Ostermärsche und -aktionen 2012

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06.04.2012


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Ostermärsche und -aktionen 2012

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch Ruhr 2012 in Essen am 8. April

Liebe Friedenfreundinnen und -freunde,

Joachim Schramm (in Essen)



- Sperrfrist: 8. April, Redebeginn: ca. 11 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -



Die WAZ berichtet in diesen Tagen über eine Studie aus den USA, bei der Forscher wieder einmal über die Überlebbarkeit eines Atomkrieges schwadroniert haben. Damit wird eine gefährliche Tendenz sichtbar, dass der Einsatz von Atomwaffen in den Planspielen der Militärs wieder eine stärkere Rolle spielt.

20.000 Atomwaffen existieren weltweit, davon sind 97% in den Händen Russlands und der USA. Die Sprengkraft dieser Waffen wird auf mindestens 7500 Megatonnen TNT-Sprengstoff angegeben, andere Berechnungen gehen sogar von 20.000 Megatonnen aus. Dies bedeutet, dass auf einen Menschen eine Tonne TNT entfallen. Wir haben also nach wie vor die Situation, dass ein Bruchteil der vorhandenen Atomwaffen ausreichen würde, um die Menschheit komplett auszulöschen. Daran ändert auch der neue Start-Vertrag nichts wesentliches, der 2010 von den USA und Russland unterzeichnet wurde. Hier wurden nur die zurzeit einsatzbereiten Atomsprengköpfe berücksichtigt. Dabei handelt es sich nur um 25% des gesamten Bestandes und nur diese sollen gerade mal um ein Viertel verringert werden.

In Europa wird ein Raketenabwehrschirm aufgebaut, die Kommandozentrale soll nach Ramstein in Rheinland-Pfalz kommen. Russland reagiert auf diese Vorhaben mit der Ankündigung neuer Atomwaffen. Dieser Schirm wird keinen Schutz bieten, er führt zu neuer Aufrüstung und damit zu mehr Kriegsgefahr. Wir sagen nein zu diesem Vorhaben.

Die Zustimmung zum Start-Vertrag hat sich der US-Senat mit der Genehmigung zur Modernisierung von anderen Atomwaffen abkaufen lassen. Das betrifft ganz konkret uns in Deutschland. Modernisiert werden sollen auch die in Büchel stationiert B-61 Atombomben. Diese Modernisierung würde dazu führen, dass eigentlich ganz neue Atombomben wieder nach Büchel zurückkämen, die variabel nutzbar seien sollen. Dass wiederum heißt, dass diese Atombomben auch mit kleinerer Sprengwirkung eingesetzt werden können. Und hier sagen Kritiker zu recht, dass das in den Augen der Militärs die Schwelle der Einsetzbarkeit senkt. Eine "kleine" Atombombe würde auch in einem kleineren Konflikt schnelle zur Anwendung kommen als eine große mit dramatischeren Auswirkungen. Diese Modernisierung erhöht also die Gefahr des Einsatzes von Atomwaffen. Dazu sagen wir: Hört auf mit dem Mist. Wir brauchen keine flexiblen Atomwaffen, wir brauchen gar keine Atomwaffen. Zieht die Bomben aus Büchel, aus Kleine Brogel in Belgien und aus Volkel in den Niederlanden ab und verschrottet sie. Wir wollen sie nicht!

Die Friedensbewegung hat in diesen Wochen die Kampagne atomwaffenfrei.jetzt gestartet. Diese Kampagne will bis zu den Bundestagswahlen Druck auf die Regierung und die Parteien machen, den Bundestagsbeschluss zum Abzug der Bomben aus Büchel endlich umzusetzen und sich nicht hinter der NATO zu verstecken. Außerdem setzt sich die Kampagne dafür ein, das Deutschland eine Nuklearwaffenkovention zum Verbot aller Atomwaffen unterstützt, wie sie bereits von 142 Staaten der Welt gefordert wird.

Die Bundesregierung hat sich zum Ausstieg aus der Atomenergie bekannt, die Termine für die Abschaltung der Kraftwerke stehen. Doch davon völlig unbeeindruckt wird im westfälischen Gronau Uran angereichert für den Betrieb von bis zu 35 Atomkraftwerken in aller Welt. Doch nicht nur für den Betrieb gefährlicher Atomkraftwerke dient das Uran aus Gronau. Bei der Anreicherung entsteht abgereichertes Uran als Abfall. Zigtausende Tonnen davon sind bisher in andere Länder exportiert worden, da es hier keine Endlagermöglichkeiten gibt. Doch auch in Russland und andern Ländern gibt es keine Lagermöglichkeiten für den strahlenden Müll. Aber eine Verwendungsmöglichkeit hat man gefunden. Mit abgereichertem Uran wird Uranmunition hergestellt. Munition, die beim Aufprall und der Explosion Nanopartikel aus strahlendem Staub freisetzt, der sich über die Landschaft legt und sie kontaminiert. Menschen atmen den Staub ein, der bis in die Körperzellen eindringt und Krebs und Genveränderungen hervorruft. Menschen sterben, missgestaltete Kinder werden geboren. Diese Munition ist von den USA und Großbritannien im Jugoslawienkrieg, im Irakkrieg und wahrscheinlich auch in Afghanistan und in Libyen eingesetzt worden. Die Militärs leugnen die gesundheitsschädliche Langzeitwirkung der Uranmunition. Doch Italien hat 2009 den Zusammenhang bei bestimmten Erkrankungen anerkannt und Entschädigung gezahlt - an seine Soldaten die in Kriegseinsätzen von dem strahlenden Staub erfasst wurden. Wo genau das Uran aus Gronau verwendet wird, ist nicht im Einzelnen bekannt. Doch Exporte gingen an Frankreich, an Großbritannien, an Schweden und Russland. Alle genannten Länder besitzen Uranmunition.

Das muss ein Ende haben! Am Jahrestag der Katastrophe von Fukushima haben 4000 Menschen in Gronau gegen die Urananreicherungsanlage von Urenco protestiert und von der NRW-Landesregierung die Aufhebung der Betriebserlaubnis für die Anlage gefordert. Die Atomkraftgegner verweisen auf die zahlreichen Störfälle, darauf, dass das Uran unter freien Himmel gelagert wird und Wind und Wetter ausgesetzt sei sowie auf den fehlenden Schutz gegen Flugzeugabstürze. All das reiche aus, um die Betriebsgenehmigung zu entziehen. Also, lasst uns im Wahlkampf die Kandidaten der Parteien fragen: werdet Ihr Euch im neuen Landtag für eine Schließung von Urenco in Gronau einsetzen und so ein Zeichen setzen gegen den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken und gegen die Produktion von Uranmunition?

Wir werden in den nächsten Monaten für diese Ziele hier in NRW aktiv werden. Wenige Tage vor der NATO-Tagung in Chicago, bei der auch über die neue Atomwaffenstrategie beraten wird, veranstalten wir hier in Essen die Tagung Friedenskultur.2012- Unsere Zukunft atomwaffenfrei. Am 12. Mai diskutieren hier in der VHS Politiker, Friedenforscher und Experten der Friedensbewegung über die Entwicklungen im Bereich der atomaren Bedrohung, über die Situation im Nahen Osten, über die Auswirkungen des Afghanistankrieges auf den schwelenden Konflikt zwischen den Atomstaaten Indien und Pakistan. Und wir wollen Perspektiven der Anti-Atomwaffenbewegung vorstellen. Vor zwei Jahren war Friedenskultur2010 eine tolle Sache und auch in diesem Jahr wird es wieder eine spannende Veranstaltung werden. Flyer dazu gibt es hier beim Stand es EFF, Infos auch unter
http://www.friedenskultur2012.de

Und weil hier ja heute so viele friedensbewegte Radfahrer versammelt sind noch der Hinweis auf die internationale Fahrradaktion der Kampagne atomwaffenfrei jetzt. Ab dem Freitag vor Pfingsten verbindet eine Fahrraddemo die drei Atomwaffenstandorte in unserer Nachbarschaft, radeln Friedensaktivisten von Büchel nach Volkel, Kleine Brogel und dann zum NATO-Hauptquartier in Brüssel. Ab Pfingstmontag führt die Tour durch den Westen von NRW und es werden noch Radler gesucht, die mal einen Tag oder auch mehr mitfahren. Flyer dazu gibt es auch hier auf dem Platz, Infos bei der DFG-VK NRW.

Fukushima ist ein Jahr vorbei, die Folgen aber immer noch nicht wirklich absehbar. Die Folgen der Atomwaffen kennen wir, haben sie in Hiroshima und Nagasaki sehen könne. Fukushima hat zumindest in Deutschland zu einem Umdenken geführt. Wir können uns kein zweites Hiroshima leisten, damit Politiker auf die Warnungen der Experten und der Friedensbewegung hören. Bei den Atomkraftwerken mussten in Fukushima Menschen lebensbedrohend verstrahlt und ganze Landstriche unbewohnbar werden, bevor ein Umdenken stattgefunden hat. Bei den Atomwaffen wäre ein solches abschreckendes Beispiel fatal. Auch die Atomwaffen gehören abgeschafft und zwar nicht in ferner Zukunft sondern jetzt! Fangen wir damit bei uns an, schaffen wir die Atombomben in Büchel ab, zeigen wir, dass wir ein souveränder Staat sind, worauf unsere Regierung doch sonst so viel Wert legt! Lasst uns mit unseren belgischen und niederländischen Freunden gemeinsam dafür sorgen, dass auch gegen die Atomwaffen in unserer Nachbarschaft wieder mehr Menschen aktiv werden, diese Bedrohung für uns und unsere Kinder nicht weiter hingenommen wird.

Beeindruckt hat mich im letzten Jahr die Worte des Japaners Hideto Sotobayashi, heute 82, erlebte als 16-Jähriger den Atombombenabwurf auf Hiroshima. Er sagte nach dem Tsunami und der Fukushima Katastrophe folgendes:

"Eine zehn Meter hohe Welle, das ist Schicksal. Man muss sich damit abfinden und alles wieder aufbauen. Aber Hiroshima und Fukushima sind keine Naturkatastrophen. Daran ist der Mensch schuld."

Lasst uns in diesem Sinne gemeinsam die von Menschenhand in die Welt gesetzten Bedrohungen aus der Welt schaffen. Sicherheit gibt es nur ohne AKWs und ohne Atomwaffen. Schluss mit Uranabbau, Uranmunition, Atombomben und Atomkraftwerken!



Joachim Schramm ist Geschäftsführer der DFG-VK NRW.

E-Mail: dfg-vk (Punkt) nrw (at) t-online (Punkt) de

Website: www.dfg-vk.de/nrw
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