OM 2013

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30.03.2013


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Ostermärsche und -aktionen 2013

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Redebeitrag für den Ostermarsch 2013 in Bremerhaven am 30. März

Liebe Friedensfreunde, meine Damen und Herren,

Werner Begoihn (in Bremerhaven)



- Es gilt das gesprochene Wort -



ich begrüße Sie zum diesjährigen Ostermarsch in Bremerhaven.

Ich denke, dass die Ostermärsche eine Gelegenheit bieten, Dinge vor dem Vergessen zu bewahren, die die Profiteure der Kriege gern vergessen machen würden. Ich tue das jedes Jahr und muss feststellen, dass es immer wieder die gleichen Sachverhalte sind:

Afghanistan wurde 2001 von den USA und deren Verbündeten überfallen, ohne dass es die USA angegriffen hätte. Von den 19 Personen, deren Beteiligung an den Attentaten des 11. September 2001 behauptet wurde, war kein einziger ein Afghane, die meisten waren aus Saudi-Arabien. Osama bin Laden, der sich in Afghanistan aufhielt, sollte in einer Art Polizeiaktion festgenommen und die Al Kaida zerschlagen werden. Osama bin Laden lebt nicht mehr und die Al Kaida ist durch eine Besetzung Afghanistans nicht zu zerschlagen.

Um die Besetzung Afghanistans fortführen zu können, wurden bald Ziele nachgeschoben, die, wie wir heute wissen, auch nicht erreicht wurden, als da sind:

Einführung der Demokratie, Durchsetzung von Frauenrechten, Entmachtung der Warlords, Austrocknung der Korruption und des Drogenhandels.

All das erweckt in mir den Verdacht, dass es nie um die Afghanen oder Al Kaida ging, sondern darum, ein geostrategisch interessantes Gebiet besetzt zu halten. Deshalb glaube ich an einen Abzug erst, nachdem er erfolgt ist.

Als die USA noch vorgaben, gegen Al Kaida vorzugehen, wurden viele Menschen festgenommen und nach Guantanamo gebracht. Da sitzen viele von ihnen heute noch - ohne Anklage, ohne die Möglichkeit sich zu verteidigen - und der oft als mächtigster Mann der Erde bezeichnete Präsident Obama hat nicht die Macht, sie gemäß seiner eigenen Absicht freizulassen oder ihnen einen fairen Prozess zu gewährleisten.

Von den etwa 7.000 Soldaten der Bundeswehr in Auslandseinsätzen sind in Afghanistan etwas über 4.000.

Und ich will auch nicht vergessen, dass es der deutsche Oberst Klein war, der eine Bombardierung von Tanklastzügen angeordnet hat, bei der etwa 140 afghanische Bürger starben.

Die Leidtragenden sind aber auch die Soldaten selbst, die entweder gar nicht von Auslandseinsätzen zurückkehren - das trifft auf fast 100 Personen zu - oder häufig mit starken psychischen Problemen.

Wie ihr wisst, muss die Bundeswehr nach dem Wegfall der allgemeinen Wehrpflicht für den Dienst in der Bundeswehr werben. Sie tut das an Schulen oder in Arbeitsagenturen und auch auf einer eigenen Website. Jemand der sich die Website angesehen hat, hat festgestellt, dass da an den sportlichen Ehrgeiz, an die Technikbegeisterung junger Menschen, an ihre Sehnsucht nach Kameradschaft oder an ihren Wunsch, etwas Sinnvolles zu tun, appelliert wird - und kein Wort vom Sterben, dem eigenen und dem von anderen, und kein Wort von den psychischen Belastungen und der möglichen Einsicht, dass der Einsatz doch nicht so sinnvoll ist, wie man zunächst in gutem Glauben annahm. Wir haben deshalb auch auf unserem Aufruf zum Ostermarsch gefordert:

Keine Werbung der Bundeswehr an Schulen, Hochschulen, Arbeitsagenturen ...

(Übrigens hat der Landesverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft das auch gefordert.)

Viele von euch können es wahrscheinlich gar nicht vergessen, weil sie es nie gewusst haben: 2010 fasste der Bundestag einen fraktionsübergreifenden Beschluss, alle etwa 20 Atomsprengköpfe aus Deutschland abzuziehen. Der Einsatz der Regierung, diesen Beschluss auch durchzusetzen war allerdings nicht besonders energisch. Auf einer Nato-Tagung im Mai 2012 in Chicago wurde der Abzug nicht erreicht, sondern betont, dass die Nato nicht auf die atomare Option verzichten will, solange es überhaupt Atomwaffen gibt.

Die USA haben vor die Atomwaffen grundlegend zu modernisieren - auch die in Büchel in der Eifel. Für diese Modernisierung, die die Waffen flexibler und "intelligenter" macht und damit die Wahrscheinlichkeit ihres Einsatzes sicher nicht senkt, will die US-Regierung allein 2013 361 Millionen Dollar ausgeben.

Wir fordern die Abschaffung aller Atomwaffen weltweit - das wären etwa 20.000 Atomsprengköpfe. Wir fordern aber insbesondere von der Bundesregierung, im Sinne der Bundestagsresolution sich für den Abzug der Atomsprengköpfe aus Deutschland einzusetzen, auch wenn es "nur" 20 sind. Ich habe mit Unterlagen zur Vorbereitung dieses Ostermarsches auch Material zugeschickt bekommen, das dazu auffordert, sich an den diversen Aktionen zu beteiligen, die es gegen die Atomwaffen in Deutschland geben wird. Interessierte können es bei mir erhalten.

Aber ihr wisst auch, dass die meisten Menschen, die gewaltsam sterben, durch Kleinwaffen sterben. Untersuchungen des Roten Kreuzes besagen, dass 90% aller Kriegsopfer durch Kleinwaffen sterben, zwei Drittel davon durch Gewehrkugeln - zumeist sind es Zivilisten aus südlichen Ländern. Und sehr viele dieser Gewehre kommen aus Deutschland, hergestellt von der Firma Heckler & Koch. Aber bekanntlich werden aus Deutschland ja nicht nur Gewehre exportiert, sondern z. B. auch Panzer nach Saudi-Arabien. Rüstung ist ein ganz dickes Geschäft und Deutschland nimmt auf der zweifelhaften Rangliste der Rüstungsexportländer den dritten Platz ein. Obwohl Kriegsgeräte nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Bundesregierung exportiert werden dürfen und strenge Regeln bestehen - so sollen die Exporte nicht in Länder erfolgen dürfen, die in oder kurz vor einer kriegerischen Auseinandersetzung stehen oder in denen die Kriegsgeräte zur inneren Repression eingesetzt werden könnten - finden sie doch ihren Weg zu den zahlungskräftigen Abnehmern und nicht nur zu denen. Griechenland musste sich verpflichten, Mittel aus dem Rettungsfond dazu zu verwenden, Rüstungsimporte aus Deutschland zu bezahlen. Wir haben in unserem Ostermarschaufruf das Verbot aller Waffenexporte gefordert, aus dem Gesagten ist auch klar, warum. Auch hierzu gibt es eine Initiative, die Unterschriften zur Klarstellung des Artikels 26 des GG sammelt, in dem Waffenexporte geregelt werden.

Unsere Initiative "Mut zum Frieden" hat sich immer gefragt, mit welchen Forderungen und Aktivitäten Einfluss auf die deutsche Politik genommen werden kann. Deshalb nehme ich auch nicht zu allen Konflikten und Kriegsgefahren in der Welt Stellung, sondern zu denen, in die Deutschland z. B. durch die Entsendung von Soldaten verwickelt ist. Also z. B. nicht zu Korea oder zum klassischen Nah-Ost-Konflikt zwischen Israel und Palästina, auch nicht zum Kosovo, obwohl da deutsche Soldaten sind.

Am Rande des Syrienkonflikts hat Deutschland Patriot-Raketen mit Bedienungsmannschaften in die Türkei bringen lassen. Zwar ist davon auszugehen, dass von westlichen Staaten ein Teil der Rebellen durch Waffenlieferungen und Ausbildung unterstützt wird, aber ein offenes militärisches Eingreifen wie in Libyen wird es wahrscheinlich nicht geben, so dass nach meiner Vermutung auch die Patriot-Raketen nicht zum Einsatz kommen werden. Doch die Gefahr besteht, dass die Fortführung des Konflikts Syrien als Staat zerreißen wird. Dazu passend scheint mir ein Zitat aus einem Artikel der Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden. Es lautet: "In einseitigen Lösungen - das sind gewaltsame - steckt der Keim zu neuem Unrecht und neuer Gewalt."

Außerdem hat die Bundeswehr Soldaten als Ausbilder nach Mali geschickt. Die Situation in Mali ist sehr unübersichtlich, insofern als die gewählte Regierung 2012 durch einen Militärputsch aus dem Amt entfernt wurde und es bisher noch keine Wahlen für eine neue Regierung gegeben hat. Die Situation in Mali ist ähnlich wie die in einigen Nachbarstaaten auf eine Politik zurückzuführen, die ihnen (den Staaten) von westlichen Staaten aufgezwungen wurde, insbesondere von Frankreich, über das die Währungen mehrerer Staaten an den Euro gebunden sind. Offenbar stört sich niemand an einer Politik, die "scheiternde" Staaten zurücklässt, solange nur die Rohstoffe verfügbar bleiben.

Eine weitere Folge des Scheiterns der Staaten wird es sein, dass dadurch ein Strom von Migranten ausgelöst wird, die alle nach Europa wollen. Folgerichtig gibt es auch Bestrebungen, die Überwachung der Seewege zu perfektionieren - durch den Einsatz von Drohnen - um diese Menschen abweisen zu können. Diese Drohnen sind vielseitig nutzbar, zum Beispiel auch zum gezielten Töten bei Kriegseinsätzen oder auch für einzelne Menschen, die Präsident Obama für Terroristen hält. Auch die Bundeswehr diskutiert schon über die Anschaffung von Killerdrohnen. Dagegen wenden wir uns.

Zum Schluss verlese ich noch einmal die Forderungen, wie sie auf unserem Aufruf stehen:

- Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan,

- Beendigung des Afghanistankriegs

- Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland,

- Abschaffung aller Atomwaffen weltweit

- Verbot aller Waffenexporte

- Umstellung der Rüstungsproduktion auf Zivilproduktion

- Auflösung der NATO

- Keine Werbung der Bundeswehr an Schulen, Hochschulen, Arbeitsagenturen ...

Damit ist die Kundgebung beendet, vielen Dank.



E-Mail: werner (Punkt) begoihn (at) t-online (Punkt) de
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