Tränengas nach Bahrain

“Stop the Shipment” Kampagne in Süd Korea

von Hanui Choi
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Die Kampagne “Stop the Shipment” („Stoppt die Lieferung”) begann, als einigen FriedensaktivistInnen in Südkorea bewusst wurde, dass der Missbrauch von in Korea hergestelltem Tränengas durch die Behörden in Bahrain im Oktober 2013 mindestens 39 Menschen getötet und weiteren, auch Kindern, schwere Verletzungen zugefügt hatte.

Einer glaubhaften Quelle zufolge hatte Korea in den letzten beiden Jahren 1,5 Millionen Tränengaskanister nach Bahrain exportiert. Sie wurden verwendet, um Demonstrationen gegen die Regierung aufzulösen. In Reaktion auf diesen schadensbringenden Handel haben AktivistInnen von Amnesty International Korea, der PSPD (People’s Solidarity for Participatory Democracy), der Friedensorganisation World Without War und andere NROs sich zusammengetan, um den Export von koreanischem Tränengas nach Bahrain zu stoppen. Es ging darum, die Menschenrechtsverletzungen zu verhindern, die mit dem Tränengas begangen wurden. Außerdem koordinierten sie sich mit der NRO Bahrain Watch, die sich an der „Stop the Shipment“-Kampagne beteiligte und Menschen in Bahrain und international in anderen Ländern mobilisierte. Die Kampagne fand zwischen Oktober 2013 und Anfang Januar 2014 statt, bis Südkorea am 8. Januar 2014 ankündigte, den Export von Tränengas nach Bahrain zu beenden.

Schlüssel zum Erfolg
Schlüssel zum Erfolg waren eine effektive Kampagne, internationale Solidarität und glaubhafte interne Quellen. Die Kampagne wurde mit hoher Dringlichkeit durchgeführt. Wir hatten erfahren, dass die bahrainischen Behörden eine Ausschreibung für bis zu 1,6 Millionen Tränengaskanister, 90.000 Tränengasgranaten und 145.000 Betäubungsgranaten veröffentlicht hatte und dass eine südkoreanische Firma eine der vorgesehenen Lieferanten war. Wir setzten vier verschiedene Strategien ein: Öffentlichkeitsarbeit schloss Online-Plattformen wie Twitter ein. Lobbyarbeit bestand aus Presseerklärungen, die vor der Verwaltung für Verteidigungsanschaffungen (DAPA) und der nationalen Polizeiagentur verlesen wurden, und dem Senden von öffentlichen Fragebögen an diese beiden Behörden. Zur Medienarbeit gehörte die Information über die schweren Menschenrechtsverletzungen, die durch das koreanische Tränengas verursacht wurden. Da DAPA für die Exportgenehmigung zuständig war, riefen wir DAPA fast jeden Tag an, um zu fragen, ob die Erlaubnis erteilt worden sei. Dies war die einzige Art und Weise, auf die wir den aktuellen Status der Lieferung erfahren konnten, und es übte Druck auf DAPA aus, weil sie erfuhr, dass die Zivilgesellschaft ihre Genehmigungspraxis verfolgte.

Die „Stop the Shipment“-Kampagne wurde nicht nur von Friedensorganisationen, sondern auch von anderen Gruppen unterstützt. Während der Zeit der Militärdiktatur hatte sich in Südkorea in den 1980ger Jahren eine Demokratisierungsbewegung gebildet. Um deren Demonstrationen aufzulösen und die Menschen zu unterdrücken, hatten die koreanischen Behörden massiv Tränengas eingesetzt, was zum Tod einiger Menschen führte. Die Zivilgesellschaft in Südkorea war infolge der Demokratisierungsbewegung gestärkt worden. Dies erklärt teilweise, warum viele Bürgerrechtsgruppen die Entscheidung von DAPA kritisierten und Scham empfanden, was koreanisches Tränengas Menschen in Bahrain antat.

Auch die Rolle von Bahrain Watch war sehr wichtig dabei, DAPA zu zwingen, den Export von Tränengas auszusetzen. Ihre Aktivitäten und die ihrer Unterstützer*innen in Bahrain übten Druck auf die koreanischen Behörden aus. Nach der Aussetzung der Exporte im Januar 2014 besuchte eine Delegation von Bahrain Watch Südkorea. Es ging darum, der Initiative Nachdruck zu verleihen, eine Änderung des Gesetzes zur Waffenkontrolle in Bezug auf den Export von Instrumenten zur Aufstandsbekämpfung (wie Tränengas u.ä.) an Länder, in denen  ein Risiko schwerer Menschenrechtsverletzungen besteht, zu erreichen. Dank des Besuchs und der Arbeit von Bahrain Watch wurde dem Thema viel Aufmerksamkeit in Südkorea und in der internationalen Gemeinschaft gewidmet.

Mithilfe eines Whistleblowers bekamen wir detaillierte Informationen über den Tränengas-Deal. Meistens ist es unmöglich, präzise Informationen über Waffenexporte zu bekommen, da der Staat sich auf die „nationale Sicherheit“ beruft, um solche Verkäufe geheim zu halten. Doch er besorgte uns die notwendigen verlässlichen Infos, ohne die die Kampagne nicht erfolgreich gewesen wäre.

Unglücklicherweise ist es immer noch denkbar, dass der Tränengasexport wieder aufgenommen werden wird. Denn die Versuche von AktivistInnen und mehreren Parlamentsabgeordneten, das Exportgesetz zu verändern, blieben ohne Erfolg. Aber wir haben gelernt, wie man eine erfolgreiche Kampagne durchführt: mithilfe starker Solidaritätsbande. Diese gute Erfahrung wird uns FriedensaktivistInnen ermutigen, unsere Gesellschaft zum Besseren zu verändern.

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Hanui Choi ist Vorstandsmitglied von World Without War und Koordinatorin und Friedenserzieherin bei PEACEMOMO, einer südkoreanischen Friedensbildungsintiaitive. Zuvor war sie als Kampagnenkoordinatorin von Amnesty International Korea und als solche aktiv an der Kampagne „Stop the Shipment“ 2013-14 beteiligt. Übersetzung: Christine Schweitzer