Komitee für Grundrechte
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INFORMATIONEN - Komitee-Rundbriefe 2001

 Informationen 3/2001 - August

Erste Freizeiten für Flüchtlingskinder erfolgreich beendet

HELGA DIETER

Vor vierzehn Tagen sind sechzig kroatische, ungarische und Roma-Kinder aus Ostslawonien (Kroatien) sowie sechzig serbische Kinder aus der Vojvodina (BR Jugoslawien) abgereist. Die gemeinsamen Freizeiten erregen nun auch in der serbischen Öffentlichkeit Aufmerksamkeit. Ein Reporter reiste an, Videoaufzeichnungen sollen im Fernsehen gesendet werden. Zwanglos freundeten sich die Kinder bei der Vielzahl der angebotenen Freizeitaktivitäten, unter denen sie täglich wählen konnten,an. Probleme gab es nur mit der Dorfjugend aus ivogo e, von denen einige ihren Neid auf das kreative, sportliche und unterhaltende Freizeitangebot für die Ferienkinder in Aggressionen wendeten. Beim Abschied lagen sich einhundertzwanzig Kinder schluchzend in den Armen. Die meisten wären am liebsten geblieben. Die Ferienerfahrungen ausreichender leiblicher Versorgung und liebevoller Zuwendung machten für viele das Elend zu Hause noch bedrückender.

Inzwischen sind die Gruppen aus Simin-Han (Bosnische Föderation) und Zvornik (Serbische Republik Bosniens) erschöpft angekommen. Seit letztem Jahr bahnt sich eine Schulpartnerschaft an, die jedoch bei den Behörden nicht nur auf Wohlwollen stößt. Daher war es bis zuletzt unklar, ob die gemeinsame Freizeit überhaupt zustandekommen würde. Doch LehrerInnen, Eltern und Kinder beider Seiten haben Mut bewiesen. Nun schwimmen zweihundertvierzig orange Tupfer auf dem Meer. In den ersten Ferientagen muß jedes Kind Schwimmflügel tragen.

Ein Bus wurde an der Grenze aufgehalten. Einer der Lehrer aus Zvornik hat früher in Dubrovnik (Kroatien) gelebt. Als junger Serbe ist er während des Krieges geflüchtet. Heute ist er bosnischer Staatsbürger. Die kroatischen Behörden verlangten, daß er seinen Militärdienst leisten oder eine Ablösesumme zahlen solle. Nach langem Hin und Her wurde er ins Land gelassen. Inzwischen konnte das Problem geklärt werden. In ivogo e werden noch bis Anfang September vier weitere Gruppen mit je 120 Kindern aus allen Teilen Bosniens Ferien machen.

Die kriegerische Zuspitzung in Mazedonien ließ uns bis zuletzt bangen, ob dort Freizeiten stattfinden können, zumal gemeinsame Freizeiten für Kinder aus den verfeindeten Bevölkerungsgruppen geplant waren. Am 12. Juli konnte die erste Feriengruppe beginnen. Die Kinder kommen u.a. aus einem Dorf im Kampfgebiet (Romanov e), das sich gemeinsam gegen die Kriegstreiber wehrt und weiterhin friedlich zusammenleben will. Neben den slawischen und albanischen nehmen auch serbische, türkische und Roma-Kinder aus Mazedonien an den Freizeiten teil.

Auch für die Freizeiten serbischer Kinder in Bijela (Montenegro) war die Planung schwierig: Mitte Juli war eine Abstimmung über die Unabhängigkeit Montenegros von der BR Jugoslawien geplant. Das hätte die Krise verschärfen können und die jugoslawischen Kinder wären möglicherweise über Nacht zu Ausländern mit Visapflicht erklärt worden. Glücklicherweise wurde das Plebiszit verschoben, so daß wieder vierhundert Kinder aus der BR Jugoslawien und aus der Serbischen Republik Bosniens in Bijela baden und toben können.

Die Kinder aus dem Kosovo machen lieber Ferien am Meer alsin den heimischen Bergen. Bis kurz vor Freizeitbeginn war aber noch ungeklärt, ob die Einwohner des Kosovo ohne Pässe und Visa nach Montenegro reisen können. E-mailiges und telefonisches Durchfragen von UN-Pontius bis Auswärtiges Amt-Pilatus ergaben: "Theoretisch ja, denn Kosovo und Montenegro sind Teile der BR Jugoslawiens. Praktisch wissen wir das auch nicht, weil es bislang nicht vorgekommen ist." Eine Mitarbeiterin aus dem Arbeitsstab Hans Koschniks, die "Ferien vom Krieg" schon lange engagiert unterstützt, war sehr behilflich, und wir hoffen, daß Mitte August viele Kinder aus dem Kosovo erstmals das Meer werden sehen können. Die Kinder kommen aus der immer noch umkämpften Stadt Mitrovica. Allerdings sind gemeinsame Kindergruppen zur Zeit undenkbar. Mit Bauchgrimmen haben wir zu akzeptieren, daß die serbischen Kinder von einer KFOR- Militäreskorte begleitet werden müssen, um sicher in die "Ferien vom Krieg" zu gelangen.

Wir danken allen "Ferienpatinnen" und "Ferienpaten" für Ihre Unterstützung und werden uns bemühen, das Unmögliche möglich zu machen, damit die Kinder zwei unbeschwerte Wochen erleben können, in denen Feindbilder durch Freundschaften ersetzt oder zumindest infrage gestellt werden.



ivogo e, 20. Juli 2001

E-Mail: info@grundrechtekomitee.de
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