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 Initiativen

Am Bombodrom steht ein Sommer voller Aktivitäten bevor:

Bombodrom: "Mal nachsehen, ob schon Hütten gewachsen sind"

Ulrike Laubenthal

Im Juli letzten Jahres hat das Verwaltungsgericht Potsdam den Verwaltungsakt zur Inbetriebnahme des "Luft-Boden-Schießplatzes Wittstock" für "im juristischen Sinne nicht existent" erklärt (siehe Friedensforum 4/07). Seitdem ist nicht mehr viel passiert auf juristischer Ebene: Die Bundesregierung hat Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, die Kläger haben zu diesem Antrag Stellung genommen, und das Oberverwaltungsgericht hat für Juni eine Entscheidung darüber angekündigt.

Auf politischer Ebene gab es seitdem einige Turbulenzen, aber ebenfalls keine Entscheidungen. Der SPD-Parteitag hat sich gegen die militärische Nutzung des ehemaligen Bombodrom-Geländes ausgesprochen. Doch in der SPD-Spitze gibt es darüber Uneinigkeit. Während Außenminister Steinmeier für eine Abkehr von den Bombodrom-Plänen eintritt, ist Ex-Verteidigungsminister Struck weiterhin überzeugt, dass die Bundeswehr diesen Übungsplatz braucht. Wegen dieser innerparteilichen Spannungen ist die SPD bisher trotz des eindeutigen Parteitagsbeschlusses nicht auf den Koalitionspartner CDU zugegangen, um eine politische Entscheidung über das Bombodrom herbeizuführen. Funkstille herrscht weiterhin auch beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages, der schon zum Sommer 2007 eine Entscheidung über die seit Jahren vorliegenden Petitionen angekündigt hatte.

Am 1. April gab es ein Treffen zwischen Vertretern der Unternehmerinitiative "Pro Heide", des Wirtschaftsministeriums und des Bundesverteidigungsministeriums. Dabei wurde auf der Sachebene über das Für und Wider des Bombodroms debattiert; über die Inhalte des Gesprächs haben die Beteiligten Vertraulichkeit vereinbart. Ein weiteres Gespräch soll voraussichtlich im Herbst stattfinden.

Die Bundeswehr hat im Februar ein Dokument "Hintergrundinformationen zum Luft-Boden-Schießplatz Wittstock" herausgegeben, in dem noch einmal sehr deutlich wird, dass dieser Platz zu den geplanten Kriegen der nächsten Jahrzehnte passt wie die Faust aufs Auge.

Die FriedensfreundInnen aus der "Offenen Heide" (Colbitz-Letztlinger Heide bei Magdeburg) haben schon lange die Befürchtung gehegt, dass die Bundeswehr nur pro forma am Bombodrom festhalten könnte, während sie in Wirklichkeit heimlich, still und irgendwann nicht mehr leise den Truppenübungsplatz in der Colbitz-Letztlinger Heide als "Bombodrom" nutzt. Im April nun hat diese These neue Nahrung bekommen: Die Bundeswehr hat über der Colbitz-Letzlinger Heide Tiefflugmanöver mit Tornados angekündigt. Sie hat allerdings auch dort die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Nach wenigen Tagen hat das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt die Manöver per Gerichtsbeschluss gestoppt. Der NABU hatte Klage eingereicht: Das Verteidigungsministerium hatte versäumt, die Naturschutzverbände ordnungsgemäß anzuhören.

Während sich die Politik vor Entscheidungen drückt, die Mühlen der Justiz langsam mahlen und die Bundeswehr ihre Kriegsvorbereitungen vorerst andernorts praktiziert, ist bei den Bombodrom-GegnerInnen nicht etwa Abwarten und Teetrinken angesagt. Vielfältige geplante Aktivitäten versprechen einen spannenden Sommer.

Die Bürgerinitiative für die FREIe HEIDe plant für dieses Jahr noch zwei Protestwanderungen: am 1. Juni in Fürstenberg/Havel und am 14. September in Basdorf. Die Aktionsgemeinschaft Freier Himmel lädt traditionsgemäß für den 12. Oktober zur Drachendemo in Bollwick ein. Ergänzend zu den bisher gegen das Bombodrom aktiven Gruppen hat sich im Mai die "Friedensinitiative Kyritz-Ruppiner Heide" gegründet. Während die erstgenannten Initiativen den Schwerpunkt ihrer Argumentation und Öffentlichkeitsarbeit auf die Unvereinbarkeit von Tourismus und Bombodrom legen, möchte die neue Initiative den friedenspolitischen Aspekt betonen, dazu informieren und gewaltfreie Aktionen - auch Aktionen des Zivilen Ungehorsams - unterstützen.

Richtig spannend wird es im Juli: Die FreieHeideClowns haben alle anderen Clowns der Clownsarmee für die Zeit ab dem 14. Juli zu einem Familientreffen eingeladen. Aus gewöhnlich gut informierten Kreisen verlautet, die Clowns wollten dann nachsehen, ob aus ihren im letzten Jahr gesäten Ziegelgrundsamen schon Hütten gewachsen sind (
http://clownsfreiheide.de.tl).Vom 18.-21. Juli steigt dann das Sommer-Camp an und in der Freien Republik Rosa Heide, veranstaltet vom Aktionsbündnis "Rosa Heide gegen Bombodrom und Militarismus" (www.g8andwar.de).

Um die Gedenktage zu Hiroshima und Nagasaki herum planen die Sichelschmiede und der Deutsche Friedensrat eine Radtour. Nach zwei Vorbereitungstagen (4./5.8.) geht es am 6. August beim traditionellen Hiroshima-Gedenken an der japanischen Friedensglocke in Friedrichshain (Berlin) los. Der Weg führt über die Truman-Villa (von wo der Befehl zum Einsatz der Atombombe gegeben wurde) über Potsdam (Einsatzkommando der Bundeswehr), Brandenburg und Kyritz zum Bombodrom, wo die Bundeswehr das Verfahren für den Abwurf von Atombomben üben will.

Unterstützung im Kampf gegen das Bombodrom kommt jetzt auch von einer Gruppe, die friedenspolitisch bisher wenig in Erscheinung getreten ist: Den Wölfen. Auf dem Gelände, auf dem die Bundeswehr das Bombenwerfen üben will, sind wiederholt welche gesichtet worden. Seit April forscht die zuständige Bundesforst jetzt mit Fotofallen nach den geschützten Tieren. Sollten die Wölfe nicht nur auf der Durchreise sein, sondern sich im Gelände angesiedelt haben, so wäre das ein neues Hindernis für die Nutzung des Geländes als Bombodrom. Wölfe genießen im europäischen Recht höchsten Schutz.



Ulrike Laubenthal lebt und arbeitet in Rossow in der Kyritz-Ruppiner Heide. Dort engagiert sie sich im Projekt "Siechelschmiede - Werkstatt für Friedensarbeit in der Kyritz-Ruppiner Heide."

E-Mail: ul (at) gewaltfreiheitstrainings (Punkt) de

Website: www.gewaltfreiheitstrainings.de
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