Netzwerk Friedenskooperative



Oster-
marsch
2003


vom:
18.04.2003


 vorheriger

 nächster
 Artikel

Ostermärsche und -aktionen 2003:

  Reden/Kundgebungsbeiträge

Rede beim Ostermarsch 2003 in Hamm, 19. April

DFG/VK Ansgar Schmidt

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

mein Name ist Ansgar Schmidt, ich komme aus Münster bin seit 17 Jahren Mitglied der DFG-VK und bin als Aktivist der attac-Regionalgruppe Münster, konkret der Arbeitsgruppe zu dem Thema "Globalisierung und Krieg" zu Eurer Osteraktivität eingeladen worden. Ich soll Euch etwas über attac erzählen und speziell die Zusammenhänge zwischen Globalisierung und Krieg darstellen.

Ich möchte zunächst der Frage "Wer oder Was ist attac?" nachgehen und versuche im Abschluss meiner Ausführungen darzustellen, dass die Angriffskriege, sei es 1999 gegen die Bundesrepublik Jugoslawien, 2001 gegen Afghanistan und der derzeitige völkerrechtswidrige Angriffskrieg gegen den Irak die absolute Sperrspitze und absolute Steigerung der vorherrschenden Machtbestrebungen der Kapitalkräfte dieses Globus darstellen.

Doch zunächst zu attac:

Attac ist als ein Zusammenschluss von Menschen, die für eine demokratische Kontrolle der internationalen Finanzmärkte eintreten, und wurde 1998 in Frankreich gegründet. Auslöser war die Forderung einer Besteuerung der weltweiten spekulativen Finanztransaktionen, bekannt als die Tobin-Steuer, die nach ihrem Erfinder benannt wurde. Attac als gesellschaftlich übergreifendes Bündnis hat in kurzer Zeit weltweiten Zuspruch erfahren und zählt heute in über 50 Ländern über 90.000 Mitglieder. In Deutschland gibt es über 160 Regional- oder Ortsgruppen und über 10.000 Mitglieder.

Die Arbeit von attac konzentriert sich auf Aufklärung und Bildung, analytisch und zukunftsorientiert sowie ebenfalls mit starkem Akzent auf Aktion und Mobilisation.

Das ursprüngliche Arbeitsfeld von attac hat sich mittlerweile entwickelt und somit erweitert.

In der Öffentlichkeit wird attac auch als die Gruppe der Globalisierungskritiker definiert, doch was heißt das?

Die kritische Beobachtung der Globalisierung stellt den zentralen Punkt der Arbeit von attac dar. Die Globalisierung steht mit zahlreichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten und Entwicklungen in Zusammenhang und stellt somit ein breites Arbeitsfeld dar.

 zum Anfang


Oster-
marsch
2003
Wenn wir, attac, uns als Kritiker der Globalisierung erklären, heißt das aber nicht, dass attac prinzipiell Globalisierungsgegner ist.

Wir sind zum Beispiel für eine multikulturelle Gesellschaft hier in Deutschland, somit sind wir auch für globalen kulturellen Austausch. Wir sind für eine Welt ohne Grenzen, wenn es die Menschen betrifft, doch treten wir dafür ein, den transnationalen Konzernen und Banken Grenzen zu setzen.

In diesem Zusammenhang ist der attac-Protest gegen das GATS (General Aggreement on Trades and Services) zu erwähnen. Das GATS soll transnationalen Kapitalakteuren weltweit, bzw. in den 145 Mitgliedsstaaten der Welthandelsorganisation (WTO), Tür und Tore öffnen, ohne in Betracht zu ziehen, welche Auswirkungen die Wirtschafts- und/oder Kapitalinvestitionen für die betroffenen Regionen darstellen.

Also, was will attac?

Attac hat sich als Aufgabe und Ziel gesetzt, das weltweite Wirtschaftsgeschehen kritisch zu hinterfragen und zu analysieren. Unser Ziel ist es anschaulich zu machen, wie derzeitig von den "Global Playern", im Bereich der Wirtschaft und Politik die Machtbefugnisse zugunsten der Konzerne und Banken ausgedehnt werden.

Diesen Entwicklungen wollen wir klar und deutlich Protest und Widerstand entgegen stellen.

Attac setzt sich ein,

 für eine internationale Solidarität von unten

 für eine Stärkung kommunaler Daseinsvorsorge, ob hier in den Industrienationen oder irgendwo in der 2. oder 3. Welt

 erklärt ein klares NEIN zu dem weltweiten Privatisierungswahn

 erklärt ein klares NEIN zu den vorherrschenden Kriegen

Konkret heißt das für uns hier in der BRD ein klares Nein zu den Privatisierungsbestrebungen, sei es im Bereich des ÖPNV, der Ver- und Entsorgung des gesamt-gesellschaftlichen Lebens (Strom, Wasser, Müll etc), den Privatisierungsbestrebungen im Gesundheitswesen sowie in den Dienstleistungssektoren wie z.B. in den Bereichen Tourismus, Versicherungen und Banken.

Bei einer umfassenden Analyse stoßen wir automatisch auf die Frage, wer denn hinter diesen Entwicklungen steht.

Als die "Verantwortlichen" für das heutige weltweite Handels- und Wirtschaftsgeschehen, für den neoliberalem Entwicklungstrend können wir das Machtkartell folgender Institutionen benennen: Den IWF (Internationale Währungsfond), die Weltbank und die WTO (die Welthandelsorganisation).

Den direkten Ursprung, die Gründung der "Bretton Woods" - Organisationen fand 1944 im gleichnamigen kleinen amerikanischen Städtchen Bretton Woods statt. Es handelte sich um eine Währungs- und Finanzkonferenz der UNO, auf der von den teilnehmenden Staaten feste Wechselkurse untereinander und die Gründung der Weltbank und des IWF beschlossen wurden.

50 Jahre später, 1994, wurde die Welthandelsorganisation (WTO) gegründet, mit einer zugrunde liegenden Charta, ausgearbeitet von den größten weltweiten Konzernen der 145 Mitgliedsstaaten.

An dieser Stelle möchte ich den Kurzkommentar (Rückseite des Buches) zu dem Buch "Der entfesselte Welthandel, die Armut, der Krieg" von Michel Chossudovsky in leicht gekürzter Form vorlesen:

Zitat: "(...) Die weltweite Handelsfreiheit führt (...) zu Unsicherheit, Armut und Krieg. Die vom Westen beherrschten internationalen Großbanken verdienen an instabilen Finanzmärkten. Die internationalen Konzerne, unter dem Druck der von ihnen selbstverschuldeten Überproduktion, setzen auf die Ausweitung der Märkte in den Entwicklungs- und Transformationsländern - was nur geht, wenn sie deren produktive Basis zerstören. Diese Länder hängen immer mehr an der kurzen Leine von Weltbank, IWF und WTO, werden rekolonialisiert, also zu offenen ökonomischen Territorien ohne eigene Regelungskompetenz und ohne Vetomöglichkeit.

Die Allianz der Reichen forciert die Globalisierung der Armut, der Umweltzerstörung, der sozialen Apartheid, des Rassismus und der ethnischen Zwietracht. (...)

Ganze Volkswirtschaften brechen zusammen, ganze Zivilgesellschaften werden zerstört, Arbeitslosigkeit und Elend nehmen überhand." Zitat Ende

Diese Beeinflussung der Marktkräfte zugunsten der transnationalen Konzerne steht bei der Weltbank auf dem Tagesprogramm und wird ihren Schuldnern durch die geforderten Strukturanpassungsprogramme auferlegt.

Diese Reformprozesse zielen klar und deutlich auf die bedingungslose Öffnung der jeweiligen Märkte hin, welche eine flächendeckende Privatisierung, den "Ausverkauf", sämtlicher Industrie- und ebenfalls Dienstleitungssektoren darstellt.

Für die betroffenen Länder bedeutet dies u.a., die schrittweise Demontage des Sozialsystems, wenn nicht sogar der brachiale Zusammenbruch und Abbau aller regionalen oder nationalen Regelungskompetenzen.

An dieser Stelle noch ein kurzes Zitat, diesmal direkt aus dem o.g. Buch von M. Chossudovsky:

"Wer die WTO als legitime Organisation ansieht, plädiert praktisch dafür, die Menschenrechtserklärungen der UNO auf unbestimmte Zeit auszusetzen bzw. aufzuheben."

Aber auch ohne Mitgliedsstaat der WTO zu sein, ohne von der Weltbank finanziell abhängig zu sein, können Staaten Opfer der Global Player werden. Darstellen kann ich Ihnen dies an dem Beispiel des ehemaligen blockfreien Vielvölkerstaat Jugoslawien.

Das Jugoslawien der 60er 70er Jahre, stellte eine starke Industriemacht mit einem jährlichen Wachstum des Bruttoinlandproduktes von über 6%, einer freien Gesundheitsvorsorge und einer Alphabetisierungsrate von über 90% dar. Doch zufolge einer innerstaatlichen Manipulation und der darauf folgenden "Wirtschaftshilfe der Weltbank", den makroökonomischen Strukturanpassungsprogrammen, implodierte das System.

Doch war Jugoslawien Anfang der 80er Jahre zunächst nicht Schuldner bei der Weltbank und das gesellschaftliches Zusammenleben war durch eine stabile Wirtschaftslage gesichert. Erst im Verlauf der 80er Jahre entstand eine wirtschaftliche Instabilität initiiert durch ein oppositionelles, pro-westliches Finanzkartell in Kooperation mit ausländischen Akteuren, u.a. hat sich die Reagan - Administration maßgeblich daran beteiligt. Die Strukturanpassungsprogramme direkt von der Weltbank folgten erst in den darauf folgenden Jahren.

Belegt sind diese Initiativen in den 1984 niedergeschriebenen geheimen Direktiven des Nationalen Sicherheitsrates (NSDD 133) mit dem Titel "US-Politik gegenüber Jugoslawien". Bekannt geworden sind diese Direktive, welche ebenfalls für weitere Länder Osteuropas verfasst wurden, in den 90er Jahren. In ihnen heißt es u.a.: Es sollen "größere Anstrengungen" unternommen werden, "um eine ´stille Revolution` zum Sturz der kommunistischen Regierungen und Parteien zu fördern, um diese Länder in eine marktorientierte Wirtschaft einzugliedern." (Michel Chosudovsky, "Der entfesselte Welthandel (...)" S.283

Diese Entwicklungen gaben den ethnischen Auseinandersetzungen Vorschub und auch die frühzeitige Anerkennung der Teilrepubliken Kroatien und Slowenien durch die deutsche Initiative des damaligen Aussenministers Genschers waren markante Vorstufen der Kriege auf dem Balkan.

Diese Manipulation der Märkte, die "Stille Revolution" wie sie in den "Nationalen Sicherheits Direktiven der USA" genannt wurden, stellen Schritte zur Herstellung der "Neuen Weltordnung der Supermacht USA" dar. Die jüngsten Angriffskriege gegen Jugoslawien, Afghanistan und den Irak, aber auch innerstaatliche Konflikte, wie 1995/96 in Bosnien oder 1994 in Ruanda stellen die Fortsetzung oder die Folgen dieser Manipulationen dar.

Es wird von deutschen Regierungsvertretern und den Militärs auch klar und deutlich formuliert, warum Deutschland militärische Stärke bzw Souveranität anstrebt.

In den Verteidigungspolitischen Richtlinien der deutschen Bundeswehr von November 1992 hieß es schon:

"Deutsches Militär soll den ungehinderten Zugang zu Rohstoffen und Märkten in der Welt sichern." Aktuell heißt es aus deutschen Regierungskreisen, "dass deutsche Interessen auch am Hindukusch - also in Afghanistan - verteidigt werden."

In den Verteidigungspolitischen Richtlinien, welche in diesem Jahr in überarbeiteter Form veröffentlicht werden sollen, kommt die Aufgabenstellung der "Präventiven militärischen Sicherheitspolitik" hinzu.

Auch wenn die Vertreter der deutschen Bundesregierung sich mit Worten gegen den Krieg gegen den Irak eingesetzt haben, will sie sich jedoch zeitgleich die Möglichkeit schaffen, an den us-amerikanischen Feldzügen des 21. Jahrhunderts teil zu haben.

Ein konsequentes NEIN hätte den Abzug der Spürpanzer aus Kuweit sowie aller deutschen Soldaten aus der Golfregion, die Absage der Überflugsrechte und eine Nichtbeteiligung an den AWACKS-Einsätzen erfordert.

Wir erklären der vorherrschenden Kriegspolitik klare Absage.

Es geht den Energie-Giganten, den Vertretern der transnationalen Groß-Konzerne und den Polit - Marionetten nicht um Menschenrecht und Völkerrecht sondern um

MACHT und MÄRKTE.

NEIN zum Krieg - NEIN zur Vorherrschaft Transnationaler Kapitalkräfte

Eine andere Welt ist möglich - durch die Initiative von unten.

Auf geht`s - packen wir`s an - Erklären wir den Mächtigen unseren Widerstand !!

Danke für Eure Aufmerksamkeit.



E-Mail:   ansgar-s@muenster.de
Internet: http://www.muenster.org/attac
 zum Anfang

 vorheriger

 nächster
  
Artikel

       
Einige weitere Texte (per Zufallsauswahl) zum Thema
Ostermärsche
Ostermärsche
OM 2002 - Pressemitteilung Friedensratschlag
OM 2002 - PE Düsseldorfer Friedensforum
OM 2002 PM Bilanz der Aktionen
OM 2002 - H.Griebner, Hamburg, 01.04.02
OM 2002 - Rede Ludwig, Traunstein, 30.03.02

Bereich

 Netzwerk 

Die anderen Bereiche der Netzwerk-Website
         
 Themen   F-Forum  Termine  Jugo-Hilfe Aktuell