„Eine Ehrung von Deserteuren ist der Bevölkerung nicht zuzumuten“

Hagener Mahnmal gegen Deserteure

von Christian KingreenRuth Sauerwein
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Im Friedensforum 1/2018 stand in dem Artikel „Das Stuttgarter Deserteursdenkmal und die Diagonale der Erinnerung“ (S. 33) folgender Satz: „In den letzten 10 Jahren wurden Deserteursdenkmäler durch Beschlüsse der Stadtparlamente in Köln und Hamburg aufgestellt.“ Wir haben diesen Artikel mit großem Interesse gelesen. Er hat uns motiviert, die Geschichte des Hagener Mahnmals für die ermordeten Zwangsarbeiter und Deserteure und für die Hagener Frauen und Männer, die sich dem Nazi-Terror nicht beugten, zu dokumentieren.

März 1996: Das „Hagener Friedenszeichen“ beschließt, für die ermordeten ZwangsarbeiterInnen und Deserteure und für die Hagener Frauen und Männer, die sich dem Nazi-Terror nicht beugten, ein Mahnmal zu errichten. Die Kosten sollen durch Spenden aufgebracht werden. Das Mahnmal sollte der Stadtgesellschaft geschenkt werden, lediglich der Platz sollte von der Stadt bereitgestellt werden.

Der Bildhauer Heinz Richter (1924 -2009), Lüdenscheid, wurde beauftragt, eine Skulptur zu entwerfen. Der Text lautet:

„Menschen dieser Stadt gedenken der von den Nazis ermordeten Zwangsarbeiter und Deserteure, ehren die Hagener Frauen und Männer, die sich dem Nazi-Terror nicht beugten, werden gemahnt, Menschlichkeit gegen Unrecht zu setzen, 55 Jahre nach der Nazi-Herrschaft, am 8. Mai 2000.“

Der Plan des Mahnmals wurde in der Stadtgesellschaft kontrovers und sehr emotional geführt. Zur Unterstützung des Anliegens erarbeiteten Mitglieder des Hagener Friedenszeichen und der Künstler Heinz Richter die Ausstellung „Die Wehrmacht ~ das Schwert der Nazis“. In großformatigen Fotos und enthüllenden Texten wird dort die Rolle der Wehrmacht dargestellt. Die Ausstellung wird mehrere Jahre lang in der Region gezeigt.

Der Rat der Stadt Hagen lehnte die Schenkung in der Ratssitzung vom 26.3.1998 ab. Zustimmung kam nur durch die „Grünen“ und einem Teil der SPD. Scharfe Ablehnung durch die CDU: „Eine Ehrung von Deserteuren ist der Bevölkerung nicht zuzumuten.“

28.5.1998 Rehabilitation der Deserteure der Wehrmacht durch den Bundestag.

16.12.1999 erneute Ablehnung der Schenkung durch den Rat der Stadt Hagen.

Ein Mitglied des Hagener Friedenszeichens stellte daraufhin seinen Vorgarten für die Aufstellung des Mahnmals zur Verfügung. Der Vorgarten liegt im Zentrum der Stadt, gegenüber der Hagener Synagoge. Am 8. Mai 2000 wurde das Mahnmal eingeweiht.

Das Hagener Friedenszeichen e.V. (www.Friedenszeichen-Hagen.de) setzt am und mit dem Mahnmal seine Aufklärungsarbeit fort. Wir treffen uns regelmäßig am 8. Mai jeden Jahres hier.

Alle Stadtführungen besuchen diesen Ort.

Auch eine russische Delegation ehemaliger „Zwangsarbeiter“ hat am 23.9.2001 das Mahnmal besucht.

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Dr. Christian Kingreen ist Vorsitzender des Hagener Friedenszeichen e.V.
Ruth Sauerwein ist stellv. Vorsitzende des Hagener Friedenszeichen e.V. .