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Presseinformation, Köln, den 7. April 2004

Start einer Massenpetition zur Unterzeichnung der UN-Konvention "zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen"

Theo Christiansen / Thomas Hohlfeld / Dirk Vogelskam

Wider die Menschenrechtsphrasen - oder warum die Bundesrepublik Deutschland die UN-Konvention "zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen" ratifizieren muss!

Die UN-Wanderabeiterkonvention ist am 1.7.2003 mit der Unterzeichnung und Ratifizierung durch mehr als 20 Staaten offiziell in Kraft getreten. Sie geht auf einen Beschluss der UN-Generalversammlung aus dem Jahr 1979 zurück, verabschiedet wurde sie am 18. Dezember 1990. Diese internationale Konvention sichert Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten - unabhängig von ihrem aufenthaltsrechtlichen Status - grundlegende politische, persönliche und soziale Menschenrechte zu. So das Recht auf Freiheit, auf Bildung, auf körperliche Unversehrtheit und medizinische Behandlung, auf angemessene Bezahlung, rechtsstaatliche Verfahren. Die Konvention wurde in der Überzeugung erarbeitet, dass es notwendig sei, Menschenrechte für Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten präzise zu bestimmen und die Möglichkeiten ihrer Durchsetzung in der Praxis zu verbessern.

Bereits die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und andere internationale Abkommen sichern prinzipiell auch allen "Nicht-StaatsbürgerInnen" in Deutschland grundlegende Rechte zu (vgl. Art. 1, Abs. 2 + 3 GG). De facto hat sich jedoch ein tiefer Graben zwischen dem allgemeinen Bekenntnis zu den Menschenrechten und den konkreten Lebens- und Arbeitsbedingungen z.B. von Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeitern, zumal solchen ohne regulären Status, aufgetan. Letztere sind häufig gezwungen, unter gesundheitsgefährdenden und geradezu sklavenartigen Bedingungen zu arbeiten - mitunter wird ihnen aufgrund ihrer recht- und machtlosen Lage sogar jeglicher Lohn für ihre Tätigkeit vorenthalten. Ihre Kinder können wegen der Angst vor Ausweisung und Abschiebung nicht zur Schule gehen, und auch dringend erforderliche Arztbesuche werden aus diesem Grunde vermieden.

Wie sollen diese "Menschen ohne Papiere" ihre Grundrechte auf Gesundheit, Bildung, angemessene Bezahlung und Nichtdiskriminierung im Exil durchsetzen können? An dieses Dilemma, der Schwierigkeit fundamentale Menschenrechte von Wanderarbeitskräftenin der Praxis einzuklagen und durchzusetzen, knüpft die UN-Wanderarbeiterkonvention an und versucht, in diesem Bereich zunehmender Menschenrechtsverletzungen Abhilfe zu schaffen.

Zu den Unterzeichnerstaaten der UN-Konvention gehört bislangjedoch keine der reichen Industrienationen der Welt. Die reguläre und irreguläre Beschäftigung von "Nicht-Staatsangehörigen" stellt hingegen globalisierungsbedingt einen festen Bestandteil der europäischen Ökonomie dar. Dies gilt insbesondere in der Bau- und Landwirtschaft, in der Gastronomie, den haushaltsnahen Dienstleistungen und in der Pflegewirtschaft, d.h. in arbeitsintensiven Sektoren, die nicht ins Ausland ausgelagert werden können. Staatliche und wirtschaftliche Politik zielt insofern auch nicht auf eine prinzipielle Verhinderung illegaler Beschäftigung ab. Infolge der restriktiven europäischen Einwanderungspolitik versuchen viele Immigrantinnen und Immigranten gezwungenermaßen, in den Nischen der informellen und rechtlosen Arbeitsmärkte ihr Überleben und das ihrer Familien zu sichern.

Die feierliche Berufung auf die Menschenrechte gehört zwar zur ständigen politischen Rhetorik aller Parteien in Deutschland. Dem widerspricht jedoch die politische Praxis, Immigrantinnen und Immigranten - mit und ohne legalem Aufenthaltsstatus - grundlegende Menschenrechte vorzuenthalten und die Weiterentwicklung entsprechender internationaler Schutz-Konventionen zu behindern. Die Geltung der immer konkreten Menschenrechte von den jeweiligen Interessen des politischen Tagesgeschäfts oder der wirtschaftlichen Konjunktur abhängig zu machen, bedeutet, sie preiszugeben, denn es macht eben den Kern der Menschenrechte aus, dass siefür jedermann und jedefrau, zu jeder Zeit und an jedem Ort der Welt gelten.

Dennoch weigert sich die Bundesregierung, die UN-Konvention zur Verbesserung der Lage und Rechte von Wanderarbeiter/innen und ihren Familien zu ratifizieren. Das Komitee für Grundrechte und Demokratie will deshalb mit seiner Petitionsinitiative eine öffentliche und parlamentarische Debatte über die UN-Wanderarbeiter/innen-Konvention anstoßen.

Im Umgang mit illegalisierten, entrechteten Menschen hat sich die Bundesrepublik Deutschland im weltweiten Vergleich stets als besonders unbarmherzig und unnachgiebig erwiesen. Das Komitee für Grundrechte und Demokratie will vor diesem Hintergrund Bürgerinnen und Bürger dieses Landes dazu ermutigen, sich gegen die staatliche Unfähigkeit und Unwilligkeit zu einer humanem Praxis, insbesondere gegenüber "Menschen ohne Papiere", und gegen die mangelhafte Verwirklichung unteilbarer Menschenrechte in Deutschland auszusprechen.

Wir möchten Sie bitten, auf die Petitionsinitiative hinzuweisen.

gez. Theo Christiansen / Thomas Hohlfeld / Dirk Vogelskamp

Das 4-seitige Petitionsfaltblatt und den Konventionstext senden wir Ihnen gerne per Post (oder per eMail als pdf-Dateien) zu.

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