Antikriegstag 2008


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Antikriegstag 2008

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Antikriegstag am 1. September 2008 in Heilbronn

Liebe Freundinnen und Freunde,

Ellen Diederich (in Heilbronn)

Wir befinden uns im Jahr 8 der durch die UNO im Jahre 2000 ausgerufenen Dekade des Friedens. 8 Jahre im 2. Jahrtausend unserer Zeitrechnung. Basis der Dekade des Friedens ist die Forderung, daß jeder Mensch auf der Erde ein Anrecht auf Arbe Nahrung, Gesundheit, Bildung, Freiheit und Glück hat. Auf welche Realität aber trifft die Dekade?

Wir befinden uns weiter im Zeitalter der uferlosen Gewalt. In der Kritik der dialektischen Vernunft sagt Jean Paul Sartre zur Gewalt:

"Gewaltt kein Merkmal der Natur oder eine verborgene Möglichkeit. . Es genügt, daß die Produktionsverhältnisse in einem Klima der Angst und des gegenseitigen Misstrauens von Individuen errichtet und aufrecht erhalten werden, die immer bereit sind, glauben, daß der Andere ein Gegen-Mensch ist, einer fremden Art angehört."

Jean Paul Sartre, Kritik der dialektischen Vernunft, Reinbek 1967, S. 157

Das 20ste Jahrhundert war das blutigste der Menschheitsgeschichte. Im 20sten Jahrhundert d mehr Menschen in Kriegen umgekommen, als in den 2.000 Jahren unserer Zeitrechnung zuvor. Alleine die 6 Jahre des 2. Weltkriegs, der heute vor 69 Jahren begann, kostete zwischen 55 und 60 Millionen Menschen das Leben. Heute sind wir noch wer entwickelt: Alle fünf Sekunden stirbt ein Kind an Hunger, dem Mangel an sauberem Wasser oder verweigerten Medikamenten für behandelbare, heilbare Krankheiten. Das, was der 2. Weltkrieg in 6 Jahren an Leben zerstörte, wird heute in zwei Jen vernichtet.

Wir sind im Würgeriff globaler Konzerne, dem "Imperium der Schande" wie es Jean Ziegler nennt. Zu seiner Absicherung braucht das Imperium Kriege. Zurzeit haben wir über 30 Kriege, in denen mit Waffen aller Art gekämpft wird.as ist Krieg? Was auch immer, eines ist er nicht: Abstraktion! "Krieg ist nicht mehr nur eine "Verfinsterung der Vernunft (Horkheimer). Er ist zur Daseinsberechtigung des Imperiums geworden." Jean Ziegler, Das Imperium der Schande, München 5, S. 39

Man unterscheidet zwischen regulären und irregulären Kriegen. Bei der so genannten "regulären" Form des Krieges handelt es sich um eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Staaten über einen längeren Zeitraum.

Kriege werden mitgen gerechtfertigt. Der Zweite Weltkrieg begann mit der Lüge von einem angeblichen (in Wirklichkeit aber von der deutschen Wehrmacht bewusst vorgetäuschten) polnischen Angriff; der Vietnamkrieg mit der Behauptung, ein amerikanisches Kriegssff sei im Golf von Tonking von Vietnamesen angegriffen worden; der Krieg gegen den Irak mit der bewussten Lüge, die USA und die restliche freie Welt seien bedroht durch einen angeblich bevorstehenden Angriff mit Massenvernichtungswaffen undß die Angriffe gegen das World-Trade Center durch Afghanistan geführt worden seien.

Die Rechtfertigung von Krieg durch Religionen auf beiden Seiten tut ihr übriges dazu. Sie behaupten beide, sie haben "Gott auf ihrer Seite", der das Böse ader anderen Seite besiegen muß. Sehr beliebt ist auch der Hitler oder Auschwitz Vergleich.

Weiter werden Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden missbraucht, um Kriege zu rechtfertigen. Diese Werte sollen den Menschen in den überfalle Ländern durch Bombardierungen Kriegsgräuel aller Art beigebracht werden.

Als George W. Bush die Bombardierung Afghanistans ankündigte, sagte er: "Wir sind eine friedliche Nation! . Dieses ist unsere Berufung. Die Berufung der Vereinigten aten von Amerika. Der freiesten Nation der Welt. Eine Nation, die sich auf fundamentale Werte gründet, gegen Hass, gegen Gewalt, gegen Mörder und gegen das Böse. Wir werden nicht weichen. ."

"Jetzt wissen wir Bescheid. Schweine sind Pferde,dchen sind Jungen Krieg ist Frieden, " sagt Arundhati Roy. Essay Spiegel 31. 10. 2001, Krieg ist Frieden.

Die Kriege tragen Namen wie: Enduring freedom - Dauerhafte Freiheit, oder Borderless Justice,- Grenzenlose Gerechtigkeit. "Grenzenloserechtigkeit für die einen bedeutet Grenzenlose Ungerechtigkeit für die anderen, dauerhafte Freiheit für die einen dauerhafte Unterjochung für die anderen. .

Regierungen verwenden Flaggen, um erst die Hirne der Menschen luftdicht einzuwickelnd echtes Nachdenken zu ersticken, und dann, um sie als feierliche Leichentücher über die verstümmelten Toten zu breiten." Roy, a.a.O.

Legitimierter, staatlicher Terrorismus wird eingesetzt zur Sicherung der für das eigene Land und den eige Wohlstand notwendigen Ressourcen, wo immer sie sich befinden.

Donald Rumsfeld sagte nach dem 11. 9.:Wir müssen den uns aufgezwungenen Krieg gewinnen, in dem wir die Terrornetzwerke vernichten, die unser Volk bedrohen und uns auf den nächs Krieg vorbereiten. Dies erfordert eine Umwandlung unserer Streitkräfte, die es uns ermöglicht, unsere Heimat zu verteidigen und gleichzeitig Einsätze in jedem Winkel der Erde durchzuführen, oft auch in feindlichen Umgebungen."

In diese Zusenhänge hat sich auch die Bundeswehr inzwischen weltweit eingeklinkt. Siehe die Ermordung von zwei Kindern und einer Frau vor fünf Tagen in Kunduz.

Um es klar zu sagen: Es gibt keine Rechtfertigung für Akte des Terrors, ganz gleich von wemausgeübt werden, ob von religiösen Fanatikern, von Aufständischen, Milizen oder von staatlicher Seite. Wird einer Seite, welcher auch immer, nachgegeben, dreht sich die Spirale der so genannten "Kriege gegen den Terrorismus" immer schnellemit immer mehr Lügen.

Die Medien tun ihr übriges dazu. Gerade im Irak und Afghanistan Krieg war es unerträglich, wie gleich geschaltet bis auf wenige Ausnahmen sich die Medien verhalten, akzeptiert haben, daß sie als embedded journalists, gebettete JournalistInnen nur noch Regionen aufsuchen dürfen, die das Pentagon bestimmt "Hinzu kommt eine kaum zu überbietende Hemmungslosigkeit, mit der die staatlichen PR-Maschinen einiger westlicher Länder immer kurz vor militärischen Inventionen Gräuelmärchen über den jeweiligen Gegner verbreiten."Jürgen Todenhöfer, Warum tötest Du, Zaid?, München 2008., S. 27

Krieg ist gut für die Wirtschaft einiger Länder

In diesen Kriegen wird unendlich viel Profit gemacht. Die Kriegdustrie brummt. Die USA und die NATO-Verbündeten verfügen über 2/3 des weltweiten Militärbudgets. 8 von 10 Ländern mit dem größten nationalen Militär-Budgets sind NATO-Länder. Russland und China zusammen verfügen heute über 15% des weltweitMilitärbudgets. Die von den USA so genannten "Schurkenstaaten" verfügen zusammen über 2% der weltweiten Militärausgaben.

Die Kriege im Irak und in Afghanistan kosten die USA einem Bericht des US-Kongresses zufolge fast doppelt so viel wie lang von der Regierung dafür veranschlagt. Von 2002 bis 2008 werden sich die Kosten auf 1,6 Billionen Dollar (1,1 Billionen Euro) belaufen, heißt es in einem Bericht des Wirtschaftsausschusses.

1 Billion ist eine Zahl mit 12 Nullen, Oder: 00 Milliarden sind eine Billion.

Für den zivilen Wiederaufbau stehen nur Bruchteile der Gelder zur Verfügung, die für das Militär ausgegeben werden. Wiederaufbau unter den Bedingungen der Militärbesatzung ist eindeutig die Fortsetzung des Kges mit anderen Mitteln, mit Mitteln des neoliberalen globalen Kapitalismus, der die durch die Kriege der Industrieländer zerstörten Ländern diese zu Bettler-Ländern, Billiglohnländern und zu Neo Kolonien macht.

Neben den so genannten reguln Kriegen zwischen Staaten gibt es noch zahlreiche Formen so genannter irregulärer Kriege. Hier sind die Gegner nicht Staaten, sondern bewaffnete Gruppen, Partisanen, Aufständische. Diese Kriege sind heute die Mehrzahl. Die Waffen für dieseiege werden mit großem Gewinn aus den Industrieländern geliefert.

Jürgen Todenhöfer, CDU Mitglied, gesteht ein Recht auf Widerstand zu

"Im Westen werden Widerstandskämpfer, die in legitimer Weise gegen bewaffnete Besatzer kämpfen und Terroten, die Zivilisten ermorden, in einem Topf geworfen werden. ." Es gibt aber diejenigen, "die wirklich für Recht und Freiheit kämpfen. Die Verdammten dieser Erde, wie Frantz Fanon, der berühmte antikolonialistische Befreiungstheoretiker sienannt hat." Todenhöfer, a.a.O. S. 30 Jürgen Todenhöfer schätzt, daß im Irak 70% der Bevölkerung sich in diesen Widerstand einreiht.

Alle Freiheitsbewegungen bis wenige (Tibet z.B.) werden durch die westlichen Länder heute mit dem Etikett "toristisch" belegt. Auch der Widerstand gegen den Wahnsinn der Kriegsmaschinerie bekommt das Etikett "Terrorismus". Sechzig, vierzig, zwanzig Jahre früher wären Mahatma Gandhi, Martin Luther King und Nelson Mandela mit dem Etikett "Terroristebrandmarkt worden.

In den "neuen" Kriegen werden Waffen jeglicher Art eingesetzt. Wen kümmert, daß Streubomben, Anti Personen Minen, abgereichertes Uran verbotene Waffen sind?

"Die Ansprüche an Kriege sind gesunken. Vorgebliche Verbrecherhndung darf jetzt mit Streubomben oder mit durch Uran abgereicherten Waffen betrieben.... Länder zerstört,....ein Massenmord an Zivilisten begangen werden, auch wenn am Ende kein einziger Verdächtiger gefasst ist, keine Massenvernichtungswan gefunden wurden....die Zahl der Kriegstoten verschwiegen werden. Roger Willemsen, Kriegstagebuch in: Terrorismus, Öl und die geheime Außenpolitik der USA - oder Der 11. September und die Hintergründe des Krieges gegen den Terrorismus

Darü hinaus findet eine Privatisierung des Krieges statt, immer mehr private Firmen sind mit teuer bezahlten Söldnern dabei.

Kriegsrealität gibt es in Palästina, Ruanda, Darfur, Sri Lanka, Kongo, Tschetschenien und vielen anderen Ländern. Zu je der Namen fallen uns Bilder der Zerstörung und des Leids ein.

Exemplarisch beleuchte ich einige Länder - Irak:

Bevor der jetzige Krieg begann, gab es bereits ein UN Embargo gegen den Irak, dem 1.5 Millionen Menschen, darunter 500.000 Kin zum Opfer fielen.

Die Bilanz nach 5 Jahren Krieg:

Mehr als eine Million Menschen getötet, vier Millionen IrakerInnen auf der Flucht, etwa 2 Millionen im eigenen Land, zwei Millionen sind in den Libanon, nach Syrien und Jordanien geflohennzählige Menschen, vor allem Kinder, leiden an den Folgen des Einsatzes von abgereichertem Uran, vier von Zehn IrakerInnen leben von weniger als einem Dollar am Tag, die einstmals vorbildlichen Bildungs- und Gesundheitssysteme stehen vor deollaps, Gewalt gegen Frauen und Mädchen nimmt zu, die Lebensmittel- und Wasserversorgung verschlechtert sich von Tag zu Tag. Die Berichte von Amnesty international und dem Roten Kreuz zum fünften Jahrestag des Kriegsbeginns widersprechen veent den Nachrichten aus den USA, in denen eine Verbesserung gemeldet wird. Amnestys und Rote Kreuz Bericht sind eine einzige Anklageschrift gegen den Krieg, im Irak herrschen "Gemetzel und Verzweiflung".

Kaukasus:

Im August 2008 konnte man bachten, wie in wenigen Tagen nach dem Überfall Georgiens auf Süd-Ossetien und den Militärangriffen der Russen auf das Land das Vokabular des Ost-West Konfliktes wieder auferstand. Die NATO versucht, ihre Grenzen auszuweiten, in dem sie immmehr Länder aus Eurasien aufnimmt oder Aufnahme in Aussicht stellt, Raketenstützpunkte in Tschechien und Polen errichtet. Russland will keines der Länder ziehen lassen.

Es geht nicht um abtrünnige Provinzen. Zu lange schon brennen und schwe die Kriege in der Region. In Tschetschenien sind inzwischen 17% der Bevölkerung getötet. Es geht um die Aufteilung der Herrschaftsgebiete in Eurasien, den Zugang zum kaspischen Erdöl und -gas. Russland ist von US-amerikanisch-westlichen Geten umschlossen: Finnland, die baltischen Staaten, Polen, die Ukraine, die Türkei, der Irak, Afghanistan und Japan. Nur an der Südwestlichen Grenze ist noch eine Lücke: Im Kaukasus und dem Kaspischen Meer. Dort liegen 4 % der weltweiten Ölrrven und 6% der Gasreserven. Kurze Wege, um diese Ressourcen in den Westen zu bringen, sind über Russland oder den Iran. Beides liegt nicht im Interesse der USA. Also geht die mögliche Planung für den 1.800 km langen Transportkorridor überKaukasus. Er soll über "Aserbaidschan, Georgien, südlich der russisch beherrschten politischen Gebiete Abchasien und Südossetien, um Armenien herum bis an die türkische Mittelmeerküsten bei Ceyhan verlaufen."

Russland hat kein Interesse,diese Lücke geschlossen wird. Im Kampf um die Ressourcen, um Land und Einfluss stehen beide Seiten in nichts nach.

Vergleiche: Thomas Immanuel Steinberg, Der Kaukasus Konflikt aus geopolitischer Sicht, Junge Welt, 20.8.2008

Afghanistan:

Vo60 Jahren endete der 30jährige Krieg. Es war der längste Krieg in Europa seit Menschengedenken, der mit dem Vertragsabschluß des Westfälischen Friedens 1648 in Münster und Osnabrück beendet wurde. Die Erinnerung daran ist bis heute lebendig0 Jahre Krieg! In diesem Jahr ist Afghanistan das Land, in dem seit 30 Jahren Krieg herrscht. Was heißt Krieg in Afghanistan?

Kunduz

Wenn Orte geronnene Erfahrung sind, wenn sie sich zusammensetzen aus allem, was je in ihnen gefühlt wurde, n ist diese Angst eine Art Offenbarung. Kunduz gibt sich zu erkennen. In das Weichbild der Stadt haben sich Bombenabwürfe und Raketenbeschuss, Vergewaltigungen, Folter und Morde eingedrückt. Heckenschützen haben gelauert, Späher haben Häuseuf der Suche nach Versteckten durchsucht, Marodierende haben zerstört, Soldatentrupps haben Bauwerke gestürmt und verwüstet, Frauen haben geschrieen, Kinder das Weite gesucht. Jede denkbare Konstellation kann sich wiederholen. Es ist alles h zu frisch. Die Gewalt ist nicht Vergangenheit, ist nicht archaisch, nicht Kultus. Sie ist nur für ein paar Tage nicht hier her gekommen, und wir reden schon vom Frieden." Roger Willemsen, a.a.O., S. 116 f.

Von den geschätzten 16 Millionefghanen Ende der siebziger Jahre starben etwa zwei Millionen Menschen im Kampf gegen die sowjetischen Besatzer, im Bürgerkrieg sowie durch indirekte Kriegsfolgen wie mangelnde Ernährung und medizinische Versorgung, Landminen. Unzählige Mensn sind durch die Folgen des Gebrauchs von abgereichertem Uran unvorstellbar grausam verletzt. Fünf Millionen Menschen flohen in die Flüchtlingslager in den Iran und nach Pakistan.

Der Krieg in Afghanistan wurde u.a. damit begründet, Frauenssten befreit werden.

Die Frauen

Als die islamischen Fundamentalisten die Macht übernahmen, wurden die Frauenrechte auf volle Beteiligung am sozialen, ökonomischen, kulturellen und politischen Leben des Landes drastisch gekürzt, mit der Macbernahme durch die Taliban nahezu vollständig ausgelöscht. Das Taliban-Regime erhielt schnellstens eine Spitzenposition unter den frauenfeindlichsten Regimes der Welt. So waren Frauen gezwungen, die Burka zu tragen, dieses Ganzkörpergewand, dem nur für die Augen ein Gitter geöffnet ist.

Den Frauen wurde das Recht auf Bildung versagt, die Mädchenschulen geschlossen. Wenige mutige Frauen, Lehrerinnen unterrichteten Mädchen heimlich in versteckten Räumen. Frauen wurden aus dem ufsleben ausgeschlossen. Das Recht auf Reisen wurde den Frauen verwehrt. Keine Frau durfte ohne die Begleitung eines männlichen Angehörigen das Haus verlassen. Das Recht auf Rechtsbeistand war verwehrt. Frauen konnten keinen direkten Antrag ein Gericht stellen, nur durch einen nahen männlichen Angehörigen. Die Aussage einer Frau galt nur die Hälfte des Zeugnisses eines Mannes. Das Recht auf Gesundheit wurde verwehrt. Frauen durften sich nicht von männlichen Ärzten behandeln len, Familienplanung war verboten. Ehebruch wurde mit Steinigung bestraft. Die Alphabetisierungsrate bei den Frauen betrug 5 %, die der Männer um 20 %.

Jahrelang hat die internationale Frauenbewegung versucht, diese Formen der Unterdrückung annt zu machen und als Grund für Asylgewährung von Frauen aus diesem Land durchzusetzen. Keines der Länder, die Afghanistan mit Krieg überziehen, ist auf die Forderung der Frauenbewegung nach Asylgewährung eingegangen. Umso wütender waren wzu Beginn des Krieges gegen Afghanistan nach dem 11. September, daß nunmehr "Frauenbefreiung" als einer der Hauptgründe für die Bombardierungen herhalten musste. Mit einem Mal hatten wir Verbündete: Frau Bush und Frau Blair zusammen mit denrines an der Spitze des Kampfes um Frauenbefreiung.

Leider ist das Gegenteil von Frauenbefreiung der Fall. Der Krieg in Afghanistan hat die Taliban entfernt, nicht besiegt. Der islamische Fundamentalismus ist erneut auf dem Vormarsch. Das maß an täglicher Gewalt in Afghanistan ist etwas was man sich kaum vorzustellen kann. Die Frauengefängnisse sind voll.

In diesem Krieg geschieht also das, was wir aus vielen Kriegen kennen: Frauen werden instrumentalisiert. Kriege sind durcnd durch patriarchalisch.

"Die neoliberale Globalisierung, die Freiheit, Demokratie und Gleichheit bringen soll, führt überall auf der Welt zu einem Neopatriarchat." Maria Mies, a.a.O., S. 103

Der Militäreinsatz der Bundeswehr

Der Einsatzr Bundeswehr in Afghanistan ist verlängert worden. Er besteht aus drei Mandaten: Die Operation Enduring Freedom (OEF), die Internationale Schutztruppe (ISAF) und den im März dieses Jahres beschlossene Tornadoeinsatz der Luftwaffe.

Im Unteried zu Peter Struck sind wir nicht der Meinung, daß unsere Freiheit am Hindukush verteidigt wird. Auch nicht, daß unser Engagement in Afghanistan notwendig und richtig ist.

Im Gegenteil: "Es gibt keine Gründe, für deutsche Soldaten in Afghatan. Die deutsche Beteiligung am Antiterrorkrieg hat den Terror eher gefördert als eingedämmt. Auch das Nato-Projekt Nation Building ist dort in eine Sackgasse geraten. Die Protektoratsstrukturen führen unweigerlich zu Korruption. Man muss orität auf zivilen und wirtschaftlichen Aufbau legen, deshalb fordern wir den> unverzüglichen militärischen Rückzug deutscher Soldaten in Afghanistan." Paul Schäfer

Stern-Umfrage vom 26.7.2007: Sollen die Deutschen gehen oder bleiben?

Moham Daoud hat einen Laden an der Markthalle in Kunduz, nur drei Meter von jener Stelle entfernt, an der im Mai ein Sprengsatz drei deutsche Soldaten und fünf afghanische Zivilisten tötete.

"Deutsche? Erwähne ihren Namen nicht. Ich hasse sie. Dfahren hier in der Stadt herum, aber wir wissen gar nicht, was sie eigentlich machen. Die haben unser Land besetzt. Ihretwegen ereignete sich der Anschlag, und unsere muslimischen Brüder starben. Ich habe alle meine Waren verloren und wurde Auge verletz. Wenn die Deutschen nicht hier wären, würden die Taliban niemals Zivilisten angreifen. Jedes Mal, wenn ich einen Deutschen sehe, habe ich Angst vor einem Anschlag."

Die vier apokalyptischen Reiter

Neben diesen direkt kriegerhen Auseinandersetzungen mit Waffengewalt gibt es eine weitere Form des Krieges, der in seinen Dimensionen unerträglich ist. "Für die Menschen der "Dritten Welt" ist der Dritte Weltkrieg in vollem Gange. Heute heißen die vier apokalyptischeeiter Hunger, Durst, Seuche und Krieg." Jean Ziegler.

Dieser dritte Weltkrieg ist ein heißer Krieg. Ich habe den Begriff "Kalter Krieg" für den Ost und West Konflikt nie begriffen. Auch zu der Zeit war es immer ein heißer Krieg. Die dringenenötigten Ressourcen zur Lösung der humanitären, ökologischen, Klimaprobleme wurden und werden in die unsinnige Rüstungsmaschinerie geschleudert. Während wir hier sitzen und reden, stirbt in der Zwei Drittel Welt alle fünf Sekunden ein Kind Hunger, dem Mangel an sauberem Wasser und bezahlbaren Medikamenten für leicht heilbare Krankheiten. Der tägliche Massenmord.

Vor einigen Wochen wurde in Leipzig ein kleines Mädchen ermordet. Ein Aufgebot von 170 Polizisten, Hubschraubern,chtsichtgeräten wurden eingesetzt, um das Mädchen oder ihren toten Körper zu finden. Die Sorge um ein kleines Mädchen mobilisiert hier zu Recht den Einsatz von hunderten von HelferInnen. In Afghanistan, dem Irak, dem Sudan und anderen Ländeder 2/3 Welt sterben täglich zehntausende von Kindern, ohne daß es einen Aufschrei und endlich Taten gibt, die das verhindern.

Die Kosmokraten versuchen sich, die Erde, alles Lebendige, alle Ressourcen anzueignen. Sie wollen eine grenzenloPrivatisierung auch der Grundbedürfnisse wie Zugang zu Wasser, Bildung, Gesundheit. Sie arbeiten mit genmanipulierte Pflanzen, ohne die Folgen zu kennen, Sie zwingen die Bauern, ihre Selbstmordsamen zu kaufen, Samen, die sich nach der Ernternichten. Sie wollen Patente auf Pflanzen. Sie sind so krank, daß man fast schon Mitleid haben könnte.

Die Gier nach Reichtum, die verfehlte Ökonomie, die gnadenlose Ausbeutung von Mensch und Natur hat zur Folge, daß über zwei Milliarden Mchen in absoluter Armut leben, also über weniger als einen Dollar am Tag verfügen. Absolute Armut bedeutet: Kein regelmäßiges Einkommen, keine regelmäßige Arbeit, keine Wohnung, die diesen Namen verdiente, keine medizinische Versorgung, nicgenug zu Essen, kein sauberes Wasser, kein Zugang zu Bildung.

In den Industrieländern breitet sich immer schneller eine relative Armut aus. Als relativ arm gilt, wessen Einkommen weniger als 50 Prozent des Durchschnittseinkommens in einem d beträgt.

"Wer arm ist, wird bald ausgeschlossen. Wird einsam. ... Die Kränkung, nicht teilnehmen zu können, geht überall tief. Macht krank. In Deutschland fallen 4.5 Millionen Menschen unter Hartz IV. Zwei Millionen Erwerbstätige haben siedrige Löhne, daß sie von diesen nicht existieren können. Das sind samt Familienangehörigen noch mal etwa 5 Millionen Menschen." Gabriele Gillen, Hartz IV, eine Abrechnung, S. 138 f.

Für diejenigen, die Arbeit haben, wird der Druck immer ger. In Deutschland leben 2.5 Millionen Kinder unterhalb der Armutsgrenze. In meinem Stadtviertel sind es 48% der Kinder. Arme werden diskriminiert. Eine Spaltung wird zwischen denen, die Arbeit haben und denen, die erwerbslos sind, bewusst rieben. Verarmung geschieht schleichend, greift immer tiefer in die Psyche und das Leben ein. Die Bedrohung der permanenten Reduzierung von Lebensmöglichkeiten schafft die Kälte einer undefinierbaren Angst, lässt die Wut einfrieren. Der Pros wird täglich dadurch unterstützt, dass in den Medien so genannte "ExpertInnen" über etwas reden, was sie nicht betrifft, was wir, die wir in diesem Prozeß sind, viel besser ausdrücken könnten. Armut in der BRD: Die Morgennachrichten sindRussisches Roulette: Was wird uns als nächstes treffen?

Den 2 Milliarden absolut armen und den Hunderten Millionen relativ armer Menschen stehen 500 der mächtigsten transkontinentalen kapitalistischen Privatgesellschaften der Welt gegenübesie kontrollieren 52% des Weltsozialproduktes.

"Heute haben sich neue Feudalsysteme herausgebildet, die unvergleichlich mächtiger, zynischer, brutaler und gerissener sind als die früheren, nämlich die transkontinentalen Privatgesellschafteer Industrie, des Bankwesens, des Dienstleistungssektors und des Handels." Jean Ziegler, Das Imperium der Schande, München 2005, S. 29

Es sind neue Feudalherren die planetarische Macht ausüben. Die Attentate vom 11. September 2001 in den USaben eine dramatische Beschleunigung des Prozesses der Refeudalisierung bewirkt. Sie waren für die neuen Despoten, für das Imperium der Schande ein Schritt, die Welt in Besitz zu nehmen, sich der Ressourcen zu bemächtigen, die Demokratie zurnichten.

Die innenpolitischen Veränderungen in den westlichen Ländern sind seit dem 11. September2001 enorm. Eine systematische Beschneidung von Grundrechten, Überwachungen, Aufrüstung der Polizei und des Militärs durch so genannte "Sanfteffen", Pläne zum Einsatz des Militärs im Inneren gegen Demonstrationen wie beim G 8 Gipfel in Heiligendamm schreiten voran. Die Friedens- und Antiglobalisierungsbewegungen werden beschuldigt, Feinde der »westlichen Zivilisation« zu sein.

Ietzten Jahr erfahren wir eine dramatische Zunahme von Lebensmittelknappheit, die bewusst herbeigeführt wird. Lebensmittel- und Milchprodukte, Getreide, werden inzwischen an den Börsen gehandelt. Sobald Güter durch verstärkte Nachfrage knapprden, steigen die Preise entsteht Mangel. Verstärkt wird dieser Prozeß noch durch, den Biosprit Wahn. Hierfür gehen immer mehr landwirtschaftliche Flächen Nahrungsmittelproduktion verloren. Von der Eifel, wo statt Weizen oder Dinkel nur nocais angebaut wird, über die Ölsaaten in Kolumbien, Zuckerrohr und Mais in Brasilien werden für Biosprit angebaut.

In den Industrieländern steigen die Lebensmittelpreise in schwindelndem Tempo, vor allem aber auch die Preise für Energie.

"Iem Stadium, das die Erde durch ihre landwirtschaftlichen Produktionsmittel erreicht hat, könnte sie 12 Milliarden Menschen normal ernähren, anders gesagt, sie könnte für jeden einzelnen eine Ration von 2700 Kalorien pro Tag bereitstellen. D wir sind heute nur etwas über 6 Milliarden Menschen auf der Erde, und trotzdem leiden Jahr für Jahr 826 Millionen von ihnen an chronischer, krank machender Unterernährung. Es kommt nicht darauf an, den Menschen der Dritten Welt mehr zu geb sondern ihnen weniger zu stehlen". Ziegler

Was können wir tun?

Es ist Zeit für eine radikale Umwälzung der Verhältnisse.

Wo ist heute Hoffnung, welche Bewegungen gibt es?

Eine Hoffnung ist die Entwicklung in Lateinamerika insgesamt. Im traum von 5 Jahren sind in 10 lateinamerikanischen Ländern andere Regierungen an die Macht gekommen, ein Indio, Evo Morales, wurde Präsident von Bolivien. Er schlägt vor, der von Washington konstruierten Achse des Bösen eine Achse des Fried entgegenzustellen. Ein ehemaliger Bischof, Befreiungstheologe wurde Präsident von Uruguay, in Venezuela wurde in 5 Jahren das Analphabetentum beseitigt, jeder Mensch dort hat Zugang zu einer kostenlosen Gesundheitsversorgung, ein all lateierikanischer Fernsehsender, eine Wirtschaftsorganisation, die der WTO die Stirn bietet, wurden gegründet usw., Hätte man mir all dieses vor 5 Jahren gesagt, ich hätte es nicht geglaubt. Dort sind wirklich Prozesse in Gang gekommen, die die e der Ausgebeuteten und Beleidigten nachhaltig verändern.

Die andere Hoffnung heute ist die Bewegung gegen die Globalisierung, das weltweit agierende "Volk von Seattle". Was ist dieses Volk von Seattle? Dezember 1999: In Seattle treffen sidie VertreterInnen des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und der Welthandelsorganisation zu ihrer Jahreskonferenz.

Zur gleichen Zeit machen alte und junge Leute gegen dieses Treffen mobil, trifft sich "das Volk von Seattle". UmwechützerInnen, Bauern und BäuerInnen aus allen Teilen der Erde, Menschen aus der Frauen- und Friedensbewegung, aber auch der Gewerkschaftsbewegung der USA, VertreterInnen der UreinwohnerInnen. Vier Tage lang gibt es Diskussionen, Veranstaltun, Demonstrationen, Straßenschlachten. Die Veranstalter des Gipfeltreffens sind völlig überrascht.

"Bewegung gegen die Globalisierung der Konzerne" ist das Stichwort, eine Bewegung, die sich gegen unmenschliche Arbeitsbedingungen in den Welrktfabriken der Global Players richtet, gegen genmanipulierte Nahrung, gegen manipuliertes Saatgut, gegen das Abholzen der Urwälder, gegen Krieg, gegen das Verschleudern von Ressourcen in die unsinnige Rüstung, gegen die verschärfte Ausbeut von Frauen. Es ist eine Bewegung, die sich einsetzt für Nahrungssicherheit, für Regionalisierung der Nahrungsproduktion, für Frieden und Gerechtigkeit.

Das "Volk von Seattle" wird geboren: Menschen, die sich weltweit nicht abfinden mit deroliberalisierung, nicht mit der modernen Form der Sklaverei. Das Volk von Seattle kritisiert den ungebremsten Kapitalfluss, die gnadenlose Ausbeutung von Menschen und Natur. Die WTO kann in Seattle ihre geplanten Programme nicht durchsetzenie Bewegung wächst täglich. Bauern und Bäuerinnen, Textilarbeiterinnen aus den Maquiladores, die Zapatistas in Mexiko, die Grün Gürtel Bewegung in Afrika, die sich die Wiederaufforstung der afrikanischen Wälder zum Ziel gesetzt hat, GewerksfterInnen aus den Industrieländern, kritische AktionärInnen der großen Konzerne, Menschen, die sich den unsinnigen Projekten der Weltbank entgegenstellen, AktivistInnen gegen Privatisierungspläne, UreinwohnerInnen beginnen, miteinander zu schen und ihre Erfahrungen auszutauschen.

Brillante DenkerInnen der Bewegung liefern Analyse und Theorien: Noam Chomsky, Arundhati Roy, Jean Ziegler, Michel Chossudowsky, Maria Mies, Vandana Shiva, Helena Norberg Hodge, Naomi Klein, Uri Avne Eduardo Galeano und viele, viele andere.

Hören wir auf sie.

Ich gehöre zu den 68ern. In diesem Jahr 40 nach 68 ist viel Unfug geredet worden.

Für mich sind die Ziele von 68 nach wie vor aktuell:

"Wir sind nicht hoffnungslose Idioten der chichte, die unfähig sind, ihr eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen. Das haben sie uns jahrhundertlang eingeredet.. Wir können eine Welt gestalten, wie die Welt sie noch nie gesehen hat, eine Welt, die sich auszeichnet, keinen Krieg mehr kennen, keinen Hunger mehr zu haben, und zwar in der ganzen Welt. Das ist unsere geschichtliche Möglichkeit. . Ich bin kein Berufspolitiker, aber wir sind Menschen, die nicht wollen, daß diese Welt diesen Weg geht, darum werden wir kämpfend haben wir angefangen, zu kämpfen." Rudi Dutschke

68 war neben vielen Auseinandersetzungen Hoffnung und Freude, lustvoller Spott. Wenn ich mir Treffen der Linken, Gewerkschaften, Friedensbewegung anschaue, so sehe ich, daß viel verloren gegen ist.

Achtundsechzig, das ist das lustvolle Zähnefletschen des Gespenstes der Freiheit, der nachhaltige Schrecken für jede Art von Autoritäten und Bürokraten.

Lasst uns ein Stück davon zurückholen.

Der niederländische Chronist Cees Nootem schrieb über den Mai 68 in Paris:

"Der erste Eindruck war, als ob sich plötzlich ein riesiger Deckel hob, als ob plötzlich bisher zurückgehaltene Gedanken und Träume in das Reich des Wirklichen und Möglichen übertragen wurden. Indem sie i Umgebung verändern, verändern sich die Leute auch selbst. Leute, die es niemals gewagt haben, etwas zu sagen, bekamen plötzlich das Gefühl, daß ihre Gedanken das Wichtigste auf der Welt seien - und redeten auch so. Die Schüchternen wurden teilsam. Die Hoffnungslosen und Vereinsamten entdeckten plötzlich, daß gemeinsame Macht in ihren Händen lag. Die traditionell Apathischen erfuhren plötzlich, wie stark sie an der Sache beteiligt waren. Eine ungeheure Woge von Gemeinschaft uZusammenhalt ergriff diejenigen, die sich selbst zuvor nur als vereinzelte und machtlose Marionetten angesehen hatten, die von Institutionen beherrscht wurden, die sie weder kontrollieren noch verstehen konnten. Die Leute machten sich jetztnz einfach daran, ohne jede Spur von Befangenheit miteinander zu reden. Dieser Zustand der Euphorie dauerte die ganzen vierzehn Tage an, in denen ich dort weilte. Eine Inschrift, die auf eine Mauer gemalt worden war, bringt das wohl am bestzum Ausdruck:

"Schon zehn Tage Glück".

In diesem Sinne



Ellen Diederich ist aktiv beim Internationales Frauenfriedenarchiv in Oberhausen.

E-Mail: friedensa (at) aol (Punkt) com

Website: www.iffaonline.org
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