Ostermarsch
2008


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Ostermärsche und -aktionen 2008

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Redebeitrag fpür den Ostermarsch Oberberg 2008 am 24.3.2008 in Gummersbach

Liebe Freundinnen und Freunde,

Gerhard Jenders (in Gummersbach)

"Die Geographie sieht den Einsatz dieser Systeme nicht vor" - Ein merkwürdiger Satz, um eine Ostermarsch-Rede zu beginnen. Er ist auch nicht von mir. Geäußert hat ihn ein Brigadegeneral Jürgen Weigt, Kommandeur bei der Bundeswehr im ZDF-Heute-Journal vor einer Woche. Dort wurde nämlich über Bundeswehr-Manöver zur Vorbereitung von Kampfeinsätzen in Afghanistan berichtet, mit "Marder"-Schützenpanzern, die wild um sich schossen. Den ZDF-Journalisten war aufgefallen, dass die Dinger reichlich schwer sind und vielleicht in der Lüneburger Heide gut funktionieren, aber vielleicht in Afghanistan im Gebirge nicht gut zurecht kämen. Dies bestätigte dann auch der erwähnte Brigadegeneral Weigt mit der wunderschönen Aussage, es könnten sich in der Tat Probleme ergeben, (Zitat) "...weil schlicht und einfach die Geographie den Einsatz dieser Systeme (gemeint sind die 40 Tonnen schweren Panzer vom Typ >>Marder<<) nicht vorsieht".

Mal abgesehen davon, dass er vielleicht besser - und korrekter - von den "geographischen Gegebenheiten" gesprochen hätte: Was denkt der eigentlich, wer er ist?

Auch als Brigadegeneral ist er nur ein winziges Staubkorn auf unserer Erde, und wenn jemand weiß, was die Erde "vorsieht", dann bestimmt nicht er, sondern Menschen, die im Einklang mit der Natur und der Erde leben. Die könnten wahrscheinlich bestätigen, dass Säen und Ernten möglicherweise "vorgesehen" sind, aber es ist ganz bestimmt vorgesehen, die Erde mit Panzerketten zur zerwühlen, die Luft zu verpesten, um den Tod in die entlegensten Gegenden zu tragen. Kurz gesagt: "Herr General, Ihre ganze Truppe ist von der Erde nirgendwo vorgesehen!"

Solche Gedanken kommen natürlich im Denken der Militärs nicht vor, auch beim ZDF scheinen sie wohl eher nicht geläufig zu sein. Deshalb kam im Heute-Journal nach dem wunderschönen Spruch des Brigadegenerals der Generalinspekteur Kujat zu Wort, der von den "Folgen der jahrelangen Unterfinanzierung der Bundeswehr" sprach. Er kam nicht auf die Idee, lieber zu Hause zu bleiben, wenn man irgendwo nicht "vorgesehen" ist, sondern er will unser Geld: für weitere neue Waffensysteme, damit die Bundeswehr weiter im Ausland kämpfen kann, wo sie zwar von der "Geographie" nicht vorgesehen ist, aber von der "strategischen Bedeutung einer sicheren, nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Energieversorgung für die Zukunft Deutschlands und Europas", wie es im Weißbuch 2006 der Bundeswehr heißt. Ich glaube, wenn die Bundeswehr mit ihren Auslandseinsätzen nicht so viel Energie verschwenden würde, wäre unsere Energieversorgung schon ein wenig sicherer.

Nochmal speziell für die Brigadegeneralinspekteure: "Meine Herren! Es ist nicht vorgesehen, dass sich ein kleiner Teil der Welt die Ressourcen unter den Nagel reißt und die Beute dann mit Klauen und Zähnen beziehungsweise mit Tornados und Marder- Schützenpanzern verteidigt. Es ist nicht vorgesehen, dass Ideen wie Solidarität und Gemeinsinn zurückgedrängt werden zu Gunsten von Egoismus und Profitstreben. So kann die Welt nicht funktionieren!" Eine solche Politik, wie sie diese Typen vertreten, bietet keine Perspektive, die einzige Perspektive für die Welt kann nur der Frieden sein. Dass die militärische Perspektive nicht funktioniert, führen uns die USA und ihre Verbündeten seit 5 Jahren im Irak vor: Am 20. März 2003 haben sie den Irak angegriffen unter dem Vorwand, das Land habe Massenvernichtungswaffen und unterstütze den Terrorismus. Massenvernichtungswaffen wurden nicht gefunden, der Terrorismus im Irak und den Nachbarländern wurde erst provoziert, die Gesamtkosten werden auf 3 Billionen US-Dollar geschätzt, schätzungsweise 1 Million Menschen starben und sterben an Kriegshandlungen oder Kriegsfolgen. Folgerichtig bezeichnete der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Huber am Karfreitag den Irak-Feldzug als "teuerste Sackgasse aller Zeiten".

Aus dieser Sackgasse müssen wir raus und das geht nur, wenn wir die Richtung ändern.

Mit der neuen Perspektive Frieden werden dann auch Gedanken und Geld frei für die Dinge, die hier vor Ort anstehen: Statt der Aussicht auf einen Platz im Panzer braucht unsere Jugend die Aussicht auf Ausbildung und Arbeitsplätze. Hier im oberbergischen Kreis ist die Jugendarbeitslosigkeit besonders hoch: Bei der Arbeitslosigkeit allgemein steht das Oberbergische im Mittelfeld, laut Auskunft des statistischen Landesamts gibt es aber nur noch 5 Kreise von den 54 in NRW, in denen der Anteil Jugendlicher an den Arbeitslosen höher ist. Das sind 1120 einzelne Schicksale von jungen Menschen, die arbeiten wollen, deren Arbeitskraft von den so genannten Arbeitgebern aber nicht angenommen wird. Neben politischen Maßnahmen wie Ausbildungsabgaben könnte hier die öffentliche Hand auch selber Stellen und Ausbildungsprogramme anbieten, statt ständig von "Sparzwang" zu reden. Das Geld ist da - die Bundeswehr jammert doch sowieso über "Unter-finanzierung", da kann man da getrost ein paar Millionen für gute Zwecke abzweigen.

Die Möglichkeiten, bei uns etwas für Jugendliche ohne Perspektive zu tun, sind peinlich gering: Die Stadt Gummersbach hat nicht die Mittel, in den Brennpunkten Bernberg und Dieringhausen etwas für die Jugend zu tun - wegen der knappen Haushaltsmittel müsse man sich für einen Schwerpunkt entscheiden, heißt es. Man müsste nur statt eines einzigen Soldaten in Afghanistan hier bei uns einen Sozialarbeiter einstellen - so einfach ist das!

Die Liste der Beispiele, wie an unserer Jugend und damit an unserer Zukunft gespart wird, ließe sich noch lange fortsetzen: von Gemeinden, die sich den Unterhalt ihrer Schulgebäude nicht mehr leisten können über erschreckend hohe Kindergarten-Gebühren bis zu einer Schulpolitik, die zwar den Unterricht auf den Nachmittag ausdehnt, aber viel zu wenig Mittel für Ganztagsschulen zur Verfügung stellt, ja sogar die Neugründung von Ganztags-Gesamtschulen verhindern will.

Das In-die-Sackgasse-Rennen ist also nicht nur den USA im Irak vorbehalten. Auch unsere Politiker scheinen auf dem besten Weg in diese Richtung zu sein: Da ist die Außenpolitik, die angeblich unsere Interessen am Hindukush verteidigt, ohne dass wir darum gebeten haben, denn es geht nur um die Interessen einer wirtschaftlich starken Minderheit. Da ist die Wirtschaftspolitik, die selbstlos Konzerne fördert, die dann Arbeitsplätze im Interesse irgendwelcher Aktionäre wegrationalisieren. Da ist die Jugendund Bildungspolitik, die der Jugend Perspektiven wegnimmt statt Wege in eine sichere Zukunft zu ebnen. Da ist eine Umweltpolitik unserer selbst ernannten Klima-Kanzlerin Merkel, die immer noch Sonderrechte für große deutsche Autos fordert, obwohl wir alle wissen, dass diese Spritfresser angesichts des Klimas und der Ölreserven ein Anachronismus sind. Es wird höchste Zeit, dass wir unsere Politiker mehr oder weniger sanft bei der Hand nehmen und ihnen zeigen, dass der richtige Weg in die andere Richtung geht: Mit der Perspektive auf Frieden und soziale Gerechtigkeit! Und wenn sie nicht mitgehen wollen, gehen wir eben alleine - es heißt doch so schön: Wir sind das Volk!


E-Mail: gfj (Punkt) jenders (at) t-online (Punkt) de
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