Komitee für Grundrechte
und Demokratie



INFORMATIONEN - Rundbriefe 2002


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 Informationen 4/2002 - 26. Juli

Petition:

Krieg darf nicht die Antwort auf Terror sein

Wolf Dieter Narr

Ende November 2001 übergaben wir dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages unsere Petition "Krieg darf nicht die Antwort auf Terror sein!". Über 7.500 Personen unterzeichneten diese bis Anfang März 2002.

Mit Brief vom 17. Juni 2002 erhielten wir die Nachricht, dass das Petitionsverfahren abschlägig behandelt wurde und beendet ist.

Darauf antworteten wir mit folgendem Brief:


An den
Petitionsausschuss
des Deutschen Bundestages

Betr.: Petition des Komitees für Grundrechte und Demokratie

Hier: Beschlussempfehlung, das Petitionsverfahren abzuschließen

Pet 4-14-05-050



Sehr geehrte Vorsitzende,
sehr geehrte Mitglieder des Petitionsausschusses,

mit einem kurzen Begleitschreiben vom 17.6.2002 ist uns die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses und der ihr folgende Beschluss des Deutschen Bundestages vom 13.06.2002 in Sachen der Ihnen von uns übermittelten Petition (BT-Drucksache 14/9233) zugegangen.

Angesichts der demokratisch prozeduralen und der substantiellen Bedeutung des in unserer Petition formulierten Ersuchens und der an den Petitionsausschuss gerichteten Bitte um Abhilfe können und wollen wir die Sache nicht mit Ihrer rundum abschlägigen Beschlussempfehlung und dem entsprechenden Beschluss des Deutschen Bundestages auf sich beruhen lassen. Um es klipp und klar am Beginn unserer Antwort schon festzustellen:

Der Deutsche Bundestag und der in seiner grundgesetzlichen Position hoch angesiedelte Petitionsausschuss desselben haben durch ihren abschlägigen Beschluss in Form und Inhalt der Sache der Demokratie im Sinne des Grundgesetzes Schaden zugefügt. Um vom Bundestag in toto zu schweigen, es wäre hoch an der Zeit, dass der Petitionsausschuss endlich intensiv über seine Funktion im Rahmen der volksgewählten Legislative und seine heute angemessenen Formen des Umgangs mit Petenten nachdenkt und drastisch verändernde Beschlüsse fasst.

Einige Anmerkungen in Sachen unsererim Juni von Petitionsausschuss und Bundestag fahrlässig behandelten Petition mögen an dieser Stelle genügen:



1.Obwohl seit mehr als zwei Jahrzehnten sogenannte Massenpetitionen in politisch demokratischer Absicht zu einem regelmäßigen Vorgehen des demokratischen Beteiligungsverlangens bundesdeutscher Bevölkerung geworden sind, werden dieselben vom Bundestag nach wie vor behandelt, als handele es sich um punktuelle und individuelle etitionen, für die kein eigenes Verfahren erforderlich ist.



2.So geschehen auch im Falle unserer Petition. Dieselbe wurde von über 7.500 Bürgerinnen und Bürgern trotz geringen Mobilisierungsaufwands unterstützt. Indes, Petitionsausschuss und Bundestag halten es nicht für nötig, mitden Petenten ein öffentliches Verfahren zu vereinbaren, das die besorgten Bürgerinnen und Bürger ernst nähme, das jedoch auch die Abgehobenheit des Parlaments wenigstens ab und an aufhöbe. Es reicht nicht, das neualte Gebäude des DeutschenBundestages, das vormalige Reichstagsgebäude, mit einer teuren Kuppel zu versehen, auf der sich Touristen, auf den Bundestag schauend, ergehen können, den Bundestag und auch seine Ausschüsse aber, deren Funktion wie die des Petitionsausschusses die möglichst unmittelbare Wahrnehmung dringlicher bürgerlicher Belange ist, in schlechter Distanz und Abstraktion von den Bürgern zu belassen.



3.Das ist ein demokratisch geradezu essentielles Verfahrensmanko des Deutschen Bundestages, hier vertreten durch seinen Petitionsausschuss. Dass er von mehr oder minder läppischen Dis-kussionen über ohnehin auf Bundesebene kaum funktionstüchtige Volksbegehren und dergleichen abgesehen nicht im mindesten darüber nachdenkt, wiedie riesige, schlechte, aber verständliche Politikverdrossenheit produzierende Kluft zwischen dem wichtigen Organ repräsentativer Demokratie, dem Deutschen Bundestag, und der Bevölkerung im Zeitraum der einzelnen Legislaturperioden wenigstens ab und an überbrückt werden könnte. Bundestag und Petitionsausschuss benehmen sich in ihrer bürgerfernen Abgehobenheit verstockt. Sie schaden damit einer lebendigen repräsentativen Demokratie.



4.Auch in der Sache, derethalben wir uns an den Petitionsausschuss gewandt haben, kann die Antwort in keiner Hinsicht befriedigen. Im Gegenteil: das, was der Deutsche Bundestag auf Empfehlung des mangelhaft beratenen und politisch unselbstständigen Petitionsausschusses zur militärischen Beteiligung Deutschlands am nordamerikanischen Krieg gegen Afghanistan zu sagen vermag, ist nichts anderes als die Wiederholung der von uns beklagten regierungsamtlich falschen Auffassung. Petitionsausschuss und Deutscher Bundestag beweisen damit ein weiteres Mal der Demokratie und dem Grundgesetz und allen Bürgerinnen und Bürgern sei`s geklagt , dass sie ihrer Politik mitbestimmenden, vor allem ihrer die politische Exekutive kontrollierenden Aufgabe nicht im mindestennachkommen. Sie benehmen sich als abhängige Größen.


Sie geben uns in der Antwort auf die Petition, die das wichtigste Thema, nämlich Krieg und Frieden angeht, nun im Zusammengang der gewalttätigen Antwort der Regierung der USA auf den Gewaltakt vom 11. September, nichts anderes als die Antwort der Bundesregierung voll der routinisierten Vorurteile, unzureichend in jeder menschen- und völkerrechtlichen Hinsicht. Es sei denn, man biege, wie nach dem 11. September gehabt, Menschenrechte und Völkerrecht je nach dem eigenen, dazuhin noch unaufgeklärten Interessengusto.

Nein, so leicht dürfen es sich der Deutsche Bundestag und an seiner ersten Stelle der Petitionsausschuss nicht machen. Sie schaden sich und ihrer institutionellen Bedeutung damit selber. Sie schaden jedoch vor allem den ohnehin viel zu geringen Ansätzen lebendiger Demokratie. Und sie tragen, indem sie der regierungsamtlichen Politik legitimatorisch nachstampfen, statt sie zu kontrollieren, statt menschen- und völkerrechtlich konsequent zu argumentieren, dazu bei, dass die Unfriedlichkeit dieser Welt auch von seiten des Deutschen Bundestages nicht wenigstens ein Stückweit eingeschränkt werde. Indem man alle möglichen kriegerischen Aktionen anders benennt, ist nichts getan.

Dieser Brief, sehr geehrte Mitglieder des Petitionsausschusses zeigt, wie ernst wir Sie nehmen.

Wir hoffen, wir tun dies nicht selbst- und fremdtäuscherisch.

PS: Wir erlauben uns, diese Antwort auf Ihre prozedural und substantiell faktisch nicht erfolgte Antwort auf unsere Petition öffentlich zu behandeln.



E-Mail: narrwd@zedat.fu-berlin.de
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