Redebeitrag für den Ostermarsch in Aschaffenburg am 8. April 2023

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Guten Morgen,
mein Name ist Monika Bohley, ich bin Mitglied bei paxChristi, bei attac undbei den Friedenstrommlern ...

April 1958 - Erster Ostermarsch von Atomwaffengegnern in London. Denn nach den USA und der Sowjetunion wird Großbritannien zur dritten Atommacht. 1957 testen die Briten im Pazifik eine Wasserstoffbombe. Zu Ostern 1958 gibt es einen Protestmarsch von London zum 80 Kilometer entfernten Atomwaffen-Forschungszentrum in Aldermaston.

April 1960 erster großer Ostermarsch in Deutschland. Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) hatte sich für die atomare Bewaffnung der Bundeswehr ausgesprochen. Der Aschaffenburger Ostermarsch steht in der Tradition dieser Friedensbewegung, wie sie mit den Ostermärschen Ende der 50iger Jahre ihren Anfang nahm und Höhepunkte in den 80iger Jahren (NATO-Doppelbeschluss) und Anfang der 2000er (Afghanistan, Irak) hatte.
Wir stehen hier heute vor der Stiftskirche, um diese Tradition fortzuführen - am Ostersamstag 2023 - gegen die atomare Bedrohung – gegen das Wettrüsten – für Frieden und gegen Gewalt.
Über ein Jahr Krieg in der Ukraine, 6 Jahre Krieg im Jemen, über 75 Jahre Krieg im Nahen Osten... weltweit toben über 50 weitere Kriege, 250 000 Kindersoldat:innen werden weltweit eingesetzt, Rüstungsexporte nehmen massiv zu, Iran, Afghanistan – Menschenrechte werden missachtet... Es ist genug! Lasst uns gemeinsam den Frieden gewinnen!

Ich rede heute als Vertreterin von Pax Christi Aschaffenburg,

  1. Was ist die pax Christi - Bewegung?
    Pax Christi (zu Deutsch der Friede Christi) ist eine internationale katholische Organisation der Friedensbewegung, die sich heute als ökumenisch offen versteht. Entstehung / Geschichte pax christi entstand 1945 mit dem Ende des 2.Weltkriegs auf der Seite französischer Katholiken als Initiative zur Aussöhnung mit Deutschland, 1948 fand die eigentliche Gründung von pax Christi statt (wir begehen in diesem Jahr 2023 das 75-jährige Jubiläum). Es gab Sühnewallfahrten, Gefangenenaustausch etc, ein langer, auch schmerzhafter Prozess von Schuldeingeständnis, Trauer, Scham folgte. 1958 gab es erstmals auch Bestrebungen zur Aussöhnung mit Polen, die in den 60er und 70er Jahren intensiviert wurden. Seit den 1970er-Jahren öffnete sich die deutsche Sektion von Pax Christi zunehmend dem Nord-Süd-Dialog und ökumenischen Anliegen. So auch hier in Aschaffenburg.
  2. Wofür steht die Organisation?
    Wir sind der biblischen Friedensbotschaft verpflichtet und lehnen grundsätzlich den Einsatz von Gewalt ab. Wir sind überzeugt, dass aus dem christlichen Glauben Kraft zu Frieden und Versöhnung entstehen kann, die Aggression und Vergeltung überwindet.
  3.  Womit befasst sich pax Christi? Was sind unsere Ziele?
    Wie schon in den Anfängen 1945: Frieden und Versöhnung – zusammen mit Gerechtigkeit, Solidarität und Freiheit sind das die Eckpfeiler, ohne die eine Beziehung nicht gelingen kann. Weltweit unterstützt Pax Christi Friedensinitiativen und die Verteidigung von Menschenrechten. Krieg bringt Tod und Elend und niemals Frieden. Deshalb brauchen wir gewaltfreie Alternativen. Pax Christi setzt sich für Abrüstung und zivile Konfliktbearbeitung ein, es gibt Info- und Fortbildungsveranstaltungen, für innergesellschaftlichen Frieden, im Einsatz für Geflüchtete, gegen Fremdenfeindlichkeit, Islamfeindlichkeit und Antisemitismus, ... schaut mal im Internet nach unter paxChristi.de...
    Es geht um Mitmenschlichkeit (Beispiel: Arbeit mit/ Unterstützung von geflüchteten Familien in Gemeinschaftsunterkünften... Nahrung geben für Körper, Geist und Seele... Mit großem Respekt die Möglichkeit eröffnen zu fröhlichem Miteinander, für Unterricht und Spiel und Ausgleich, gegen die traumatischen Erfahrungen eine wirkliche Bleibe bieten für eine Weile...) Wir beteiligen uns an Friedensgebeten oder -andachten, (z.B. Agathakirche, Stiftskirche, Christuskirche), an Mahnwachen, z.B. der Friedenstrommler hier in Aschaffenburg, in Hösbach etc., wenn nötig auch an Aktionen zivilen Ungehorsams... Zusammenfassung: Für uns heißt Friedensarbeit: Die Formen des Zusammenlebens zu unterstützen, die dem Krieg die Grundlagen entziehen, weil Überleben, Wohlfahrt, Freiheit, Identität und Natur im Mittelpunkt stehen Solidarität – ein gutes Leben für alle – Bewusstsein schaffen für das, was wirklich wichtig ist für ein gelingendes Leben auf dieser Erde .. und weil Kooperation auch bei Konflikten gelingen kann... (zahlreiche Studien können das bestätigen.)
  4. Wie verhält sich Pax Christi aktuell zum Thema Krieg, Aufrüstung?
    Unsere Forderungen: Grundsätzlich: siehe Aufruf: Wir verurteilen den russischen Angriffskrieg, der täglich ungeheures Leid, Tod und Zerstörung in der Ukraine verursacht. Mit jedem Tag, den der Krieg länger dauert, kommen mehr Menschen ums Leben, fliehen, werden körperlich verletzt und/oder psychisch traumatisiert. Mit jedem Tag entfesselt sich die Kriegslogik weiter. Darüber hinaus sind Nahrungsmittelknappheit, Hunger und Armut Folgen für die mittelbar Betroffenen, vor allem im Globalen Süden.

Die massive Aufrüstung auf allen Seiten muss ein Ende finden.  Waffenlieferungen können den Krieg nicht beenden. Wir brauchen jetzt einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen für ein Ende des Krieges. Ziel muss auch im Ukrainekrieg sein, die Gewaltspirale zu beenden und den Konflikt auf diplomatischen Weg zu lösen. Deshalb: Wir appellieren an die russische Regierung, die Waffen schweigen zu lassen, den diplomatischen Weg einzuschlagen und sich aus der Ukraine zurückzuziehen. Wir appellieren an die ukrainische Regierung, sich für diplomatische Verhandlungen zu öffnen. Pax Christi beteiligt sich daran, Grundlagen dafür zu schaffen, dass Frieden entstehen und wachsen kann und dass eine Verhandlungslösung möglich wird. Wir setzen uns dafür ein, jetzt im Krieg den Frieden vorzubereiten. Dazu gehören z.B.:

  • sich nicht an Krieg und Gewalt gewöhnen, weder in der Ukraine noch an die vielen anderen Kriege weltweit
  • Kontakte zu zivilen Organisationen auf beiden Seiten aufrechterhalten, soweit das möglich ist
  • es gehört dazu, in Diplomatie und Verhandlungen die Sichtweisen aller Konfliktparteien einnehmen, kritisch zu hinterfragen und keine Feindbilder aufzubauen oder zu verstärken
  • die vielfachen Möglichkeiten gewaltfreien und deeskalierenden Handelns müssen bekannt gemacht werden (siehe die Kampage: „Gewaltfrei wirkt“ und die neue homepage: aktiv gewaltfrei)
  • hier sind auch die Medien gefordert, solche Möglichkeiten zu verbreiten, und es ist auch in der Verantwortung der Medien, den Forderungen nach Einstellungen von Waffenlieferungen Raum zu geben
  • Ressourcen für zivile Konfliktbearbeitung und für Ausbildung in gewaltfreiem Widerstand und sozialer Verteidigung müssen in viel größerem Umfang bereitgestellt werden
  • alle Menschen beider Seiten, die sich dem Krieg entziehen möchten, dem Kriegsdienst oder den Kriegseinwirkungen, sollen für die Dauer ihrer Gefährdung in Deutschland Aufnahme finden

Ein Umdenken ist nötig:
nicht mehr in militärischen Kategorien Sieger – Verlierer denken – sondern größer und menschlicher und geschwisterlicher.... – so wird Krisendiplomatie möglich

Ein paar persönliche Worte zum Ende:

Ich bin GEW-Mitglied und ehemalige Lehrerin und Montessori-Pädagogin.... (Maria Montessori hat eine Friedenserziehung begründet!) Lasst uns bei uns anfangen, in unserem Zusammenleben, bei der Erziehung unserer Kinder, in der Familie, in der Schule ... Bei uns gab es Streitschlichter, gewaltfreie Kommunikation schon ab der 1.Klasse – im wöchentlichen Klassenrat habe ich erlebt, mit welchem Ernst und Einfühlungsvermögen Kinder bereit sind, sich zu versöhnen und Konflikte zu lösen – wenn man sie anleitet und ihnen Raum dafür gibt. Und wie gut sie das können. Oft habe ich mir gewünscht, Erwachsene wären dabei und könnten das sehen.
Friedenserziehung als Schulfach? Warum eigentlich nicht?
Lasst uns die Nöte und Bedürfnisse der nachfolgenden Generation ernst nehmen... es geht um unser aller Zukunft...

Vielen Dank

 

Monika Bohley