Komitee für Grundrechte
und Demokratie



Biomedizin


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Info5/2002
zur Humangene


Biomedizin - Inhalt

 Termine / Veranstaltungen

Jahrestagung des Komitees für Grundrechte und Demokratie in der Evangelischen Akademie Arnoldshain:

Humangenetik - Faszination und Furcht einer neuen Technologie - Menschenrechtlich-demokratische Erfordernisse

Freitag, 13. September, bis Sonntag, 15. September 2002

Anmeldungen beim Komitee für Grundrechte und Demokratie, Aquinostr. 7-11, 50670 Köln, Tel.: 0221 - 97269-30, Fax: -31

Die Versprechen, die mit der humangenetischen Entwicklung verbunden werden, sind widersprüchlich. Es wird daran geforscht und wird verheißen, die heute westwärts auffälligsten und nicht kurierbaren Krankheiten zum einen genau(er) diagnostizieren und absehbar auch therapieren zu können. Die Versprechen gehen noch darüber hinaus. Durch frühzeitige Eingriffe sollen Krankheiten, schon bevor sie keimen, vorgeburtlich vermieden, später durch Eingriffe vollkommen geheilt werden können. Die Versprechen und Hoffnungen gehen noch weiter. Die technische Optimierung der Fortpflanzung, mehr noch neue Menschen werden angestrebt. Der konstruierende Mensch wird, dem Anschein nach, zum "Selbst"-Konstrukt.

Darüber hinaus wird die aufklärerische Tradition betont: Menschen versuchen, ihre ihnen vorgegebene "innere" und "äußere" "Natur" zu erkennen, zu beeinflussen und vernunftbestimmt zu überwinden. Der aufklärerische Elan ist eingelassen in den dynamischen Kontext kapitalistisch betriebenen und treibenden Wachstums. In diesem Kontext werden humangenetische und biotechnologische Fabrikationen aller Art zu phantastischen Chancen, die geographisch gegebenen Grenzen kapitalistischer Wertverwertung - solange Jupiter und andere noch nicht ausreichend zur Raumnahme geeignet sind - nach menschen-, körperreflexiv-rekonstruktiv Innen und in Richtung "objektiver" "Natur" schier unbegrenzt auszudehnen.

In dieser schier unaufhaltsamen Dynamik und ihren Motoren treten sperrig die Aspekte der anderen Seite zu Tage. Diese in der technologischen Entwicklung und ihrer Einbettung gegebene Ambivalenz macht allerdings alle kategorisch imperativen Neins fragwürdigvom Sinn und der nicht erkenntlichen Durchsetzungsfähigkeit pauschaler Neins einmal zu schweigen. Auch in den Neins sind voraussetzungsreiche Vorstellungen dessen, was
den Menschen ausmache, enthalten. Diese müssen ihrerseits mitsamt ihren Folgen detailliert ausgewiesen werden.

Diese Seite knüpft an das menschliche Phänomen an, das die Griechen "Hybris" genannt haben. Hybris, das meint im humangenetischen Zusammenhang, dass Menschen sich in der Konstruktion ihres Lebens übernehmen; dass, indem sie Leid unbedingt vermeiden wollen, sie noch mehr Leid produzieren; dass "der" Mensch letztlich nicht aus seiner sterblichen Haut, aus seinem sterblichen Körper, aus seinem Tod-, Verletzlichkeit- und Leiden-umgebenen Leben heraus kann. Es sei denn auf mörderische Weise.

Das aber heisst: Versuche, Menschen erblich gesund zuzurichten, um ihre Gesundheit, gar ihre Jugendfrische zu garantieren, überschreiten zum einen das praktikable Wissen der wissenschaftlich technologisch noch so fortgeschrittenen Wissenschaften und Technologien. Zum anderen wird eine Pandora-Büchse individuell und vor allem gesellschaftlich nicht bewältigbarer Probleme unablässig mitproduziert.

An die Stelle der aufklärerisch selbstbestimmten Selbstschöpfung des Menschen tritt, schier unvermeidlich, die gegenaufklärerische Verdinglichung der Menschen. Menschen drohen Konstrukte ihrer selbst, genauer der von ihnen installierten, jedoch eigendynamisch gewordenen "zweiten Natur" der kapitalistisch vermachteten Verhältnisse zu werden.

Als zweites Hauptproblem folgt vor allem die human nicht verantwort- und kontrollierbare Organisierung der erforderlichen Entscheidungen. Wie, mit welchen Institutionen und Prozeduren könnten die jeweils lebenden, die als "erwachsen" und "entscheidungsfähig" anerkannten Menschen - gegenwärtig immerhin 6 Milliarden Menschen -, selbst bestimmen, wer sie selbst und vor allem wer in Zukunft ihre produzierten Kinder sein sollen. Eine auch nur in Grenzen vernünftige Organisation, die diese Frage beantwortete, ist nicht einmal vorstellbar. Sie ist noch weniger machbar. Also rückt unversehens die Herrschaftsfrage ins Zentrum. Diese taucht auch in der Frage nach dem normativen Bezug auf: an welchem Menschen und seinen vergesellschafteten Formen orientiert man sich; welche "Menschentypen" werden biotechnologisch kapitalistisch unvermeidlich ausgeschlossen; und wer nimmt wo und wann mit welchem Effekt an den genmanipulativen Verfertigungsentscheidungen und der Ausführung dieser Entscheidungen teil?

Vorläufiges Tagungsprogramm

Freitag:

1. Vortrag: Zum gegenwärtigen Stand humangenetischer Entwicklungen, ihrer Möglichkeiten und ihrer Gefahren an ausgewählten Beispielen

2. Vortrag: Menschen(rechts)begriffe, Rechte und institutionelle Vorkehrungen, humangenetische Entwicklungen zu gestaltenEin Überblick biopolitischer Verfassungswirklichkeit der Gegenwart (oder was gegenwärtig "Prinzip Verantwortung" heisst) am Exempel BRD mit internationalen Ausblicken vor allem in die USA

Samstag als Tag der Arbeitsgruppen:

AG I: Welche Normen sind mit welcher Begründung valide; wie müssten die herkömmlichen Grund- und Menschenrechte gefasst werden, um die neuen Gefahren anzuzeigen; wie müss(t)en sie umgesetzt werden?

AG II: Humangenetik und Demokratie: Der aktuelle Umgang mit den humangenetischen Herausforderungen (und den anderen neuen Technologien und Problemen dieser Zeit), das demokratische Defizit und notwendigeSchritte, es zu überwinden

AG III: Warum nicht zuletzt infolge humangenetischer Probleme eine neue, teilnahmestarke Organisation des Krankheits- und Gesundheitssystems erforderlich ist

AG IV: Mit angewandten humangenetischen Methoden werden Grenzen staatlicher und privater Kontrolle verletzt: an den Exempeln genetischer Fingerabdruck, genetic screening, genetischer Untersuchungen in Strafverfahren u.ä.

Sonntag:

Diskussion aktuell anstehender Konsequenzen in Form und Inhalt - Neugründung einer Arbeitsgruppe

s.a. ->
Beschlossene Forderungen



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