OM 2013

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01.04.2013


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Redebeitrag für den Ostermarsch Ruhr 2013 in Dortmund am 1. April

Uranmunition vergiftet ganze Völker

Benjamin Paaßen (in Dortmund)



- Sperrfrist: 1. April, Redebeginn: ca. 16.30 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -



Liebe friedensbewegte Freundinnen und Freunde,

ich stehe hier für die Ärzte gegen den Atomtod, die IPPNW, die sich schon seit Jahrzehnten mit euch zusammen für Abrüstung einsetzt. Auch heute sind wir hier, um für eine friedliche Welt einzutreten und eine Welt frei von Atomwaffen. Heute bin ich hier, um mit euch genauer hinzusehen, um über die Uranmunition zu berichten, die mit Atomkraftwerken wie Atomwaffen untrennbar verbunden ist.

Die Sprengkraft einer Atomwaffe entsteht durch einen Klumpen Uran von nur ein paar Kilogramm Masse. Zwei Arten von Uran sind hier wichtig: Das Uran 235 und das Uran 238. Nur das Uran 235 kann verwendet werden, um eine Kettenreaktion auszulösen, wie sie bei der Explosion einer Atomwaffe stattfindet - oder auch in einem Atomkraftwerk. Für eine Atomwaffe muss der Uranklumpen aus ca. 90% dieser besonderen Uransorte bestehen - natürliches Uran enthält aber nur 0,7 % davon. Das natürliche Uran muss also angereichert werden - will heißen: Der Anteil von Uran 235 muss erhöht werden.

Das geschieht in Urananreicherungsanlagen wie in Gronau, hier in NRW, nur 130 Kilometer entfernt von uns. Das eingehende Natururan wird aufgeteilt: In einem ganz kleinen Teil wird alles Uran 235 aus dem Rest konzentriert. Der Rest hat nur noch einen U235-Anteil von etwa 0,3 % und heißt deshalb "abgereichertes Uran".

Allerdings reichert Gronau nur auf einen Uran 235-Anteil von 5% an, nämlich für Atomkraftwerke. Wir merken: Egal ob Atomwaffe oder Atomkraftwerk: Die Technik dahinter ist die gleiche! Die Trennung zwischen "ziviler" und "militärischer" Nutzung der Kernspaltung ist eine Illusion!

Euch allen ist sicher mindestens ein weiterer Schönheitsfehler dieser ganzen Technik aufgefallen: Ganz gleich, ob für Atomwaffen oder Atomkraftwerke angereichert wird: Es bleibt immer eine ganze Menge Müll, nämlich das abgereicherte Uran, übrig. Allein für die 17 deutschen Atommeiler waren das etwa 3.000 Tonnen im Jahr. Was soll man damit tun?

Abgereichertes Uran ist unreaktiv, als Schwermetall hochgiftig, niedrig strahlend und hat eine Halbwertszeit von 4,5 Milliarden Jahren. Damit ist kaum etwas anzufangen. Dementsprechend glücklich sind die Atomunternehmen, wenn jemand die "Entsorgung" dieses Stoffs übernimmt.

Und die Kunden sind unter anderem die Militärs von 20 Staaten weltweit, allen voran die USA. Denn Uran hat eine gewaltige Dichte: Ein Würfel mit 10 cm Kantenlänge wiegt bereits 19 Kilogramm. Blei nur 11 Kilogramm. Das ist genau der Stoff, den Militärs für panzer- und bunkerbrechende Munition suchen: Möglichst viel Masse auf möglichst kleinem Raum. Denkt an eine Nadel: Wenn ihr mit einem Finger auf Papier drückt kommt ihr nicht durch. Wenn ihr die gleiche Kraft mit einer Nadel ausübt ... (am besten live demonstrieren)

Billig, dicht - und es gibt noch weitere "Vorteile": Abgereichertes Uran entzündet sich durch starke Reibungshitze. Wenn ein Panzer von einem Geschoss aus abgereichertem Uran getroffen wird, dringt das Geschoss wie eine Nadel durch die Panzerung und heizt sich beim Aufprall auf. Im inneren entzündet es sich dann und explodiert bei einer Temperatur von über 3.000

C - die Besatzung des Panzers hat keine Chance; der Panzer ist zerstört.

Aber sehen wir genauer hin: Was genau passiert, wenn dieses Urangeschoss verbrennt? Es entstehen Uranoxid-Partikel; sehr, sehr feine Partikel. Die meisten einige Mikrometer groß, manche sogar bloß ein paar Nanometer. Es tritt eine Gaswolke - oder besser: eine Staubwolke - aus. Uranstaub. Oder eben "Todesstaub", nach dem Frieder Wagner seinen berühmt-berüchtigten Dokumentarfilm zum Thema Uranmunition benannt hat. Diese Partikel verbreiten sich mit dem Wind, haften an den Händen spielender Kinder, können über Atem, Nahrung oder manchmal schon die bloße Haut aufgenommen werden.

Wir wissen, dass Streitkräfte von NATO-Staaten Uranmunition in den beiden letzten Irak-Kriegen und den Balkan-Kriegen der 90er Jahre eingesetzt haben. Das haben sie selbst zugegeben. Ziemlich sicher sind wir ebenfalls in Sachen Afghanistan- und Libyen-Krieg. Bei vielen weiteren bewaffneten Konflikten ist die Lage unklar.

In all diesen Regionen hat sich der Uranstaub verbreitet, ist von hunderttausenden Menschen aufgenommen worden und hat sich dort im Körper festgesetzt. Der direkte Nachweis ist nur mit extrem teuren und komplexen Geräten möglich und Register für die relevanten Krankheitstypen, die einen indirekten Nachweis ermöglichen würden, gibt es entweder überhaupt nicht oder in nur unzureichender Form.

Dennoch ist die wissenschaftliche Beweislast inzwischen erdrückend: Es ist klar, dass Uranmunition beim Einschlag zu Uran-Feinstaub führt. Es ist klar, dass dieser Staub sich verbreitet. Es ist klar, dass Menschen den Staub aufnehmen können; und es ist klar, dass abgereichertes Uran im Körper extrem gesundheitsschädlich ist.

Ob die Regierungen der NATO-Staaten es wahr haben wollen oder nicht: Uranmunition vergiftet ganze Völker. Das ist, was im Irak geschieht; das ist, was im Balkan geschieht und was an allen Orten geschieht, wo Uranmunition eingesetzt wird. Dank nur ein paar hundert Tonnen abgereichertem Uran. Allein in Deutschland sitzen wir also auf einem schier unerschöpflichen Berg von "Rohstoffen" für noch mehr solcher Waffen.

Eine kleine Auswahl der gesundheitlichen Folgen nach einer Meta-Studie der IPPNW:

Krebs

psychische und neurologische Schäden

Leukämie

Chronische Nierenkrankheiten

Lungenfibrose

Autoimmunkrankheiten

Am perfidesten sind die Folgen für die folgenden Generationen: Abgereichertes Uran wird bei schwangeren Frauen an das Kind weitergegeben und führt dort zu den gleichen Krankheiten. Aber es schädigt auch das genetische Material der Eltern - und diese Schäden verschwinden so wenig wie das Uran selbst. Selbst Kinder, die Jahrzehnte nach der Aufnahme des Urans gezeugt werden, haben hohe Raten von Fehlbildungen und sind selbst genetisch geschädigt, so dass auch ihre Kinder wieder hohe Raten von Fehlbildungen haben werden und so fort.

Warum also ist es überhaupt erlaubt, dass diese Waffen eingesetzt werden? Die Antwort ist eigentlich simpel: Sie sind es nicht. Schon jetzt verbietet das internationale Recht Waffen, die unterschiedslos Zivilisten, feindliche und eigene Soldaten töten. Das trifft auf Uranmunition zu.

Doch immer noch wird dieser Befund von den USA, Großbritannien und z.T. sogar der Bundesrepublik Deutschland bestritten. Man behauptet, die wissenschaftliche Lage sei nicht eindeutig, obwohl im Giftschrank der Weltgesundheitsorganisation WHO 16 Studien unveröffentlicht lagern, die die Gefährlichkeit der Uranmunition belegen - zusätzlich zu den Studien, die uns bereits jetzt vorliegen. Tatsächlich scheint es vielmehr so, als kümmerten sich die USA und die übrigen Uranwaffenstaaten schlicht und ergreifend einen Dreck um ihre internationalen, rechtlichen Verpflichtungen wenn es darum geht, eine vermeintliche Wunderwaffe zu behalten.

Dennoch ist die Lage nicht aussichtslos: Schon jetzt existieren Resolutionen der UN-Generalversammlung und des EU-Parlaments gegen Uranmunition. Belgien und Costa Rica haben ein Verbot erlassen. Die IPPNW und viele andere Organisationen haben sich zum internationalen Bündnis ICBUW für ein generelles Verbot von Uranwaffen zusammengeschlossen und einen Vorschlag für eine Konvention erarbeitet - analog zur Landminenkonvention, die es bereits gibt.

Sorgen wir dafür, dass Uranwaffen weltweit geächtet werden. Sorgen wir dafür, dass die USA und alle Staaten, die die Munition bis jetzt eingesetzt haben, auch die Dekontamination der entsprechenden Gebiete übernehmen müssen. Sorgen wir dafür, dass die Betroffenen angemessen untersucht, behandelt und entschädigt werden für das Leid, das nicht mehr rückgängig zu machen ist. Und sorgen wir dafür, dass nicht noch mehr dieses tödlichen Abfallstoffs entsteht: Selbst hier bei uns in NRW wird in Gronau noch immer Uran angereichert und dabei auch abgereichertes Uran produziert. Gronau, das Atommilitär und die Atomindustrie weltweit müssen abgeschafft werden!



E-Mail: b (Punkt) paassen (at) araneae-online (Punkt) net

Website: www.ippnw.de
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