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Ostermärsche und -aktionen 2006

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für unsere Ostermarsch-Aktion am 15.4.06 in Mannheim.

Liebe Friedensbewegte!

Otto Reger (in Mannheim)

Ich begrüße euch zur diesjährigen Ostermarschaktion des Friedensplenums ganz herzlich. Solidarische Grüße möchte ich dabei auch an die Teilnehmer des zentralen baden-württembergischen Ostermarschs in Ulm richten.

Wir haben unsere Aktion ganz bewusst in MA angesiedelt. Wir protestieren damit gegen die Präsenz der US Armee, die unsere Stadt für ihre unmoralischen und völkerrechtswidrigen Angriffskriege missbraucht. Wir wollen verdeutlichen, dass die Militärpräsenz den Interessen der Stadt und ihren Bewohnern nicht nützt, sondern schadet. Deshalb fordern wir die Auflösung der amerikanischen Kasernen und deren Konversion. D. h. eine an sozialen und ökologischen Interessen ausgerichtete zivile Nutzung der Militäreinrichtungen. Beispiele dafür sind die Umstellung der ehemaligen Ludwig-Frank-Kaserne am Ulmenweg sowie der ehemalige NATO-Bunker in Feudenheim.

Atomwaffen - Geisel der Menschheit

Seit ihrem Entstehen in den 1960er-Jahren haben sich die Ostermärsche - nicht nur - aber vor allem gegen die Atomwaffen gerichtet. Und genau um diese furchtbaren Waffen geht es auch heute im Zusammenhang mit dem Atomprogramm des Iran. Ich möchte hier klipp und klar und unmissverständlich deutlich machen, dass wir uns ganz entschieden gegen eine iranische Atombombe wenden. So wie wir uns überhaupt gegen alle Atomwaffen einsetzen, ganz egal in welchem Land diese entwickelt, gebaut oder gelagert werden. Mehr noch fordern wir deren unverzügliche Vernichtung, wie es auch im Atomwaffensperrvertrag vorgesehen ist.

Wir verurteilen ebenso die scharfmacherischen Töne der iranischen Führung und wenden uns insbesondere gegen die antiisraelische Hetze des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad. Auch dessen Leugnung des Holocausts weisen wir mit aller Entschiedenheit zurück. Wir wenden uns aber auch mit aller Entschlossenheit gegen eine militärische "Lösung" des Irankonflikts. "Lösung" sage ich hier mit Anführungsstrichen, denn der Einsatz so genannter intelligenter Waffen, die mehr denn je die Zivilbevölkerung umbringt, schafft allenfalls kurzfristig Ruhe - genauer gesagt eine Friedhofsruhe.

Das jüngste und blutigste Beispiel liefert dafür der immer noch fortgesetzte Irakkrieg. Am 24. Februar 2003 haben hier in Mannheim über 5000 Menschen gegen den Irakkrieg und gegen den Diktator Saddam Hussein demonstriert. Ich möchte einen der Redner der Kundgebung stellvertretend für die anderen zitierten. Günter Grill von Pax Christi sagte damals: "Ein Krieg wird den Terror nicht beseitigen, sondern vervielfachen." Mit diesem Beispiel wollte ich exemplarisch verdeutlichen, dass die Friedensbewegung mit ihren Warnungen und Befürchtungen leider Recht behalten hatte. Täglich werden im Irak weitere Militäreinsätze und Terroraktionen durchgeführt, die immer mehr Menschenleben kosten. Die Spannung im Nahen Osten hält an und die Menschenrechte werden weiter mit Füßen getreten.

Wie gesagt, eine iranische Atombombe ist durch nichts zu rechtfertigen und würde die Krisenregion noch unstabiler machen. Aber die Staaten, die im Irankonflikt agieren sind fast alle Atomwaffenstaaten und sind völlig unglaubwürdig. Statt ihre eigenen Atombomben zu vernichten, halten sie an diesen fest, wie der Alkoholiker an der Flasche. Mehr noch werden diese perversen Instrumente weiterentwickelt und mit deren Einsatz gedroht wie z. B. die französische Verteidigungsministerin auf der so genannten Sicherheitskonferenz in München. Menschenrechte und die Beseitigung angeblicher Massenvernichtungswaffen dienten als Vorwand für einen Krieg dessen eigentliches Ziel die militärische und politische Kontrolle des Mittleren Ostens und der Zugriff auf dessen Ressourcen war. Die Friedensbewegung pocht auf die Einhaltung des Gewaltverbot der UNO-Charta, die die Lösung von Konflikten -ganz egal wo - mit ausschließlich friedlichen Mitteln vorschreibt.

Krieg geht von Mannheim aus

Welche kriegswichtige Bedeutung unsere Stadt für die US Armee hat, machte der Mannheimer Morgen am 26. November 2004 deutlich:

Zitat: "Rund 15.000 Soldaten und Familienangehörige sowie über 1.000 Zivilbeschäftigte gehören zu der Militärgemeinde, die als Versorgungs-, Nachschub- und Kommunikationsdrehscheibe eine wichtige Rolle für die Übersee-Landstreitkräfte der Amerikaner spielt. Neben den Fernmeldern haben Transport- und Militärpolizei (MP)-Einheiten, Heeresflieger und wichtige Instandsetzungseinrichtungen ihren Standort in den US-Kasernen im Stadtgebiet. Ein großer Teil des Truppenaufmarsches gegen Saddam Hussein im Nahen Osten lief über Mannheim, Tausende von Fahrzeugen - Sattelschlepper, Trucks, Geländewagen und Panzer - die vom Balkan-Einsatz zurückbeordert und in Mannheim instandgesetzt und umgespritzt worden waren, wurden im Rheinau-Hafen via Antwerpen in den Persischen Golf verschifft." Zitatende.

Wie wir in unserer heute hier erstmals in der Öffentlichkeit vorgestellten Präsentation belegen, hat die US Armee viel Platz in Mannheim in Beschlag genommen. Mit ihren 8 Kasernen hat sich das Militär auf einer Fläche von 500 Hektar ausgebreitet. Um welche Ausmaße es sich dabei handelt, verdeutlicht ein Vergleich: Die Stadtteile Vogelstang und Schönau sind mit 316 Hektar bzw. rund 300 Hektar wesentlich kleiner als die Militärflächen. Stellvertretend für die 8 Kaserne nenne ich nur die drei größten und erinnere daran, dass die Naherholungsoase Luisenpark rund 40 Hektar einnimmt. Die Coleman-Kaserne erstreck sich auf 216 Hektar, die Spinelli-Kaserne auf 82 Hektar und die Taylor-Kaserne auf 46 Hektar.

Die Coleman Barracks nördlich der Autobahn A6 zwischen Scharhof und Blumenau ist die größte amerikanische Kaserne in Deutschland. Zur ihr gehört der US-Heeresflugplatz Coleman Army Airfield mit den hier stationierten Heeresflieger- und Transporteinheiten. Neben den UH 60 "Blackhawk"-Hubschraubern des 214. Heeresfliegerregiments sind hier auch die CH-47 Chinook-Drehflügler des 502. Transportbataillons stationiert. Der Flugbetrieb wird von dem rund 25 Meter hohen Tower überwacht. Ergänzt wird die Infrastruktur durch Lager- und Wartungseinrichtungen für den umfangreichen Fuhrpark und ein Tanklager.

Mehr der moralischen Aufrüstung dient der amerikanische Soldatensender AFN (American Forces Network), Er strahlt über Satelliten AFN-Radioprogramme und TV-Programme aus, die US-Einheiten in 56 Ländern erreichen. Auf dem Kasernengelände befindet sich auch das "Army Confinement Facility", das Militärgefängnis des US-Heeres. Neben Charles Graner und anderen im Folterskandal im irakischen Gefängnis Abu Ghoreib verurteilten Militärangehörigen werden hier auch Befehls- und Kriegsdienstverweigerer eingesperrt.

Die Spinelli-Kaserne beherbergt eine Transporteinheit und ist mit Unterkunfts- und Verwaltungseinrichtungen, Wartungseinrichtungen und umfangreichen Lagerhallen bebaut. Sie dienen der Lagerung und Erhaltung von Kampfausrüstungen. Die Kaserne blockiert den sog. Grünzug Nordost, das ist eine Frischluftschneise, die v. a. für die Durchlüftung der innenstadtnahen Stadteile von Bedeutung ist. Wie auch andere Kasernen weist die Spinelli-Kaserne Altlasten auf und stellt eine Entwicklungsbarriere für Käfertal-Süd und das Rott dar.

Wenn man auf der B 38 Richtung Viernheim und Weinheim fährt, erstreckt sich auf der rechten Seite die Taylor-Kaserne In ihr sind Fernmeldeeinheiten und Einheiten der Militärpolizei sowie das US-Militärgericht untergebracht.

Die Benjamin Franklin Village ist eine 88 Hektar große Wohnsiedlung der amerikanischen Streitkräfte mit rund 2000 Wohneinheiten. Sie liegt in Käfertal zwischen der B 38 und der Birkenauer Straße entlang der OEG-Straßenbahnlinie. Die BFV wird von der Funari-Kaserne und der Sullivan-Kaserne begrenzt.

Militär - wirtschaftliche und ökologisch Belastung

Der militärischen Flugbetrieb und Lkw-Verkehr in der Coleman-Kaserne bewirkt beträchtliche Belastungen für Mensch und Umwelt durch Lärm und Abgase in den dortigen Stadtteilen und den südhessischen Gemeinden. Dagegen hat sich die Bevölkerung immer wieder gewehrt und protestiert. Auf Wiederstand stieß insbesondere der lange Zeit beabsichtigte Ausbau der Start- und Landebahn in der Coleman-Kaserne von 900 auf 1200 Meter, den die US-Armee wegen anderweitiger Mittelverwendung seit 2005 nicht weiter verfolgt.

Die Militärpräsenz bringt wirtschaftliche Probleme. Statt der in den Kasernen vorhandenen Wohnungen mussten bzw. müssen andernorts neue Wohnungen gebaut werden. Der Aufwand für den Bau neuer Siedlungen wie z. B. Im Rott (Käfertal) wäre überflüssig gewesen, wenn man die Häuser in der Benjamin-Franklin-Village genutzt hätte. Die Regional- und Stadtentwicklung werden in ihren Planungen durch die Militäranlagen blockiert z. B. verhindert die Spinelli-Kaserne die Ausdehnung des Bürgerparks in Feudenheim oder die Coleman Barracks die Entwicklung des Mannheimer Nordens. Einige der Militäranlagen wären als Gewerbeflächen geeignet und hätten der Stadt entsprechenden neuen Erschließungsaufwand erspart. Die US-Angehörigen zahlen hier keine Steuern und geben nur einen geringen Teil ihres Einkommens in Mannheim aus.

Zusätzlich schädigt das Militär die Umwelt: Verschüttetes Benzin und abgelassenes Motoröl verseuchen den Boden und müssen als Altlasten teuer entsorgt werden. Hubschrauber und Lkws bewirken Fluglärm, Abgasbelastungen, Staubbildung und Geruchsbelästigungen. Kasernen in der Nähe der Wasserwerke Käfertal und Rheinau liegen in der Nähe der Wasserschutzzone und gefährden das Grundwasser. Militäranlagen blockieren Freiluftschneisen, zerschneiden Grünzüge und beeinträchtigen Natur und Mikroklima. Außerdem werden wertvolle Biotope durch das Militär bedroht. Dem Käfertaler Wald haben Militärübungen mit Panzern schwer zugesetzt.

Wir verstehen, dass die Zivilbeschäftigten sich um ihre Existenz sorgen, wenn das Militär abzieht. Daher müssen für sie akzeptable Lösungen gefunden werden. Aber das kann kein Grund sein, die Auflösung der Kaserne aufzuschieben. Auch gegen den Abzug der Bundeswehr wurden seinerzeit Bedenken laut. Doch die Beispiele der gelungenen zivilen Nutzung der Ludwig-Frank-Kaserne für studentisches Wohnen und Neubauten und des ehemaligen NATO-Bunkers in Feudenheim für einen Wohn- und Bürohausbau zeigen, dass Entmilitarisierung der Stadt nützt.

Daher fordern wir



Abzug der US Armee aus Mannheim und Auflösung der US-Kasernen (und nicht nur deren Verlegung an einen anderen Ort)



Übernahme der Altlastensanierung durch die US Armee



Zivile Nutzung der Militäranlagen (Konversion) unter Beachtung sozialer und ökologischer Ziele



Bereitstellung finanzieller Mittel von EU, Bund und Land für die Konversion


Mannheim ohne Militär - "Ma-o-Mil" lautet das Motto. Dafür wird sich das Friedensplenum auch in der nächsten Zeit intensiv einsetzten und bitten euch uns nach Kräften dabei zu unterstützen.

Wie eng die militärische und die sog. friedliche Nutzung der Kernenergie zusammenhängen hat der Irankonflikt einmal mehr deutlich gemacht. Das allein ist schon Grund genug, AKWs abzuschalten und durch regenerative Energien zu ersetzen. Der GAU von Tschernobyl zeigt zusätzlich die Gefährlichkeit der Atomenergie. Mannheim ist nur 22 km vom AKW Biblis und nur 30 km AKW Philipsburg entfernt und wäre bei einem GAU schwer betroffen. Grund genug für das Friedensplenum zusammen mit der Anti-Atom-Gruppe Mannheim eine Veranstaltung zu machen zum Thema "Was lehren uns die Toten - 20 Jahre nach dem GAU vom 26. April 1986?". Sie findet am 25. April um 19 Uhr in der CityKirche Konkordien statt.

Auf eine weitere Aktion in diesem Zusammenhang möchte ich nun zum Schluss hinweisen: Am 29. April findet in Biblis eine Demonstration zum dortigen AKW Biblis statt. Sie beginnt um 12 Uhr an der katholischen Kirchen in Biblis und steht unter dem bezeichnenden Motto: "Atom-Kraft-Waffen abschaffen!"

Ich danke für eure Aufmerksamkeit.



Otto Reger ist aktiv im Mannheimer Friedensplenum.

E-Mail: reger-otto@web.de
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