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26.08.2009


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Antikriegstag 2009

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Vorrang ziviler Konfliktbearbeitung vor militärischer Lösung von Konflikten

Wehret den Anfängen!

Pax Christi Bistumsstelle Osnabrück

Stellungnahme des Leitungsteams der Pax Christi Regionalstelle in den Bistümern Osnabrück und Hamburg zum 1. September 2009, dem 70. Jahrestag des Überfalls der deutschen Wehrmacht auf Polen und dem Beginn des 2. Weltkrieges.



Am 1. Sept. 2009 jährt sich zum 70. Mal der Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen, der den Beginn des 2. Weltkrieges bedeutete. Er stellt den bislang größten und verheerendsten Konflikt in der Menschheitsgeschichte dar, der 55 bis 60 Millionen Menschen das Leben kostete. Untrennbar ist der 2. Weltkrieg mit dem Holocaust verbunden, in dem durch die deutschen Nationalsozialisten allein sechs Millionen Juden und vier Millionen Angehörige anderer ausgegrenzter Gruppen systematisch ermordet wurden.

An diese Menschen erinnern wir uns am 1. September 2009.

Wir erinnern auch an all die, die als Mitläufer und Täter den 2. Weltkrieg von deutschem Boden aus ermöglichten - wir tun dies nicht aus Gründen der Rache oder Schuldzuweisung, sondern um auf Verantwortung hinzuweisen.

Wir wollen aufmerksam machen, wenn heute durch militärische Gewalt Konflikte vermeintlich gelöst werden sollen: Weltweit zählte das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung im Jahr 2008 345 Konflikte, neun davon wuchsen zu Kriegen aus.

Wir erinnern uns am 1. September 2009 auch an die katholische Kirche in der damaligen Zeit: Vor 70 Jahren gab es in ihr glühende Verfechter, die mit Vehemenz diesen verbrecherischen Krieg ideologisch untermauerten und die Kirchenmitglieder davon überzeugten, an ihm teilzunehmen. Hier sind besonders eine Reihe von deutschen Kardinälen, Bischöfen und Klerikern schuldig geworden. Diese Schuld gilt es immer wieder klar zu benennen.

Vereinzelt gab es in der katholischen Kirche auch Menschen, die sich durch ihr Lebenszeugnis der nationalistischen und rassistischen Ideologie des kriegstreibenden Deutschlands widersetzten. Ihnen gilt unser besonderer Respekt und unsere Anerkennung.

Kriegsdienstverweigerer, wie z. B. Franz Jägerstätter, seien hier erwähnt. Diesen Menschen, die aus der katholischen Kirche oder aufgrund anderer Überzeugungen nicht bereit waren, den verbrecherischen Krieg der Nationalsozialisten mitzumachen, gilt unsere besondere Erinnerung, wir sind ihnen verpflichtet. Die katholische Kirche fordern wir auf, den Menschen aus ihren Reihen, die Widerstand geleistet haben, endlich auch öffentlich die ihnen zustehende Wertschätzung zu Teil werden zu lassen.

Galt nach dem Ende des 2. Weltkrieges vielfach die Aussage "Wehret den Anfängen", die eine neue Kriegesbeteiligung Deutschlands ausschloss, so sagen wir heute wieder: "Wehret den Anfängen!"

Militärische - und damit gewaltsame Auseinandersetzungen - haben in den letzten Jahren, auch unter Beteiligung der Bundeswehr, wieder eine erschreckende Normalität in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit erhalten. "Unsere Freiheit wird am Hindukusch verteidigt", so sagt der ehemalige Verteidigungsminister Peter Struck und sein aktueller Nachfolger, Franz Josef Jung, mag nicht von einem Krieg reden, wenn er von den militärischen Einsätzen der Bundeswehr in Afghanistan spricht. Auch in der Verleihung der Ehrenkreuze der Bundeswehr für Tapferkeit an Soldatinnen und Soldaten nach Auslandseinsätzen, der Errichtung eines Ehrenmales für gefallene Soldaten und den öffentlichen Gelöbnissen vor dem Reichstag in Berlin sehen wir weitere Tendenzen, die Bundeswehr als Normalfall der Konfliktlösung zu etablieren.

Im Rahmen von NATO-Einsätzen ist die Bundeswehr heute und aktuell an vielen militärischen Auslandseinsätzen beteiligt. Dabei benennt die NATO ihre Einsatzgründe als "neue Herausforderungen" und führt sie unter den Stichworten "Risikovorsorge", "Krisenreaktion", "Terrorabwehr", "Gewährleistung und Förderung eines ungehinderten Warenaustauschs", "gesicherte Rohstoffzufuhr" oder die "sichere Energieversorgung als Grundlage unseres Wohlstands" durch. Mit diesen globalen Orientierungen wird Sicherheitspolitik nicht mehr (allein) als Verteidigungspolitik, sondern als Interessen- und Wirtschaftspolitik mit militärischen Mitteln definiert, meist auch noch zur "humanitären Intervention" uminterpretiert.

Diese Entwicklungen beobachtet das Leitungsteam der Pax Christi Regionalstelle Osnabrück/Hamburg mit Sorge. Wir wissen, dass heute Konflikte deutlich vielschichtiger als noch im letzten Jahrhundert waren. Trotzdem wehren wir uns gegen die vermeintliche Logik, Konflikte zwischen Staaten und Gruppen mit militärischer Gewalt zu lösen zu versuchen.

Im Rahmen unserer Möglichkeiten wollen wir uns u.a. einsetzen für:



einen Vorrang gewaltfreier bzw. gewaltarmer Mittel zur Lösung von Konflikten,



eine möglichst umfassende Information über die Hintergründe von Konflikten,



eine weitere Stärkung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und einen weiteren Ausbau des Zivilen Friedensdienstes,



einen zeitnahen Rückzug der NATO-Truppen und damit auch der Bundeswehr aus Afghanistan,



eine Stärkung der Zivilgesellschaft,



eine Stärkung der Vereinten Nationen als Instanz zur Klärung zwischenstaatlicher Konflikte.


Das Leitungsteam der Pax Christi Regionalstelle in den Bistümern Osnabrück und Hamburg ruft dazu auf, an den vielfältigen Veranstaltungen, die aus Anlass des 1. September 2009 zum Antikriegstag stattfinden, teilzunehmen.



Die internationale katholische Friedensbewegung Pax Christi wurde 1946 in Frankreich als Versöhnungsgeste französischer Katholiken mit den Deutschen gegründet. Dieser Versöhnungsgeste fühlen wir uns heute und zukünftig verbunden, wenn wir unsere Arbeit ökumenisch und international gestalten.

Osnabrück, 17. August 2009



E-Mail: os-hh (at) paxchristi (Punkt) de

Website: www.OS-HH.paxchristi.de
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