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Ostermärsche und -aktionen 2006

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2006 in Frankfurt am 17. April

Ostermarsch 2006 gegen den Krieg

Behrouz Asadi (in Frankfurt)

- Sperrfrist: 17.04.06, 13 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -



Liebe Friedensliebende, Kriegsgegner und Atomkraftgegner,

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

nach dem Sturz der Monarchie unter Führung von Mohammed Resa Pahlavi hatten die Menschen im Iran gehofft, dass sich ihre politische, soziale und kulturelle Situation zu Gunsten einer Demokratie, freier Meinungsäußerung, Bewahrung der Menschenrechte entwickeln würde.

Am 12.02.2006, am Tag der 27jährigen Revolution, wurde das Volk wieder aufgeputscht und auf die Straße gebracht, unter dem Motto "Atomenergie ist das Recht des iranischen Volkes".

Die Zuspitzung des Atomkonfliktes, die Diskussion um die Vernichtung Israels, die Diskussion über den Holocaust bereitete einen Außenkonflikt, der letztendlich in der Praxis zur Ablenkung von innenpolitischen Problemen dient. Die populistischen und propagandistischen Reden des iranischen Ministerpräsidenten Mahmoud Ahmadinejad deuten darauf hin, dass sie bestimmte politische Interessen vertreten, die in erster Linie der Stabilisierung ihrer Macht und Interessen dienen sollen. Heute haben wir es mit einer Regierung zu tun, die nicht allein Religion als solche vertritt, sondern mit einer islamischen Republik Iran, die im engeren Sinne einen politischen Islam vertritt, der kaum etwas mit dem Glauben zu tun hat.

Es ist klar, dass auch andere Länder ihre eigenen Interessen beim Atomkonflikt verfolgen, und so die Situation verschärfen. Mann kann offen sagen, dass die USA, besonders in der Nahost-Region aufgrund verschiedenster Interessen, eine Politik für ihre eigenen hegemoniale Ziele führen. Daher sind die Ziele der USA nicht mit den Zielen der Weltgemeinschaft gleichzusetzen.

Zur Zeit begleitet die Weltgemeinschaft diesen Konflikt mit großer Sorge und hofft auf eine friedliche Lösung und keinen militärischen Einsatz. Der Atomkonflikt mit dem Iran ist mittlerweile zu einem politischen Konflikt geworden, den das Regime im Iran für seine eigenen Zwecke missbrauchen kann. Anstatt von diplomatischen Verhalten und Lösungen wird durch öffentliche Kundgebung der Entwicklung von 3,5% angereichertem Urans deutlich das die Intention des Irans eine Provozierung einer Eskalation ist.

Zur Zeit wird über verschieden Optionen, von Boykottmaßnahmen bis hin zu militärischen Optionen, diskutiert. Die Atmosphäre und das Klima, das jetzt geschaffen worden ist, wird von Seiten des iranischen Volkes mit Sorge verfolgt. Jeder Boykott bedeutet mehr Armut für das iranische Volk, mehr Unterdrückung und mehr Argumente für die Regierung, die schwierige Situation im Land zu erklären. Ein gutes Beispiel ist der Boykott des Iraks. Die Wirtschaftssanktionen von 1990-2003 haben mehr Armut, mehr Elend und den Tod von 500.000 Kindern zur Folge gehabt, aber das Regime ist an der Macht geblieben und wurde selbst kaum durch den Boykott berührt. Bei Wirtschaftssanktionen gegen den Iran wird es eine Vergleichbare Entwicklung geben, welche das iranische Regime nicht stören wird, sondern eher ihm in die Karten spielt.

Jegliche Option eines militärischen Einsatzes würde zu Toten, Verletzten, Zerstörung führen, was ebenfalls von den Despoten der Regierung für Stimmungsmache bei der Bevölkerung genutzt werden kann. Andererseits wird das Kapital des Landes wieder in die Finanzierung von Waffen gesteckt - wodurch sich die Waffenindustrie automatisch bereichert.

Die Manipulation von Informationen ist an der Tagesordnung des Regimes, was andere im Namen der Religion verkaufen, hat nichts mehr mit dem Tagesgeschäft der Lebensabläufe zu tun. Wegen scharfer Zensuren und keiner freien Meinungsäußerungen, wurde kaum über Atomenergie und deren schädlichen Folgen berichtet. So wurde z.B. über das Ausmaß der Katastrophe von Tschernobyl im aktuellen Zusammenhang nicht öffentlich diskutiert. Ich bin mir sicher, dass die iranische Bevölkerung Atomenergie ablehnen würde, wenn das Regime sie auch über die schädlichen Folgen informieren würde. Die wirtschaftliche Situation im Land befindet sich immer noch in einer Krise, die gesamte Wirtschaft ist abhängig von der Ölförderung und dem Verkauf. Zur Zeit kassiert der Staat die Einnahmen durch den Verkauf des Öls und Gases, aber investiert es nicht in eine nachhaltige Stärkung und Sicherung der anderen Wirtschaftssektoren, was dringend notwendig wäre.

Es gibt keine konkrete Planung für die Lösung der Probleme der Jugendlichen, wie z.B. Arbeitslosigkeit und Mange Ausbildungsstellen. Dies sind kleine Hinweise die zeigen, dass die islamische Republik Iran die Interessen bestimmter Glaubensrichtungen vertritt, nämlich die der Schiiten im Iran und ihrer Anhänger im Ausland, und nicht die Interessen des gesamten Landes. Die Unterdrückung von ethnischen und religiösen Minderheiten ist an der Tagesordnung des Systems.

Das iranische Volk hat einen verheerenden achtjährigen Krieg mit dem Irak erlebt. Folgen von diesem Krieg waren Millionen Tote, Invalide und Zerstörung der Infrastruktur. Das iranische Volk will keinen Konflikt, sondern sozialen Frieden, Demokratie und gesicherte Menschenrechte. Die Erwartungen an die Weltgemeinschaft ist, dass diese nicht durch Lippenbekenntnisse, sondern durch Taten die Belangen des iranischen Volkes unterstützen sollen. Dies geschieht bisher nicht, da Wirtschaftsverträge wichtiger zu sein scheinen als die Rechte der Menschen die unter dem Regime zu leiden haben. Iran hat eine der ältesten Geschichten, Kulturen und Traditionen, und ist daher nicht vergleichbar mit Nachbarländern wie Afghanistan oder Irak. Das nationale Interesse des Irans wird auf keinen Fall von dem derzeitigen Herrscher vertreten.

Die Zivile und Bürgerliche Gesellschaft wächst und wächst und versucht die politische und soziale Bewusstsein zu formieren. Die Proteste beginnen in sich Gestalt anzunehmen und die Forderungen für Gerechtigkeit und Freiheit werden immer offener. Trotz massiver Repressalien versuchen Studenten, Schriftsteller, Journalisten und Arbeiter ihre sozialen und politischen Forderungen zum Ausdruck zu bringen. Die Mittelschicht der Gesellschaft versucht sich in sozialen Bewegungen zu formieren. Diese Kreise brauchen Solidarität und Unterstützung. Es muss alles getan werden, damit die Rechte der Menschen im Iran erreicht werden und dieses totalitäre Regime merkt, dass die Menschen, die Mut und Zivilcourage haben, nicht alleine sind. Die Zukunft des Irans muss von den eigenen Leuten souverän und unabhängig von außen gesteuert werden. die Opposition im Ausland ist gesplittert. Der erste Schritt ist, dass die Menschen, Organisationen, Verbände und Gruppen, die sich für Demokratie, Menschenrechte und Freiheit einsetzen, sich gegenseitig annähern und als starke Opposition gegen das Regime operieren. Jegliches Einmischen von außen unter dem Deckmantel der Unterstützung der iranischen Opposition in finanzieller und moralischer Art ist falsch und nicht willkommen. Die Bush-Administration sowie das iranische Regime verfolgen eigene Interessen, die nur auf Konflikt, Spannung und Unruhe basieren. Eine unabhängige Opposition braucht Solidarität der Weltgemeinschaft, damit dieses totalitäre Regime durch Taten geächtet und die Menschenrechtsverletzungen nicht nur durch Lippenbekenntnisse verurteilt werden. Jegliche Art von finanzieller Unterstützung schadet der gesamten iranischen Opposition, die für den Willen und die Kraft des Volkes kämpft.

Es ist eine Illusion, mit dem derzeitigen Regime Demokratie, Freiheit und Menschenrechte zu erreichen. Dies ist nur möglich wenn das Regime gestürzt und ein säkulares System auf der Basis einer Demokratie eingeführt wird.



Behrouz Asadi ist Exiliraner und Friedensaktivist und lebt in Mainz. Vita siehe hier

E-Mail: Fbmainz@aol.com
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