Ostermärsche und -aktionen 2009

update:
09.04.2009


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Ostermärsche und -aktionen 2009

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2009 in Hamburg am 13. April

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Sieglinde Friess (in Hamburg)



- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 13. April, Redebeginn: ca 14 Uhr -



ich habe mir gedacht, ich fange heute mal ganz anders an und betrachte die Welt.

Was sehe ich?

Ich erlebe tote Kinder, die verwahrlost in den Wohnungen sterben.

Ich erlebe tote Kinder, die in Afrika an Hunger und Elend sterben.

Ich sehe alte Menschen auf der Welt, die mit oder ohne Rente zu wenig zum Leben haben und vor sich hinvegetieren.

Ich erlebe Frauen als Opfer von Krieg aber auch ohne Krieg, die geschlagen, missbraucht und vergewaltigt werden.

Ich sehe Erwerbslose, landlose Landarbeiter und viele andere ohne Arbeit oder mit prekären Jobs, die ihren Mut verloren haben und ums nackte Überleben kämpfen.

Ich erlebe Klimakatastrophen, die vielen Menschen ihre Existenz rauben - sei es durch Überschwemmung, Erdbeben oder Verwüstung.

Wir sehen Menschen, die sich und andere in die Luft jagen, Amok laufen, ihre Familien auslöschen.

Wir erleben eine Rechtsentwicklung, die Deutschsein zum Ideal erhebt und Menschen nach Rassen aussortiert.

Wir sehen Menschen, die in Kriegen sterben und unsäglichen Qualen ausgesetzt sind.



Liebe Kolleginnen und Kollegen,

hier könnten wir noch viel mehr aufzählen - ob in der BRD, in Europa oder der ganzen Welt.

Deutlich machen diese Bilder, dass es weltweit Elend, Not, Tod und Vernichtung gibt, die je nach Ausmaß mal 1 Tag oder mal 2 Tage in der Öffentlichkeit diskutiert werden und dann geht es wieder zur Tagesordnung über -

Scham gibt es dabei nicht!

Und gleichzeitig können wir andere Bilder sehen:

die der Reichen, der Schönen, der Manager, der Banker, der Vernichter und die der Politiker.

Was tun diese?

Sie alle verschärfen diese Situationen:

verschärfen Armut, verschärfen Klimakatastrophen und schaffen Kriege.

Und das alles mit einer Raffgier und einem Zynismus, der ohnegleichen ist.

Schauen wir uns das doch mal genauer an - es reichen schon die letzten Monate:

Banker und Manager beteiligen sich an Hedgefonds, an faulen Krediten - verprassen und unterschlagen Geld und anstatt bestraft zu werden, gibt es noch Dividenden und Boni.

Die Zumwinkels schaffen Geld ins Ausland um Steuern zu hinterziehen und bekommen dann noch Renten von 20 Mio

Die Mehdorns spionieren ihre Beschäftigten aus und verlangen Millionen wenn sie bereit sind zu gehen.

Waffen können produziert und in alle Krisengebiete geschickt werden - an allen Gesetzen vorbei. Wenn die Kapitalisten dann mal erwischt werden, dann wird es als "Kavaliersdelikt" geahndet.

Politiker geben Geld aus an die, die es vorher verspekulieren und sparen dann bei denen, die die Steuern zahlen.

Politiker sprechen zynisch davon, dass Menschen nur zu faul zum Arbeiten sind, sich besser waschen sollen und schaffen dann HARTZ IV, um sie in weitere Armut zu drängen.

Menschen wie Madonna können sich Kinder zur Adoption "kaufen", Männer kaufen sich Frauen und Mädchen für den Missbrauch, andere "kaufen" AusländerInnen als SklavInnen für die Hausarbeit.

Berlusconi kann bei Erdbeben sagen, dass das doch wie ein Campingurlaub sei und ein Politiker im Saarland kann sich dafür aussprechen, "Asylbewerber auszuweisen dahin wo sie um das Feuertanzen und wenn sie es nicht schon wären schwarz werden könnten."



Liebe Kolleginnen und Kollegen,

dies alles hat alles miteinander zu tun. D.h. wir leben in einer Welt, in der sich wenige an vielen bereichern - in der viele durch wenige ausgebeutet werden.

Und es wird auch deutlich:

Sozialabbau und Armut und Waffen und Krieg sind "die gleiche Seite der Medaille".

Dieses kann nur für uns den "Aufschrei" bedeuten!

Wir müssen uns gegen Elend und Krieg zur Wehr setzen und ich bewundere euch für euer Engagement in einer Welt, die sonst auf Kampf gegeneinander ausgerichtet ist.

Und wir können nur hoffen, dass sich uns viele anschließen und wir doch mal was bewegen können.

Und damit komme ich jetzt zu Obama.

Im Moment bin ich unentschlossen, wie ich ihn bewerten soll.

Ist er die Hoffnung und unser Verbündeter oder ist er nur "alter Wein in neuen Schläuchen"?

Ich freue mich, dass Obama Bush abgelöst hat.

Ich finde es hervorragend, dass Guantanamo aufgelöst wird.

Ich unterstütze seine Maßnahmen für mehr Geld für Kinder und Schulen.

Wir können uns darüber freuen dass Obama mit allen den Dialog sucht und wir müßten begeistert sein, dass er für Abschaffung der Atomwaffen eintritt.

Und dabei fange ich schon an nachzudenken:

Wenn alle auf Atomwaffen verzichten, ist die USA Spitze bei den herkömmlichen Waffen.

Warum geht Obama aus dem Irak raus und in Afganistan verstärkt hinein?

Warum lobt er die Militärs und warum ist ein Schwerpunkt seiner Frau "die Frauen der Soldaten"?

Ist Obama wirklich der Gut-Mensch oder ein nur besonders geschickter Politiker.

Eines schafft er auf jeden Fall:

Hoffnung für eine neue Welt zu bewirken.

Das läßt sich nicht so schnell zurückdrehen

und er schafft es Themen öffentlich zu machen, an die wir uns dranhängen können.

Mir würde es schon reichen, wenn wir damit mehr Spielraum für eine andere Politik gewinnen und Menschen mehr mobilisieren können.



Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ihr seht: trotz meiner vielleicht zugespitzt dargestellten "schwarzen Welt", sehe ich immer noch ein Licht im Tunnel.

Für das sollten wir gemeinsam eintreten und kämpfen.

Danke



Sieglinde Friess ist Ver.di-Fachbereichsleiterin in Hamburg. Vita siehe hier.

E-Mail: sieglinde (Punkt) friess (at) verdi (Punkt) de

Website: www.verdi-hamburg.de
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