Ostermärsche und -aktionen 2009

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09.04.2009


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Ostermärsche und -aktionen 2009

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2009 in Ansbach am 11. April

"Unsere Welt braucht Klimaschützer, nicht Krieger gegen die Opfer des Klimawandels"

Hubert Weiger (in Ansbach)



- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 11.04., Redebeginn, ca 14.30 Uhr -



Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde der Erde,

der Philosoph Ernst Bloch (1885-1977) prägte den klugen Satz: "Wir sind nicht nur verantwortlich für das was wir tun, sondern auch für das, was wir widerspruchslos hinnehmen."

Deshalb stehen wir heute hier. Wir wenden uns dagegen, dass derzeit 25.000 Hungertote täglich zu beklagen sind.

UN-Welternährungstag 18.10.08 stand unter der Devise "Sicherung der Welternährung: Die Herausforderungen von Klimawandel und Bioenergie". Der Bericht über die Lage der Hunger leidenden Menschen ist erschreckend.

So hatten im Jahre 2007 923 Millionen Menschen keine ausreichende Ernährung, das sind 73 Millionen mehr als noch in 2006. An den Folgen der Unterernährung sterben täglich 13.000 Kinder, insgesamt 25.000 Menschen.

dass die Militärausgaben Höchststände erreichen:

2006 betrugen die weltweiten Rüstungsausgaben 900 Milliarden Euro, 390 Milliarden entfielen allein auf die USA. Das war 2006 ein neues Allzeithoch. Pro Kopf der Weltbevölkerung machte das rund 137 Dollar per anno.

Zwischenzeitlich stiegen sie weiter.

Vor wenigen Tagen (7.4.09, ZDF) hat US-Präsident Barack Obama angekündigt, eine Erhöhung des Verteidigungshaushalts um vier Prozent auf knapp 534 Milliarden Dollar zu beantragen. Die Aussagen von Präsident Obama machen Mut, dass die internationale Eiszeit der letzten Jahre zu Ende geht.

Aber wir müssen auch sehen, dass Präsident Obama auch in Zukunft v.a. die nationalen Interessen der USA vertritt.

Grundsätzlich gilt:

Krieg ist die größte Katastrophe für die betroffenen Menschen. Sie ist aber auch die größte Katastrophe für die gesamte Menschheit, weil sie Zivilisation und Umwelt vernichtet.

Kriegsvermeidung ist die beste Umweltvorsorge.

Bereits in Friedenszeiten ist das Militär der größte Vernichter von Gütern und Energie. Es ist kein produktiver Zweig der Wirtschaft, nicht mal Dienstleister im engeren Sinn.

Das muss man gerade in Ansbach betonen, weil hier die Kommunalpolitik gerne auf die wirtschaftlichen Vorteile der US-Präsenz verweist

(Wirtschaftsfaktor lt. US-Armee: pro Jahr 85 Mio. am Standort Ansbach, davon 8,1 Mio. an dt. Beschäftigte, 5,6 Mio. an US-Zivilbeschäftigte, 30 Mio. Instandhaltung/ Betriebskosten, 8,4 Mio. Mietzahlungen an Ansbacher Vermieter; FLZ 04.05.07).

Statt Armut und die daraus resultierenden politischen Verwerfungen mit Soldaten zu bekämpfen, müssen wir gemeinsam dafür sorgen, die Ursachen zu bekämpfen:

Klimaschutz ist die beste Friedenspolitik

(geändert und ergänzt aus: Buchveröffentlichung "Klimapolitik ist Friedenspolitik - Von weniger Öl und Gas profitieren Frieden, Umwelt und Klima"; Detlef Bimboes und Joachim H. Spangenberg; Kurzfassung erscheint in "Wissenschaft & Frieden" Nr. 3/2004)

Die durch den Menschen ausgelöste Klimaänderung schreitet unerbittlich voran.

Die extremen Wetterlagen der letzten Jahre - Dürren, Fluten, Hitzewellen - sind unübersehbare Warnsignale.

Die mittlere globale Erwärmung darf nicht mehr als zwei Grad Celsius über den Werten vor dem Industriezeitalter liegen, wenn gefährliche Folgen für Mensch und Natur verhindert werden sollen.

Ein erheblicher Teil des technisch-sozial noch zu bewältigenden Toleranzbereichs ist bereits ausgeschöpft, und mehr ist fest programmiert. Es ist keine Zeit mehr zu verlieren.

Die Energieversorgung der Zukunft gehört allein der Sonne und den erneuerbaren Energien.

Die Energieträger Atom, Kohle und Öl sind fossile Auslaufmodelle.

Deutschland ist mit 3,5% am weltweiten Ausstoß von Kohlendioxid beteiligt. Diese Emissionen kommen aus den Kaminen und Auspuffrohren innerhalb einer Fläche, die gerade einmal 0,7 Promille der Erdoberfläche ausmacht. Der Ausstoß ist also 50mal größer. Bayern emittiert rund 30mal mehr CO2, als seiner Fläche entspricht.

Der hohe Verbrauch von schrumpfenden Erdöl- und Erdgasvorräten erhöht zugleich die weltweite Abhängigkeit von ihnen bedroht dadurch den Weltfrieden.

Schon seit Jahrzehnten werden wegen des Erdöls Kriege geführt - wie gegen den Irak - und Bürgerkriege geschürt.

Ein wesentlicher Grund für die wachsende Militarisierung der Außen- und Sicherheitspolitik der USA, aber auch der EU und damit auch Deutschlands liegt in der hohen Abhängigkeit von Energieimporten.

Sowohl die USA als auch Deutschland haben mittlerweile Militärdoktrinen, die die Rohstoffversorgung in den Mittelpunkt rücken. Erstmals 1992 war in den Verteidigungspolitischen Richtlinien das "vitale Sicherheitsinteresse Deutschlands" als das eines "ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen" formuliert worden.

Das Denken in den geopolitischen Machtkategorien des 19. Jahrhunderts ist der falsche Weg in die Zukunft. Notwendig ist eine Strategie des friedlichen Übergangs in das solare Zeitalter.

Energieversorgungssicherheit heißt Zusammenarbeit möglichst vieler Staaten. Weniger Öl und Gas und stattdessen Sonnenenergie und erneuerbare Energien stiften Frieden, fördern Umweltschutz und Versorgungssicherheit und sorgen für nachhaltigen Klimaschutz.



Liebe FriedensfreundInnen,

wir müssen gemeinsam denjenigen in den Arm fallen, die die Opfer, die Klimaflüchtlinge und Hungernden bekämpfen und nicht den Klimawandel.

Laut UNO wären für das Erreichen der großen Milleniumsziele, also die Beseitigung der acht schlimmsten Plagen der Menschheit vom Hunger bis zur mangelnden Bildung 82 Milliarden Dollar pro Jahr für einen Zeitraum von fünf Jahren nötig.

Stattdessen geben wir Milliarden für die Rettung der "notleidenden Banken" und der Automobilkonzerne aus.

Wir befinden uns hier an einem der 5 größten Militärstandorte der US-Armee in Europa.

Die 12. Heeresfliegerbrigade Illesheim und Ansbach mit 5.200 Soldaten incl. Angehörigen (50% gegenüber 1992; FLZ 14.03.07) ist seit 2003 am Irakkrieg beteiligt. Dies ist der sog. Krieg gegen den Terror wg. der zu verurteilenden Anschläge des 9.11.2001.

Nachdem in der Region in den 90er Jahren etliche Militärstandorte aufgegeben worden, sehen wir seit wenigen Jahren eine Neuformierung und Umorganisierung der US-Streitkräfte.

Der BN ist derzeit an verschiedenen Stellen mit Planungen und Ausbaumaßnahmen der US-Armee konfrontiert:



-Ausbau Grafenwöhr-Netzaberg-Housing-Area: Größte Wohnbaustelle Deutschlands, größtes zivile Bauvorhaben der US-Armee in Europa; 830 Wohneinheiten auf 60 ha für 200 Mio. " weitere in Planung.



-Geplante Nordspange zum Flughafen Nürnberg



-Geplante OU Katterbach B14



-Ausweitung der Hubschrauberflüge im Raum Ansbach



-Im Bau befindliches Wohngebiet Urlas in Ansbach.


Überall regt sich dagegen Widerstand.

Wir unterstützen mit unserer Kreisgruppe den Kampf der ganzen Region für mehr Lärmschutz und gegen die Hubschrauberflüge der US-Armee.

(Hubschrauber in der Region lt. US-Armee: Illesheim 48, Katterbach 62; 200 genehmigte Außenlandeplätze, d.h. die "gesamte Region ist Truppenübungsgelände"; MdL Renate Ackermann B90/DG)

Zusammen mit der BI "Etz langts - gegen die Ausbaupläne der US-Armee, für eine friedliche Region Ansbach" (gegr. 1.3.07; BN Mitglied in der BI Etz langts)

kämpfen wir aktuell auch vor Gericht gegen den Ausbau des Standortes Ansbach-Katterbach.

Hier sollen nach dem Willen der US-Armee und mit tätiger Mithilfe des Staatlichen Bauamtes Nürnberg 500 Wohneinheiten Supermarkt, Tankstelle, Hallenbad, Sportanlagen und ein Wasserwerk sowie eine Umfahrung des Ortsteiles Katterbach im Zuge der B 14 und einen alternativen Kontrollzugang zu ihrer Kaserne in Katterbach errichten. Das Gebiet liegt im Naturpark "Frankenhöhe" und ist als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen.

In einem ersten Bauabschnitt sollen 138 Wohneinheiten (nach neueren Presseberichten 106 Wohneinheiten) errichtet werden. Hiergegen richtet sich die Klage des BN. Für den ersten Bauabschnitt würden ca. 18 Hektar Fläche (25 Fußballfelder) bebaut und weitere 15 Hektar während der Baumaßnahmen zerstört.

Weder brauchen wir hier ein weiteres US-amerikanisches Ghetto, noch können wir uns den Verlust von insgesamt 144 Hektar Land und den Lebensraum geschützter Arten leisten.

Aktuell werden in Bayern für Siedlungs- und Verkehrszwecke 16,1 ha pro Tag verbraucht (22 Fußballplätze).

Auf Dauer ist eine Splittersiedlung auf der grünen Wiese mit ausschließlich auf das KFZ setzender Verkehrserschließung nicht zukunftsfähig. (Raumplanung US-amerikanischer Prägung:

500 WE auf 150 Hektar entsprich 3.000m2 pro Wohneinheit).

Es ist aber nicht immer einfach, hier juristisch vorzugehen. Ein Naturschutzverband kann aufgrund seiner Satzung nicht die Völkerrechtswidrigkeit des Irakkrieges vorbringen oder den Verstoß gegen Artikel 26 des GG, der die Vorbereitung von Angriffskriegen auf dt. Boden verbietet.

Wir müssen uns auf Natur- und Umweltschutzrecht beziehen und können hier z.B. die Eingriffe in Lebensräume strenggeschützter und europarechtlich zu schützender Arten wie Bekassine, Rebhuhn, Wiesenpieper, Wachtel, Kiebitz, Haubenlerche oder Laubfrosch einbringen.

Wie Sie sicher wissen, wurde unsere Eilklage auf Baustopp vom Verwaltungsgericht Ansbach abgewiesen und die Beschwerde beim VGH in München ebenfalls.

Leider konnten wir rechtlich den Baubeginn der Wohnsiedlung am Urlas nicht verhindern.

Die Hauptsacheklage wird in wenigen Tagen, am 28. April 2009 um 9.30 Uhr am VG Ansbach verhandelt.

Wir können hier nur klagen, weil Sie/weil Ihr bereits für den Kampf Geld gespendet habt. Herzlichen Dank dafür.

Der BN finanziert sich als Verein durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Das sichert unsere Unabhängigkeit auch in solchen Verfahren.

Wir brauchen aber auch weiterhin Ihre/Eure Unterstützung, falls wir am 28.4.09 unterliegen sollten. Dann müssen wir entscheiden, ob wir in eine weitere Instanz ziehen.

Dafür brauchen wir dann nochmals Geld. Die BI "Etz langts" hat dafür ein Spendenkonto eingerichtet (Konto 170844, Gewerbebank eG Ansbach, BLZ 765 600 60, Stichwort: Urlas).

Forderungen:

1. Optimal wäre ein Abzug der US-Armee in den nächsten 10 Jahren

Gerade der BN sieht die Einhaltung internationalen Rechts als Voraussetzung an, eine global nachhaltige Entwicklung unter Führung der UNO zu ermöglichen

Die US-Armee beteiligt sich an völkerrechtswidrigen Kriegen von deutschem Boden aus.

Die enormen Mittel sollten besser in gerechtere Handelsstrukturen, Aufbau- und Entwicklungshilfe gesteckt werden.

2. Unabhängig davon:

Der geplante Flächenverbrauch widerspricht eklatant gesetzlichen Grundlagen zum Bodenschutz und den Zielsetzungen des Landesentwicklungsprogramms sowie des Regionalplans zur Siedlungsentwicklung.

Die Lärmbelastung der Bürger ist auf Dauer nicht zu rechtfertigen. Die US-Armee hat im eigenen Land genügend große Übungsgebiete.

Mit der Wiedervereinigung und dem 2+4-Abkommen ist Deutschland ein souveräner Staat.

Die Besatzungsstatus als Folge der Befreiung Deutschlands ist beendet.

Bis zu einem Abzug und falls US-Armee bleibt:

Sanierung und Umbau der Kasernen Shipton-Kaserne und Bismarck-Kaserne, ggf. Arrondierung, wie in Erlangen (Konversion Ferris Barracks zum Röthelheimpark und Naturschutzgebiet Exerzierplatz), Fürth (Konversion W. O. Darby-Kaserne zum Wohngebiet Fürth-Süd mit Stadtpark) oder Herzogenaurach (Konversion Housing Area zum Wohngebiet).

Ansonsten dezentrale Unterbringung (stärkt auch Integration).

Warum soll für US-Soldaten etwas anderes gelten als für die BürgerInnen dieses Landes?

3. Der Urlas ist in großen Teilen schutzwürdig und darf nicht weiter bebaut werden. Die im Bau befindlichen Häuser müssen wieder abgerissen werden.

Das Bay. Naturschutzgesetz gilt auch für bundeseigene Flächen und auch für militärisch genutzte Flächen

Zahlreiche Arten und Lebensräume rechtfertigen eine Unterschutzstellung.

Hier haben die lokalen Behörden und die Regierung ein starkes Mitspracherecht. Sie können hier tätig werden und brauchen sich nicht hinter militärischen Regeln und Truppenstatuten verstecken.

4. Wenn der Urlas offenbar nicht mehr militärisch genutzt wird, muss er an die Dt. Verwaltung zurückgegeben werden.

Die baulichen Anlagen sind entsprechend von der US-Armee ordnungsgemäß zu beseitigen und das Gelände in den bebauten Bereichen zu renaturieren.

5. Eine Umfahrung von Katterbach ist abzulehnen, sie dient nur der US-Armee, verbraucht Land und schafft weitere Anreize, statt mit dem ÖPNV mit dem KFZ zu fahren.



Prof. Dr. Hubert Weiger ist Landesvorsitzender Bund Naturschutz in Bayern e.V. und Bundesvorsitzender des BUND. Vita siehe hier

E-Mail: hubert (Punkt) weiger (at) bund-naturschutz (Punkt) de

Website: www.bund-naturschutz.de
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