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Buchbesprechung

"Anstiftung zur Gewaltfreiheit"

Andreas Buro

Bei den Konferenzen und Treffen der Friedensbewegung wird über ferne Kriege, Rüstungsvorhaben, die Missachtung von Exportverboten für Waffen und Möglichkeiten ziviler Konfliktbearbeitung gesprochen. Sonderbarerweise kommen die Menschen, nämlich wir, die diese Welt von Gewalt befreien möchten, bei den Diskussionen meist nicht vor. Dies, obwohl wir das wichtigste Potential sind, um Veränderung zur Überwindung von Krieg, Gewalt und Ungerechtigkeit zu bewirken, denn materielle Güter stehen nur geringfügig auf unserer Seite.

Konrad Tempel, einer der erfahrensten Friedensarbeiter in Deutschland, der mit Helga Tempel-Stolle die Ostermarsch-Idee von England nach Deutschland brachte und der erste Sprecher der Ostermarsch-Bewegung war, geht in seinem kleinen Buch der Frage nach, wie denn diejenigen, die sich auf den Kampf um Gewaltminderung in dieser Welt einlassen, mit sich selbst, mit ihren MitstreiterInnnen und auch mit ihren Gegnern umgehen können. Zur Begründung schreibt er: "Manche von denen, die sich auf einem solchen Weg befinden, zögern vielleicht, Konsequenzen zu ziehen und nächste Schritte zu wagen, sei es aus Sorge, nicht zu wissen, worauf sie sich einlassen, sei es aus Mangel an Anregung und Unterstützung in ihrer näheren Umgebung. Für solche Situationen des Innehaltens und der Selbstbefragung ist diese `Anstiftung` gedacht."

Die "Anstiftung" handelt von praktischen und spirituellen Aspekten der Gewaltfreiheit. Dabei wird Spiritualität als "Aufmerksamkeit, die sich auf das Leben, auf sein Glück und seine Schmerzen richtet", also nicht vorrangig religiös verstanden. Eine zentrale These seiner sehr vielfältigen Darstellung ist aus meiner Sicht die Aussage, dass Menschen, die sich auf Gewaltfreiheit einlassen, nicht nur im Sinne ihrer Ziele wirken, sondern auch sich selbst grundlegend und ebenfalls ihre Gegner verändern. Gewaltfreiheit kann anstecken!

Konrad Tempel mischt immer wieder in seine Darstellungen kurze Berichte aus historischen Situationen ein, spricht davon, wie mit Angst, Zorn und Kritik von anderen umzugehen sei. Er bejaht Auseinandersetzungen sowohl nach außen wie im inneren Kreis, widmet sich ausführlich der immer wieder auftauchenden Frage nach dem Verhältnis von Mittel und Zielen und begreift Widrigkeiten bei gewaltfreiem Vorgehen als eine Chance, Situationen besser zu begreifen und sich darauf einzustellen.

Dieses Buch verliert sich nicht in Spekulationen über Politikverläufe. Es kehrt immer wieder zurück zu den gewaltfrei handelnden und kämpfenden Menschen. Trotz aller erörterten Schwierigkeiten gibt es Hoffnung und Ermutigung. Das brauchen wir alle. Danke Konrad!



Tempel, Konrad: Anstiftung zur Gewaltfreiheit. Über Wege einer achtsamen Praxis und Spiritualität, AphorismaA Verl., Berlin 2008, ISBN 978-3-86575-005-I, 158 S. 15,00 EUR



E-Mail: andreas (Punkt) buro (at) gmx (Punkt) de
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