Ostermärsche und -aktionen 2007


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Ostermärsche und -aktionen 2007

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redemanuskript zur OsterKundgebung auf dem Erfurter Anger am 05.04.07 (Gründonnerstag)

Liebe Freundinnen und Freunde

Elisabeth Pfestorf (in Erfurt)

- Sperrfrist: 05.04.07, Redebeginn: 17 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -

Überall in Thüringen finden jetzt in diesen Tagen Osteraktionen statt. Sie sind sehr unterschiedlich gestaltet, so unter anderem eine Osterradtour, die mehrere Städte einbezieht und unter dem Motto läuft "Für eine Welt ohne Krieg und Militär! Frieden jetzt." An ihr werden garantiert viele junge Leute teilnehmen. Die Friedensgruppen in Thüringen sind unter dem Dach des Arbeitskreises für Frieden gut vernetzt. Ihre Vertreter treffen sich mehrere Male im Jahr und tauschen Erfahrungen und Informationen aus. Sie unterstützen sich gegenseitig und sichern damit ein kontinuierliches Engagement ab. Dass ich heute zu Ihnen sprechen kann, ist solch ein Resultat unseres Thüringer Netzwerkes:

Mein Name ist Elisabeth Pfestorf. Ich komme aus Suhl, einer Stadt, die 2 absolute Gegenpole umfasst. Die Herstellung von Handfeuerwaffen prägte über Jahrhunderte ihre Geschichte. Deshalb bekam sie als touristisches Markenzeichen leider vor nicht allzu langer Zeit den irreführenden Zusatz verpasst: die Waffenstadt im Thüringer Wald. Das soll ein touristisches Alleinstellungsmerkmal sein. Als friedensbewegte Stadträtin habe ich natürlich dagegen gestimmt. Die Bezeichnung wirkt auf mich abschreckend und wenig einladend. Die Waffenproduktion in Suhl ist heute - ich sage zum Glück - unbedeutend geworden. Seit 1991 hat Suhl als Reaktion auf den Golfkrieg jedoch auch den Anspruch, eine Stadt des Friedens zu sein. Dieser symbolische Akt war eine Positionierung und Selbstverpflichtung, keinerlei eigene Aktivitäten zur materiellen und personellen Unterstützung der Kriegshandlungen zu entwickeln. Das beschlossen mehrheitlich die damaligen Stadtverordneten.

Gerade wegen der widersprüchlichen Geschichte unserer Stadt ist es für uns als Suhler Friedensinitiative besonders wichtig, zu zeigen, dass friedliebende und nicht militaristisch geprägte Bürger in ihr leben. Wir hätten die Bezeichnung "Stadt der Waffenhandwerkstradition" angemessener gefunden. Mit unserem Engagement verweisen wir darauf, dass Menschen immer auch eine moralische Verantwortung tragen für das, was sie herstellen.

Neben dem lokalen Bezug ist es uns wichtig, auf die internationalen Prozesse und Gefährdungen aufmerksam zu machen. Da gibt es viele Gründe zur Beunruhigung und Empörung. Von einer friedlichen Welt, wie wir sie uns wünschen, sind wir noch weit entfernt.

Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libanon und Israel/Palästina sind leider zu negativen Paradebeispielen geworden, dass man nicht mit militärischen Einsätzen Konflikte lösen kann. Diese schwelen weiter oder verschärfen sich. Die Interventionen werden mit fingierten, scheinbar humanitären Gründen gerechtfertigt und oft am internationalen Völkerrecht vorbei begonnen und ausgeführt. Nach einem ähnlichen Drehbuch laufen momentan die Kriegsvorbereitungen gegen den Iran.

Kriege sind Testfelder für Militärtechnik und verbunden mit Machtkämpfen. Die Aufrüstung geht weiter mit dem sich ausbreitenden Netzwerk der NATO-Militärbasen. Die Militarisierung schluckt in allen beteiligten Ländern Unsummen von Geldern, die eigentlich für das zivile Leben benötigt werden. Unser Land, die BRD, mischt bei allem schon kräftig mit, vordergründig oder verdeckt.

Die Zustimmung zu den Tornado-Einsätzen in Afghanistan war zwar im Bundestag gespalten. Die Fraktion meiner Partei, Die Linke.PDS, lehnte geschlossen ab. Die Mehrheit der anderen Abgeordneten stimmte jedoch zu. Diese Abgeordneten haben anscheinend kein Problem damit, dass die Bundeswehr sich immer mehr an Kampfeinsätzen beteiligt und in Auslandseinsätze verstrickt.

Wir erleben momentan eine schleichende Militarisierung im eigenen Land. Viele junge Menschen gehen zur Bundeswehr, nicht weil sie patriotisch eingestellt sind, sondern weil sie dort noch am ehesten eine Ausbildungs- und Berufsperspektive haben. Dass sie dabei ihr Leben riskieren können, verdrängen sie zum Selbstschutz.

Ich habe in Diskussionen bei der Bundeswehrausstellung "Unser Heer" in Suhl mitbekommen, wie Feldjäger als Werber auftraten und die Gefährlichkeit der Auslandseinsätze herunterspielten.

Der zivile Bereich unserer Gesellschaft fängt Jugendliche nur ungenügend auf. Hier ist eine gefährliche Schieflage entstanden.

Das neue Weißbuch der Bundesregierung begründet als Konzept weltweite Militäreinsätze und betont die strategische Partnerschaft mit der EU und NATO. Dass der Oberbürgermeister von Erfurt vor kurzem eine Korvette, ein Geleitschutzschiff bei Militäreinsätzen, auf den Namen Erfurt taufte, hat solch einen makaberen Hintergrund und Beigeschmack. Zu seiner Ehrenrettung sei gesagt, dass er hier die Suppe auslöffeln musste, die ihm sein Vorgänger, Herr Ruge von der CDU, einrührte.

An Info-Ständen treffen wir oft auf Menschen, die der Meinung sind, man kann bei solchen internationalen Prozessen als Einzelner wenig tun. Dann entgegnen wir, ob das "Kopf in den Sand-Stecken" uns weiterhilft?

Wir können sehr viel tun.



Wir können aufzeigen und andere Menschen dafür sensibilisieren, wie jedes kleine, begrenzte Leben eingebunden ist in die große weite Welt, ihre Widersprüche und Prozesse.



Wir können uns mit dem, was in der Welt passiert, auseinandersetzen und dabei wach und kritisch Hintergründe und Zusammenhänge erfassen.



Wir können unsere eigene Position vertreten, wenigstens vor Zorn aufschreien und klar machen, dass wir selbst mit diesen Prozessen nicht einverstanden sind.



77 % der Bevölkerung lehnen die Tornado-Einsätze der Bundeswehr ab. Das ergaben Umfragen. Wenn dann ein Parlament sich darüber hinweg setzt, hat es ein Problem mit seiner Akzeptanz und Legitimation.


Wir fordern:



Kriege beenden statt Kriege vorbereiten,



Schluss mit den Auslandseinsätzen der Bundeswehr,



die Einstellung jeglicher Unterstützung des US-Krieges im Irak durch die Bundesregierung,



Initiativen für Verhandlungen ohne Vorbedingungen im Nahen und Mittleren Osten



keine Kriegsdrohungen und keine Kriegspropaganda gegen den Iran



den Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland und den Verzicht auf atomare Teilhabe - als deutschen Beitrag für eine atomwaffenfreie Welt



Stopp aller neuen Rüstungsprogramme und Kriegsplanungen in Deutschland und der EU


Das sind sehr klare Positionen der Friedensbewegung. Und die werden heute und in den nächsten Tagen immer wieder bei den Osteraktionen in vielen Städten von ihren engagierten Vertretern/innen vorgetragen. Wir hier in Erfurt sind also nicht allein.



Elisabeth Pfestorf ist Sprecherin der Suhler Friedensinitiative

E-Mail: e (Punkt) pfestorf (at) freenet (Punkt) de
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