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20.03.2004
Aktionstag
gegen
Krieg


vom:
20.03.2004


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20.03.2004: Internat. Aktionstag gegen Krieg:

  Demonstration/Kundgebung Ramstein

Kundgebung Landstuhl

Rede zum 20. März

Rede Ulrich Mohr

- Es gilt das gesprochene Wort -



Liebe FreundInnen und Freunde,

"Lügen haben kurze Beine" - ein Jahr danach vielleicht endlich eingetretene Erkenntnis des Jose Maria Aznar. Auch für die Mutter aller Lügen im Weißen Haus?, fragt sich das Alte Europa an die Adresse eines Präsidenten, der so gerne Uniformen trägt, und doch nur des Kaisers neue Kleider anhat.

Und "alteuropäisch" lässt sich auch fragen: Warum denn in die Ferne schweifen? Das Böse liegt doch, ach, so nah! Massenvernichtungswaffen im Irak suchen und doch nicht finden? Hier in der Pfälzer Heimat, im gemütlich-idyllischen Westrich haben wir doch alles schön beieinander! Alles, was das Herz begehrt: Napalm, uranummantelte Munition und - ja, wer hätte das gedacht?! - Dutzende von Atombomben, geeignet, Hunderttausenden sofortiges Verglühen oder langsames Siechtum zu bringen.

Und um in der Sprache des großen Metaphysikers George W. Bush zu bleiben: Eine,Achse des Bösen" hätten wir auch noch zu bieten, nämlich die zwischen Ramstein und Spangdahlem. Täglich bekommen wir sie zu spüren und vor allem zu hören; das Schlimmste aber ist wohl das, was wir nicht hören und was wir nicht spüren, eben all das, was uns verborgen bleibt: Was genau sich da abspielt, was da transportiert wird, zu welchem Zweck und in wel-cher Absicht.

Als nachdenklicher Mensch kommt man in tiefes Grübeln über den "Flugzeugträger Rheinland-Pfalz" - 15 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges. Und dass sich da Wi-derstand regt, gerade um Ramstein und in der Eifel; dass hier Bürgerinitiativen in Kno-chenarbeit versuchen, diesen Widerstand aus der Bevölkerung zu organisieren, wen wundert`s?.

Ich denke, hier sollte auch einmal ein Wort des Dankes fallen, des Dankes für die Beharrlichkeit der Widerstandsgruppen um Ramstein, Landstuhl und Kaiserslautern und anderswo. Sie sind bemüht, der unkritischen Haltung offizieller Stellen gegenüber der fremden Militärmacht beharrlich unangenehme Fragen entgegenzusetzen.

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20.03.2004
Aktionstag
gegen
Krieg
Ein Wort des Dankes auch für klare Worte seitens der protestantischen Landeskirche der Pfalz: Schon im Mai 2000 wagte die Landessynode eine Anfrage wegen 55 Atomsprengköpfen bei der Air Base Ramstein. Im November 2002 nahm sie zwei Anträge an, die sich schärfstens gegen einen Angriffskrieg im Nahen Osten und gegen den Ausbau der Ramsteiner Air Base richteten.

Was sich hier in Ramstein abspielt, mitten im Frieden und mitten in einem demokratisch ver-fassten Land, ist an Ungeheuerlichkeit schwer zu überbieten:

Unglaublich ist die Art und Weise, wie die Air Base Ramstein durch Um- und Ausbau zum Sprungbrett für weltweite Präventivkriege, für Angriffskriege also, fit gemacht wird. Wie diese Baumaßnahmen durchgesetzt werden, wie deutsches und europäisches Umweltrecht einfach weggebaggert wird. Wie mit dem Recht des Stärkeren vollendete Tatsachen geschaffen werden, wie dies nur möglich ist, weil die deutsche Bundesregierung und die Landes-regierung von Rheinland-Pfalz Millionen von Euro und ihren bürokratischen Apparat in einer Art "Allianz der Willigen" zur Verfügung stellen:

Da kann gegen nahezu 13.000 Einsprüche noch vor Beendigung der gerichtlichen Überprü-fung gerodet werden. Da können mehr als 300 Hektar einzigartiger Biotopfläche der "Westricher Moorniederung" gegen das demokratisch verabschiedete Landesentwicklungsprogramm unseres Bundeslandes einfach planiert werden. Da regt sich kein Mainzer Umweltministerium darüber auf, dass diese enorme Fläche eigentlich vom Land Rheinland-Pfalz als FFH-Fläche zur europaweiten Vernetzung nach Brüssel gemeldet worden ist.

Hemdsärmlig und bedenkenlos sollen 3,6 Kilometer nagelneue Landebahn ohne Planfeststel-lungsverfahren, ohne Umweltverträglichkeitsprüfung aus dem Boden gestampft werden. Eine Stellungnahme der EU-Kommission wird von deutscher Seite nicht eingeholt. Nur oberflächlich gestreift werden Auswirkungen auf Grundwasser und Bachläufe .

Ein Bodenlärmgutachten übersieht 2.900 Flugbewegungen durch Hubschrauber. Hinnehmen sollen die Menschen in Miesenbach und im Westen Landstuhls täglich 10 Stunden lang Triebwerksprüfläufe von C-130 Transportern, begleitet von einem Lärmpegel von bis zu 128 unerträglichen und unmenschlichen dB(A).

Und wen interessiert der Verdacht, dass der allgegenwärtige Treibstoff "JP-8" bei den Menschen der Region über die Atemluft Lunge, Nieren und das Immunsystem schädigt, die Qualen der Multiplen Chemikalien-Sensitivität hervorrufen kann? Was für eine Rolle spielt es für deutsche Stellen, dass die Amerikaner bereits früher schon sämtliche Trinkwasserbrunnen auf ihrem Areal schließen mussten?

All diese Unglaublichkeiten haben den Umwelt-David BUND dazu veranlasst, gegen den Militär-Goliath vor Gericht zu gehen. Wir hoffen auf mutige Richter.

Welcher Geist Politik, Planer und Behörden bei diesem Thema bestimmt, offenbart ein kleines Zitat aus den Planungsunterlagen für den Ausbau der Air Base in seiner schlicht brutalen Offenheit:,Das Vogelschlagrisiko soll durch die Schaffung unattraktiver Lebensräume vermindert werden".

Dieser Satz hat es in sich, denn er ist symptomatisch für den Denkstil derer, die den Ausbau der Air Base vorantreiben, für ihre Einstellung zu allem Lebendigem: Das meint nicht nur Vögel. Das meint zutiefst alles Kreatürliche. Das meint den ganzen bewohnten Globus und macht auch vor Menschen nicht halt:

Nicht nur Biotope, ganze Zivilisationen stehen zur Disposition. Die Sterilmacher sind gewohnt auszumerzen, alles, was ihnen bei ihrer weltweiten Flurbereinigung in die Quere kommt. Denn eines muss man wissen: Naturzerstörung, Militarisierung und neoliberale Wirtschaftsdoktrin sind nur verschiedene Seiten ein und derselben Medaille. Dies wird nirgends konkreter als an Orten wie Ramstein. Hier wird greifbar, was den Globus im Würgegriff hält.

Ob Widerstand gegen das Klimaprotokoll von Kyoto, ob Durchsetzung von Genfood für Europa, ob Militärschläge im Nahen Osten, auf dem Balkan, in Afghanistan, ob Siegeszug für eine Weltökonomie, die ganz gezielt und ganz bewusst ganze Volkswirtschaften ins gezückte Messer der Liberalisierungsideologie laufen und zum schließlichen Ausschlachten verbluten lässt - hinter all dem steckt ein Sendungsbewusstsein, das in Ländern nur noch Märkte und in Menschen nur noch Konsumenten sieht. Das aber ist nichts anderes als der ideologisch verklärte und christlich verbrämte organisierte Egoismus.

Ja, es ist richtig, dass das US-Militär - vorläufig noch - Arbeitsplätze anbietet. Aber was wiegt das gegen die einseitige Auslieferung des Arbeitsmarktes einer ganzen Region an das Militär?

Was wiegt das gegen die jederzeit mobilisierbare Fähigkeit dieses Westpfälzer Militärkomplexes, von hier aus millionenfachen Tod anzudrohen und zu transportieren - in Form von Napalm, in Form von Uranmunition, in Form von Clusterbomben und Landminen? Und wem eigentlich sind die Atombomben zugedacht, die man inmitten unserer Wohnbevölkerung lagert, so z. B. in Miesau und so z. B. in Rodenbach? Wo liegt das Sodom und Gomorrha, auf das das fromme Amerika George W. Bushs sein reinigendes Atomfeuer niederregnen lassen will?

Verteidigt man so Freiheit und Demokratie? Geht vom Gefangenenlager Guantanamo der Duft von Freiheit und Abenteuer aus, den die Vorsehung und George W. Bush der Welt zugedacht haben?

Machen wir uns nichts vor! Von Rheinland-Pfalz aus wird auf die Ölfelder des Nahen Ostens und der Kaukasus-Region gezielt. Das ist genau die Weltecke, die die deutschen Heere des Ersten und des Zweiten Weltkrieges schon im Visier hatten. Zwischen Ramstein und Spangdahlem ist die Sehne gespannt, von der aus die Kriegspfeile nach Nahost abgeschossen werden sollen.

Am Jahrestag des Überfalls auf die irakische Bevölkerung und des gebrochenen Völkerrechts rufen wir dem frommen Beter im Weißen Haus zu: Die einzige Langzeitwaffe gegen Terror ist der Einsatz für Gerechtigkeit: Gerechtigkeit zwischen Israel und den Palästinensern, Gerechtigkeit im Welthandel und Gerechtigkeit im Umgang mit unserer Erde.

Und Herrn Struck sagen wir: Deutschland wird nicht am Hindukusch verteidigt; verteidigt wird Deutschland durch solidarische Bekämpfung von Aids, Hunger, Analphabetismus und Umweltzerstörung rund um den Globus. Krieg walzt alle anderen Themen, und gerade diese Themen, nieder. Wer Krieg will und durchsetzt, beendet jeden rationalen Diskurs. Wir wollen nicht die Globalisierung der Ausbeutung, wir wollen die Globalisierung der Vernunft.

Wer die Brandfackel des Krieges aus purer Ignoranz in das Haus der Menschheit wirft, braucht sich nicht zu wundern, wenn es ein Jahr danach an allen Ecken und Enden brennt.

"Wenn die moralisch verwerfliche Arroganz sogenannter zivilisierter Völker eine internationale Rechtsordnung verhindert, dann muss der öffentliche Gebrauch der Vernunft eine Gegengewalt schaffen". Dieser Satz ist über 200 Jahre alt. Er ist altpreußisches Urgestein. Er stammt aus dem Kantschen Traktat "Zum ewigen Frieden". Auf ihm beruhen all die multilateralen Formen des gedeihlichen Miteinanders, die sich die Völker seither geschaffen haben, belehrt durch Ereignisse wie Verdun, Stalingrad, Dresden und Hiroshima. Das vom Krieg kurierte Alteuropa sollte sich dieses Stück Fortschritt von der Jungsteinzeit im derzeitigen Weißen Haus nicht wieder nehmen lassen. Alles andere wäre tödlich. Wir rufen mit den Wahrheit verlangenden Spaniern:,Queremos paz!" - wir wollen Frieden.



E-Mail:   bund_rlp_presse_mohr@hotmail.com
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