Ostermärsche und -aktionen 2007


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Ostermärsche und -aktionen 2007

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Rede beim Ostermarsch 2007 in Braunschweig am 7. April

Liebe TeilnehmerInnen an Osteraktionen 2007

Gudula Wegmann (in Braunschweig)

Ich begrüße alle Unentwegten, die sich entgegen dem momentanen gesellschaftlichen Mainstream hier eingefunden haben.

Die Welt ist zwar keineswegs friedlicher geworden, doch Themen wie Auslandseinsätze der Bundeswehr, insbesondere die Tornadoentsendung nach Afghanistan, der geplante Raketenabfangschirm in Europa, Rüstungs- und Waffenexport aus Deutschland, insbesondere Streumunition, die ganze Landstriche unbewohnbar und unbegehbar machen, bewegen hierzulande derzeit offenbar nicht die Massen.

Die Globalisierung, die Macht des Finanzkapitals, Arbeitslosigkeit, die demografische Entwicklung, der Klimawandel, das sind alles Themen unter vielen anderen, denen in den Medien sehr viel mehr Aufmerksamkeit gezollt wird als dem Thema Frieden, Abrüstung, gewaltfreie Konfliktbearbeitungen und -lösungen.

Von einer Kultur des Friedens sind wir meilenweit entfernt. Frieden ist nach unserem Verständnis nicht nur ein Ziel, sondern ein Weg.

Frieden ist kein Zustand, sondern eine Arbeitsaufgabe - ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, so nennt man das heute gerne, insbesondere in der Wirtschaft.

Nur - was tun wir dafür?

Um Frieden zu bewahren oder zu erringen, muss gewaltfreies Handeln erlernt werden. Dafür gibt`s sogar Spezialisten. Dafür gibt`s sogar Kurse. Meist für eine doch recht kleine Gruppe Menschen, die oft in der Öffentlichkeit als Exoten angesehen werden - soweit sowas überhaupt bekannt ist.

Das kennen wir aus Bürgerinitiativen und von Demos.

Das kennen wir auch aus Schulen und der Jugendarbeit:

Hier gibt es gute Ansätze zur Gewaltprävention - Kinder und Jugendliche werden als Vermittler zwischen Konfliktparteien ausgebildet. Sie haben sich häufig das Vertrauen ihrer Altersgenossen errungen und handeln sehr erfolgreich.

Das kennen wir auch aus dem Arbeitsleben: Wenn allerdings massenhaft völlig gesetzeskonform Leute entlassen werden, kann man nicht von gewaltfrei reden), Betriebsräte und Belegschaften agieren gewaltfrei in langer Tradition - nach langen und harten Kämpfen, inzwischen gestützt durch Gesetze: Interessenskonflikte werden benannt, es gibt Verhandlungen, es gibt auch Streit und Streiks. Aber nachher muss man wieder zusammen arbeiten. Und sich wieder in die Augen sehen können.

Also, gewaltfreies Handeln kennen wir eigentlich überall, wo Menschen zusammenleben und miteinander reden.

Dennoch gehört Gewaltfreiheit nicht zum Selbstverständnis des täglichen Zusammenlebens geschweige denn im Zusammenleben der Völker und Staaten.

Vor 14 Tagen hat Prof. Dr. Theodor Ebert zur 20-Jahr-Feier des Friedenszentrums hier in Braunschweig zu dem Thema gesprochen. Da kam unter vielen anderen ein für mich neuer Gedanke:

Wir haben hierzulande eine Wehrpflichtigen-Armee und die, die sog. "zivilen Ersatzdienst" leisten. Zivildienstleistende sind im weitesten Sinne im Sozialbereich tätig, und ohne sie würde so manche soziale Einrichtung schier zusammenbrechen. Einmal abgesehen davon, dass alle sozialen Dienste ja eigentlich eine gesamt-gesellschaftliche Aufgabe sind und nicht nur die Aufgabe von wehrpflichtigen jungen Männern: Diese jungen Leute werden eigentlich missbraucht. Denn ein eigentlicher und echter Zivildienst bestünde doch darin, ausgebildet zu werden in gewaltfreien Konfliktlösungsstrategien.

Welch immensen persönlichen Gewinn könnten junge Leute - ja Menschen jeden Alters und Geschlechts - aus einer solchen Zivildienstschule für ihr tägliches Leben ziehen?

Und welch immenser gesellschaftlicher Nutzen - national und international - könnte aus einer "Armee" von Zivilen Friedensdienstleistern und Friedensdienstleisterinnen erwachsen?

Wäre das nicht eine Aufgabe, die anzupacken sich wahrlich lohnte? Ein Weg, um Schluss zu machen mit den Kriegen, ein Weg zum Frieden.

Denn: "Krieg ist nichts als Drückebergerei vor den Aufgaben des Friedens" (Thomas Mann)

Und- hier "VOR ORT` fordern wir: Braunschweig soll Friedensstadt werden!

Es gibt die "Mayors for Peace".

Seit 1987 gehört die Stadt Braunschweig der Initiative "Mayors for Peace" an, einem Zusammenschluss von Bürgermeistern zur Förderung von Abrüstung und Friedenspolitik. Über 270 Städte und Gemeinden sind bereits der Initiative beigetreten.

Während der Amtszeit des derzeitigen OBs, Dr. Gert Hoffmann, konnte das Friedenszentrum leider kein erkennbares Engagement in dieser Initiative feststellen, auch unsere schriftliche Nachfrage blieb unbeantwortet.

Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Friedenszentrums sind wir noch einmal an den OB herangetreten. Bisher hat Herr Dr. Hoffmann nicht darauf reagiert - aber wir geben noch nicht auf!

Ebenso nehmen wir nicht hin, dass Braunschweig Patenstadt eines Kriegsschiffes ist.

Als 2003 die Bundeswehr in Braunschweig die letzte Kaserne geschlossen hatte, ging eine lange Tradition der Stadt Braunschweig als Garnisonsstandort zu Ende. Sollte nun mit der Taufe der Korvette "Braunschweig` am 19. April 2006 durch Doris Hoffmann (Ehefrau des Oberbürgermeisters von Braunschweig) eine neue Tradition begründet werden? Wollte Braunschweig zur Militarisierung der Außenpolitik einen gehörigen Beitrag leisten?

Wir protestieren gegen diese im Namen der Stadt Braunschweig übernommene Patenschaft für ein Kriegsschiff und fordern ihre Rücknahme!

Von Braunschweig darf nie wieder und schon gar nicht in unserem Namen kriegerische Aktivität ausgehen!

Vielen Dank fürs Zuhören. Und vielleicht können wir gemeinsam einer Kultur des Friedens, einer gewaltfreien Gesellschaft, ein Stück näherkommen - in Braunschweig und anderswo.



Gudula Wegmann ist aktive Gewerkschafterin und Mitglied des "Braunschweiger Friedenszentrum".
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