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15.04.2006


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Rede zum 22. Würzburger Ostermarsch am 15. April 2006

Nein zu Angriffen gegen den Iran -Kriegsursachen überwinden!

Michael Kraus (in Würzburg)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Rede zum 22. Würzburger Ostermarsch am 15. April 2006

Liebe Würzburgerinnen und Würzburger,
liebe Friedensaktive,

ich begrüße Sie und Euch auch im Namen der Globalisierungskritiker von Attac Würzburg ganz herzlich zum 22. Würzburger Ostermarsch.

1) Nein zum Krieg gegen Iran

Wir haben uns heute zum Ostermarsch versammelt aus einem einfachen Grund. Als Frie-densaktive sind wir uns einig: Krieg ist keine Lösung für politische Probleme! Diese einfache Weisheit können wir an den deutschen Kriegseinsätzen der letzten Jahre sehr gut studieren.

Der NATO-Angriffskrieg gegen Ex-Jugoslawien hat 1.000 bis 2.000 Menschen das Leben gekostet, fast so viele wie vorher im Bürgerkrieg zwischen der rechtsradikalen UCK und den brutalen serbischen Sicherheitskräften umkamen. Seit Kriegsende wurden unter den Augen der NATO rund 2.000 weitere Menschen kaltblütig ermordet. Ein Großteil gehörte Minderhei-ten an, die inzwischen fast vollständig von kosovoalbanischen Extremisten vertrieben wur-den. Das Kosovo ist heute in den Händen von Drogen-, Menschen- und Waffenhändlern. Al-so unter der Gewalt der schwerkriminellen UCK-Führer, die auch von der Rot-Grünen Bun-desregierung unterstützt wurden. Als "Belohnung" soll diese ethnisch gesäuberte Mafiarepu-blik demnächst in die Unabhängigkeit entlassen werden.

In Afghanistan kamen in den völkerrechtswidrigen Flächenbombardements der USA und ih-rer Verbündeten allein von Oktober bis Dezember 2001 rund 10.000 Zivilisten um. Zwar wur-de das von Washington lange Zeit unterstützte, menschenverachtende Taliban-Regime ge-stürzt, was an sich zu begrüßen ist. Doch weder wurden die USA des ehemaligen CIA-Agenten Bin Laden habhaft noch veränderte sich die Situation der Bevölkerung nachhaltig zum Besseren. Heute wird Afghanistan von Bandenkriegen erschüttert, die Frauen werden immer noch unterdrückt, die Wirtschaft liegt am Boden, nur der Drogenanbau floriert. Auf-grund der ausdrücklichen Genehmigung des US-Außenministeriums ist die islamische Sha-ria in Afghanistan wieder eingeführt worden.

Der US-amerikanische Überfall auf den Irak 2003, der mit vielfältiger logistischer und prakti-scher Hilfe der Rot-Grünen Bundesregierung erfolgte, tötete bis heute mehrere zehntausend Menschen. Eine empirische Fachstudie geht sogar von 100.000 bis 200.000 Kriegstoten aus, ein Großteil davon Zivilisten. Schon zuvor hatten USA und Großbritannien durch das un-menschliche Irak-Embargo den Tod von über 500.000 Kindern mitverursacht. Unabhängige Medien berichten, dass die Versorgungslage der Bevölkerung im Irak unter der heutigen Be-satzung sogar noch schlechter ist als unter dem totalitären Ba`ath-Regime. Das Land wird von Bürgerkrieg und Terror erschüttert, die Ressourcen werden zielstrebig von Wirtschafts-kriminellen im Umfeld der Bush-Regierung ausgeplündert.

Krieg war und ist keine Lösung für politische Probleme. Menschenrechte können nicht mit Krieg durchgesetzt werden, sie müssen in einer Gesellschaft selbst wachsen. Eine Ausnah-me gibt es: Bei drohendem Völkermord können die Vereinten Nationen einen militärischen Einsatz beschließen. Doch am Beispiel von Ruanda 1994 sehen wir die Realität des Völker-mords: Wenn ein Land wirtschaftlich und politisch uninteressant ist, schauen die Großmäch-te einem Genozid zu oder begünstigen ihn sogar. Die Vereinten Nationen wurden 1994 be-wusst gelähmt, belgische und französische Truppen leisteten den Hutu-Mördern indirekte Hilfestellung, so konnte der Massenmord beginnen.

2) Ist Ahmadinedschad ein "neuer Hitler"?

Aber plant nicht der iranische Präsident einen neuen Völkermord an den Juden? Sind des-halb nicht alle Maßnahmen bis hin zum Krieg auszuschöpfen, um sein Regime zu stoppen? In den vergangenen Jahren wurde auf dreiste Art immer wieder versucht, Angriffskriege mit deutscher Beteiligung unter Verweis auf die Nazi-Verbrechen zu rechtfertigen. 1991 wurde Saddam Hussein von Hans-Magnus Enzensberger kurzerhand zum Hitler-Wiedergänger er-klärt. Im Kosovo wollte Joseph Fischer 1999 ein neues Auschwitz entdeckt haben - eine neue Auschwitzlüge! - und Rudolf Scharping fabulierte von angeblichen serbischen KZs, die nicht existierten.

Nach dem zum "Balkan-Hitler" ausgerufenen Slobodan Milosevic wurde 2001 der afghani-sche "Islamofaschismus" entdeckt, um den mörderischen Krieg gegen die Taliban wenigs-tens notdürftig zu rechtfertigen. 2003 dann wurde erneut Saddam Hussein von der US-Regierung zum "Adolf des Jahres" geschminkt. Bei der Münchner NATO-Kriegskonferenz Anfang 2006 schließlich verglich die ehemalige FDJ-Sekretärin für Agitation und Propagan-da, Angela Merkel, Ahmadinedschad mit Hitler. Heute wissen wir, dass keiner der Vergleiche auch nur annähernd berechtigt war. Fischer, Scharping, Merkel und andere haben bewusst das Andenken an die Opfer des Nationalsozialismus missbraucht und in den Schmutz gezo-gen. Die Toten des Nazi-Regimes dienten den Fischers, Scharpings und Merkels nur zur Kriegsvorbereitung.

Daher sollten wir dieses Mal um so vorsichtiger sein. Politiker und Medien der sogenannten westlichen Welt werfen dem ultrakonservativen iranischen Staatspräsidenten Ahmadined-schad beinahe unisono vor, er hätte den Judenmord der Nazis geleugnet und gedroht, Israel von der Landkarte zu löschen. Diese Behauptung soll zur Rechtfertigung geplanter militärischer Angriffe, auch auf die Zivilbevölkerung dienen. Aber ist der iranische Präsident trotz seiner wirren Ausfälle wirklich ein "neuer Hitler", den man ohne Skrupel mitsamt vielen seiner Landsleute umbringen müsste, notfalls sogar mit Atombomben?

Anders gefragt: Sollen alle Iraner in Geiselhaft genommen werden für ihren Präsidenten, der nur von einem Drittel der Wahlberechtigten gewählt wurde? Und was hat der iranische Prä-sident tatsächlich gesagt? Ich zitiere die renommierte New York Times, die am 30. Oktober 2005 eine Übersetzung von Ahmadinedschads Äußerungen veröffentlichte: "Man sagt, eine Welt ohne USA und Zionismus sei nicht möglich. Aber Sie wissen, dass das ein mögliches Ziel und eine mögliche Losung ist. [...] Unser lieber Imam sagte, das Besatzungsregime müsse von der Karte gefegt werden. Und das war eine sehr weise Äußerung." Es handelt sich hier um einseitige politische Agitation. Aber noch einmal: Ist Ahmadinedschad ein "neu-er Hitler", der mitsamt der iranischen Bevölkerung getötet werden sollte?

In der Übersetzung des proisraelischen MEMRI vom 28. Oktober 2005 - MEMRI wurde von einem ehemaligen israelischen Geheimdienstoffizier gegründet - fehlt sogar der Hinweis auf die Landkarte, von der Israel angeblich gelöscht werden soll: "Der Imam sagte: Dieses Re-gime, das Jerusalem besetzt hält, muss von den Seiten der Geschichte entfernt werden." Ahmadinedschad möchte demnach nicht die Juden ermorden, sondern die israelische Be-satzung in den palästinensischen Autonomiegebieten beenden. Er erwähnt in dem Zusam-menhang das Schah-Regime und die Sowjetunion. Beide Systeme gingen unter, die Men-schen überlebten. Selbst US-Präsident George W. Bush spricht über Regimewechsel, wenn ihm eine Regierung nicht gefällt. Auch gegenüber dem Iran hat er dieses Wort gebraucht.

Doch hat Ahmadinedschad nicht zumindest den Judenmord der Nazis geleugnet? Der be-kannte US-Nachrichtensender CNN zitierte den iranischen Präsidenten am 15. Dezember 2005 folgendermaßen: "Wenn Ihr die Juden verbrannt habt, warum stellt Ihr dann nicht ein Stück von Europa, der USA, Kanadas oder Alaskas für Israel zur Verfügung? Unsere Frage ist: wenn ihr dieses gewaltige Verbrechen begangen habt, warum soll dann die unschuldige Nation von Palästina für dieses Verbrechen bezahlen?" Beim deutschen Nachrichtensender N24 wird Ahmadinedschad am 14. Dezember 2005 wiedergegeben mit den Worten: "Sie ha-ben im Namen des Holocaust einen Mythos geschaffen und schätzen diesen höher als Gott, die Religion und die Propheten".

Damit bezieht sich der iranische Präsident auf die Gleichgültigkeit gegenüber den dänischen Mohammed-Karikaturen, während Holocaust-Karikaturen und schon das Anzweifeln der offi-ziellen Opferzahlen strafrechtliche Folgen nach sich ziehen können. Der iranische Außenmi-nister Manuchehr Mottaki hat zudem laut einer Focus-Meldung vom 21. Februar 2006 einen Tag zuvor gegenüber Journalisten in Brüssel dementiert, dass sein Land den jüdischen Staat Israel "von der Landkarte tilgen" wolle. Ahmadinedschad sei falsch verstanden worden. "Mot-taki erkannte auch an, dass es den Holocaust gegeben hat, bei dem [...] sechs Millionen Ju-den ermordet worden waren", und ergänzte: "Warum sollen die Moslems einen Preis dafür bezahlen, dass dieses schreckliche Ereignis wiedergutgemacht wird?"

Das mag alles sehr schlimm klingen, aber soll man Ahmadinedschad deshalb einfach töten? Soll man insbesondere einen Krieg gegen den Iran führen, der vor allem die Zivilbevölkerung trifft und der mit militärischen Mitteln kaum zu gewinnen ist? Der oberste religiöse Führer I-rans, Khamenei, lehnt die Atombombe übrigens klar ab, sie sei "unislamisch". Wie Clemens Ronnefeldt vom Internationalen Versöhnungsbund unlängst in Würzburg berichtete, leben mehrere zehntausend Juden ohne größere Diskriminierungen im Iran. Und selbst wenn alle die Aussagen falsch sein sollten, würde der Iran es nicht wagen, Israel anzugreifen. Dies wä-re militärischer Selbstmord, das weiß die iranische Führung. In den vergangenen 250 Jahren hat der Iran kein anderes Land angegriffen. Zahlreiche Länder hingegen versuchten den Iran unter ihre Kontrolle zu bringen, darunter Russland, Großbritannien, USA und Irak. USA und Israel stießen zudem viele Angriffsdrohungen gegen den Iran aus.

3) Motive des drohenden Irankriegs

Worum geht es dann, wenn nicht um die Verhinderung eines drohenden Völkermords? Alt-meister Johann Wolfgang von Goethe kann uns vielleicht einen Hinweis geben: "Am Gelde hängt, zum Gelde drängt doch alles", schrieb er in seinem Meisterwerk "Faust".

a) Wichtigster Kriegsgrund dürfte die Kontrolle der lebenswichtigen Ressourcen Öl und Gas sein. Der Iran grenzt an den Persischen Golf und an Zentralasien, die beiden momentan wichtigsten Fördergebiete fossiler Rohstoffe. Japan bezieht 70, Europa 40, Deutschland 30, die USA hingegen nur 10 Prozent ihres Erdöls aus der Region. Auch China wird zunehmend aktiv, hat unlängst einen Vertrag über 100 Milliarden Euro mit dem Iran abgeschlossen. Wer die Regierungen im Nahen und Mittleren Osten kontrolliert, kann starken Einfluss auf die füh-renden Wirtschaftsmächte ausüben. Die arabischen Öldiktaturen am Golf werden zuneh-mend instabil, Irak und Iran sollen nach US-amerikanischem Kalkül Saudi-Arabien ersetzen. Ein hoher Ölpreis sorgt zudem für Rekordgewinne bei Bushs Freunden aus der Ölindustrie.

b) Zweitens: Wer die Ressourcen kontrolliert, bestimmt die Währung, in der das Öl abge-rechnet wird. Solange der Petrodollar dominiert, können die USA ihren verschwenderischen Way of Life fortsetzen. Sollten aber zunehmend Regierungen auf Euro umstellen, muss der US-Dollar abwerten. Langfristig könnte die Vorherrschaft des Dollar gebrochen werden. Da-mit aber wäre auch das Wirtschaftsmodell der USA in Gefahr. Von einer Export- sind die Vereinigten Staaten zu einer Importnation geworden, die auf den ständigen Zufluss von Ka-pital angewiesen ist. Saddam Hussein stellte die Ölfakturierung auf Euro um, drei Jahre spä-ter wurde er gestürzt. Nun plant die iranische Regierung eine Euro-Ölbörse - und wird prompt bedroht.

c) Drittens: Ein bedeutendes Ziel der US-Nahostpolitik stellt neben der Kontrolle der Öl- und Gasversorgung seit Jahrzehnten auch der militärische Schutz Israels dar. Die israelische Staatsführung hat keinen Zweifel daran gelassen, dass sie sich vom iranischen Atompro-gramm bedroht fühlt und gegebenenfalls militärisch zuschlagen wird. Das momentane US-amerikanische Säbelrasseln könnte daher auch darauf hindeuten, dass man Israel von einer überstürzten, einseitigen Attacke abhalten möchte. Eines ist klar: Solange Israel völker-rechtswidrig die palästinensischen Autonomiegebiete besetzt hält und als einziger Staat in Nahost Atomwaffen vorhält und mit deren Einsatz droht, wird es keinen Frieden geben. Die-se Fragen sind jedoch nur über Verhandlungen lösbar, nicht über einen Angriff auf den Iran.

d) Viertens: Der Iran hat eine enorme geopolitische Bedeutung. Das Land ist fast fünfmal so groß wie Deutschland, hat 70 Millionen Einwohner - davon die Hälfte unter 20 Jahre jung -, ist einer der größten Handelspartner Deutschlands in der Region, verfügt über eine alte Hochkultur, hat die einzige schiitische Regierung weltweit und nimmt eine zentrale geostra-tegische Position in Nahost ein: Im Süden zieht sich die iranische Küstenlinie den gesamten Persischen Golf entlang, im Norden stößt es an die zentralasiatischen Ressourcenstaaten sowie an Russland, im Westen liegen der wichtige NATO-Verbündete Türkei und der besetz-te Irak, im Osten grenzt es an die traditionelle Konfliktregion Pakistan/Indien/China. Nach-dem der Iran inzwischen von US-Verbündeten praktisch eingekreist ist, soll nun das Mullah-regime fallen und die zweite prowestliche Regierung nach dem Schah etabliert werden.

e) Fünftens: Die Großmächte im UN-Sicherheitsrat wollen ihr Atomwaffenmonopol erhalten. Auf keinen Fall sind sie bereit, Atomtechnologie mit Regierungen zu teilen, die ihnen nicht freundlich gesonnen sind. So erklärt sich der jüngst geschlossene, skandalöse Atomdeal zwischen den USA und Indien: Die indische Regierung soll als antichinesisches Bollwerk dienen, daher liefert Bush hier selbst das Atommaterial und verstößt damit eklatant gegen den Atomwaffensperrvertrag. Zugleich wird Iran mit einem Atombombenangriff bedroht, ob-wohl es laut eigener Erklärung die Atomkraft nur zivil nutzen möchte. Verrückte Welt!

f) Sechstens: Beide Präsidenten, Ahmadinedschad wie Bush, sind wegen ihrer extremisti-schen und wirtschaftlich erfolglosen Politik innenpolitisch angeschlagen. Beide versuchen ih-re Beliebtheit durch harte Positionen im Atomstreit zu steigern. Tatsache ist, dass der Iran noch Jahre von einer Atombombe entfernt ist, während die USA das Mullahregime militärisch nicht stürzen können. Weder das kommunistische China noch das fundamentalistische Pa-kistan werden als unmittelbare Bedrohung betrachtet, obwohl beide seit geraumer Zeit die Atombombe besitzen. Warum dann der Iran, der seit Jahrhunderten kein anderes Land über-fallen hat? Mündet das gegenseitige Säbelrasseln in einem erneuten Krieg, wird dies vermut-lich den ganzen Nahen Osten in Flammen setzen. Die menschenverachtende Machtpolitik Ahmadinedschads und Bushs müssen die einfachen Menschen ausbaden.

4) Unsere Position als Friedens- und Anti-Kriegs-Bewegung

Willy Brandt sagte einmal: "Der Frieden ist nicht alles, doch ohne den Frieden ist alles nichts." Schon lange überfällig ist eine Nahost-Friedenskonferenz unter Beteiligung der EU, Russlands und der USA, die sich der drängenden Probleme der Region annimmt: der Rüs-tungsfrage - insbesondere der Atomwaffenthematik -, der Besatzungspolitik in Isra-el/Palästina und im Irak sowie des heiklen Eisens Demokratie. Es ist klar, dass weder die is-raelische Besatzung der palästinensischen Autonomiegebiete noch die US-amerikanische Besatzung des Irak dauerhaft aufrecht erhalten werden können. Die Bundesregierung und die EU dürfen nicht länger aus kurzsichtigen Interessen Despotien unterstützen. Vor allem müssen die Waffentransfers in diese Konfliktregion eingestellt und durch Wirtschaftshilfe er-setzt werden. Mittelfristig brauchen wir eine atomwaffenfreie Zone Nahost, langfristig eine von der gefährlichen Atomenergie freie Welt.

Bei Jesus heißt es: "Ihr könnt nicht zwei Herren dienen: Gott und dem Mammon." Die Frie-densthematik ist eng verknüpft mit der Frage, wie wir wirtschaften. Solange wir am billigen Öl hängen wie der Junkie an der Nadel, sind Friedensappelle wohlfeil, bewirken aber praktisch nichts. Denn in der Realität werden wir dann auch weiterhin denen folgen, die uns das Schwarze Gold heranschaffen - egal, zu welchem militärischen Preis. Der Journalist Andre-as Zumach sagte neulich bei seinem Vortrag in Würzburg zurecht, eine Abkehr von der kapi-talistischen Markt- und Profitwirtschaft sei dringend erforderlich. Solange wenige Wirtschafts-lenker über Wohl und Wehe von Millionen entscheiden, leben wir nicht in einer Demokratie; und solange alleine der Aktienwert zählt, können wir keinen Frieden erreichen. Von oben her sind keine zukunftsweisenden Rezepte zu erwarten, folglich müssen wir echte Demokratie und Frieden von unten her erkämpfen.

Von Mahatma Gandhi stammt der Ausspruch: "Die Welt hat genug für jedes Menschen Be-dürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier." Unser ökonomisches Wachstumsmodell lässt sich nicht auf Dauer aufrechterhalten. Beides - ständiges Wirtschaftswachstum und die frei-marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung - treiben uns in den Untergang. Je knapper die Rohstoffe werden, desto wahrscheinlicher werden zunächst Konflikte und Kriege mit den Ressourcenstaaten. Doch bald schon könnten auch die Großmächte zu militärischen Mitteln gegeneinander greifen, um ihre Rohstoffe zu sichern. Ein Ausstieg aus der neokolonialen Ausbeutungsspirale ist demnach schon aus wohlverstandenem Eigeninteresse anzuraten. Anstatt auf vermeintlich billiges Öl zu setzen, ist eine Energiewende hin zur solaren Weltwirt-schaft notwendig. Visionäre wie Dr. Franz Alt, Dr. Hermann Scheer, oder lokal Dr. Jürgen Grahl vom Solarenergieförderverein weisen den Weg. Anstelle der weiteren Steigerung des materiellen Lebensstandards muss eine Anhebung der Lebensqualität ins Zentrum rücken.

5) Unser Beitrag zum Frieden

"Es gibt keinen Weg zum Frieden; der Frieden IST der Weg", meinte Gandhi. Seien wir ein Werkzeug des Friedens, nicht des Kriegs! Wir alle können ein wenig dazu beitragen, dass die Spirale der Gewalt sich nicht immer höher schraubt:



-Durchbrechen wir die auf Krieg orientierte Medieneinfalt! Lasst uns militante Artikel mit Le-serbriefen erwidern, friedensfeindliche Redaktionen und Journalisten anrufen, kriegskriti-sche Informationen im Bekannten- und Verwandtenkreis weitergeben.



-Protestieren wir bei Politikern gegen gewaltsame Scheinlösungen! Deutsche Rüstungsex-porte nach Nahost sind zu stoppen, die Rechte souveräner Staaten wie Iran zu respektie-ren. Zu diesen Rechten gehört auch das auf die friedliche Nutzung der Kernkraft, auch wenn wir selbst die Atomenergie ablehnen.



-Fordern wir von der Bundesregierung einen energischen Beitrag zur weltweiten Energie-wende ein! Die Technologie ist vorhanden, muss aber weiter gefördert und verbreitet wer-den. Für den Iran wäre ein Umstieg auf regenerative Energien weit sinnvoller als das kost-spielige und wirtschaftlich fragwürdige Atomprogramm weiterzuverfolgen.



-Steigen wir im Bereich unserer Möglichkeiten aus der Einbahnstraße der fossilen Energien aus! Gehen wir mit Energie sparsam um und greifen wir - wo immer möglich - auf erneu-erbare Energien zurück.



-Verzichten wir auf die Teilhabe an der Rendite- und Schnäppchenjagd! Es gibt viele Mög-lichkeiten für alternative Geldanlage, auch beim Einkaufen kann man auf das billigste An-gebot verzichten; Attac formuliert in seiner LIDL-Kampagne: "Geist ist geil", nicht der Geiz.



-Verbreiten wir die progressiven Konzepte der Menschenrechte und des Völkerrechts! Las-sen wir nicht zu, dass das eine gegen das andere ausgespielt wird.



-Setzen wir uns ein für echte Demokratie in der Politik, den gesellschaftlichen Institutionen, den Medien, den Betrieben! Nur von unten kann eine andere, bessere Welt wachsen. Bau-en wir gemeinsam eine Welt, die nicht auf den Prinzipien von Macht und Geld beruht, son-dern auf den Menschenrechten und echter Demokratie!




Michael Kraus, Sprecher für Attac Würzburg, Mitglied im Attac-Rat. Vita siehe hier

E-Mail: michael_kraus_75@gmx.de

Website: www.attac.de/wuerzburg/
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