschef von Ver.di überbrachte eine Resolution der Ver.di-Bezirkskonferenz, die gleichzeitig tagte. Die Gewerkschafter fordern darin den Rückzug der Bundeswehr von allen Out-of-area-Einsätzen.

Im Vergleich zur Demo beim Bush-Besuch im Sommer war der Protest diesmal kleiner und auch leiser. Im Gegensatz zu heute sei damals durch die Medien im Vorfeld eine viel größere Spannung aufgebaut worden, meinten einige Teilnehmer. Die Veranstalter waren mit dem Protest sehr zufrieden. Der Aktionstag sollte erst der Anfang sein für eine neue, große Friedensbewegung, erklärten sie. TILL BELOW



Quelle: TAZ, Politik, 28.10.02

aktionstag: Weltweite Proteste

Weltweit haben am Samstag mehrere hunderttausend Menschen gegen einen drohenden Militärschlag der USA im Irak demonstriert. Es gab unter anderem Demonstrationen in Mexiko-Stadt, Seoul und Tokio. In Europa wurden Kundgebungen aus Amsterdam, Kopenhagen, Stockholm und Rom gemeldet.

Allein in Deutschland folgten Friedensaktivisten in rund 90 Städten dem Aufruf der US-amerikanischen Friedensbewegung. In Hamburg, München und Frankfurt am Main beteiligten sich jeweils 2.000 Menschen.

Die größte deutsche Friedensmanifestation fand mit 10.000 Teilnehmern in Berlin statt. Dem Aufruf des Berliner Bündnisses "Achse des Friedens" hatten sich Globalisierungskritiker, Gewerkschaften, religiöse Verbände und Politiker von PDS und Grünen angeschlossen. Bei der Auftaktkundgebung kritisierte der Grünen-Politiker und Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele, es sei heuchlerisch, Saddam Hussein bekämpfen zu wollen, wenn man ihn zuvor jahrelang unterstützt habe. Die Kriege in Afghanistan und Tschetschenien seien so unrecht wie ein Irakkrieg, sagte er.

Der Protestmarsch führte vom Alexanderplatz zum Gendarmenmarkt. Neben jugendlichen Globalisierungskritikern beteiligten sich viele ältere Menschen aus der Friedensbewegung. Auch Palästinenser und einige Exiliraker mit Bildern von Saddam Hussein waren am Rand vertreten. Denen wolle man das Feld aber nicht überlassen, so der einhellige Tenor vieler Friedensbewegter.

Die PDS-Politikerin Ulla Jelpke sprach sich auf der Abschlusskundgebung gegen die indirekte Hilfe der Bundesregierung für die US-Armee aus. "Auch eine logistische Unterstützung ist eine Kriegsunterstützung", sagte sie. TILL BELOW



Quelle: TAZ, Politik, 28.10.02

Gegen Bush und den Krieg

Über 100.000 Menschen demonstrieren in Washington gegen einen Angriff auf den Irak - die

größte Friedenskundgebung seit Vietnam. Und auch die Prominenz ist auf der Bühne mit dabei

aus Washington BERND PICKERT

Es war die größte Friedensdemonstration in den USA seit den Protesten gegen den Vietnamkrieg. Von 200.000 TeilnehmerInnen in Washington sprechen später die Veranstalter von der Answer-Koalition. Das mag übertrieben sein - über 100.000 aber, da sind sich alle einig, waren es sicher. Es fällt auf, dass eine ganze Altersgruppe fehlt: Da sind viele ganz junge und etliche, die schon gegen den Vietnamkrieg demonstriert haben dürften. Es fehlen die 30- bis 50-Jährigen, diejenigen mithin, die mitten im Berufsleben stehen.

Der Tag beginnt verhalten und vor allem matschig. Nach tagelangem Regen ist der grasbedeckte Boden rund um das Vietnamdenkmal in den Constitution Gardens durchgeweicht. Die Menschen sind aufgekratzt. Viele Hochschüler sind in Bussen gekommen, aus New York und anderen Bundesstaaten, jetzt geben sie die Slogans zum Besten, die sie sich unterwegs ausgedacht haben, die Lieder, die sie eingeübt haben.

Alle schauen auf die Pappschilder der anderen, ob jemand noch einen originelleren Spruch erfunden hat. "Regime Change begins at home" heißt es da, "Healthcare, not Warfare", "Money for jobs, not for bombs" und immer wieder, in Abwandlungen, "Bush, Cheney, Rumsfeld - Achse des Bösen", manchmal aber auch "Asses of evil" ( "Arschlöcher des Bösen").

Viele wehren sich präventiv gegen den Vorwurf des Antiamerikanismus: "Dissens ist patriotisch" hat einer auf ein Schild geschrieben. Später formuliert die Schauspielerin Susan Sarandon: "Ich bin hier, weil ich es leid bin, dass man mir Angst davor macht zu sagen, was ich denke. Man hat uns gesagt, dass es nur zwei Wege gebe: mit uns oder gegen uns. Man hat uns gesagt, dass es antiamerikanisch sei, bestimmte Fragen zu stellen. Und Herr Bush hat viele davon überzeugt, dass es notwendig sei, den Irak präventiv anzugreifen, um unsere Demokratie zu beschützen. Ich sage Ihnen, Mister Bush: So (zeigt auf die Menge) sieht Demokratie aus." Das andere Amerika will so anders gar nicht sein.

"Wir sind hier, um zu sagen, dass George Bush keine Autorisierung für diesen Krieg hat!", begrüßt Mara Verheyden-Hilliard von Answer die Menge. Eine "neue Basisbewegung" sei im Entstehen, nur sie könne diesen Krieg verhindern. Die Selbstbeschwörung zieht sich wie ein roter Faden durch alle Reden an diesem Tag, wie eine Versicherung, dass man mehr ist als eine Minderheit von Dissidenten, deren wahrhaft große Demonstration in den Abendnachrichten im Fernsehen nur eine kleine Meldung zwischen Neuigkeiten von den Scharfschützen-Ermittlungen und den Football-Ergebnissen wert ist.

Patti Smith tritt auf. Mit ihren langen, leicht ergrauten Haaren steht sie auf der Bühne, strahlt Kraft aus. "So wie wir mehr werden, wird unsere Stimme gehört werden," meint sie, hat dann aber eigentlich nur zwei Worte zu sagen: "Kein Krieg!" Dann singt sie ihren alten Hit "People have the power".

Jesse Jackson, der alte demokratische Bürgerrechtler, erinnert an Martin Luther King: "Dr. King wäre glücklich, heute so viele junge Leute zu sehen, die eine neue Friedensbewegung in Amerika aufbauen." Er fordert ein Ende des Unilateralismus: "Saddam Hussein muss sich für seine Verbrechen verantworten? Das ist ein gutes Argument für den Internationalen Strafgerichtshof, nicht für die Bombardierung Bagdads!", sagt er.

Der altersradikale ehemalige Generalstaatsanwalt Ramsey Clark vergleicht Bush mit Heinrich Himmler, die schwarze Kongressabgeordnete Cynthia McKinney beschimpft die führenden Bush-Politiker, sie führten Kriege, hätten sich aber selbst stets vor dem Militärdienst gedrückt. Mit dem Marsch ums Weiße Haus endet der Protest. Präsident Bush hat davon nichts mitbekommen. Er weilt beim Apec-Gipfel in Mexiko.



Quelle: Saarbrücker Zeitung, Politik, 28.10.02

"Alle Kräfte gegen den Krieg mobilisieren"

600 Menschen demonstrieren in Saarbrücken gegen einen US-Angriff auf den Irak

Saarbrücken (nip). "Verhindert den Krieg, bevor er beginnt." Die Losung der Demonstration, mit der Tausende von Menschen am Samstag in insgesamt 70 Städten der Bundesrepublik auf die Straße gingen, bringt es auf den Punkt. US-Präsident George W. Bush scheint entschlossen, den Irak anzugreifen, notfalls auch ohne UN-Mandat und gegen Widerstand im eigenen Land. Doch die Friedensbewegung hält dagegen.

Auch in der Saarbrücker Innenstadt beteiligten sich anlässlich eines weltweiten Protesttages gegen den drohenden Krieg rund 600 Menschen an einer Friedensdemo. Sie startete an der Johanneskirche und endete mit einer Kundgebung vor dem Staatstheater. Aufgerufen hatte das Bündnis "Achse des Friedens", das vom Verein Friedensnetz Saar initiiert worden war. Deren Sprecher Nikolaus Götz sagte: "Bush will diesen Krieg um jeden Preis, ein neuer Krieg gegen den Irak ist ein Angriff auf das Völkerrecht." Auch in der Bundesrepublik sei die Mehrheit der Bevölkerung gegen diesen Krieg. Zu den Unterzeichnern gehörten weitere 16 Organisationen. Zwar waren einzelne PDS-Mitglieder mit von der Partie, aber im Vorfeld hatte die Partei des Demokratischen Sozialismus kritisiert, dass die Anlaufphase für die Demo zu kurz gewesen sei. Das Besondere am Aktionstag: Er hatte seinen Ursprung in den USA.

Auch viele einzelne Demonstranten waren in Saarbrücken dabei - und während des Zuges durch die City schlossen sich dem Protest mindestens 100 Leute spontan an. Hauptredner war Pfarrer Andreas Hämer von der Friedensgruppe der evangelischen Versöhnungskirchengemeinde Völklingen. Er sagte: "Wir werden alle Kräfte gegen den Krieg mobilisieren und lassen uns nicht abschrecken." Hämer kritisierte Ministerpräsident Peter Müller, der schließlich ein "hochrangiger Kriegsdienstverweigerer" sei. Wenn Müller von einer "Emotionalisierung der Diskussion" spreche, dann sei das blanker Zynismus. Von Kanzler Gerhard Schröder erwarte man, dass er der vor der Bundestagswahl eingeschlagenen Linie gegen diesen Krieg treu bleibe.

Die "Achse des Friedens" kündigte bereits vorsorglich an: Im Falle eines Angriffs auf den Irak will man noch am selben Tag um 18 Uhr an der Saarbrücker Johanneskirche protestieren.



Quelle: Badische Zeitung, 28.10.02

"Ich lauf` jetzt auch mit"

Überraschend viel Resonanz bei Anti-Kriegs-Demo

Das Friedensforum Freiburg und die Freiburger Attac-Gruppe hatten am Samstag als Teil des bundesweiten Aktionstages gegen einen bevorstehenden US-Krieg im Irak auch am Bertoldsbrunnen zu einer friedlichen Demonstration aufgerufen. Dass diesem Aufruf zeitweise knapp 500 Menschen gefolgt waren, hatte auch die Veranstalter selbst überrascht.

"Kein Krieg in meinem Namen", stand auf den Schildern, die die "Freiburger Frauen in schwarz" und die "Unabhängigen Frauen" um den Hals trugen. Auf Transparenten und Fahnen wurde US- Präsident George W. Bush als Kriegstreiber bezeichnet, "Bush, Blair, CIA, how many kids have you killed today" ("..., wie viele Kinder habt ihr heute getötet?"), "Kein Blut für Öl", skandierte die Masse, die vom Bertoldsbrunnnen über Rempartstraße und Rotteckring, über Unterlinden und Grünwälderstraße zur Abschlusskundgebung auf den Augustinerplatz marschierte. Die ganze Kaiser-Josef-Straße war voller Demonstranten, Straßenbahnen mussten warten, Hunderte von Schaulustigen blieben stehen.

"Ich find`s völlig in Ordnung, dass gegen die US-Politik demonstriert wird, ich lauf` jetzt auch mit", meinte Passant Thomas Ilger. "Die Begründungen für den Krieg wechseln wie das Wetter", meinte Wolfgang Menzel auf dem Augustiner, "aber nie wird dabei von den ökonomischen und geo-strategischen Interessen der USA gesprochen. Wir erwarten von unserer Bundesregierung, dass sie die uneingeschränkte Solidarität im Anti-Terror-Krieg aufkündigt." Beifall. "Die US-Regierung will das versäumte Ziel des Golfkriegs, Saddam Hussein unschädlich zu machen, mit diesem Krieg jetzt nachholen", tat Jürgen Höfflin vom DGB Südbaden kund. Beifall. "Die US-Armee benutzt schon heute ihre Flugbasen in Deutschland, um den Krieg vorzubereiten. Lasst uns diese Basen blockieren", meinte Sven Giegold, Mitbegründer von Attac-Deutschland. Beifall. "Wir fordern eine Perversionssteuer für Rüstungsexporte", so Stadträtin Irene Vogel (Fraktionsgemeinschaft Linke Liste / Unabhängige Frauen), die außerdem einen Frauen-Weltsicherheitsrats vorschlug. Beifall. Die Demo verlief friedlich.



Quelle: Trierischer Volksfreund, 28.10.02

Bundesweite Demonstrationen der Friedensbewegung gegen Irak-Krieg

Frankfurt/Main (dpa) - Bundesweit haben Friedensaktivisten gegen einen drohenden Krieg im Irak demonstriert. In rund 90 deutschen Städten waren nach Angaben der zentralen Koordinierungsstelle der Veranstalter in Frankfurt mehrere zehntausend Menschen bei Demonstrationen, Kundgebungen und Mahnwachen unterwegs. Auf der Berliner Kundgebung sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele, ein Krieg gegen den Irak sei völkerrechtswidrig. Die Bundesregierung müsse bei ihrer Ablehnung bleiben.



Quelle: Trierischer Volksfreund, 28.10.02

Fotounterschrift: "Protest-Plakate vor den Insignien der (Militär-)Macht: Insgesamt 180 Menschen demonstrierten am Samstag vor den Toren der Airbase Spangdahlem gegen den Irakkrieg." Foto: Uwe Hentschel

Friedenskämpfer vor der Höhle des Löwen

180 Menschen machen vor der Airbase in Spangdahlem aus ihrem Unmut vor einem möglichen Irakkrieg keinen Hehl

Von unserem Mitarbeiter UWE HENTSCHEL

SPANGDAHLEM. Menschen aus allen Teilen der Region haben sich am vergangenen Samstag vor der Airbase in Spangdahlem versammelt, um dort im Rahmen des weltweiten Aktionstages gegen einen möglichen Irak-krieg zu demonstrieren.

"Immer bereit, das Gleichgewicht zu fördern und Aggression zu verhindern um US- und NATO-Ziele zu verfolgen", steht sinngemäß in englischer Sprache in großen Lettern an einem Gebäude, das den Besuchern der Airbase Spangdahlem als erstes ins Auge fällt, wenn sie diese betreten. Davor stehen zwei ausrangierte Kampfflugzeuge auf Betonsockeln. Rund 100 Meter weiter steht Clemens Ronnefeldt mit einem Mikrofon in der Hand, dem der Regen ins Gesicht peitscht. Er äußert ernsthafte Zweifel daran, dass die Förderung des Gleichgewichtes und Verhinderung von Aggression auch tatsächlich die Ziele eines möglichen Krieges gegen den Irak sind.

"Spangdahlem ist einer der zentralen Orte bei einem Angriff der USA gegen den Irak", sagt Clemens, Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des internationalen Versöhnungsbundes und zeigt auf eines der beiden Flugzeuge, das von der Airforce auch liebevoll "Warzenschwein" genannt wird. Diese Kampfjets seien während des Golfkrieges 1991 eingesetzt worden, um uranhaltiges Material abzuwerfen, unter dessen Folgen die Zivilbevölkerung heute noch leide, erklärt Ronnefeldt den gut 180 Kriegsgegnern, die mit Transparenten und Flugblättern auf eine friedliche Lösung des Irak-Konfliktes drängen.

"Wirtschaftliche Interessen offensichtlich"

Es gebe immer noch keine Beweise dafür, dass Saddam Hussein in seinem Land Atomwaffen produziere, ebenso wenig dafür, dass der irakische Diktator mit dem Terrornetzwerk der Al Kaida in Verbindung stehe, sagt der Friedensaktivist. Es sei offensichtlich, dass es dem amerikanischen Präsidenten George W. Bush in erster Linie um wirtschaftliche Interessen und Vorherrschaft in der Golfregion gehe. Um so erfreulicher sei es, meint Ronnefeldt, dass sich auch in den USA mittlerweile Hunderte von Wirtschaftsunternehmen und zahlreiche Prominente und Politiker öffentlich und durch Anzeigen gegen einen Kriegseinsatz ausgesprochen hätten.

Gewerkschafter protestieren mit

"Ein neuer Krieg muss und kann auch verhindert werden", meint auch das Trierer Bündnis gegen Krieg und Mitglied Markus Pflüger fordert, dass den kriegsablehnenden Worten der rot-grünen Bundesregierung auch endlich Taten folgen mögen. "Keine Mittel und keine Enteignung für den Ausbau der US-Airbasen und die Verweigerung der Nutzung von US-Stützpunkten für den geplanten Krieg gegen den Irak", fordert Pflüger. Gerade für die Region rund um Spangdahlem seien Lärm und Umweltzerstörung sowie Abgase des NATO-Treibstoffes JP-8, der die Anwohner schädige, weitere Argumente gegen den Krieg, erklärt der Demonstrant, der sich zwischendurch mit zahlreichen durchnässten Friedensfreunden im Ford Transit bei einer Tasse Kaffee aufwärmt.

Es ist auch dieser Transit, der vorbeifahrende Autofahrer etwas verwirrt, denn es handelt sich dabei um ein durch Aufkleber deutlich gekennzeichnetes Fahrzeug der IG-Metall und eine rote Traube von Gewerkschafts-Regenjacken mag Unwissenden den Eindruck vermittelt haben, es gehe bei dieser Demonstration um eine Angleichung von Tariflöhnen.

Für das Trierer Gewerkschaftsmitglied Winfried Groß ist die Unterstützung der Friedensaktion eine Selbstverständlichkeit. Natürlich könnten durch einen Ausbau der Airbase Spangdahlem neue Arbeitsplätze entstehen, räumt er ein, diese und wahrscheinlich noch mehr könnten allerdings auch dann geschaffen werden, wenn das für den Ausbau des Flughafens zur Verfügung gestellte Geld von Kreis und Bund direkt in die Förderung von Arbeitsplätzen in der Region investiert würde.

Bevor sich die Kriegsgegner um 14 Uhr zur Hauptkundgebung vor der Spangdahlemer Airbase zusammen gefunden haben, gab es bereits mehrere Auftaktveranstaltungen und Unterschriftenaktionen der Friedensgruppe Daun, einer Gruppe aus Bitburg und unter anderem auch der Pax Christi Gruppe Wittlich. "Die Verlierer des Krieges sind immer die Kinder", steht auf einem Pappschild, das aufgeweicht vor der ebenso nassen Jacke eines kleinen Mädchens hängt. Nicht nur Verlierer des Krieges. Denn schon jetzt träfen die UN-Sanktionen die irakische Bevölkerung und nicht das Unrechtsregime. "Täglich sterben im Irak 250 Menschen an den Folgen der Blockade", sagt Lydia Krüger vom Trierer Bündnis gegen Krieg und beruft sich dabei auf einen Bericht der UNICEF. "Das sind jeden Tag so viel wie zehn Schulklassen."



Quelle: Lindauer Zeitung, 28.10.2002

Über hundert Menschen demonstrierten in Lindau gegen den Krieg

Um gegen einen Krieg im Irak zu demonstrieren, hatten die Bunte Liste Lindau und Pax Christi, die Lindauer SPD und die Antifa Lindau sowie die Lindauer PDS aufgerufen. Über 100 waren dem Ruf gefolgt und zeigten ihre Solidarität mit amerikanischen und englischen Kriegsgegnern, deren Rücken zu stärken für Samstag ein bundesweiter Aktionstag ausgerufen war. Der Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft/Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG/VK), Dr. Wolfgang Menzel, war als Redner angereist. Menzel warf der Bushregierung vor, die eigentlichen Gründe für den gewollten Krieg immer noch vertuschen zu wollen und statt dessen wechselweise die irakische Gefahr von biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen, dann die Entwicklung von Atomwaffen, ein anderes Mal wiederum das Stürzen des Hussein-Regimes oder die angeblichen Verbindungen zu El Kaida vorzuschieben. Die wahren Gründe, so zeigen sich die Kriegsgegner überzeugt, liegen in den Ölvorkommen und dem Interesse der amerikanischen und britischen Ölkonzerne an diesen riesigen Bodenschätzen. Der Bundessprecher durchleuchtete die amerikanische Rüstungspolitik und erläuterte deren Ziele einer US- Weltherrschaft. Er zitierte renommierte Friedensforscher, die einen Krieg gegen den Irak unter den derzeitigen Voraussetzungen als einen Akt der Willkür und gegen jegliches geltendes Völkerrecht bezeichneten. Er strich auch die katastrophale Lage der irakischen Bevölkerung heraus, in die die Irakis dank des Embargos gelangten. Unter dem Applaus der Anwesenden plädierte Menzel für die Ausschöpfung aller politischen Mittel und gegen einen Krieg, sowie für die Fortsetzung der ablehnenden deutschen Haltung gegenüber Bushs Irakpolitik. (cf/LZ-Foto: cf)



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