Bush-Besuch im Mai 2002


vom:
21.05.2002


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Bush-Besuch im Mai 2002

 Echo / Presse

Pressesplitter 21.05.

versch. Zeitungen / Agenturen / Hörfunk

update: 12 Uhr / 14 Uhr / 18 Uhr

SZ Was Deutschland von Amerika hält

Berliner Zeitung Die Bewährungsprobe

Schleswig-Holsteinischer ZV Polizei bereitet sich auf Anti-Bush-Demonstrationen vor

NRZ Grünen-Chefin Roth verteidigt Demonstrationen zum Bush-Besuch

Berliner Morgenpost Geduldsprobe für Autofahrer

taz "Eierwürfe schaden bloß" - Interview mit Ralph Nader

taz Bereit fürs Weiße Haus

ND "Achse des Friedens" bewegt Berlin

taz Die USA sind nicht unentbehrlich

FR Kanzler kündigt harte Linie gegen Demonstranten an

FR Demonstrationen sind okay

FR Alte Kämpen, neue Gelegenheiten

FAZ.net Streit um Protestaktionen verschärft sich

Inforadio Berlin Grüne verteidigen Demonstrationen vor Bushs Berlin-Besuch

WDR Hörfunk Grüne verteidigen Bush-Demos

Infosradio Berlin "Achse des Friedens": friedliche Demonstration bei Bush-Visite

DLF Interviews: Fischer hofft, dass die Proteste gegen Bush friedlich bleiben

tagesschau.de Bush-Besuch: Sicherheitsstufe 1 in Berlin

tagesschau.de Festnahmen vor Bush-Besuch

SPIEGEL ONLINE Bush-Gegner stürmen Demo der Grünen

Inforadio Berlin Bush-Besuch: Friedliche Proteste (18 Uhr)

Inforadio Berlin Tumulte bei Grünen-Demo (18 Uhr)

dpa 10.000 Demonstranten protestieren vor Bush-Besuch

rtr Grünen-Kundgebung zu Bush-Besuch nach Protesten geplatzt

dpa Erste Auseinandersetzungen bei Demonstrationen in Berlin

ap Tausende bei Großdemonstration vor Bush-Besuch in Berlin

ap Mehrere hundert Teilnehmer bei PDS-Demonstrationen

WDR HF Demonstrationen gegen Bush-Besuch (18 Uhr)

BR HF Anti-Bush-Demonstration in Berlin (18 Uhr)

DLF Einen Tag vor dem Besuch von US-Präsident Bush demonstrieren in Berlin Tausende Menschen gegen die amerikanische Außen- und Umweltpolitik. (18 Uhr)

SWR HF Proteste gegen Bush

apGlobalisierungskritiker rufen zu friedlichen Protesten auf



Quelle: Süddeutsche Zeitung, 21.05.02

Hauruck

Was Deutschland von Amerika hält

Die Nachrichten vom Ableben des Antiamerikanismus waren wohl doch verfrüht. Man hätte denken können, dass die Emanation von "Transnational America", das Randolph Bourne schon 1916 ausgerufen hatte, in die Weltgesellschaft zu Ende des 20.Jahrhunderts so weit fortgeschritten war, dass die ewigen Stellungskriege zwischen Amerikahassern und Amerikabewunderern langsam abflauen würden. Doch die schwere Verwundung Amerikas am 11. September 2001 hat viele Arrieregarden des transatlantischen Kulturkampfes wieder aus der Deckung gelockt. Die einen lassen ihre Aversionen gegen das kulturlose Land im fernen Westen raus, die anderen leitartikeln sich in den Ost-West-Konflikt zurück. Es ist kein Zufall, dass solche Regressionen vor allem in der Frontstadt des Kalten Krieges zu beobachten sind. Dort, bei den Protesten gegen Ronald Reagan, entstand Ende der Achtziger Jahre auch die militante Kritik an einer Globalisierung amerikanischen Typs, bei denen der Kreuzberger Kiez hauptsächlich gegen die Durchlüftung seines Miefs aufstand, der dann mit dem vom Sternenkrieger Reagan hellsichtig vorhergesagten Fall der Mauer eintrat. Jetzt hat sich dieser Kiez auf Friedrichshain und Mitte ausgedehnt und seine Vorurteile bis ins Rote Rathaus getragen.

Die "Mullahs in Washington"

Die US-Führung tut alles, um diese Aversionen zu fördern. Nach Berlin reist der Präsident des größten Entwicklungslandes der Welt: George W. Bush vertritt eine Nation, deren Umweltpolitik sektoral beachtliche Fortschritte gemacht hat, so dass sie sich in den Rang eines Schwellenlandes vorarbeiten konnte. Aber in Sachen globaler Klimapolitik gehören die USA selbst bei wohlwollender Betrachtung zu den "least developed countries", was die Nutzung erneuerbarer Energiequellen, sparsame Gebäudetechnik, verbrauchsarmen Individualverkehr und öffentlichen Nahverkehr angeht. Machten sich Bushs demokratische Vorgänger den Umweltschutz als globale Verpflichtung wenigstens rhetorisch zu eigen, zielen die energiepolitischen Verlautbarungen und Maßnahmen des amtierenden Präsidenten auf die Festsetzung der Vereinigten Staaten in einer Zone absoluter Unterentwicklung ab. Lediglich einige CEOs horchen mittlerweile auf, wenn ihnen hiesige Chefvolkswirte ausmalen, welchen Weltmarktvorsprung sich die Europäische Union bei diversen Energiespar- und Umweltschutztechnologien erarbeitet hat. Als Sprecher der Wirtschaft gelobte etwa Norbert Walter vergangene Woche bei einer Tagung des von der Bundesregierung eingesetzten "Rates für Nachhaltigkeit" pro domo Besserung: Umweltbilanz und ökologischer Verhaltenskodex sollen das Handeln der transnationalen Unternehmen künftig leiten, bei der Kreditbewilligung könnten Banken auf Generationengerechtigkeit achten, und sogar bei der Ökosteuer ging der Vertreter der Deutschen Bank weit über das hinaus, was sich die rot-grüne Bundesregierung in Wahlkampfzeiten noch anzudrohen traut.

Der Bundeskanzler beanspruchte dabei im Verhältnis zu den USA, das europäische Sozialmodell zu verteidigen, dessen Relativierung er auch zum Auslöser der rechtspopulistischen Welle erklärt hat. Zum ökonomischen Erfolg, an dessen Wünschbarkeit der "Genosse der Bosse" natürlich keinen Zweifel ließ, gesellte er unmißverständlich soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit. Das ist nun der Kernbegriff des rot-grünen Projektes, der auch viele Vorstellungen einer alternativen Globalisierung bündelt, und diese gewissermaßen amtliche Version der sozial-ökologischen Modernisierung macht sich "die Wirtschaft" nicht nur rhetorisch zu eigen.

Die Klimapolitik ist aber nur einer von vielen Gründen, den transatlantischen Dissens besuchsweise anzusprechen. Amerika befindet sich in einem Krieg, den in Europa nicht nur die antiamerikanischen Bodentruppen unterschätzen, wenn sie nicht sogar Ursache und Wirkung, Opfer und Täter auf bizarre Weise vertauschen. So hat sich jene Äquidistanz eingestellt, die zu Zeiten der Nachrüstung beide deutsche Staaten gegenüber USA und der "SU" einstudiert haben, als die Friedensbewegung in national-neutralistische Fahrwasser abdriftete und damit die Wiedervereinigung unbewusst vorwegnahm. Heute setzt man sich vom islamischen Terror wie von den "Mullahs in Washington" ab, auch zwischen amerikanischen und europäischen Intellektuellen herrscht Funkstille. Und wiederum trägt die republikanische Administration in ihrer symbiotischen Beziehung zur christlichen Rechten viel dazu bei, die Äquidistanz auf den "Kampf der Kulturen" zu übertragen, der auch einer zwischen Amerika und Europa ist.

Amerikas Festhalten am Raketenabwehrschirm, sein rüder Umgang mit Verbündeten, die mit verdächtigen Argumenten begründete Ablehnung des Internationalen Strafgerichtshofes, die scheinheilige Außenwirtschaftspolitik, die Freihandel predigt und Protektionismus meint, all das summiert sich zu einem Szenario arroganter Selbstisolation, das nach einer klaren europäischen Antwort verlangt. Diese kann nicht Neutralität heißen und sollte sich vor Verbündeten in Moskau und Beijing, ganz zu schweigen von Bagdad und Teheran hüten. Und zu jeder politischen Alternative gehört eine sicherheitspolitische: Europa sollte sich mäßigen, solange es nicht mal seinen "Vorgarten" ohne amerikanischen Flankenschutz friedlich gestalten und sich im Ernst ohne amerikanische Hilfe nicht verteidigen könnte. Eine Unabhängigkeitserklärung, die das nicht berücksichtigt, unterstreicht nur die mentale Abhängigkeit, und eine Kritik an den USA sollte nicht aus dem Fundus altrechter und altlinker Zivilisationskritik schöpfen, sondern nur die politischen Differenzen herausstreichen.



Quelle: Berliner Zeitung, 21.05.02

Die Bewährungsprobe

Christine Richter

BERLIN, 20. Mai. Fast alle haben sich am Pfingst-Wochenende zu Wort gemeldet: der Bundespräsident, der Bundeskanzler, der Kanzlerkandidat der Union, der FDP-Chef, natürlich die PDS-Spitzenpolitiker und der Berliner Innensenator. Der Anlass ist wichtig genug, schließlich kommt der amerikanische Präsident George W. Bush zum ersten Mal nach Deutschland, zum ersten Mal nach Berlin, und er wird als erster US-Präsident vor dem Bundestag sprechen. Das Problem für die deutschen Politiker: Bush wird nur knapp 19 Stunden in der Stadt weilen, dafür aber wird an drei Tagen in Berlin gegen ihn und seine Politik demonstriert. Nicht nur die Polizei, auch die politisch Verantwortlichen rechnen mit gewalttätigen Ausschreitungen.

Doch Bilder von brennenden amerikanischen Flaggen, von eingeschlagenen Scheiben an Woolworth- oder McDonald`s-Filialen, Fotos von so genannten Autonomen, die sich mit der Polizei Straßenschlachten liefern, wollen Bundesregierung und Senat auf jeden Fall vermeiden. "Wer Demonstrationsfreiheit mit Randale verwechselt, wird auf entschiedenen und sehr harten Widerstand der Polizei treffen", sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am Wochenende der "Welt am Sonntag". Bush sei ein guter Freund Deutschlands und deshalb hoch willkommen. Angesichts der gemeinsamen Interessen und Werte würden "gelegentliche Meinungsunterschiede dahinter zurückstehen und nicht ins Gewicht fallen".

Schwierigkeiten hat der Kanzler dennoch. Denn sein grüner Koalitionspartner ruft zu Protesten gegen die Politik von George W. Bush auf. Mehr noch: Vor allem die PDS, die zum ersten Mal mit der SPD den Berliner Senat bildet, mobilisiert für die Großdemonstration am Dienstag. Zu einer Demonstration, die weltweit als "anti-amerikanisch", zumindest als "Anti-Bush-Demonstration" wahrgenommen wird. Die Polizei erwartet, dass sich dem Protestmarsch auch Gewalttäter anschließen werden, und das verschärft die politische Situation zusätzlich. Im Bund und in Berlin.

Um dem politischen Gegner nicht zu viel Angriffsfläche zu bieten, treten die Sozialdemokraten nun in verteilten Rollen auf. Die Berliner SPD mit ihrem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit an der Spitze drängt nur darauf, dass keiner der PDS-Senatoren bei den Demonstrationen oder der Kundgebung zu sehen - und damit zu fotografieren - ist. Das war schon schwierig genug. Die Berliner Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) machte aus ihrer anti-amerikanischen Haltung in den vergangenen Tagen keinen Hehl und sagte ihre Demonstrationsteilnahme erst am vergangenen Donnerstag ab. Wowereit enthielt sich des Kommentars, stattdessen griff die Bundes-SPD die PDS scharf an. "Dass die PDS zu Demonstrationen gegen Bush aufruft, beweist ihren Mangel an politischem Verstand und ihre Verstrickung in eine üble Vergangenheit", teilte Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) via "Bild am Sonntag" mit. Worte, die für die Berliner SPD tabu sind, schließlich will Wowereit die Koalition mit der PDS fortsetzen.

Für die Berliner SPD und die PDS werden die nächsten drei Tage zur Bewährungsprobe. Kommt es zu gewalttätigen Ausschreitungen, werden es sich CDU und FDP nicht entgehen lassen, Bundesregierung und Senat mit dafür verantwortlich zu machen. Um diesen Angriffen vorzubeugen und zu dokumentieren, dass man an der Seite der Amerikaner steht, verabschiedeten Senat und Abgeordnetenhaus noch rasch zwei Resolutionen, in denen man Bush willkommen heißt und das besondere Verhältnis zu den USA betont.Wowereit kündigte an, er werde den US-Präsidenten in den nächsten Jahren bei einem Staatsbesuch ins Rathaus einladen. Doch die Erklärungen waren manchen nicht genug: Die größten Berliner Unternehmer schalten wohl deshalb eine Anzeige in allen Tageszeitungen: "Welcome, Mr. President".



Quelle: Schleswig-Holsteinischer ZV, Politik, 21.05.02

Polizei bereitet sich auf Anti-Bush-Demonstrationen vor

Berlin (dpa) - In Berlin laufen die Vorbereitungen für den Besuch von US-Präsident George W. Bush auf Hochtouren. Wenige Stunden vor den geplanten Demonstrationen gegen Bush und die US-Politik nahm die Polizei am Dienstagmorgen drei Globalisierungskritiker fest. Sie wollten von einem Haus in der Friedrichstraße in Mitte ein Transparent gegen die US-Politik herablassen. In den vergangenen Tagen gab es in Berlin mehrere derartige Versuche, unter anderem an der Siegessäule. Bush besucht am Mittwoch für knapp 24 Stunden die Hauptstadt. Das bundesweite Bündnis "Achse des Friedens" hat für diesen Dienstag zu einer zentralen Demonstration aufgerufen. Der Protest unter dem Motto "Wir wollen Ihre Kriege nicht, Herr Präsident" richtet sich gegen die auf militärische Aktionen zur Terrorismusbekämpfung setzende US- Außenpolitik. Zu dem Aufzug werden mehrere zehntausend Teilnehmer erwartet. Die Demonstration wird von etwa 200 Organisationen, unter anderem von Globalisierungskritikern und der PDS, unterstützt. Grünen-Chefin Claudia Roth hat die erwarteten Demonstrationen verteidigt. Sie werde Bush willkommen heißen, gleichwohl "ist es doch richtig, auszudrücken, wo unserer Meinung nach der Schuh drückt", sagte sie im InfoRadio Berlin-Brandenburg. Die geplanten Proteste seien keine "antiamerikanischen Demonstrationen", sondern "im besten Sinne internationale, kritische Solidarität". Die Sicherheitsbehörden bereiten sich mit 10 000 Beamten auf den bisher größten Polizeieinsatz bei einem Staatsbesuch vor. Experten rechnen mit militanten Aktionen. Im Regierungsviertel waren am Dienstagmorgen Absperrgitter angeliefert, aber noch nicht aufgestellt worden. Wegen der Beeinträchtigungen fordern Geschäftsleute nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" Schadenersatz.



Quelle: NRZ, 21.05.02

Grünen-Chefin Roth verteidigt Demonstrationen zum Bush-Besuch

Berlin (dpa) - Grünen-Chefin Claudia Roth hat die erwarteten Demonstrationen zum Besuch von US-Präsident George W. Bush in Berlin verteidigt. Sie werde Bush willkommen heißen, gleichwohl "ist es doch richtig, auszudrücken, wo unserer Meinung nach der Schuh drückt", sagte Roth am Dienstag im InfoRadio Berlin-Brandenburg.

Die geplanten Proteste seien keine "antiamerikanischen Demonstrationen", sondern "im besten Sinne internationale, kritische Solidarität".

In Berlin sind am Nachmittag Kundgebungen unter anderem von Grünen und PDS geplant. Zudem soll es eine Demonstration gegen die Militärpolitik der USA geben. Bush wird am Mittwochabend zu einem knapp 24-stündigen Besuch in Berlin erwartet. (21.05.2002 dpa)



Quelle: Berliner Morgenpost, 21.05.02

Geduldsprobe für Autofahrer

Berlin vor dem Bush-Besuch: Strengste Sicherheitsvorkehrungen, Demos, Hinweise auf Anschläge

Autofahrer in Berlin müssen von heute an wegen des Bush-Besuchs mit erheblichen Behinderungen rechnen. Wer kann, sollte das Regierungsviertel großräumig umfahren. In dem Gebiet zwischen Großer Stern und Spreeweg im Westen, Alt-Moabit sowie Spree im Norden, Friedrichstraße im Osten sowie Leipziger Straße und Straße des 17. Juni im Süden kann es bis Donnerstagmittag immer wieder zu Sperrungen kommen (Grafik rechts, schraffierte Fläche). Die Umgebung des Brandenburger Tors ist selbst für Fußgänger und Radler gesperrt. Geduld ist auch an anderen Stellen nötig. Schon heute gibt es Massendemonstrationen. Von 13 bis 23 Uhr muss mit Behinderungen gerechnet werden. Um 16 Uhr startet eine Groß-Demonstration von der Neuen Wache Unter den Linden über die Karl-Liebknecht-Straße und Alexanderplatz bis zur Otto-Braun-Straße/Ecke Karl-Marx-Allee (Route 1), wo von 17 bis 20 Uhr ein Kulturprogramm geplant ist.

Bereits eine Stunde vor Beginn der Demonstration, um 15 Uhr, will der Landesverband der Grünen Unter den Linden/Ecke Charlottenstraße gegen die Bush-Politik demonstrieren (roter Punkt). Unter dem Motto "Danke, Amerika!" startet die Junge Union um 17 Uhr am Checkpoint Charlie an der Friedrichstraße eine Pro-Amerika-Demo (roter Punkt).

Am Mittwoch sind von 13 Uhr an Aktionen zwischen Bebelplatz und Berliner Dom geplant. Um 18.30 Uhr startet ein Demo-Zug vom Dom aus über Karl-Liebknecht-Straße, Alexanderplatz, Grunerstraße, Spandauer Straße, Rathausstraße und Schlossplatz zurück zum Dom (Route 2). Außerdem haben die Bush-Gegner "Spaßguerilla-Aktionen" in der ganzen Stadt angekündigt.

Am Donnerstag, 16 Uhr, ist unter dem Motto "Kuhtreiber gegen Kriegstreiber" ein weiterer Demozug geplant. Er führt vom Volkspark am Weinbergsweg über Torstraße, Tucholskystraße, Geschwister-Scholl-Straße und Universitätsstraße zur Humboldt-Universität (Route 3). Näheres beim Verkehrswarndienst der Polizei unter Tel.: 030/69 93 45 33. BM



Quelle: taz, 21.05.02

"Eierwürfe schaden bloß" Interview mit Ralph Nader

Interview BERND PICKERT und PATRIK SCHWARZ

taz: Mr Nader, Sie sind im Wahlkampf 2000 gegen den jetzigen Präsidenten angetreten. Wer ist George W. Bush?

Ralph Nader: George W. Bush ist ein Konzern, der sich als Mensch verkleidet hat. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass er das in seinem Innersten auch zugibt. Er glaubt: Was gut ist fürs Big Business, ist gut für die Vereinigten Staaten - statt anders herum.

taz: Haben Sie ihn jemals persönlich getroffen?

Ralph Nader: Nein. Ich kannte nur seinen Großvater Prescott Bush, der war Senator aus meinem Heimatstaat Connecticut. Er war ein Patrizier, aber einer, der was für die Leute getan hat. Für den galt noch der Grundsatz "Adel verpflichtet".

taz: Und, würden Sie gerne den Enkel treffen?

Ralph Nader: Ich bitte für gewöhnlich nicht um ein Gespräch. Wenn die andere Seite ein Treffen will - in Ordnung. Aber wenn sie nicht interessiert genug ist, um danach zu fragen, dann macht ein Treffen keinen Sinn.

taz: Beim Berlin-Besuch von George Bush in dieser Woche wollen zehntausende Deutsche auf die Straße gehen. Ist es antiamerikanisch, wie Kritiker sagen, gegen den US-Präsidenten zu demonstrieren?

Ralph Nader: Es ist proamerikanisch. Ich hoffe natürlich sehr, dass diese Demonstrationen friedlich verlaufen, sonst entwerten sie sich selbst. Soweit ich weiß, richten sich die Proteste gegen bestimmte Militärstrategien, gegen den Druck auf die EU, genetisch veränderte Nahrungsmittel zuzulassen, gegen die Weigerung, vielen internationalen Verträgen beizutreten. Das ist natürlich nicht antiamerikanisch.

taz: Wie effektiv sind europäische Anti-Bush-Demonstrationen in den USA?

Ralph Nader: Je friedlicher die Demonstrationen sind, umso größer ist ihr Einfluss in den Vereinigten Staaten. Eierwürfe schaden bloß. Sie reichen schon aus, dass sich die Amerikaner um ihren Präsidenten scharen, selbst wenn sie ihn nicht mögen.

taz: Irgendwelche Ratschläge für die Demonstranten?

Ralph Nader: Die Transparente sind der Schlüssel. Sie müssen in Englisch sein und clever. Dann stürzen sich die amerikanischen Fotografen und Kameramänner nur so drauf. Am heikelsten ist es für Bush, wenn man ihn mit den großen Ölkonzernen in Verbindung bringt. Seit dem Enron-Finanzskandal ist er da besonders empfindlich. Und seit dem 11. September ist er an starke Kritik fast gar nicht mehr gewöhnt.

taz: Sie selbst haben ein halbes Jahr nach der Wahl über den Präsidenten gesagt, seine Amtsführung sei nicht so schlimm, wie sie sein könnte. Gilt das nicht mehr?

Ralph Nader: Das bezog sich damals eher auf die Innenpolitik. Seit dem 11. September berauscht er sich am Krieg gegen den Terror. Für ihn ist das ein Schwarzweißthema, er muss sich nicht mit Grautönen befassen oder ernsthaft in ein Thema vertiefen, was in der Innenpolitik von ihm verlangt wird. Und seine Umfragewerte sind hervorragend.

taz: Ihre Kritiker werfen Ihnen vor, Sie hätten nach dem 11. September mit einem Schreckensbild vor dem Krieg in Afghanistan gewarnt, das nicht eingetreten ist. Haben Sie übertrieben?

Ralph Nader: Schauen Sie, George Bush hat sich aufgeführt wie ein Sheriff aus West-Texas. Er hat losgelegt, ohne sich um das Völkerrecht zu scheren, obwohl dieses durchaus Möglichkeiten geboten hätte, die Hintermänner der Terroristen zu verfolgen. In Afghanistan hat er einen Heuhafen niedergebrannt, um ein paar Nadeln zu suchen - und er hat nicht mal die Nadeln gefunden.

taz: Auch in Europa haben manche den USA ein zweites Vietnam prophezeit. Danach sieht es derzeit nicht aus.

Ralph Nader: Der Vergleich mit Vietnam setzt voraus, dass man vor Ort bleiben will. Doch genau das hatte Bush nie vor. Er schert sich nicht um Afghanistan. Ihm ging es nur um zwei Dinge: die Hintermänner des Terrors aufzuspüren und die Taliban loszuwerden. Warum? Die Taliban hatten sich Ende der 90er-Jahre bei Verhandlungen in Houston, Texas, geweigert, eine Ölpipeline von Zentralasien durch Afghanistan zu bauen. Das war ein wesentlicher Grund. Es ging Bush nie um die Menschen in Afghanistan.

taz: Wenn Sie am 11. September Präsident der Vereinigten Staaten gewesen wären, wie hätten Sie auf die Anschläge reagiert?

Ralph Nader: Die Angriffe hätten nicht stattgefunden.

taz: Wie bitte?

Ralph Nader: Seit 30 Jahren haben die Luftfahrtexperten in unserer Organisation darauf gedrungen, Flugzeuge sicherer gegen Entführungen zu machen. Dazu gehörte, die Türen zum Cockpit unpassierbar zu machen. Das allein hätte die Entführer daran gehindert, Passagiermaschinen in Raketen zu verwandeln. Doch diese Empfehlungen wurden abgelehnt - von der Flugzeugindustrie wie von der staatliche Flugaufsicht.

taz: Terroranschläge sind aber nicht nur eine Frage der Technik. Was würden Sie gegen Terroristen unternehmen?

Ralph Nader: Würden wir uns an das Völkerrecht halten und eine multilaterale Truppe mobilisieren, stünden wir nicht allein da. Stattdessen sagen wir: Unsere Gewalt ist gut, eure Gewalt ist schlecht. Das trägt nicht gerade dazu bei, die Herrschaft des Rechts zu befördern.

taz: Im Internet kursiert eine Vielzahl von Verschwörungstheorien zum 11. September - etwa dass die CIA an dem Anschlag beteiligt war. Jetzt hat die demokratische Kongressabgeordnete Cynthia McKinney einige der Fragen aufgegriffen. Haben Sie Zweifel an der offiziellen Darstellung der Ereignisse?

Ralph Nader: Ich halte nichts von den Verschwörungstheorien. Aber sie sind eine Folge von Bushs Reaktion auf das enorme Versagen der Geheimdienste. Niemand wurde abgemahnt, niemand gefeuert. Dabei waren die Dienste den Attentätern trotz eines Budgets von 30 Milliarden Dollar nicht auf die Schliche gekommen - obwohl die Terroristen bei der Vorbereitung der Anschläge über vier Jahre hinweg Spuren kreuz und quer in den USA hinterließen. Nach dem 11. September hat Bush nur noch mehr Geld für die Dienste verlangt, statt sich um die Aufklärung der Pannen zu bemühen.

taz: Sie haben Ihren Wahlkampf gegen den Republikaner Bush und den Demokraten Al Gore mit der Aussage begründet, es mache keinen Unterschied, wer von beiden im Weißen Haus sitzt. Bereuen Sie das?

Ralph Nader: Warum sollte ich? Über den Anti-Terror-Krieg sagt Gore, der sei doch exzellent gelaufen und Bush sei auch sein Oberbefehlshaber. Gores "Running Mate", sein Anwärter für die Vizepräsidentschaft, ist so sehr Falke, wie es ein Demokrat nur sein kann. Das Waffensystem, das Joe Lieberman nicht gefällt, muss erst noch erfunden werden.

taz: Aber beim Umweltschutz hat Al Gore sich stets engagiert - muss da der Vergleich mit Bush nicht freundlicher ausfallen?

Ralph Nader: Wer aus dem Ausland auf Amerika blickt, lässt sich schnell von der Rhetorik täuschen. Die Demokraten, da gibts kein Vertun, sind besser im Reden. Aber wir schauen auf die Taten. Ganz wenige Leute in Europa wissen zum Beispiel, dass Bill Clinton große Teile des nördichen Alaska für die Industrie geöffnet hat - aber jeder hat mitbekommen, dass Bush die Ölförderung in Alaskas Naturschutzgebieten erlauben will. Sehen Sie den Unterschied?

taz: Sie haben Ihre Strategie mal so beschrieben: Eine reaktionäre Regierung ist der beste Weg, den progressiven Kräften einzuheizen und sie aus ihrer Apathie zu reißen. Ist das nicht zynisch?

Ralph Nader: Nein, ich sage ja nicht, dass ich reaktionäre Politik einer fortschrittlichen vorziehe. Aber wenn ich mit einer rechten Regierung konfrontiert bin, frage ich mich als Campaigner: Will ich lieber einen Provokateur, der nichts für die Umwelt tut - oder einen Anästhesisten, der nichts für die Umwelt tut. Gore ist wie ein Anästhesist - er betäubt die Leute. Er ist ein Schlangenbeschwörer. Selbst die Umweltgruppen haben die Clinton/Gore-Regierung nicht kritisiert, sondern ließen sich auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertrösten. Die Biotech-Industrie, die Autoindustrie, die Pestizidhersteller - alle kamen ungeschoren davon in acht Jahren Clinton/Gore. Bush dagegen ist ein Provokateur.

taz: Warum regt sich dann in den USA so wenig Widerspruch gegen Bushs Politik?

Ralph Nader: Zum einen waren die Anschläge von New York und Washington natürlich wirklich ein enormer Schock für das ganze Land. Zugleich beschwört Bush einen allgegenwärtigen Terrorismus herauf und nutzt ihn als Vorwand. Er hat zum Beispiel seinen autokratischen Justizminister John Ashcroft von der Leine gelassen, der unsere Bürgerrechte massiv eingeschränkt hat. Die Leute haben Angst, zu demonstrieren oder ihren Mund aufzumachen. Erst allmählich bekommt der Präsident Widerspruch zu spüren - und wenn der friedlich und gewaltfrei ist, dann kann George Bush davon noch was lernen.

taz: Ehe Sie im Jahr 2000 für die Grünen antraten, galt die Partei als "Club der Baumküsser und Piercing-Fans", schrieb das Rolling Stone Magazine. Was ist aus den amerikanischen Grünen geworden?

Ralph Nader: Die Beschreibung war ziemlich unfair. Grüne Parteien pflegen eben einen etwas anderen Stil, vor allem in der Anfangsphase. Aber wir sind inzwischen die drittgrößte Partei der USA und die am schnellsten wachsende. Im Wahlkampf hatten wir bei unseren Kundgebungen mehr Zulauf als die etablierten Parteien - und unsere Unterstützer haben sogar Eintritt gezahlt.

taz: Sie holten 2000 knapp 4 Prozent der Stimmen. Ross Perot, der vier Jahre zuvor mit seiner Reformpartei bedeutend größeren Erfolg hatte, ist von der politischen Bühne wieder verschwunden. Warum sollte es Ihnen besser ergehen?

Ralph Nader: Es gibt kein Wahlystem auf der Welt, das kleine Parteien so sehr benachteiligt wie das amerikanische. Bis zu einem landesweiten Durchbruch wird es also schon drei, vier, fünf Wahlrunden dauern. Das Problem ist natürlich, dass die Leute ungeduldig werden, wenn es beim zweiten oder dritten Mal nicht klappt. Aber anders als im Fall von Ross Perot sind wir keine Ein-Thema-Partei.

taz: Selbst frühere Unterstützer haben Ihnen vorgeworfen, Al Gore die entscheidenden Stimmen gestohlen zu haben. Sie halten sich offen, 2004 wieder anzutreten. Sind Sie George Bushs bester Wahlhelfer?

Ralph Nader: Stimmen gehören niemandem, außer den Wählern, die sie abgeben. Niemand hindert die Demokraten daran, fortschrittliche Politik zu machen. Es gibt also nur eine Person, die Al Gore um den Sieg gebracht hat: Al Gore.



Quelle: taz, 21.05.02

www.nader.org

Bereit fürs Weiße Haus

Wäre er am 11. September Präsident gewesen, sagt Ralph Nader, hätte es die Anschläge auf das World Trade Center nicht gegeben - denn die Attentäter hätten es gar nicht erst bis ins Cockpit geschafft.

Als Amerikas erster Verbraucheranwalt kämpft er seit 40 Jahren für mehr Sicherheit bei Autos, Flugzeugen und Fabriken. Die immer neuen Bürgerinitiativen, die Nader gründet, haben die USA verändert: Ohne sie gäbe es weder eine Verkehrssicherheitsbehörde noch viele der heutigen Umweltgesetze oder den Freedom of Information Act.

2000 wollte Nader Präsident der USA werden - gegen George Bush und Al Gore. Gegner werfen ihm vor, seine 4 Prozent Wählerstimmen hätten Gore den Sieg gekostet. Jetzt will der Harvard-Absolvent die grüne Partei zu einem Machtfaktor machen. Die taz sprach mit Nader beim Kongress der Europäischen Grünen in Berlin. (PAT)



Quelle: ND, 21.05.02

"Achse des Friedens" bewegt Berlin

Bush-Besuch: Zehntausende zu Anti-Kriegs-Kundgebungen/Über allem ein "Schleier von Polizei"

Von René Heilig

Zur bundesweiten Friedensdemonstration am heutigen Nachmittag in Berlin erwarten die im Bündnis "Achse für den Frieden" zusammengeschlossenen Veranstalter "mehrere Zehntausend Menschen". Geplant sei ein friedlicher Protest gegen die Absicht von US-Präsident Bush, Deutschland weiter auf seinen Kriegskurs einzuschwören.

Er habe "es satt", sich immer wieder gegen den Vorwurf der Gewalttätigkeit wehren zu sollen, betont Philip Hersel von Attac-Deutschland im ND-Gespräch. Er ist einer der Initiatoren der heutigen Friedenskundgebung und reagiert damit auch auf Äußerungen des Bundeskanzlers. Gerhard Schröder(SPD) hatte gegenüber der "Welt am Sonntag" erklärt, wer Demonstrationsfreiheit mit Randale verwechsle, "wird auf den entschiedenen und sehr harten Widerstand der Polizei treffen". Berlins Innensenator Erhard Körting(SPD) will Berlin daher "mit einem Schleier aus Polizei" überziehen und versammelt dazu das bislang größte Aufgebot - 10.000 Beamte samt schwerem Gerät - in der Stadt. Er sprach dennoch die Hoffnung aus, dass Berlin "ein gutes Bild" abgeben werde. In der Polizeiführung rechnet man am Dienstag mit keinen rohen Auseinandersetzungen und hofft, das werde an den Besuchstagen Mittwoch und Donnerstag so bleiben.

Die Sicherheitsregimes während Bushs 19-stündigem Aufenthalt, sind extrem streng. Weite Teile der Innenstadt werden gesperrt, im Parlamentsgebiet dürfen keine Fenster geöffnet werden, am Kanzleramt hat man Sichtblenden angebracht. Während Bushs Rede im Bundestag ruht davor der Verkehr, selbst Parlamentsmitarbeitern bleibt der Zutritt verwehrt. Der Luftraum ist weiträumig gesperrt.

Bei den offiziellen Treffen, so der Kanzler, wird Bush erwarten, dass "die Solidarität im Kampf gegen den internationalen Terrorismus fortgesetzt wird". Schröder, der Bush einen "guten Freund" nannte und seine soliden Beziehungen zum US-Präsidenten herausstellte, betonte, man habe diese Solidarität "auch mit dem Einsatz der Bundeswehr" bewiesen. "Das wird sich nicht ändern."

Wie der Kanzler, so versuchte auch dessen Herausforderer und CSU-Chef, Edmund Stoiber, mit dem Besuch Wahlkampf zu gestalten. Er betrachtet es als beschämenden Vorgang, dass Abgeordnete der SPD, der Grünen und der PDS an den Protesten gegen Bush teilnehmen. Er warf Schröder vor, keinen Versuch gemacht zu habe, "diesen Affront" zu verhindern. Stoiber wörtlich: "Es ist schlimm für unser Ansehen in Amerika, wenn der Bundeskanzler im Bundestag den amerikanischen Präsidenten empfängt und draußen randalieren Koalitionspartner."

Dass die PDS unter den Aufrufern des friedlichen Protestes ist, gilt dem SPD-Fraktionschef im Bundestag, Peter Struck, als klarer Beweis für die "außenpolitische Unfähigkeit" der Partei. Bundesinnenminister Otto Schily, gleichfalls SPD, sagte in "Bild am Sonntag": "Dass die PDS zu Demonstrationen gegen Bush aufruft, beweist ihren Mangel an politischem Verstand und ihre Verstrickung an eine üble Vergangenheit."

Außenminister Joseph Fischer distanzierte sich auf einem Grünen-Kongress am Sonntag indirekt von Mitgliedern seiner Partei, die an der Friedensdemonstration teilnehmen wollen. Er akzeptiere sie als "Teil der Demokratie", sei aber "anderer Meinung". Sein Bild von Amerika bleibe "widersprüchlich, aber das Positive überwiegt eindeutig", sagte er dem "Spiegel". Bei einer Umfrage des Magazins hat Bush lediglich von 19 Prozent der Bundesbürger gute Noten bekommen. Damit beurteilen die Deutschen den US-Präsidenten deutlich schlechter als andere EU-Bürger. Nach den Terroranschlägen vom 11. September fühlen sich lediglich neun Prozent der Befragten jetzt stärker mit den USA verbunden, 15 Prozent seien eher auf Distanz gegangen. Bundespräsident Johannes Rau hofft vor allem, Bush werde spüren, "wie eng die Verbundenheit unserer Völker ist". PDS-Vizechef Peter Porsch betonte: "Es geht nicht gegen Amerika, sondern gegen eine bestimmte Art von Politik der US-Administration."

Philip Hersel und andere Initiatoren der "Achse des Friedens" verweisen mit Genugtuung auf die Unterstützung prominenter Politiker, Wissenschaftler und Künstler. Gestern hat Professor Jean Ziegler von der Pariser Sorbonne zugesagt. Der UNO-Sonderbotschafter für das Recht auf Nahrung wird nach ND-Informationen zu den Kundgebungsteilnehmer sprechen.

(ND 21.05.02)



Quelle: taz, 21.05.02

Die USA sind nicht unentbehrlich

Der Rest der Welt ist durchaus in der Lage, seine Angelegenheiten selbst zu regeln, ohne die USA um Erlaubnis zu bitten

WASHINGTON taz Viele Europäer betrachten George W. Bush und die Mitglieder seiner Regierung als ein Abbild von Kunst, als Charaktere aus einem von Bert Brechts weniger subtilen Dramen. Rachsüchtige Christen, die die USA als Erlösernation sehen, riechen keineswegs nach Weihrauch, sondern nach Öl - und ihre Heilige Schrift ist der Dollar. Aber angenommen, nicht Brecht, sondern Beckett wäre der Dramatiker, der sie beschreibt: Danach wären sie in Wirklichkeit umherirrende Seelen, getrennt vom gesellschaftlichen Raum und der historischen Zeit der übrigen Völker.

Europäische Kritiker US-amerikanischer Vorherrschaft wie etwa der frühere französische Außenminister Hubert Védrine sind genauso Opfer des absurderweise schmeichelhaften Bildes, das unsere außenpolitische Elite von sich selbst hat, wie es die Publizisten und Politiker in ihren Diensten sind. Die USA sind nicht die unentbehrliche Nation, und der Rest der Welt ist durchaus in der Lage, seine Angelegenheiten zu regeln, ohne die USA vorher um Genehmigung zu bitten (auf der UN-Weltversammlung in Madrid unter Beteiligung der EU und der Länder Zentral- und Mittelamerikas wurden die USA offen kritisiert). Europäische Anhänger des US-Modells haben sehr unterschiedliche Motive: Manche können es einfach nicht ertragen, von der Macht ausgeschlossen zu sein, andere - etwa europäische Kapitalisten, die den Wohlfahrtsstaat zurückdrängen möchten - sind berechnender.

Groteskerweise überschätzen Apologeten und Kritiker Bushs Beherrschung der Lage gleichermaßen. Die US-Operation in Afghanistan ist ein militärisches wie politisches Desaster, weil unsere Diplomatie sich auf die Vermeidung eines Atomkrieges zwischen Indien und Pakistan konzentriert. Unsere neuen Verbündeten, die nach universellen Menschenrechten streben, heißen China, Russland und Usbekistan - das sagt alles.

Die US-Opposition lebt

Unsere Schützlinge im Nahen Osten, Ägypten, Israel und Saudi-Arabien, gehorchen nicht, wie sie sollen. Der Versuch der USA, Hugo Chávez in Venezuela aus dem Amt zu jagen, ähnelte dem Triumph eines Inspektor Clouseau. Innenpolitisch lahmt die Wirtschaft, und Vorwürfe wegen Bestechung und Betrugs machen auch vor dem Weißen Haus nicht Halt. Die Diskussion um die Beurteilungsfehler der US-Führung im Vorfeld der Angriffe vom 11. September ist wieder aufgeflammt. Die Demokraten kämpfen wieder.

Das letzte Jahrhundert (man denke an den Vietnamkrieg) hat uns in der Tat eine imperiale Präsidentschaft eingebracht. Imperial regierende Präsidenten (und der außenpolitische Apparat, der auf ihr Kommando hört) sind jedoch nur so lange unangefochten, wie sie relativ billige Siege hervorbringen. Die Kosten für den Krieg gegen den Terror sind hoch, sein Nutzen erschließt sich den wenigsten Bürgern in den USA. Bushs Zuflucht zu inhaltsleerem Patriotismus und moralischem Infantilismus ("Entweder Sie sind für uns oder gegen uns") vermag Widerstand nicht länger zum Schweigen zu bringen.

Die US-amerikanische Opposition lebt. George W. Bush wird von protestantischen Fundamentalisten unterstützt. Die Mehrheit der US-amerikanischen Protestanten jedoch weilt im 21. und nicht im 16. Jahrhundert. Ihre Prämisse lautet: Ihre Nation sollte auf die Welt hören, anstatt sie zu kommandieren.

Die katholische Kirche beherzigt hartnäckig ihre Doktrin von der gesellschaftlichen Solidarität und pflegt Beziehungen zu den ärmeren, vorwiegend lateinamerikanischen Ländern. Der Großteil der jüdischen Gemeinde in den USA hat sich in unhinterfragter Solidarität mit Israel hinter die "gerechte Sache" geschart und unterstützt des Präsidenten Kampagne gegen den "Terror". Trotzdem denken viele US-amerikanische Juden anders.

Moralismus

Die US-Gewerkschaftsbewegung AFL-CIO (samt ihrem katholischen Vorsitzenden John Sweeney) war einer der Initiatoren der Anti-Globalisierungs-Proteste von Seattle und Genua. Gemeinsam mit den Kirchen, den Verbraucherverbänden, den Umweltschützern und den Frauengruppen streben die Gewerkschaften nach einer heimischen und globalen Wirtschaft, die sich von den sozialdarwinistischen Maximen eines George W. Bush unterscheidet. Der Moralismus in der US-amerikanischen Tradition hat sein Gutes: Man erinnere sich an das Erbe Franklin D. Roosevelts oder an die jüngsten Bemühungen Jimmy Carters um eine Annäherung zu Kuba.

Die US-Opposition ist zu Recht skeptisch, was die Europäer anbelangt. Zu viele Europäer betrachten die USA in eindimensionaler, karikierender Manier. Diejenigen europäischen Führer, die die Einseitigkeit der USA nicht kritisieren mögen, bestärken im Grunde Washingtons Illusionen von der eigenen Omnipotenz. Tony Blair mag Erinnerungen an Attlee wachrufen, Chirac an de Gaulle oder Schröder an Brandt. Wir in den USA wären in jeder Hinsicht entzückt über ein Europa, das sich selbst respektiert. NORMAN BIRNBAUM

Der Autor ist emeritierter Professor für Sozialwissenschaft an der Georgetown University in Washington, D. C.



Quelle: FR, 21.05.02

Bush-Besuch

Kanzler kündigt harte Linie gegen Demonstranten an

me BERLIN, 20. Mai. Vor dem am Mittwoch beginnenden Bush-Besuch in Berlin haben rot-grüne Regierungspolitiker das Recht zu Demonstrationen verteidigt, gleichzeitig aber die Aufrufe zum Protest gegen den US-Präsidenten scharf kritisiert. Kanzler Gerhard Schröder (SPD) stellte am Wochenende "sehr harten Widerstand der Polizei" gegen Randalierer in Aussicht. Nachdem die Bundesregierung hinter den Kulissen zuletzt eher verstimmt auf die zurückhaltende Berliner Polizeistrategie bei den Krawallen rund um den 1. Mai reagiert und die CDU/CSU für den Fall erwarteter Ausschreitungen beim Bush-Besuch Schuldzuweisungen an die Regierung angekündigt hatte, erklärte der Kanzler jetzt, für ein hartes Vorgehen der Polizei werde "gesorgt sein".

Bundespräsident Johannes Rau sagte, die deutsch-amerikanische Freundschaft halte auch "unterschiedliche Auffassungen und Interessen" aus. Bei den geplanten Kundgebungen dürfe es aber "auf keinen Fall" Gewalt geben. SPD-Fraktionschef Peter Struck und Innenminister Otto Schily (SPD) griffen die PDS wegen ihrer Unterstützung der Proteste massiv an. Schily sprach von "Mangel an Verstand". Bei den Grünen gehen die Ansichten auseinander. Anders als der Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit lehnte Außenminister Joschka Fischer bei einem internationalen Grünen-Kongress in Berlin Demonstrationen ab. Viel sinnvoller sei es, gegen den "neuen Nationalismus in Europa" auf die Straße zu gehen. Er sei "anderer Meinung" als die Grünen-Abgeordneten, die ihre Teilnahme an Protesten angekündigt haben. "Nicht weniger Amerika, sondern mehr Europa" sei nötig.



Quelle: FR, 21.05.02

Demonstrationen sind okay

Vor der Bush-Reise demonstriert Washington Gelassenheit, Kritik ist gleichwohl unerwünscht

Von Dietmar Ostermann (Washington)

Vor der Europa-Reise von Präsident George W. Bush gibt sich die US-amerikanische Regierung demonstrativ gelassen ob der erwarteten Proteste in Berlin. Allerdings ist Washington vergnatzt wegen der Dauerkritik aus Europa.

Glaubt man den Vorauserklärungen der US-amerikanischen Diplomatie, dann wird der Alptraum der Bundesregierung nicht Wirklichkeit werden. Selbst wenn in Berlin Zehntausende gegen den US-Präsidenten auf die Straße gehen, sollen die deutsch-amerikanischen Beziehungen darunter nicht leiden. Das jedenfalls beteuerte ein hoher Beamter, der in Washington vor die Presse geschickt wurde, um den Ton für die Reise zu setzen: "Demonstrationen kommen in Demokratien vor, okay?" So einfach ist das.

Man betrachte den Deutschland-Besuch des Präsidenten am Mittwoch und Donnerstag vielmehr als eine "großartige Möglichkeit". Dabei wird auf die Rede Bushs verwiesen, der am Donnerstag als erster US-Präsident im Reichstagsgebäude vor dem Bundestag sprechen wird. Berlin sei "das Symbol eines wiedervereinigten Deutschland und Europa", nicht also das für etwaige transatlantische Zerwürfnisse. Auch die würden im übrigen in der Öffentlichkeit übertrieben: "Die Differenzen sind im Vergleich zu den Gemeinsamkeiten gering."

Derlei pflichtschuldige Beteuerungen freilich können kaum darüber hinwegtäuschen, dass die US-Regierung auf Kritik aus Europa zunehmend dünnhäutig reagiert. Außenminister Colin Powell, der Bush auf seiner Reise nach Berlin, Moskau, Paris und Rom ebenso wie Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice begleitet, sprach laut dem in London erscheinenden Guardian jetzt von "intellektuellem Geblubbere".

Die Wortwahl mag Ausdruck des wachsenden amerikanischen Gefühls sein, in der Außen- und Sicherheitspolitik der jüngeren Vergangenheit im Grunde alles richtig gemacht zu haben. Und sie illustriert zumindest die Sorge europäischer Diplomaten, in Washington könne der Einfluss der Verbündeten bei einer als pauschal antiamerikanisch empfundenen Kritik weiter abnehmen. Außenminister Powell jedenfalls ließ sich in dieser Hinsicht jetzt ungewohnt deutlich vernehmen. In Europa gebe es Leute, die immer sofort jede Position der USA kritisierten, zitierte ihn der Guardian. Einige Monate später stelle sich dann heraus, dass man vielleicht doch nicht so falsch gelegen habe.

Als Beispiele nannte Powell die Kündigung des ABM-Vertrages zur Begrenzung einer Raketenabwehr und die These von einer "Achse des Bösen" aus Irak, Iran und Nordkorea. ABM verfalle, aber die geostrategische Lage breche nicht zusammen, fasste Powell die amerikanische Beurteilung zusammen. Auch für die "Achse des Bösen" gelte: "All die schrecklichen Konsequenzen, über die einige spekuliert haben, dass sie uns ereilen würden, haben uns nicht ereilt." Mancher in Europa scheine darüber jetzt "fast enttäuscht zu sein", sagte der Außenminister.

Höhepunkt der Europa-Reise ist aus US-Sicht ohnehin der Abstecher nach Russland, wo Bush am 23. Mai mit seinem Kollegen Wladimir Putin den in der vergangenen Woche ausgehandelten Abrüstungsvertrag unterschreiben will. Dort soll eine "neue Ära in den Beziehungen" begründet werden. Proteste werden nicht erwartet.



Quelle: FR, 21.05.02

Grüne

Alte Kämpen, neue Gelegenheiten

Von Knut Pries (Berlin)

Daniel Cohn-Bendit ist dafür, gegen George W. Bush zu demonstrieren. Auf sein Plakat würde er schreiben, dass er 1. sein Leben den Amerikanern verdanke, 2. die Proteste gegen den Vietnam-Krieg und 3. die Militärinterventionen auf dem Balkan und in Afghanistan berechtigt gewesen seien, man 4. aber den Kampf gegen den Terrorismus darauf nicht beschränken könne.

Joschka Fischer ist auch für Demonstrationen, aber nicht in Berlin: "Ich wünschte wir wären soweit, dass bei einem Besuch des europäischen Präsidenten in Washington demonstriert würde! Es würde zeigen, dass Europa ernst genommen würde."

Die Weggefährten aus Frankfurter Sponti-Zeiten, Co-Chef der Grünen im Europa-Parlament der eine, Bundesaußenminister der andere, trafen am Wochenende beim Kongress der grünen Parteien Europas in Berlin aufeinander - mit durchaus unterschiedlichen Vorstellungen über den gebotenen Härtegrad beim Umgang mit der US-Regierung. Die größeren Meinungsverschiedenheiten bei einer Podiumsdiskussion über "Green Power" im erweiterten Europa gab es freilich bei den Nachbar-Themen Nahost, Antisemitismus und Nationalismus, wenn auch nicht unbedingt zwischen den beiden alten Kämpen.

Hier liegen für die Grünen Chancen und Risiken gefährlich dicht beieinander: Einerseits ist mit dem Erstarken der Rechtspopulisten quer durch Europa ein alter Gegner wieder sichtbarer geworden und erleichtert den Ermatteten die Re-Mobilisierung. Cohn-Bendit erntete vor allem mit Attacken gegen Jürgen Möllemann Applaus: Der FDP-Vize habe "das uralte Schema faschistischer Parteien aufgegriffen", wonach die Juden selbst schuld seien am Antisemitismus. "Da hört der Spaß auf!" Andererseits sind die traditionellen propalästinensischen Instinkte in den Reihen der Grünen und ihrer Gefolgschaft noch sehr lebendig.

So ließ es Fischer sich angelegen sein, vor einseitiger Parteinahme zu warnen. Solidarität könne es nur mit dem Frieden geben, nicht mit einer der beiden Seiten. Wer undifferenziert die Palästinenser als Opfer, die Israelis als Aggressoren sehe, begebe sich in die Nachbarschaft jener bräunlichen Volksverführer, die es in Europa zu bekämpfen gelte. Die zum Teil scharfe Resonanz im Auditorium zeigte, dass Fischer durchaus Recht hatte mit der Vermutung, er sei im eigenen Lager wieder einmal Vertreter einer Minderheiten-Position.

Bei der schließlich verabschiedeten Resolution verließen die französischen Delegierten den Saal, die Schweden stimmten dagegen: zu wenig eindeutig gegen Israel.



Quelle: FAZ.net, 21.05.02

Bush-Besuch

Streit um Protestaktionen verschärft sich

(20. Mai 2002) Die geplanten Proteste zum Besuch des amerikanischen Präsidenten George W. Bush in Berlin haben einen heftigen Streit ausgelöst. Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) griff Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am Pfingstwochenende als Verantwortlichen für eine mögliche Brüskierung des Staatsgastes scharf an. Schröder betonte dagegen die guten deutsch-amerikanischen Beziehungen und verteidigte Demonstrationen als Teil der Demokratie. Berlins Wirtschaftssenator Gregor Gysi (PDS) appellierte unterdessen an seine Partei, im Zusammenhang mit den geplanten Protestaktionen "zu einem vernünftigen Verständnis zurückzukehren".

In einem Interview der Tageszeitung "Neues Deutschland" sagte Gysi: "Wenn man Leute in eine bestimmte Verantwortung schickt, weiß man, dass sie von bestimmten Dingen zu bestimmten Zeiten ausgeschlossen sind." Es sei richtig, als Senator nicht an den Protestaktionen während des Bush-Besuchs teilzunehmen, aber deren friedenspolitische Ziele "klar und öffentlich zu unterstützen." Die PDS stellt in Berlin drei Senatoren in einer Koalitionsregierung mit der SPD.

"Vorgänge wie in Genua möglich"

In Berlin bereiten sich Sicherheitsbehörden mit 10.000 Beamten auf den bisher größten Polizeieinsatz bei einem Staatsbesuch vor. Erstmals seit dem Regierungsumzug wird das Parlamentsviertel komplett abgeriegelt. Der SPD-Außenpolitiker Hans-Ulrich Klose sagte der Zeitung "Die Welt": "Nach den Informationen, die mir vorliegen, halte ich Vorgänge wie (beim Weltwirtschaftsgipfel 2001) in Genua leider für möglich."

Stoiber sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", es sei beschämend, dass Abgeordnete von SPD, Grünen und PDS an den Protesten teilnehmen wollten. Dafür trage letztlich Schröder die Verantwortung: "Er hat nicht einmal versucht, diesen Affront zu verhindern und die SPD-Koalitionspartner PDS und Grüne zur Vernunft zu bringen." Die Landes-Grünen und die PDS hatten zu Protestveranstaltungen am Dienstag aufgerufen.

Sowohl Schröder als auch Außenminister Joschka Fischer (Grüne) und Bundespräsident Johannes Rau (SPD) betonten die Bedeutung der deutsch-amerikanischen Freundschaft. Fischer sagte dem "Spiegel": "Der US-Präsident ist uns sehr willkommen." Kritik nannte er "Teil der Demokratie", distanzierte sich jedoch indirekt von der Teilnahme grüner Politiker. "Ich bin einfach anderer Meinung in der Frage, ob man gegen Bush demonstrieren soll", sagte er beim Kongress der Grünen Parteien Europas in Berlin.

Struck: SPD-Abgeordnete demonstrieren nicht

Laut SPD-Fraktionschef Peter Struck wird kein SPD-Abgeordneter demonstrieren. Lediglich einige Parlamentarier hätten einen Aufruf mit kritischen Anmerkungen zur US-Politik unterzeichnet. Daran sei nichts auszusetzen, sagte Struck.

Zur ersten Demonstration werden bereits am Dienstag Zehntausende Teilnehmer erwartet, auch für die folgenden Tage sind Proteste angemeldet. Bush wird Mittwochabend zu einem kurzen Arbeitsbesuch erwartet. Am Donnerstag wird Bush vor dem Bundestag eine Rede halten. Zuvor trifft er mit Bundespräsident Rau und Schröder zu Gesprächen zusammen. Am Nachmittag reist Bush nach Moskau.



Quelle: Inforadio Berlin (SFB/ORB), 21.05.2002, 10.45 Uhr

Grüne verteidigen Demonstrationen vor Bushs Berlin-Besuch

Führende Grünen-Politiker haben die angekündigten Demonstrationen vor dem Berlin-Besuch des US-Präsidenten Bush noch einmal verteidigt.

Außenminister Fischer sagte im Deutschlandfunk, zu einer Demokratie gehöre das Demonstrationsrecht. Die Proteste müssten aber friedlich bleiben. Über Inhalte könne man sich auseinandersetzen, die transatlantischen Beziehungen dürften aber nicht in Frage gestellt werden.

Die Parteivorsitzende der Grünen, Roth, warnte im infoRADIO, die Kundgebungsteilnehmer pauschal zu verurteilen. Eine Demonstration für etwas sei nicht anti-amerikanisch.

Unter dem Motto "Stoppt den Krieg!" hat ein bundesweites Friedensbündnis für heute Nachmittag zu einer Großdemonstration gegen die US-Außenpolitik aufgerufen. Sie beginnt an der Neuen Wache Unter den Linden und führt zur Karl-Marx-Allee Ecke Otto-Braun-Straße.

Wegen zahlreicher Protestaktionen und der Sicherheitsvorkehrungen für den Besuch muss bis Donnerstag mit erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen in Mitte gerechnet werden.

Bush wird morgen Abend in Berlin erwartet; er bleibt voraussichtlich rund 20 Stunden in der Stadt.



Quelle: WDR Hörfunk-Nachrichten, 21.05.02, 10 Uhr

Grüne verteidigen Bush-Demos

Führende Politiker der Grünen haben die angekündigten Demonstrationen zum morgigen Berlin-Besuch von US-Präsident Bush verteidigt.

Außenminister Fischer sagte im Deutschlandfunk, zu einer Demokratie gehöre das Demonstrationsrecht. Die Politik der USA führe zu Diskussionen, doch seien die USA einer "der großen Pfeiler von Frieden und Stabilität im 21. Jahrhundert". Fischer forderte, die Demonstrationen müssten friedlich bleiben. Gewalttätige Proteste ließen - so wörtlich - "sehr häßliche, anti-amerikanische Bilder über den Atlantik gehen". Die Vorsitzende der Grünen, Roth, warnte vor einer pauschalen Verurteilung der Demonstration. Kritische Solidarität zeichne das Verhältnis von Freunden aus.

Für heute hat das aus rund 200 Organisationen gebildete Bündnis "Achse des Friedens" zu einer zentralen Demonstration in Berlin aufgerufen. Nach Ansicht der Veranstalter setzen die USA in der Bekämpfung des Terrorismus zu sehr auf militärische Aktionen. Es wird mit mehreren zehntausend Teilnehmern gerechnet.



Quelle: Infosradio Berlin, 21.05.02 12.50 Uhr

"Achse des Friedens": friedliche Demonstration bei Bush-Visite

Einen Tag vor dem Besuch von US-Präsident Bush in Berlin rechnet das bundesweite Bündnis "Achse des Friedens" mit einer friedlichen Demonstration gegen die amerikanische Politik.

Ihr Sprecher Braun sagte, das Bündnis werde sich Gewalt nicht aufzwingen lassen. Es werde heute einen friedlichen, bunten und vielfältigen Protestzug geben.

Zu der Demonstration am Nachmittag haben über 240 Organisationen aufgerufen, es werden mehrere zehntausend Teilnehmer erwartet.

Die Polizei rechnet während des morgen beginnenden Bush-Besuchs mit Krawallen. Rund 10.000 Beamte sollen bei dem größten Einsatz in der Berliner Geschichte eingesetzt werden. Das Regierungsviertel wird weiträumig abgeriegelt.



Quelle: Deutschlandradio, 21.5.02, 08.10 Uhr

Interviews: Fischer hofft, dass die Proteste gegen Bush friedlich bleiben

Martin Gerner im Gespräch mit Joschka Fischer, Bundesaußenminister

Gerner: John F. Kennedy, Jimmy Carter, Ronald Reagan, Bill Clinton. Bei jedem dieser Besuche hat ein US-Präsident einen Satz in Berlin gelassen. Es darf gerätselt werden, welcher es bei George Bush sein könnte. Sein Besuch wirft Fragen auf, Fragen nach der Sicherheit, angesichts einer Vielzahl angekündigter Demonstrationen, und Fragen nach der Zukunft des deutsch-amerikanischen beziehungsweise des europäisch-amerikanischen Verhältnisses. Darüber möchte ich jetzt mit Außenminister Joschka Fischer reden. Herr Fischer, drei Tage Demonstrationen für 19 Stunden Besuch, wie ist Ihnen zumute, angesichts dieser Situation?

Fischer: Ich denke, zu einer Demokratie gehört das Demonstrationsrecht. Das ist wesentlich. Und solange die Demonstrationen friedlich sind und die Meinungen dort zum Ausdruck gebracht werden, gehört das zu unserer demokratischen Verfassung, und das ist auch nicht zu kritisieren, sondern man wird sich über die Inhalte auseinander zu setzen haben, und da wird es sicher unterschiedliche Auffassungen geben.

Gerner: Sie haben keinerlei Sorge, dass es an der einen oder anderen Stelle in Gewalt ausarten könnte?

Fischer: Das habe ich damit nicht gesagt. Ich hoffe, dass es friedlich bleibt, aber das ist Aufgabe der Veranstalter, die dafür die Verantwortung tragen, und es ist Aufgabe der Polizei. Ich meine, im Interesse aller muss es friedlich ablaufen, weil ansonsten eine völlig andere Botschaft als die, die intendiert wird, transportiert wird. Es wäre keine Botschaft in der Sache, sondern es würden dann sehr hässliche antiamerikanische Bilder über den Atlantik gehen, und ich denke, das kann niemandes Interesse sein. Im Übrigen verpflichtet auch unsere demokratische Verfassung alle zum friedlichen Demonstrieren.

Gerner: Gerade die Grünen haben widersprüchliche Eindrücke abgegeben. Die Berliner Grünen demonstrieren mit; die Bundespartei hält sich etwas raus. Ihre Partei ist mithin etwas widersprüchlich im Verhalten.

Fischer: Die Politik der amerikanischen republikanischen Administration führt natürlich nicht nur bei uns, sondern auch in den USA zu entsprechenden kontroversen Diskussionen. Ich möchte hier nur etwa die Haltung zum Kyoto-Protokoll oder zum internationalen Strafgerichtshof benennen. Auf der anderen Seite sind die USA für Frieden und Stabilität in der Welt unverzichtbar, und vor allen Dingen auch einer der großen Pfeiler von Frieden und Stabilität im 21. Jahrhundert, in einem Jahrhundert, das sehr unfriedlich und unsicher begonnen hat, ich darf Sie nur an den 11. September erinnern, aber auch an andere Krisenherde, gerade eben jetzt über das Wochenende in Kaschmir, wo zwei Nuklearmächte sich bewaffnet gegenüberstehen, aufeinander schießen. Es zeigt sich hier, wie wichtig dieser Friedenspfeiler Transatlantik tatsächlich ist. Die transatlantischen Beziehungen sind von entscheidender Bedeutung für uns, für unsere Menschen, und das macht die Beziehungen zu den USA so wesentlich.

Gerner: Nun hat ausgerechnet US-Außenminister Colin Powell, der eigentlich derjenige in der US-Regierung ist, der bisher das größte Verständnis für europäische Anliegen gezeigt hat, gesagt, ihn irritiere die Amerika-feindliche Stimmung in Europa. Er hat auch das Wort - so wurde es zumindest übersetzt - vom `intellektuellen Geblubbere` zitiert. Ist das ein Indiz dafür, dass Europa und die USA auseinanderdriften, es zumindest ernsthafte Probleme gibt?

Fischer: Ich denke, im Außenministerium der USA besteht diese Gefahr nicht. Allerdings habe ich in vielen Diskussionen mit der Öffentlichkeit, mit Journalisten in Hintergrundkreisen und vor allen Dingen auch mit Kongressabgeordneten beider Häuser festgestellt, dass es doch sehr unterschiedliche Sichtweise auf die Dinge gibt, und dabei spielen ohne jeden Zweifel zwei Faktoren eine Rolle: Der furchtbare Terrorangriff, den die USA erlebt haben hat dort zu einem anderen Bewusstsein von der Gefährdung und zu der Entschlossenheit, sich mit allen Mittel dagegen zu wehren, geführt. Auf der anderen Seite haben Sie die ganz unterschiedliche Wahrnehmung des Nahost-Konfliktes. Ich sage gar nicht, dass die amerikanische Wahrnehmung die richtige ist und die europäische die falsche, sondern ich konstatiere nur, dass es hier eine unterschiedliche Sichtweise gibt. Wir müssen gewährleisten, dass sich daraus nicht eine transatlantische Kluft ergibt. Deswegen ist es auch so wichtig, dass unsere Haltung zu Israel eben nicht auf einer einseitigen Parteinahme für die eine oder andere Seite beruht, sondern dass sie sich klar gründet auf unsere historische Verpflichtung als Land, die fortwährt, die die Sonderbeziehungen mit Israel gründet, und dass wir auf dieser Grundlage eben eine ausgewogene Haltung einnehmen, dass wir versuchen, einen Frieden in zwei Staaten zu erreichen, wie es auch Präsident Bush in einer sehr bedeutenden Rede im April formuliert hat. Wenn wir eine andere Haltung einnehmen würden, wie das etwa gegenwärtig in der deutschen Innenpolitik aus einer bestimmten Ecke kommt, hätte das katastrophale Konsequenzen für die transatlantischen und für die deutsch-amerikanischen Beziehungen.

Gerner: Eine persönliche Frage: Was hat denn Ihr Amerika-Bild von früher auf geprägt? Was war das Erste, was Sie mit Amerika verbinden?

Fischer: Ich bin in Süddeutschland geboren und aufgewachsen. Und seitdem ich zurückdenken kann, gehörten damals die US-amerikanischen Soldaten als Befreier dazu. Durch Vietnam, durch Chile hat sich dieses Bild völlig verändert.

Gerner: Welche Gründe gab es damals, gegen die USA zu demonstrieren?

Fischer: Ich habe den Vietnam-Krieg - und das gilt für mich heute immer noch - immer als einen großen Fehler, als einen tragischen Irrtum begriffen, dass das Land der Freiheit - und das waren und sind die USA - dort als postkoloniale Unterdrücker aufgetreten ist. Und Robert McNamara, der damalige Verteidigungsminister der Administration von Präsident Johnson hat gesagt, es war ein Irrtum, es täte ihm Leid. Das hat nur sehr viele Menschen das Leben gekostet. Damals hatten wir ein Bild bekommen, das eben nicht das Bild von Kennedy vor dem Schöneberger Rathaus, das nicht das Bild der amerikanischen Schutzmacht beim Mauerbau am 13. August 1961 war, das nicht das Bild der Befreier war. Aber gleichzeitig war für mich die Antikriegsbewegung in den USA, in Berkeley, in Ohio ganz wesentlich.

Gerner: Wenn Sie die damaligen Proteste mit den heutigen vergleichen, sind die heutigen Proteste weniger legitim?

Fischer: Das ist eine Frage, wo man in die Inhalte gehen müsste. Was etwa Kyoto betrifft, den Klimaschutz, die Verantwortung der reichen Länder für eine gemeinsame Entwicklung gerade auch der ärmeren Länder, für eine ökologische Abrüstung der reichen Länder beim Energieverbrauch, damit andere wachsen können, müssen wir neue Technologien einsetzen, um unseren Energieverbrauch zu reduzieren und das Weltklima zu schützen. Da haben wir Europäer und die USA unterschiedliche Positionen. Ich meine, die europäische Position ist hier die richtige. Wenn dagegen demonstriert wird, wenn das zum Inhalt gemacht wird, kann ich das nicht kritisieren. Wenn allerdings hier generell die USA als Kriegstreiber verurteilt werden, oder wenn Antiamerikanismus verbreitet wird, es tut mir Leid, das kann ich nicht nur nicht teilen, sondern das hielte ich für falsch.

Gerner: Die Umfragen zeigen ja eins: Die uneingeschränkte Solidarität ist ja nicht mehr in dem Maße bei der deutschen Bevölkerung da, wie es direkt nach dem 11. September der Fall war. Vielmehr gibt es, nicht nur bei den Medien, denke ich, Sorgen darum, dass eine Weltmacht da ist, die die Verbündeten nur unzureichend konsultiert, etwa beim Thema, wie es mit dem Irak weitergeht.

Fischer: Ich denke, das ist eine Frage, die wir an uns selbst richten müssen, die Frage nämlich: Wie stark oder wie schwach ist dieses Europa? Und das ist die große Sorge, die überhaupt nichts mit den USA zu tun hat, die aber Auswirkungen auf die transatlantischen Beziehungen haben wird. Wenn Rechtspopulismus und antieuropäische Positionen Zulauf bekommen, wird es den europäischen Integrationsprozess nicht beschleunigen, sondern eher zum Stagnieren bringen. Das allerdings wird Europa in eine Schwächeposition halten. Ich will mehr Europa, nicht weniger USA. Europa muss stärker werden; das ist unsere Zukunft. Und wenn dieses nicht geschieht, dann wird das natürlich in den USA dazu führen, dass man nicht länger auf die Europäer wartet und bei uns das Gefühl verstärken, dass die USA alleine, unilateral handeln. Zum Irak: Beim Irak müssen wir alles tun, damit die einschlägigen UN-Resolutionen umgesetzt werden. Ich denke, das ist von überragender Bedeutung. Der Sicherheitsrat hat jetzt das neue Sanktionsregime formuliert, beschlossen, es wird umgesetzt. Es gibt neue Möglichkeiten, dass der Irak Lebensmittel, Medikamente und Ähnliches für die Bevölkerung einführt.

Gerner: Es gibt auch neue Erwartungen, wenn Sie erlauben, die Sicherheitsberaterin Rice hat gesagt, sie erwartet deutsche Unterstützung im Falle eines Vorgehens gegen den Irak. Können wir uns dem entziehen?

Fischer: Ich habe mir das heute morgen genau angeschaut, und es geht genau um diese Punkte, nämlich zu verhindern, dass Technologien, dass Güter, die doppelt benutzt werden können, für zivilen Gebrauch wie auch für die Herstellung von Massenvernichtungsmittel einer strikten Exportkontrolle unterworfen werden. Aber ganz entscheidend ist, dass wir den Irak dazu bringen, dass er UN-Inspektoren wieder zulässt, und dass sie die Produktionsstätten nicht vorhalten, also das sind jetzt die Dinge, um die es geht. Alles andere sage ich Ihnen, und zwar nicht diplomatisch verklausuliert. Mein Eindruck ist der, dass in Washington bisher eine mögliche Militäraktion eine spekulative Diskussion ist, und an dieser spekulativen Diskussion möchte ich mich nicht beteiligen.

Gerner: Nochmals zum Stichwort `uneingeschränkte Solidarität`. Bringt das für die Bundesrepublik neue Pflichten, aus denen wir in Zukunft nur noch schwer heraus können, oder will die Bundesregierung, wollen wir eine wichtigere Rolle in der Welt, und muss der Bevölkerung das nun in homöopathischen Dosen beigebracht werden?

Fischer: Weder noch. Ich sehe beides nicht. Niemand von uns hat sich den 11. September vorstellen können, und die Konsequenzen daraus sind, dass diese Terrordrohung über uns allen schwebt, und ich möchte nicht, dass wir die Debatte dann erleben, wenn noch - wovor uns Gott bewahren möchte - etwas Schlimmes passiert, aber auszuschließen - das haben jüngste Äußerungen gezeigt - ist dieses nicht.

Gerner: Es gibt ja eine neue Terrordrohung, sagt die US-Regierung. Können Sie sich das überhaupt vorstellen, wie es auch ist, dass das schlimmer als am 11. September werden könnte?

Fischer: Ich möchte darüber nicht spekulieren. Das muss und kann jeder selbst tun, denn wir haben alle dieselben Bilder, wir haben alle denselben Schock erlebt. Sie hätten es nicht für möglich gehalten, was wir am 11. September erlebt haben, als wir auf CNN live sahen, wie das zweite Flugzeug mit den Menschen an Bord in den Südturm krachte, und die Folgen daraus für die Menschen in New York waren furchtbar. Und niemand kann das ausschließen; wir haben Djerba erlebt, wir haben einen anderen Terroranschlag auf französische Staatsangehörige in Karachi erlebt. Wir müssen uns dagegen wehren, wir können mit dieser Terrordrohung nicht leben. Niemand will eine weltausgreifende militärische Interventionspolitik, das ist völliger Quatsch, das würde für die Bundesrepublik Deutschland keinen Sinn machen, und den USA zu unterstellen, sie würden dieses tun, ist ebenfalls Unsinn, denn sie tun es bereits, sie sind globaler Ordnungsfaktor. Schauen Sie sich Ostasien an, was da loswäre, wenn sich die USA zurückziehen würden, was übrigens eine Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung will und fordert. Also wenn man sich die Dinge genauer anschaut, dann stellt man fest, dass diese Überschriften nichts taugen, sondern wir müssen alles tun, um wie in Afghanistan wieder Strukturen zu schaffen, innerhalb derer Terrorismus nicht möglich ist. Die militärische Seite ist manchmal leider unverzichtbar, aber die Erfahrung zeigt, dass der zivile Wiederaufbau, dass die Hilfe wieder zur Staatsbildung, zu geordneten Verhältnissen - Universitäten, Gesundheitssystem, Schulsystem, eine vernünftige Administration, Entstehung einer Demokratie - die eigentliche Leistung ist, die wir zu bringen haben. Das ist nicht billig, das erfordert einen langen Atem, und das zeigen wir auf dem Balkan, das zeigen wir in Afghanistan. Darum geht es eigentlich. Die Welt sicherer zu machen, das ist nicht zuerst und vor allen Dingen eine Rüstungsfrage und eine militärische Frage.

Gerner: Die USA dominieren wirtschaftlich und militärisch in Europa seit 1914. Friedrich Naumann, liberaler Vordenker, wahrhaft kein Radikaler, hat 1919 gesagt, Ziel der USA sei ein neues Römisches Reich. Die Römer - erinnern wir uns - haben nach dem Prinzip `teile und herrsche` regiert. Kann es sein, dass wir Deutschen uns auch ganz gut damit abfinden können, weil die Segnungen der amerikanischen Massenkultur die Menschen mehr oder weniger bei Laune halten?

Fischer: Also da fiele mir viel zu ein. Deutschland hat wesentlich dazu beigetragen, dass es dazu gekommen ist, im Ersten und ganz gewiss im Zweiten Weltkrieg. Darüber hinaus geht vieles von dem, was die Stärke der amerikanischen Kultur ausmacht, zurück auf jene Deutschen und Europäer, die die Nazis vertrieben haben, die im wahrsten Sinne des Wortes nichts als ihr Leben retten konnten und ihre Kreativität mitgenommen haben; eine Wunde, die der Nationalsozialismus uns selbst geschlagen hat, die bis heute nicht verheilt ist. Es geht nicht um `teile und herrsche`, um ein neues Römisches Reich. Ich denke, wir müssen nach vorne schauen, und da führt der Rückblick in die Irre. Die Europäer müssen zusammenfinden, das ist der entscheidende Punkt. Wir müssen dieses demokratische, vereinte Europa schaffen, und zwar jetzt. Wenn wir dieses nicht tun, werden wir in der Welt des 21. Jahrhunderts nur eine nachrangige Rolle spielen, und das wird sehr viele negative Konsequenzen haben. Also mehr Europa, das ist die entscheidende Herausforderung, vor der wir stehen. Und deswegen ist für mich die Sorge des neuen Nationalismus und Rechtspopulismus die entscheidende Sorge, um die es tatsächlich gegenwärtig geht. Dem müssen wir widerstehen, weil es sonst sehr viele negative Konsequenzen in den transatlantischen Beziehungen geben wird.

Gerner: Vielen Dank für das Gespräch.



Quelle: tagesschau.de, 21.05.02, 12.32 Uhr

Bush-Besuch: Sicherheitsstufe 1 in Berlin

Anlässlich des bevorstehenden Besuchs von US-Präsident George W. Bush hat das bundesweite Bündnis "Achse des Friedens", das von rund 200 Organisationen unterstützt wird, zu einer Großdemonstration am Nachmittag aufgerufen. Zehntausende Teilnehmer werden erwartet. Knapp 200 Busse aus dem gesamten Bundesgebiet rollen zu der "größten Friedensdemonstration an einem Werktag an", sagte Bündnissprecher Reiner Braun. "Es wird friedlich, bunt und vielfältig." Die Aktionen sollen als Kritik an Inhalten der US-Politik verstanden werden und nicht Ausdruck von Antiamerikanismus sein, erklärte der Sprecher der globalisierungskritischen Organisation Attac, Philipp Hersel.

Höchste Sicherheitsstufe: Die amerikanische Botschaft in Berlin ist streng bewacht.

Ebenfalls am Nachmittag wollen die "Frauen in Schwarz" am Bebelplatz eine Mahnwache mit Totenlichtern gegen den Krieg abhalten. Die Polizei rechnet auch mit zahlreichen unangekündigten Protesten, vor allem von Globalisierungsgegnern sowie autonomen und linken Gruppierungen.

PDS und Grüne verteidigen Demonstrationen

Am Rande der Friedensdemonstration veranstalten PDS und Grüne eigene Kundgebungen. Demonstrationen gehörten zur Demokratie, betonte Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne). Allerdings hoffe er, dass es friedliche bleibe, ansonsten "würden sehr hässliche antiamerikanische Bilder über den Atlantik gehen", die die deutsch-amerikanischen Beziehungen belasteten. Grünen-Chefin Claudia Roth meinte im InfoRadio Berlin, sie werde Bush willkommen heißen, gleichwohl "ist es doch richtig, auszudrücken, wo unserer Meinung nach der Schuh drückt." Die geplanten Proteste seien keine "antiamerikanischen Demonstrationen", sondern "im besten Sinne internationale, kritische Solidarität".

Die Vorsitzende der PDS, Gabi Zimmer, sagte im NDR, die Proteste richteten sich nicht gegen die USA oder Bush als Person, sondern gegen die US-Politik. Die PDS krisitisiere unter anderem, dass die USA im Kampf gegen den internationalen Terrorismus auf Kriegsmittel zurückgriffen.

Berlins FDP-Chef Günter Rexrodt bezeichnete SPD und Grüne wegen ihrer Haltung zu den Demonstrationen als "Parteien der gespaltenen Zunge". "Während das grüne Umfeld auf der Straße ist und demonstriert, macht die Parteispitze auf Staatsmann". Dasselbe gelte für die SPD, kritisierte er. Die PDS verstelle sich noch am wenigsten.

Die CDU hat eine pro-amerikanische Demonstration am Checkpoint Charlie angemeldet.

Höchste Sicherheitsstufe

Mit 10.000 Beamten bereiten sich die Sicherheitskräfte auf ihren größten Polizeieinsatz zu einem Staatsbesuch vor. Bush wird am Mittwochabend zu einem Arbeitsbesuch in Berlin erwartet. Als Staatsmann reist er erstmals nach Deutschland und als erster amerikanischer Präsident wird er eine Rede im Reichstag halten. Bereits am Donnerstag fliegt Bush nach Moskau weiter und besucht anschließend Frankreich und Italien.

Die US-Regierung sieht in den angekündigten Demonstrationen kein Anzeichen für eine wachsende Kluft zwischen den USA und Europa. Proteste gegen die US-Politik gebe es auch im eigenen Land, erklärte die Nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice.



Quelle: tagesschau.de, 21.05.02, 09.32 Uhr

Festnahmen vor Bush-Besuch

Wenige Stunden vor den geplanten Demonstrationen gegen den Besuch von US-Präsident George W. Bush in Berlin hat die Polizei am Dienstagmorgen drei Globalisierungskritiker festgenommen. Sie wollten von einem Haus in der Friedrichstraße im Stadtteil Mitte ein großes Transparent mit der Aufschrift "Bush go home" herablassen. In den vergangenen Tagen gab es in Berlin mehrere derartige Versuche, unter anderem an der Siegessäule. Außerdem schleuderten Unbekannte in der Nacht zu Dienstag Farbbeutel gegen das Berliner Dienstgebäude des Bundesverteidigungsministeriums. Im Bezirk Schöneberg wurden Schaufensterscheiben einer Filiale der Berliner Bank eingeworfen. Die Polizei schließt einen Zusammenhang der beiden Vorfälle mit dem Bush-Besuch nicht aus.



Quelle: SPIEGEL ONLINE - 21. Mai 2002, 16.36 Uhr

Staatsbesuch

Bush-Gegner stürmen Demo der Grünen

Einen Tag vor dem Besuch von US-Präsident George W. Bush protestieren in Berlin rund 20.000 Demonstranten gegen die Politik der USA. Eine Friedensdemo der Grünen wurde abgebrochen, nachdem Gegendemonstranten die Veranstaltung gestürmt hatten.

Berlin - Zwei Dutzend Gegendemonstranten stürmten auf der "amerika-kritischen" Kundgebung der Grünen die Bühne als gerade der amerikanische Sozialwissenschaftler Norman Birnbaum sprach. Durch Megafone verstärkt beschimpften sie die Grünen als "Heuchler" und "Kriegstreiber". Nach Augenzeugenberichten wurden sie sofort von Polizisten festgenommen. Dabei soll es zu einer Rangelei zwischen Beamten und den Störern gekommen sein. Die Kundgebung mit rund 200 Teilnehmern wurde daraufhin aufgelöst.

An der Versammlung der Berliner Landespartei hatten die Vorsitzenden der Bundespartei, Claudia Roth und Fritz Kuhn, teilgenommen. "Wir wollen deutlich machen, dass wir gegen ein militärisches Abenteuer im Irak sind", sagte Roth. So dächten auch in den USA viele Menschen.

Unterdessen versammelten sich nach Polizeiangaben mehr als 20.000 Menschen zur zentralen Demonstration, zu der das Bündnis "Achse des Friedens" aufgerufen hatte. 240 Gruppen unterstützen die Demonstration. Die Teilnehmer zogen in Berlin vom Bebelplatz zum Alexanderplatz. Der Protest richtet sich gegen die US-Militärpolitik. Das Motto des Zuges lautet: "Wir wollen Ihre Kriege nicht, Herr Präsident. Wir wollen überhaupt keine Kriege." Auf Transparenten wird zudem gegen die Todesstrafe in Amerika und die Klimapolitik der USA protestiert.

Zu einem Zwischenfall kam es am Rande der Demonstrationen. Eine Gruppe von etwa 100 Demonstanten zingelte rund 25 Polizisten ein und drängten sie an einen Bauzaun. Die Beamten hatten vor, den Protestierenden ein Spruchband abzunehmen.

Auch die PDS mobilisierte mehrere hundert Menschen zu einer Protestkundgebung anlässlich des Bush-Besuchs. PDS-Chefin Gabi Zimmer übte dabei scharfe Kritik an der Anti-Terror-Politik der USA und warf der Bundesregierung "Feigheit vor dem Freund" vor. "Wer aus uneingeschränkter Unterstützung der USA nicht wagt, seine Kritik an dieser Politik öffentlich zu machen, handelt verantwortungslos", erklärte Zimmer.

Die PDS-Chefin warf Bush "eine bedrohliche Unfähigkeit zu Antworten auf die realen Herausforderungen dieser Welt" vor. Die Politik des US-Präsidenten setze auf Krieg, "und das kann nicht im Interesse der meisten Bürgerinnen und Bürger der USA sein". Die Bundesregierung reagiere darauf mit "verantwortungslosem Schweigen".



Quelle: Inforadio Berlin, 21.05.2002, 18 Uhr

Bush-Besuch: Friedliche Proteste

Einen Tag vor dem Besuch von US-Präsi- dent Bush in Berlin haben 20.000 Menschen gegen die Politik der US-Regierung protestiert.

Auf Transparenten wurde gegen die Militär- und Klimapolitik der USA sowie gegen die Todesstrafe demonstriert. Nach Polizeiangaben wurden bislang keine Zwischenfälle gemeldet.



Quelle: Inforadio Berlin, 21.05.2002, 18 Uhr

Tumulte bei Grünen-Demo

Zuvor war es auf einer Kundgebung der Berliner Grünen zu Tumulten gekommen, nachdem Gegendemonstranten die Bühne gestürmt hatten. Die Veranstaltung wurde aufgelöst. Die Grünen wollten ursprünglich ihren Protest gegen die Irak-Politik Bushs zum Ausdruck bringen. Auf einer Kundgebung der PDS warf Parteichefin Zimmer der Bundesregierung verantwortungsloses Schweigen zur Politik des US-Präsidenten vor.



Quelle: dpa, 21.05.02, 17.45 Uhr

10.000 Demonstranten protestieren vor Bush-Besuch

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung hat den USA angesichts zunehmender Proteste kurz vor der Ankunft von Präsident George W. Bush in Berlin "vorbehaltlose Solidarität" versichert. Rund 10 000 Demonstranten gingen am Dienstag in der Hauptstadt gegen die US- Politik auf die Straße. Eine getrennte Kundgebung der Grünen endete mit einem Eklat, als zwei Dutzend Gegendemonstranten die Rednertribüne stürmten. Auch die PDS protestierte mit einer eigenen Kundgebung.

Bush wird am Mittwoch zu einer 20-stündigen Visite in Berlin erwartet und will kurz nach seiner Ankunft mit Bundeskanzler Gerhard Schröder zu einem informellen Gespräch in einem Restaurant am Brandenburger Tor zusammentreffen.

Am Donnerstag will Bush im Bundestag eine Grundsatzrede zum transatlantischen Verhältnis und dem Kampf gegen den Terror halten, die weit über das deutsche Publikum hinauszielen soll. Die Fortsetzung des Anti-Terrorkampfes sei für den US-Präsidenten das "alles überragende Thema", hieß es in Regierungskreisen in Berlin.

Beobachter erwarten, dass Bush die europäischen Verbündeten über seine Pläne zum Irak aufklären wird. Danach werde Berlin seine Position festlegen. Schwerpunkt der Gespräche seien neben der Fortsetzung des Anti-Terrorkampfes auch das russisch-amerikanische Verhältnis sowie der Nahe Osten und Afghanistan.

Auch das neue Verhältnis Russlands zur NATO will Bush ansprechen. Wichtig für die Bundesregierung sei die Einbindung Russlands in die euro-atlantischen Strukturen, hieß es. Die neue Qualität der Beziehungen, die am 28. Mai bei Rom besiegelt werden soll, müsse auch für die russische Öffentlichkeit sichtbar werden. Nach seinem Berlin- Besuch trifft Bush in Russland Präsident Wladimir Putin, um ein Abkommen über die Abrüstung strategischer Atomsprengköpfe zu unterzeichnen.

Rund 10 000 Polizisten sollen bei dem größten Einsatz in der Geschichte Berlins seit 1945 zum Schutz des US-Präsidenten eingesetzt werden. Die Bundesregierung rief dazu auf, die in der Verfassung garantierte Demonstrationsfreiheit nicht mit Randale zu verwechseln. "Uns verbindet mit den USA ein solides freundschaftliches Verhältnis, das auch Differenzen aushält", hieß es.

Außenminister Joschka Fischer (Grüne) warnte davor, durch gewalttätige Proteste Antiamerikanismus zu verbreiten. Damit würde keine Botschaft in der Sache, sondern es würden "sehr hässliche antiamerikanische Bilder" über den Atlantik gehen, sagte er im Deutschlandfunk.

In der Bundesregierung hieß es, Deutschland sehe sich weiterhin als enger Partner der USA, der durch konkrete Hilfe und eigene Konzepte bei den Bemühungen im Anti-Terrorkampf maßgeblich mitgewirkt habe. Die USA seien Deutschlands "wichtigster Verbündeter". Umgekehrt fänden die Amerikaner in Deutschland einen "dauerhaft verlässlichen Partner".

Gegenwärtig seien keine militärischen Pläne Washingtons gegen den Irak bekannt, hieß es weiter. Auch seien in Bezug auf den Irak keine Wünsche an Deutschland geäußert worden. Für die Bundesregierung sei im Anti-Terrorkampf weiterhin ein umfassender Ansatz wichtig, der sich nicht auf den Einsatz militärischer Mittel beschränke, sondern sich auch auf politische, wirtschaftliche und humanitäre Maßnahmen stütze.

Die Bundesregierung erwartet von Bush auch Informationen über das weitere Vorgehen der USA im Nahost-Konflikt und will ihn ermutigen, weiter engagiert zu bleiben. Berlin stehe Überlegungen einer Nahost- Konferenz aufgeschlossen gegenüber, hieß es. Diese müsse eine klare Perspektive - die Anerkennung des Existenzrechts Israels und die Schaffung eines palästinensischen Staates - haben.

Der Besuch von Bush in Berlin ist der Auftakt zu einer einwöchigen Europareise. Weitere Stationen sind Moskau, Sankt Petersburg, Frankreich und am 28. Mai der Russland-NATO-Gipfel in Italien.



Quelle: rtr, 21.02.02, 17.22 Uhr

Grünen-Kundgebung zu Bush-Besuch nach Protesten geplatzt

Berlin (Reuters) - Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) hat am Tag vor dem Kurzbesuch von US-Präsident George W. Bush in Berlin vor einer Belastung der deutsch-amerikanischen Beziehung durch erwartete gewalttätige Proteste gewarnt. Sollte es zu Randale kommen, würden "sehr hässliche anti-amerikanische Bilder über den Atlantik gehen", sagte Fischer am Dienstag im Deutschlandfunk. In der Hauptstadt begann eine erste große Demonstration gegen die Politik Bushs, zu der unter anderem PDS und Teile der Grünen aufgerufen hatten. Eine offizielle Kundgebung der Grünen würde nach Störungen abgebrochen. Im Regierungsviertel errichteten deutsche und US-Sicherheitskräfte weitere Absperrungen. In der Bundesregierung hieß es, Bush werde am Donnerstag vor dem Bundestag deutlich machen, dass die USA in ihrem Kampf gegen den Terrorismus nicht allein auf militärische Mittel setzten. Der US-Präsident wird am Mittwochabend gegen 20.30 Uhr in Berlin erwartet. Am Donnerstag soll er unter anderem Bundespräsident Johannes Rau und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) treffen und anschließend zu einem Gipfeltreffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin nach Moskau weiter reisen. MEHRERE TAUSEND TEILNEHMER BEI ERSTER ANTI-BUSH-KUNDGEBUNG Fischer sagte, vor dem Hintergrund der aktuellen internationalen Konflikte gewinne der "Friedenspfeiler Transatlantik" an Bedeutung. "Die transatlantischen Beziehungen sind von entscheidender Bedeutung für uns, und das macht die Beziehung zu den USA so wesentlich." Dass die Proteste friedlich blieben, müsse daher im Interesse aller sein, weil sonst eine ganz andere Botschaft transportiert werde. Die Polizei hatte im Vorfeld des Bush-Besuches wiederholt vor gewalttätigen Ausschreitungen gewarnt und angekündigt, Gewalttaten möglichst im Keim zu ersticken. Zur ersten Bush-kritischen Demonstration der "Achse des Friedens" versammelten sich am Dienstagnachmittag in der Berliner Innenstadt mehrere tausend Teilnehmer. Sie trugen Fahnen der PDS und der globalisierungskritischen Organisation "attac", zu sehen waren auch Fahnen mit durchgestrichenem Porträt von Bush und dem Untertitel "Kriegstreiber unerwünscht". Sie skandierten Sprechchöre "USA Terrorist, George Bush Terrorist". Die Polizei war mit zahlreichen Beamten präsent. Zu der Kundgebung hatten Gruppen der Friedensbewegung und Globalisierungskritiker aufgerufen. Die Grünen-Kundgebung platzte aufgrund von Protesten durch Gegner des Afghanistan-Kriegs und der Globalisierung. Während einer Gastrede des US-Publizisten Norman Birnbaum vor den etwa 150 Teilnehmern stürmte ein Demonstrant auf das Podium. Polizisten drängten den Mann sofort ab. Grünen-Chefin Claudia Roth wurde Limonade über den Kopf gegossen. Unter lauten Sprechchören "Ihr seid Verräter - wir sind eure Wurzeln", "Kriegstreiber" und "Heuchler" bemühte sich Grünen-Bundesgeschäftsführer Reinhard Bütikofer vergebens, sich Gehör zu verschaffen. Er brach die Kundgebung daraufhin ab. Bereits am Wochenende hatten Rau und Schröder vor Krawallen gewarnt und erklärt, sie bewerteten die geplanten Kundgebungen nicht als Abkehr der Deutschen von den USA. Bei der Regierung hieß es, jeder Demonstrant müsse sich bewusst sein, dass er nur protestieren könne, weil die USA West-Berlin jahrzehntelang verteidigt und die deutsche Einheit unterstützt hätten. Mehrere Grüne und einzelne SPD-Abgeordnete hatten auch zur Teilnahme an den Demonstrationen der "Achse des Friedens" aufgerufen und damit scharfe Kritik der Opposition ausgelöst. KREISE - WOLLEN WEITERE ABSICHTEN BUSHS KENNENLERNEN Die Proteste richteten sich auch gegen angebliche Pläne der USA zu einem Angriff gegen den Irak. In der Bundesregierung hieß es, Pläne für einen Angriff auf den Irak seien nicht bekannt: "Wir wollen die weiteren Absichten Bushs kennen lernen." Schröder werde mögliche deutsche Bedenken gegenüber Bush klar zum Ausdruck bringen. Wichtig sei ein umfassender Ansatz bei der Terror-Bekämpfung, den die USA mit ihren europäischen Verbündeten teilten. Bushs Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice hatte am Wochenende von Deutschland Unterstützung des US-Kurses gegen den Irak gefordert. Sie ließ im ZDF keinen Zweifel an der Absicht der USA, gegen den Irak vorzugehen. Das Regierungsviertel war einen Tag vor Bushs Ankunft von Polizisten, Sicherheitsfahrzeugen und Absperrungen geprägt. Die Zufahrten zur US-Botschaft waren durch Container, Stacheldraht und ein gepanzertes Polizeifahrzeug gesperrt. In der Straße "Unter den Linden" waren zahlreiche Busse mit Bereitschaftspolizisten aus mehreren Bundesländern stationiert. Zwei Wasserwerfer waren nahe dem Hotel "Adlon" postiert, in dem Bush wohnen soll. Auch das nahe Restaurant "Tucher", wo Bush und Schröder am Mittwochabend essen wollen, wurde von Polizisten gesichert. Das Brandenburger Tor, das derzeit renoviert wird, wird von einer Werbehülle der Deutschen Telekom verdeckt, die hinter dem Tor das Weiße Haus zeigt.



Quelle: dpa, 21.02.02, 16.58 Uhr

Erste Auseinandersetzungen bei Demonstrationen in Berlin

Berlin(dpa) - Bei der Demonstration von Kriegsgegnern vor dem Besuch von US-Präsident George W. Bush in Berlin ist es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen. Dabei wurden nach Augenzeugenberichten rund 25 Polizisten von etwa 100 Demonstranten aufgehalten und an einen Bauzaun gedrängt. Die Beamten hatten versucht, ein Spruchband aus dem Verkehr zu ziehen. Zur Stunde ziehen etwa 10000 Menschen in Berlins Mitte vom Bebelplatz zum Alexanderplatz. Bush wird morgen in Berlin erwartet.



Quelle: ap, 21.02.02, 16.28 Uhr

Tausende bei Großdemonstration vor Bush-Besuch in Berlin

Berlin (AP) Einen Tag vor dem Besuch des US-Präsidenten George W. Bush haben in Berlin mehrere tausend Menschen gegen dessen Politik protestiert. Bei einer von fast 250 Gruppen der Friedens- und Anti-Globalisierungs-Bewegung organisierten Großdemonstration im Stadtzentrum zählte die Polizei zunächst 5.000 Teilnehmer.

Die Veranstaltung stand unter dem Motto "Wir wollen ihre Kriege nicht, Herr Bush - wir wollen gar keine Kriege". Auf Plakaten waren Slogans wie "Krieg ist Terror - Stoppt die globalen Bush-Feuer" und "Achse des Bösen: Washington, Berlin, London, Paris" zu lesen.

Zur Teilnahme an der Demo hatte auch die PDS aufgerufen. Kurz vor Beginn hatten die Veranstalter an alle Demonstranten appelliert, auf Gewalt zu verzichten. Es gehe darum, der Kritik an der US-Politik friedlich Ausdruck zu verleihen, sagte Philipp Hersel von der Anti-Globalisierungs-Organisation Attac.

Das Organisations-Bündnis "Achse des Friedens" hatte mit mehreren zehntausend Teilnehmern bei der Demonstration gerechnet. Die Polizei war mit rund 10.000 Beamten im Einsatz.



Quelle: ap, 21.02.02, 15.59 Uhr

Mehrere hundert Teilnehmer bei PDS-Demonstrationen

Berlin (AP) Mehrere hundert Menschen haben am Dienstag an einer Protestkundgebung der PDS anlässlich des Besuchs von US-Präsident George W. Bush in Berlin teilgenommen. PDS-Chefin Gabi Zimmer übte dabei scharfe Kritik an der Anti-Terror-Politik der USA und warf der Bundesregierung "Feigheit vor dem Freund" vor. "Wer aus uneingeschränkter Unterstützung der USA nicht wagt, seine Kritik an dieser Politik öffentlich zu machen, handelt verantwortungslos", erklärte Zimmer.

Die PDS-Chefin warf Bush "eine bedrohliche Unfähigkeit zu Antworten auf die realen Herausforderungen dieser Welt" vor. Die Politik des US-Präsidenten setze auf Krieg, "und das kann nicht im Interesse der meisten Bürgerinnen und Bürger der USA sein". Die Bundesregierung reagiere darauf mit "verantwortungslosem Schweigen".



Quelle: WDR Hörfunk Nachrichten, 21.05.02, 18 Uhr

Demonstrationen gegen Bush-Besuch

Einen Tag vor dem Besuch des amerikanischen Präsidenten Bush haben 10.000 Menschen in Berlin gegen die US-Militärpolitik demonstriert.

Zu der zentralen Kundgebung vor dem Bush-Besuch hatte ein Bündnis namens "Achse des Friedens" aufgerufen. Dabei wurden auch die Todesstrafe und die Klimapolitik der USA kritisiert.

Eine Demonstration der Berliner Grünen wurde kurz nach Beginn abgebrochen. Gegner des Afghanistan-Krieges und Globalisierungs-Kritiker hatten die Bühne gestürmt und in Sprechchören "Heuchler" und "Kriegstreiber" gerufen.

Die Berliner Polizei rechnet am Rande weiterer geplanter Demonstrationen mit Ausschreitungen



Quelle: BR Hörfunk Nachrichten, 21.05.02, 18 Uhr

Anti-Bush-Demonstration in Berlin

Berlin: Einen Tag vor der Ankunft von US-Präsident Bush haben in der Bundeshauptstadt mehrere tausend Menschen gegen die amerikanische Anti-Terrorpolitik demonstriert. Die Teilnehmer forderten, den Antiterrorfeldzug zu beenden und die Bundeswehr aus Krisengebieten abzuziehen. Eine Kundgebung der Grünen musste abgebrochen werden, nachdem Störer die Parteivorsitzende Roth tätlich angegriffen und niedergeschrieen hatten. Mit einem beispiellosen Aufgebot will die Polizei einen störungsfreien Ablauf des Bush-Besuchs gewährleisten.



Quelle: DLF - Nachrichten 21.02.02, 18 Uhr

Einen Tag vor dem Besuch von US-Präsident Bush demonstrieren in Berlin Tausende Menschen gegen die amerikanische Außen- und Umweltpolitik.

Die Polizei bezifferte die Zahl der Teilnehmer auf 17.000. Zu der Kundgebung auf dem Alexanderplatz hatte das Bündnis "Achse des Friedens" aufgerufen. Ihm gehören 243 Organisationen an, darunter das globalisierungskritische Netzwerk Attac, der Bund für Umwelt- und Naturschutz, die PDS und die Berliner Grünen. Deren Kundgebung wurde abgebrochen, nachdem Demonstranten die Rednerbühne stürmten. Mehrere Personen wurden festgenommen.

Kurz vor Beginn der Demonstration hatten die Veranstalter zum Gewaltverzicht aufgerufen. Zehntausend Polizisten sollen mögliche Ausschreitungen verhindern.



Quelle: SWR HF Nachrichten, 21.02.02, 18 Uhr

Berlin:

Proteste gegen Bush

Die Bundesregierung hat ihre "vorbehaltlose Solidarität" mit den USA bekräftigt. Ein Regierungs-Sprecher sagte, die USA seien Deutschlands wichtigster Verbündeter, Deutschland sei ein dauerhaft verlässlicher Partner der USA. Die Erklärung gilt als Stellungnahme zu den Demonstrationen gegen den Bush-Besuch. Der US-Präsident kommt morgen nach Berlin. Eine Protest-Kundgebung der Grünen ist am Nachmittag abgebrochen worden, weil sie von Gegen-Demonstranten gestört wurde. Zu einer Demonstration der PDS kamen mehrere hundert Menschen. Bei der zentralen Kundgebung unter dem Motto "Achse des Friedens" zogen knapp 20-tausend Menschen durch die Straße "Unter den Linden". Dabei kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Etwa hundert Demonstranten drängten 25 Polizisten gegen einen Bauzaun. Morgen erwartet die Polizei mehrere Zehntausend Demonstranten in Berlin.



Quelle: ap 21.02.02, 12.15 Uhr

DEU/USA/Bush/Demonstrationen

Globalisierungskritiker rufen zu friedlichen Protesten auf

Attac wehrt sich gegen Vorwurf des Antiamerikanismus - BUND fordert von Bush Einlenken bei Umweltpolitik

Berlin (AP) Unmittelbar vor der Berliner Großdemonstration anlässlich des Besuchs von US-Präsident George W. Bush haben die Veranstalter zum Gewaltverzicht aufgerufen. Es gehe darum, der Kritik an der US-Politik friedlich Ausdruck zu verleihen, sagte Philipp Hersel von Attac-Deutschland am Dienstag in Berlin. Zugleich wehrte er sich gegen den Vorwurf des Antiamerikanismus. Die Kritik von Attac richte sich gegen eine bestimmte Politik und nicht gegen Bush. Bei der Großdemonstration des Bündnisses "Achse des Friedens" am Dienstagnachmittag werden mehrere zehntausend Teilnehmer erwartet. 243 in- und ausländische Organisatoren haben nach Angaben der Veranstalter bisher den Aufruf für die Protestveranstaltung unterschrieben. Für die nächsten Tage sind weitere Protestaktionen geplant.

Hersel verwies auf die Forderungen von Attac nach Demokratisierung der Welthandelsorganisation WTO oder nach einer Schuldenbefreiung für Entwicklungsländer. Er sehe "große Parallelen zwischen der Politik der USA und der Bundesrepublik". Deshalb richte sich die Kritik von Attac auch an die Adresse der Bundesregierung, unterstrich Hersel. Mit großer Sorge betrachteten die Globalisierungskritiker auch, dass im Rahmen der Anti-Terror-Koalition in Deutschland bürgerliche Rechte abgebaut worden seien.

Daniel Mittler vom BUND kritisierte besonders die "destruktive Umweltpolitik" der Vereinigten Staaten. Er forderte Bundeskanzler Gerhard Schröder auf, bei seinem Treffen mit Bush "klare Worte" über den Ausstieg der USA aus dem Klimaschutzabkommen von Kyoto zu finden. Mittler warf Bush eine "Politik des Dankeschön" an die Konzerne vor, die seinen Wahlkampf finanziert hätten. So habe Bush die Umweltschutzgebiete in Alaska für die Ölförderung geöffnet oder noch keine Absenkung der Arsen-Werte im Wasser durchgesetzt. Zudem sei in den USA der Bau von 63 neuen Atomkraftwerken geplant. "Wer gegen Gewalt demonstriert, darf dies nicht mit Gewalt tun", zitierte Reiner Braun vom Organisationskomitee Worte von Gandhi als Motto der Veranstaltung. "Wir stehen in dieser Tradition", unterstrich er. Braun lobt die "enge und harmonische" Zusammenarbeit mit der Berliner Polizei. Außerdem stellten die Organisatoren ein eigenes Ordnernetz. Bei vorherigen Veranstaltungen habe sich zudem gezeigt, dass "Randalebrüder" schnell eingekreist werden könnten. Dass es unabhängig von der Großdemonstration an anderen Orten in der Stadt zu Krawallen kommen werde, wollte er nicht ausschließen.(AP/sk/fi/)

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