Redebeitrag für den Ostermarsch Goslar am 8. April 2023

 

- Sperrfrist: 8. April 2023, Redebeginn: 10 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Anwesende,

vielleicht haben Sie das ja auch schon zu hören bekommen: Was Du gehst für Frieden in der Ukraine demonstrieren, mit den Putinverstehern und Lumpenpazifisten? Das signalisiert doch: „Lasst die Russen Ukrainer töten, foltern und vergewaltigen“. Letzteres unterstellte der ukrainische Außenminister Kuleba den Demonstranten in Berlin.

Deshalb gleich zu Beginn: Nein, wir rechtfertigen diesen völkerrechtswidrigen Krieg nicht! Gerade weil uns das Töten und die furchtbaren Zerstörungen genauso das Herz zerreißen wie den meisten Menschen, setzen wir uns für ein schnelles Ende des Krieges ein. Allerdings auch für ein Ende aller Kriege: im Jemen, in den kurdischen Gebieten, in Mali… Wir setzen uns ein für Verhandlungen, zivile Konfliktlösung und eine gemeinsame europäische Sicherheitsarchitektur unter Einschluss Russlands!

Der Ukrainekrieg, längst von einem Regionalkonflikt zu einem Stellvertreterkrieg der NATO gegen Russland mutiert, trägt die Gefahr eines Atomkrieges in sich. Den müssen wir verhindern! Über die fatalen Auswirkungen des Krieges auf unser Klima, hören wir nachher noch etwas. In den USA gibt es übrigens eine rege Diskussion von Journalisten, Ökonomen, Politikwissenschaftlern, Militärs und Politikern (wie Chris Hedges, Noam Chomsky, Scott Ritter, Jeffrey Sachs, Douglas McGregor, Prof. John Mearsheimer, sowie Jack Matlock, George Kennan und nicht zuletzt Henry Kissinger) über Ursachen und Lösungsmöglichkeiten des Krieges. Und bei uns? Die wenigen kritischen Geister werden diffamiert, teilweise in die rechte Ecke gestellt, wie u.a. Ulrike Guérot, Gabriele Krone-Schmalz, Daniele Ganser und das Nachrichtenportal NachDenkSeiten. Warnungen von ehemaligen Militärs wie H. Kujat, E.Vad und andere finden kein mediales Echo.

Wir haben kein Problem mit unterschiedlichen Standpunkten. Unser Problem ist der fehlende, bzw. vergiftete Diskurs, die Uniformität der Massenmedien und die falschen Erzählungen der Politik.

Beispiele gefällig?

  • Zeitenwende: Der erste Krieg in Europa nach 1945 - Falsch: Das war der völkerrechtswidrige Krieg gegen Jugoslawien mit deutscher Beteiligung 1999; übrigens mit Flächenbombardements gegen Krankenhäuser, Schulen Brücken und andere Infrastruktur!
  • Zum Beispiel: Russland ist nicht verhandlungsbereit. - Falsch: In seiner Rede 2001 im Bundestag, bot Putin im Sinne Gorbatschows ein gemeinsames Haus Europa an. Es gab gar Überlegungen für einen Beitritt Russlands in die NATO. Aber nichts geschah, außer der Integration ehemaliger Staaten der Sowjetunion in die NATO. Auf der Sicherheitskonferenz 2007 in München kritisierte Putin genau das. Das letzte Verhandlungsangebot an die NATO datierte vom Anfang 2022. Alle diese Angebote wurden ignoriert.
  • Zum Beispiel: In der Ukraine werden die Werte des Westens verteidigt! Achtung, wenn in der Politik Moral und Werte beschworen werden dient das meistens der Vernebelung der wahren Interessen! Meistens geht es um geostrategische und wirtschaftspolitische Ziele. Und zeigen nicht die völkerrechtswidrigen Kriege gegen Jugoslawien, den Irak, Syrien, Libyen und Afghanistan mit all den Zerstörungen und Kriegsverbrechen, die nichts als verbrannte Erde hinterlassen haben, für die niemand belangt und vor Gericht gestellt wurde, die Doppelmoral des Westens?

Was ist nötig, um einem Frieden näher zu kommen?

1. Die Vorgeschichte des Krieges kennen, denn dort liegt der Schlüssel für die Lösung des Konfliktes. Heißt für die Ukraine: Der Krieg begann spätestens 2014 mit dem Putsch gegen den gewählten Präsidenten Janukowitsch und der Diskriminierung der russischsprachigen Bevölkerung. Der Bürgerkrieg gegen den Donbass forderte bis 2022 ca. 14.000 Tote.

Die NATO-Osterweiterung und die Nichtumsetzung des Minsker Abkommens sind weitere Schlüsselpunkte. Um Missverständnissen vorzubeugen: Das sind Erklärungen, keine Rechtfertigungen!

2. Friedensstiftung erfordert auch die Sichtweise des Gegners zur Kenntnis zu nehmen. Heißt im Fall Ukraine: Die rote Linie Russlands sind Raketen, die in 5 Minuten Moskau erreichen. Mit der Einkreisung Russlands und der Stationierung von Raketen in Polen und Rumänien, sowie geplant auch in der Ukraine, bleiben Russland keine 5 Minuten Vorwarnzeit. Ohne die Akzeptanz dieser roten Linie wird es keinen dauerhaften Frieden geben!

Erinnern wir uns: Weil die USA 1962 nicht hinnehmen wollten, dass auf Kuba russische Raketen stationiert wurden, die in 5 Min Washington erreichen konnten, drohte ein Atomkrieg. Dieser wurde verhindert durch Diplomatie; Chruschtschow und Kennedy sollen täglich telefoniert haben. Schließlich wurden die Raketen abgezogen.

Kriege werden am Verhandlungstisch beendet. Je früher dieser schreckliche Krieg endet, desto besser.

Deshalb unsere Forderung an die Bundesregierung:

  • Kehren Sie zurück zur Diplomatie. Unterstützen Sie alle bestehenden Vermittlungsangebote!
  • Beenden Sie die Sanktionen, die Deutschland und den globalen Süden am schärfsten treffen!
  • Beenden sie die Aufrüstung, wir brauchen das Geld für Soziales und die Bewältigung des Klimawandels!
  • Zum Schluss möchte ich aus einem alten Ostermarschlied zitieren:
  • Marschieren wir gegen den Osten? - Nein!
  • Marschieren wir gegen den Westen? - Nein!
  • Wir marschieren für die Welt, die von Waffen nichts mehr hält -
  • Denn das ist für uns am besten!

Vielen Dank.

 

Ulrike Schmitz ist beim Friedensbündnis Goslar aktiv.