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22.04.2003


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Ostermärsche und -aktionen 2003:

  Reden/Kundgebungsbeiträge

Ostermarsch Oldenburg 19.4.2003

Jörg Huffschmid

1. Der Krieg als Fortsetzung der Konkurrenz

Dieser Krieg, gegen den wir hier demonstrieren, ist eine Katastrophe für die von Bomben und sonstigem militärischen Terror betroffenen Menschen. Ihnen gilt unser Mitgefühl und unsere Solidarität.

Der Kreig ist auch ein großes Verbrechen, gegen das wir uns mit Empörung wenden.

Er ist aber kein Einzelfall oder isoliertes Ereignis. Dieser Krieg ist vielmehr der vorläufige Höhepunkt einer politischen Strategie, hinter der Interessen stehen. Dass es sich dabei nicht um Interessen an Menschenrechten oder Freiheit handelt, lässt sich schon an der Beliebigkeit der Begründungen sehen, die von der amerikanischen Regierung für ihren angeführt werden. Es lässt sich auch daran sehen, dass die Amerikaner, nachdem sie das Regime gestürzt haben, gar nicht daran denken, jetzt abzuziehen, wie es die Bevölkerung von ihnen fordert. Sie richten sich vielmehr auf längere Dauer ein, ernennen eine Marionettenregierung und gehen an die geplante Neuordnung nicht nur des Iraks, sondern der gesamten Region.

Dass dies in der Region als Rückkehr des Kolonialismus empfunden wird, kann nicht verwundern, denn es trifft ja zu.

Hinter diesem Krieg und der kommenden Neuordnung stecken wirtschaftliche Interessen. Es sind die Interessen der Regierung und der Konzerne der USA an der Kontrolle über das Öl. Erstens wird das Öl gebraucht, um die ökologisch schädliche Produktions- und Lebensweise in den USA und in anderen Industrieländern noch ein paar Jahrzehnte aufrechterhalten zu können; zweitens bringt die Kontrolle des Zugangs zum Öl auch eine Kontrolle über die Länder, die auf Öleinfuhren angewiesen sind. Und drittens stabilisiert die Kontrolle des Ölhandels auch den amerikanischen Dollar als Weltwährung, die durch die Konkurrenz des Euro in Schwierigkeiten gekommen war.

Der Name des Spiels, das jetzt wieder einmal in einen blutigen Krieg eskalierte, heißt Konkurrenz, hemmungslose und brutale Konkurrenz um (Kontrolle über) die Rohstoffe, die Märkte und die Reichtümer der Welt. Dieses Spiel ist nicht neu.

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Es läuft seit zwanzig Jahren unter dem Titel Globalisierung.

Die konkurrenzgetriebene Globalisierung wird uns als unabwendbares Schicksal und als Segen verkauft, an dem alle teilhaben. In Wirklichkeit verläuft die Sache allerdings so, dass in dieser Konkurrenz die Starken stärker und die Schwachen schwächer werden. Und das Ergebnis ist das Grundübel unserer Zeit, nämlich die große und immer weiter zunehmende Ungleichheit. Ungleichheit im Norden, im Süden, aber vor allem zwischen Norden und Süden. .

Ungleichheit nicht im Sinne von Vielfalt oder Vielfältigkeit, sondern als soziale Polarisierung, schreiende Ungerechtigkeit, Zunahme der Armut dort und des Reichtums hier.

(Der Abstand der durchschnittlichen Einkommen der ärmsten und der reichsten Länder der Welt betrug im Jahre 1860 1:30, bis 1998 war er auch 1:78 gestiegen. Ein Fünftel der Menschen der Welt hat keinen Zugang zu sauberem Wasser. Zwei Fünftel müssen von weniger als zwei Dollar pro Tag leben).

Diese Spaltung der Welt in Arm und Reich schafft Spannungen. Die Aggressivität, mit der die Starken und Rechen sich auf Kosten der Schwächeren bereichern, und die Arroganz, mit der der Norden den Süden behandelt, fördert Aggressivität auch bei den Armen. Dies schafft das Milieu und den Boden für Fundamentalismus und Terrorismus.

Der liefert den Vorwand für einen Militärschlag, mit dem eine neue Phase der Konkurrenz eingeleitet wird, die militärische Absicherung der Einflussgebiete. Hierdurch wird der Terrorismus nicht eingedämmt, sondern erneut befördert. Die Eskalation geht weiter.

2. Die falsche Antwort: Gleichziehen !

Was tut Deutschland und was tut Europa in dieser Lage ? Deutschland hat sich nicht - jedenfalls nicht direkt - am Krieg beteiligt, und das ist gut so. Europa hat sich darüber zerstritten, und das ist sehr schlecht.

Sowohl in Deutschland wie in Europa ist aber bereits eine andere Antwort auf dem Weg: Sie heißt: Gleichziehen.

Gleichziehen mit den USA. Aufrüsten und weltweit für Ordnung sorgen, auch militärisch. Wirtschaftlich findet dieser Wettlauf der Besessenen als Kampf für die internationale Wettbewerbsfähigkeit schon lange statt, und er hat für die Mehrheit der Menschen keine Vorteile sondern nur Nachteile gebracht.

Jetzt soll auch militärisch gleichgezogen werden.

Die deutsche Sicherheit, so hören wir den deutschen Verteidigungsminister, wird am Hindukusch verteidigt.

Und die EU will endlich eine schlagkräftige Armee aufstellen, um auf gleicher Augenhöhe den USA gegenübertreten zu können und Gewicht in der Welt zu haben

Es stellt sich aber die Frage: Was soll diese Armee denn tun ?

Will man sie gegen die USA-Arme in Stellung bringen und damit eine militärische Eskalation beginnen, die in einem Weltkrieg enden würde ? Natürlich nicht, sagen alle. Was aber dann ?

Ist es nicht so, dass die schlagkräftige europäische Armee mit der besonders schlagkräftigen deutsch-französischern Kerntruppe das Gleiche machen würde, was die USA schon machen, nämlich militärisch Ordnung schaffen in der Welt ? Mal gemeinsam mit den USA, mal eigenständig, mal in Konkurrenz zu den USA ?

Ordnung schaffen bedeutet aber nichts andere als die Neuordnung der Welt im Interesse der mächtigen Länder betreiben, die die Macht haben

Und heißt Gewicht haben in der Welt nicht nur: seinen Teil, einen größeren Teil als bisher, von der Beute bekommen als bisher ?

Der bessere Zugriff und die militärische Absicherung des Zugriffs der Konzerne auf die Rohstoffe und Absatzmärkte der Welt bringen Tod, Zerstörung und Elend über unzählige enschen im Süden. Sie haben auch im Norden ihren Preis: mehr Rüstung kostet mehr Geld, und da man die öffentlichen Kassen durch Steuersenkungen für die Unternehmen und Reichen leer gemacht hat, wird das Geld durch weiteren Sozialabbau beschafft. In Deutschland hat die neue Rüstungswelle noch nicht begonnen, aber sie ist bereits geplant und durch den Bundeskanzler öffentlich angekündigt. Und sie würde, wie immer zu Lasten der schwächsten gehen.

Gleichziehen ist also sicher die falsche Antwort auf den Militarismus der USA.

3. Was können wir dann aber tun ?

Eine wesentliche Antwort muss lauten: Ausstieg aus der Logik der Eskalation.

Zunächst und am allerwichtigsten: Ausstieg aus der Logik militärischer Bedrohung und militärischer Durchsetzung von Interessen.

Wer den Frieden will soll nicht den Krieg vorbereiten, sondern den Frieden vorbereiten. Und er soll diejenigen nicht unterstützen, die Krieg führen.

Es ist ein vernünftiges Konzept, bei der Lösung internationaler Konflikte unbedingt auf friedliche Mittel zu setzen und dies durch weitestgehende Abrüstung zu unterstreichen. Diese Abrüstung soll in jedem Land stattfinden, und sie soll natürlich auch auf Massenvernichtungswaffen aller Art erstrecken.

Eine Friedenspolitik ohne konsequente Abrüstung ist unglaubwürdig

Und gegenseitiges Misstrauen lässt sich nicht durch weitere Aufrüstung, sondern durch gemeinsame Abrüstungsvereinbarungen abbauen, die unter internationaler Kontrolle stattfinden. Und diejenigen, die am meisten Waffen haben, sollten den Anfang machen, um Vertrauen zu schaffen.

Und nicht zuletzt: Abrüstung erfordert das Verbot des Rüstungsexportes.

Ausstieg aus der Logik der Eskalation heißt darüber hinaus aber auch Ausstieg aus dem immerwährenden Versuch, die eigenen wirtschaftlichen Probleme auf dem Rücken anderer Länder, im Osten oder im Süden lösen zu wollen.

Heißt Ausstieg aus der Politik, die Länder des Südens mit Waren zu überschwemmen, die bei uns nicht absetzbar sind, und ihnen gleichzeitig den Zugang zu unseren Märkten zu versperren. Diese Politik treibt die Entwicklungsländer in die Verschuldung, die der Norden sich dann wieder teuer bezahlen lässt. Ausstieg aus der Eskalation heißt Ausstieg aus einer Politik, die die Weiterentwicklung unseres Wohlstandes durch die Unterentwicklung der Länder der dritten Welt betreibt.

Unterstützung der Länder des Südens bei ihrer eigenständigen Entwicklung, faire und gleichberechtigte Zusammenarbeit und Handelsbeziehungen - das sind die wichtigsten Mittel, auch den Wohlstand der Entwicklungsländer zu fördern und damit Aggressivität und Terrorismus den Boden zu entziehen.

Damit wir dazu in der Lage sind, müssen wir freilich unser eigenes Haus in Ordnung bringen.

Das heißt das wir eine eigenständige attraktive Alternative zum Wettlauf der Besessenen aufstellen, das wir eine Politik betrieben, die auf Vollbeschäftigung, soziale Sicherheit, ökologischen Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit zielt, statt der Schimäre internationaler Wettbewerbsfähigkeit nachzurennen, immer nut neue Runden der Eskalation fordert.

Langfristig lässt sich ein friedliches Zusammenleben der Menschen und Völker nur durch sozialen Ausgleich und Gerechtigkeit sichern. Dies erfordert eine gründliche Neubestimmung unserer Politik. Kurzfristig aber könne wir heute die wichtigste Voraussetzung dafür schaffen: Unmissverständliche Ablehnung jeder militärischen Bedrohung und Intervention, keine logistische oder sonstige Unterstützung kriegführender Staaten, Verbot des Rüstungsexportes und eigene glaubwürdige Abrüstungsschritte - diese Maßnahmen sind es, die wir von unserer Regierung fordern können und sollten.

Frieden ist nicht alles - aber ohne Frieden ist alles nichts !



E-Mail:   huffschm@uni-bremen.de
Internet: http://www.wiwi.uni-bremen.de/ewig/mitarbeiter/profs/huffschmid.htm
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