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FF1/2002


vom:
Februar 2002


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FF1/2002:

  Krisen und Kriege

Archivmaterial belastet Ford und Kissinger

Grünes Licht für Besetzung Ost-Timors durch die USA

Thomas Klein

Bisher war es eine Vermutung, nun belegt bisher geheimgehaltenes Archivmaterial, das Mitte Januar 2002 vom "National Security Archive" an der George Washington Universität veröffentlicht wurde, einen von offizieller Seite in den USA abgestrittenen Fakt: Bei der vor 26 Jahren erfolgten, völkerrechtswidrigen Besetzung Ost-Timors hatte die damalige US-Regierung Indonesiens Diktator Suharto zuvor grünes Licht für die Militäraktion erteilt.


Schon lange wurden vor allem in Portugal immer wieder Vorwürfe erhoben, dass die im Jahr 1975 in die Unabhängigkeit entlassene Kolonie Ost-Timor nur mit Rückendeckung der US-Regierung noch im selben Jahr vom indonesischem Militär okkupiert worden sei. Ein Vorwurf, den der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger bisher stets zurückwies.

Eine nicht gerade glaubwürdige Aussage des langjährigen US-Außenministers: Denn nur einen Tag vor der Besetzung Ost-Timors trafen der damalige US-Präsident Gerald Ford und der seinerzeit ihn als Staatssekretär begleitende Kissinger in der indonesischen Hauptstadt Jakarta mit dem von 1965 bis 1998 herrschenden General Suharto zusammen.

Brisant an den nun veröffentlichen Materialien dürfte immerhin sein, dass Ford und Kissinger den indonesischen Diktator ausdrücklich gebeten haben sollen, mit der Besetzung Ost-Timor so lange zu warten, bis sie wieder aus Jakarta abgereist seien. Das war am 7. Dezember 1975 der Fall. Suhartos Truppen besetzten die ehemalige portugiesische Kolonie Ost-Timor, in der die Befreiungsbewegung Fretilin (Revolutionäre Front für ein unabhängiges Ost-Timor) kurz zuvor die Unabhängigkeit proklamiert hatte. Die linke Befreiungsbewegung war Ende 1975, noch bei einer unter der Leitung der portugiesischen Kolonialverwaltung stattfindenden Abstimmung, klar als Sieger der Wahlen hervorgegangen und rief am 28. November die "Demokratische Republik Ost-Timor" aus. Die Republik sollte nur zehn Tage existieren. Nachdem Suharto grünes Licht der US-Regierung erhalten hatte - Devise: "Kein zweites Kuba" - liquidierten seine Soldaten die Fretilin-Führung und übten in den Jahren danach eine grausame Terror-Herrschaft aus.

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Nach Angaben verschiedener Menschenrechtsorganisationen fielen dieser Terror-Herrschaft in den Jahren nach 1975 bis zu einem Drittel der ehemals 700.000 Menschen zählenden Bevölkerung Ost-Timors zum Opfer.

Der letzte Funkspruch, der von der "Demokratischen Republik Ost-Timor" am 7. Dezember in Australien aufgefangen wurde, war ein Appell nach internationaler Hilfe: "Das indonesische Militär hat uns umzingelt. Sie töten Frauen und Kinder in den Straßen. Sie töten ohne Unterschied. Wir werden alle ermordet. Unternehmt etwas. Helft uns."

Doch da war das Schicksal der Fretilin-Regierung bereits besiegelt. Eine von einer linken Regierung regierte, souveräne Republik Ost-Timor sollte es nach dem Willen Jakartas und Washingtons nicht geben.


Thomas Klein ist freier Journalist und Autor.

E-Mail:   tk.thomasklein@t-online.de
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