Bush-Besuch im Mai 2002


vom:
19.05.2002


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Bush-Besuch im Mai 2002

 Echo / Presse

Pressesplitter im Vorfeld der Bush-Demo, 17.05.02

verschiedene Zeitungen und Agenturen

SZ Die weißen Tauben sind müde

Berliner Zeitung Anti-Bush-Demos: Veranstalter wollen friedliche Proteste

ddp PDS-Parteispitze verteidigt Fehlen ihrer Berliner Senatoren bei Demo

DLF Interview Petra Pau

Infosradio Bush-Besuch in Berlin nur kurz





Quelle: Süddeutsche Zeitung, 17.05.2002

Die weißen Tauben sind müde

Bush kommt, die Basis marschiert und die Senatoren bleiben zu Hause: Wie der US-Präsident die PDS regierungsfähig macht

Von Dorit Kowitz

George W. Bush kommt am 22. Mai nach Berlin, und die PDS hat vor, ihm schon am Vorabend Hello zu sagen, auf ihre eigene Art. Wie andere Parteien und Organisationen auch, hat sie zu einer Demonstration aufgerufen, angeblich nicht gegen Bush, den US-Präsidenten persönlich, sondern gegen seine Kriegspolitik und für Frieden. Der PDS-Aufruf im Internet bietet da aber Spielraum für Interpretationen. Bush wird persönlich angesprochen, genüsslich die Worte seines US-Verteidigungsministers Donald Rumsfeld zitierend. (Rumsfeld hatte zur Frage, ob die USA Atomwaffen einsetzen würden, gesagt, dass "all diese Leute in all diesen kleinen Ländern mit ihren kleinen Hauptstädten", darauf vertrauten, dass die USA Sicherheit garantierten.)"Welcome, Mr President", steht nun bei den Sozialisten, "willkommen in einem dieser kleinen Länder mit ihren kleinen Hauptstädten."

Mit ihrer gar nicht kleinen PDS und deren großen Bauchschmerzen. Das steht dort nicht, ist aber so.

Denn im Streit über ihren Verhaltenskodex bei der Bush-Visite drohen die Sozialisten, ihren zurechtgebastelten Nimbus, Friedenspartei zu sein, selbst zu zerstören. Schuld daran ist nicht das Kapital, sondern die Macht. An der hat die PDS im Land Berlin bekanntlich teil seit einigen Monaten. Und seitdem ist es so eine Sache mit den Überzeugungen, denn: Darf ein Berliner Senator gegen einen amerikanischen Präsidenten demonstrieren? Oder ist das daneben, in der einst geteilten Stadt, deren Westteil ohne die Amerikaner nicht überlebt hätte?

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat sich seine Meinung gebildet. Keiner seiner Senatoren, also auch nicht die von der PDS gestellten Gysi (Wirtschaft), Knake-Werner (Soziales) und Flierl (Kultur), solle sich auf der Demo blicken lassen. Das verlangte er vergangene Woche, nachdem er selbst zu spät und schweren Herzens eigene Pläne, während der Bush- Visite nach Australien zu reisen, abgesagt hatte. Sich seinem Willen zu fügen, hätten die Drei ihm auch zugesagt, tat Wowereit kund. Doch während Kultursenator Thomas Flierl bekannte, "ich kenne den Unterschied zwischen Regierung und Partei", blieb Heidi Knake-Werner wankelmütig. Bis gestern druckste sie herum, ob sie nicht doch an der Demonstration teilnehmen werde. Am Nachmittag sagte sie endgültig ab, nicht ohne im Berliner Abgeordnetenhaus zerknirscht ihre Seelenpein zu offenbaren. Die einen, klagte sie, wollten den Nachweis erbringen, dass die Koalition in der Krise sei. Die anderen warteten darauf, dass die PDS von ihrer "konsequenten Friedenspolitik" abweiche. "Ich stehe weder für den einen noch den anderen Nachweis zur Verfügung."

Applaus kam nur von der PDS, in den SPD-Reihen rührte sich keine Hand. Offenbar hatte Knake-Werner übersehen, dass Rot und Rot tatsächlich eine erste Klimakatastrophe gedroht hat. Der PDS-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Harald Wolf, war da weitsichtiger; er hatte seine Truppe schon gewarnt, die Sache könne aus der Kontrolle geraten. Klaus Wowereit hatte gestern in der Fragestunde des Berliner Abgeordnetenhauses Mühe, den Streit um die Demonstration als "parteipolitische Auseinandersetzung" abzutun, "die mit der Politik des Berliner Senats nichts zu tun hat".

Das sieht nicht nur die lokale Opposition, das sehen viele PDS- Genossen anders, bundesweit. Im parteinahen Blatt Neues Deutschland füllt die Empörung um die erzwungene Nichtteilnahme der linken Senatoren die Leserbriefseiten. "Wie weit kann man sich noch selbst verleugnen?" fragen da sächsische Landtagsabgeordnete. Die PDS-Bundestagsabgeordnete Angela Marquardt sieht schon das Selbstbewusstsein ihrer Partei und nicht zuletzt die Argumente für den Wahlkampf schwinden. "Opportunistisch und peinlich", nannte sie das Verhalten der Senatoren und spielte auf Ausreden wie die Gregor Gysis an: Der wollte seine Teilnahme an der Demonstration nicht etwa aus staatsmännischer Zurückhaltung abgesagt haben, sondern "wegen dringender Termine".

Der Berliner PDS-Chef Stefan Liebich, 29, gestand schon eine gewisse "Naivität der ersten Regierungsbeteiligung" ein. Ein Schlachtplan habe seiner Partei gefehlt. Es nun sehe so aus, sagte er der taz, "als stünde im Koalitionsvertrag mit der SPD: Die PDS enthält sich politischer Meinungsäußerungen".

Wie schreibt die PDS auf ihrer Homepage? "Please, listen, Mr President, was wir zu sagen haben: Sie bringen keine Sicherheit. Die Welt teilt sich nicht in Gut und Böse." Dafür teilt Bushs Besuch die PDS in Freund und Feind, in regierungswillige Angepasste und ewige Oppositionelle. Und manche versuchen noch, beides in sich zu vereinen. Denn eines konnte sich Heidi Knake-Werner gestern nicht verkneifen: sich am Ende ihrer Rede zu wünschen, dass "viele, sehr viele Menschen" dem Aufruf zu demonstrieren, folgen mögen.



Quelle: Berliner Zeitung, Lokales, 17.5.2002

Anti-Bush-Demos: Veranstalter wollen friedliche Proteste

Berlin - Alles bleibt friedlich! Das ist die Botschaft des Anti-Bush-Bündnisses "Achse des Friedens."

Mehrere zehntausend Menschen aus ganz Deutschland werden nach Berlin kommen, um gegen den Besuch des amerikanischen Präsidenten zu protestieren. Die wichtigste Demonstration wird bereits am 21. Mai stattfinden, also ein Tag bevor Bush in der Hauptstadt landet.

Ab 14 Uhr ziehen die Bush-Gegner von der Neuen Wache Unter den Linden entlang zum Alexanderplatz. Dort werden Redner, wie der israelische Friedensaktivist Uri Avnery, Vertreter der Gewerkschaften und Musiker wie Konstantin Wecker dem Protest ihre Stimme leihen.

Rainer Braun, Sprecher des Bündnisses dessen Ziele zusammen: "Die Politik der USA ist nur auf amerikanische Interessen ausgerichtet und verhindert eine weltweite Friedens- und Umweltpolitik."

Ausschreitungen, wie am 1. Mai oder bei den den Anti-Globalisierungs-Demos in Genua vor einem Jahr soll es nicht geben. "Jeder, der Genua beschwören will, tut der Berliner Polizei Unrecht. Es werden keine Scheiben zu Bruch gehen. Niemand muss seine Fenster mit Brettern zuhämmern", sagt Braun. Außerdem habe man ein Vielzahl erfahrener Ordner. pah



Quelle: ddp, 17.05 - 07.43 Uhr

Parteien/PDS/Bush-Besuch/Pau/Claus/

PDS-Parteispitze verteidigt Fehlen ihrer Berliner Senatoren bei Demo

Köln (ddp). Die Parteispitzen der PDS zeigen Verständnis für das geplante Fehlen der drei Berliner PDS-Senatoren an der für Dienstag geplanten Friedensdemonstration in der Hauptstadt. Die drei PDS-Senatoren wollten vermutlich vermeiden, gegeneinander ausgespielt zu werden, sagte die stellvertretende PDS-Bundesvorsitzende Petra Pau am Freitag im Deutschlandfunk. Der PDS-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Roland Claus, beklagte im ZDF-"Morgenmagazin", den Senatoren der PDS sei "quasi das Selbstbestimmungsrecht entzogen worden".

Claus verteidigte den Kurs seiner Partei, die Demonstration anlässlich des Besuchs von US-Präsident George W. Bush in Berlin zu unterstützen, obwohl die PDS in der Stadt mitregiert. "Es ist nicht einfach, aber es muss möglich sein", sagte Claus. Die Haltung der PDS, auf Friedenspolitik und zivile statt militärische Lösungen zu setzen, sei den Wählern auch in Berlin bekannt. Der Fraktionsvorsitzende betonte, er werde "selbstverständlich" zu der Demonstration gehen. Die Gefahr möglicher Ausschreitungen halte ihn davon nicht ab, da man sich sonst eines Grundrechts berauben lassen würde.

Pau sieht eine hohe Beteiligung an der Demonstration als besten Schutz vor Ausschreitungen. "Umso mehr Menschen da sind, umso weniger habe ich da Sorge". (ddp/mbr/maa)



Quelle: Deutschlandfunk - INFORMATIONEN AM MORGEN - 17.05.02, 06.51 Uhr

MdB/PDS Petra Pau, Vorsitzende des PDS-Landesverbandes Berlin, zur Haltung der PDS zum bevorstehenden Berlin-Besuch von US-Präsident Bush

Frage (Stefan Heinlein): Die PDS als einzig wahre Friedenspartei. Mit diesem Image ging ihr Spitzenkandidat Gysi erfolgreich auf Stimmenfang. Nun sitzt er als Wirtschaftssenator im rot-roten Senat. Ein Regierungsamt mit vielen Aufgaben und noch viel mehr Terminen. Ein enger Kalender, der seine Teilnahme an der Anti-Bush-Demonstration Mitte kommender Woche verhindert... Ohne ihre Berliner Senatoren muss die PDS-Bundesprominenz gegen den Besuch des US-Präsidenten trommeln. Ein Schritt, der von der Parteibasis als peinlich kritisiert wird... Welche Termine hat denn Gysi am 21. Mai?

Antwort: Wie komme ich dazu, den Terminkalender des Wirtschaftssenators zu ordnen... Ich finde nicht, dass der Erfolg einer Friedensdemonstration davon abhängt, ob drei Senatoren daran teilnehmen, sondern der hängt davon ab, dass möglichst viele Menschen aus der Bundesrepublik hierher anreisen... Wir demonstrieren nicht gegen den Besuch von Bush, sondern wir demonstrieren für den Frieden und damit allerdings dagegen, dass sowohl in den USA als auch inzwischen in der Bundesrepublik Krieg als legitimes Mittel von Politik angesehen wird.

Frage: Wäre Ihnen lieber gewesen, wenn Gysi Zeit gehabt hätte. für den Frieden zu demonstrieren?

Antwort: ... Mir wäre es lieber gewesen, es hätte zwei Sachen gegeben, eine machtvolle Friedensdemonstration und die Möglichkeit, dass der Bürgermeister von Berlin, Gysi, Bush einerseits willkommen heißt in der Hauptstadt, aber ihm andererseits natürlich auch sagt, was in der Koalitionsvereinbarung von Berlin steht, dass Berlin eine friedliebende Stadt ist und die Lehren aus der Geschichte gezogen hat. ...

Frage: Ihre Parteikollegin Angela Marquardt nennt das Verhalten der PDS-Senatoren ... opportunistisch und peinlich. Was sagen Sie zu dieser Kritik?

Antwort: Wenn Frau Marquardt das so empfindet, muss sie das sagen. Aber ich finde es misslich, dass auch durch das Agieren von PDS-Mitgliedern inzwischen eine Situation entstanden ist, dass alle drei Senatoren sich entschlossen haben, nicht daran teilzunehmen, damit sie nicht gegeneinander ausgespielt werden können... Dann beobachte ich mit einigem Erstaunen, was sich in den Medien zu diesem Thema abspielt. Vor zwei Wochen noch wollten die Medien der PDS-Führung genauso wie den Senatoren das Demonstrieren verbieten. Jetzt lese ich jeden Tag Aufforderungen in den Zeitungen, dass Gregor Gysi, Heidi Knake-Werner und Thomas Flierl demonstrieren sollen...

Frage: Hört denn beim Mitregieren der Pazifismus und die Opposition gegen amerikanische Außenpolitik auf?

Antwort: Die Opposition gegen diese Art von Außenpolitik hört überhaupt nicht auf. Ich habe überhaupt keinen Zweifel an der Positionierung von Gysi und den beiden anderen Senatoren. Allerdings Pazifismus, da unterliegen Sie einem Irrtum, ist nicht das Programm der PDS. In der PDS haben Pazifisten genauso Platz wie Menschen, die sich nicht als solche verstehen. ...

Frage: Wie groß war der Druck von Wowereit auf seine Senatoren, nicht an dieser Demonstration in Berlin teilzunehmen?

Antwort: Ich sitze nicht mit am Senatstisch, aber ich traf diese Woche auf Wowereit. Ich habe nicht Druck verspürt, sondern zum Beispiel einen sehr sachlichen Austausch dazu, wie die Situation in der Stadt in der nächsten Woche sein wird... Im Senat herrschen zur Teilnahme an dieser Demonstration und natürlich auch zum Inhalt dieser Demonstration unterschiedliche Auffassungen.

Frage: Beschädigt denn das Demo-Schwänzen von Gysi Ihr Image als friedliche Regierungspartei?

Antwort: ... Die Abwesenheit beschädigt nicht unser Image, allerdings das Drumherum... Da haben auch einige Mitglieder der PDS eine Verantwortung für einen solchen Schaden, wenn er denn eintritt. Wenn der Erfolg einer solchen Demonstration davon abhängig ist, dass drei Senatoren (daran) teilnehmen, dann hätten wir tatsächlich als Friedenspartei versagt.

Frage: Macht Ihnen das Sorge mit Blick auf die Bundestagswahlen, denn dieser Eiertanz könnte durchaus Stimmen im pazifistischen Lager kosten?

Antwort: ... Diejenigen, die sich auf die PDS als Friedenspartei beziehen, wissen, dass wir das immer mit der Suche nach Konzepten verbinden und damit verbinden, dass wir in dieser Gesellschaft wirken wollen. Dazu gehört, dass jeder an seiner Stelle entweder opponiert oder auch regiert... Wir müssen bei einigen Leuten ein paar Irritationen ausräumen...

Frage: Macht das Verhalten Ihrer Berliner Senatoren es Ihrer Partei künftig schwerer mit den Finger auf die Grünen zu zeigen, die angeblich ihre Friedenswurzeln gekappt haben?

Antwort: Sie haben Ihre Friedenswurzeln gekappt... Selbst im grünen Parteiprogramm wurde inzwischen per Beschluss Krieg als Mittel von Politik abgesegnet. Das gibt es bei der PDS nicht. Dazu stehen auch Gregor Gysi, Heidi Knake-Werner und Thomas Flierl. ...

Frage: Wie groß ist denn Ihre Sorge, dass es auf dieser Demonstration am Dienstagabend, am Vorabend des Bush-Besuchs zu gewalttätigen Ausschreitungen kommen könnte?

Antwort: Je mehr Menschen da sind, umso weniger habe ich da Sorge, dass irgendjemand anreist und andere Ziele auf dieser Demonstration verfolgt als friedlich, aber auch massenhaft deutlich zu machen, Krieg ist kein Mittel von Politik.

Frage: Was werden Sie denn unternehmen, um Gewalt auf dieser Demonstration zu verhindern?

Antwort: Schlicht anwesend sein und möglichst viele mitbringen, die friedlich zum Alexanderplatz ziehen...

Transkription: BPA



Quelle: Inforadio Berlin, 17.05., 13.15 Uhr

Bush-Besuch in Berlin nur kurz

Der Besuch von George W. Bush wird voraussichtlich weniger als 24 Stunden dauern. Nach Angaben aus Regierungskreisen wird der US-Präsident am Dienstag Abend in Tegel landen und schon am nächsten Tag gegen 16 Uhr Richtung Moskau weiter reisen. Bush soll im Hotel Adlon übernachten. Am Morgen ist ein Empfang bei Bundespräsident Rau im Schloss Bellevue geplant. Am frühen Nachmittag wird Bush vor dem Bundestag sprechen. Die PDS hat noch einmal ihre kritische Haltung zu dem Besuch bekräftigt. Bei den Protesten handele es sich jedoch nicht um Demonstrationen gegen Bush, sondern um eine Kundgebung für Friedenspolitik, sagte Fraktionschef Claus am Morgen im ZDF.

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