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Antikriegstag 2005

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag zum Antikriegstag am 1.9.2005 in Schwäbisch Hall

Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde,

Anne Rieger (in Schwäbisch Hall)

- Sperrfrist: 1.9.2005, 17 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort! -



"Seit vier Uhr früh wird zurückgeschossen"

Mit dieser Lüge wurden die Bevölkerung am 1. September 1939 auf den Beginn des deutschen Eroberungskrieges eingestimmt.

55 Millionen Menschen wurden in diesem Krieg umgebracht, ungezählte wurden verletzt und verstümmelt, tausende Dörfer und Städte zerstört, Millionen haben ihre Wohnung und ihre Habe verloren, wurden evakuiert, eingesperrt, deportiert.

In einem beispiellosen Vernichtungskrieg unterwarf sich das Nazi-Regime fast den gesamten europäischen Kontinent und einen Teil von Nordafrika. Hunderttausende wurden zur Zwangsarbeit verschleppt, ihre Arbeitskraft ausgebeutet von Konzernen, Staat, Kirchen und Kommunen. Auch hier in Hall gab es Zwangarbeiter.

11 Millionen politisch und rassisch Verfolgte - darunter 6 Millionen jüdische Mitbürger - wurden in Konzentrationslagern und Ghettos von SS, Wehrmacht und Polizei ermordet. Und wie in Hessental, noch wenige Tage vor dem Ende des verlorenen Krieges auf Todesmärsche geschickt.

Angesichts dieser verbrecherischen, diese mörderische deutsche Geschichte fordern wir:

Nie wieder!

Deutsche Truppen haben im Ausland nichts zu suchen.

Wir sagen nein zur Ausweitung des den Bundeswehreinsätzen in Afghanistan,

Wir sagen nein zu den deutschen Krisenreaktionskräften dort.

Deutschland wird nicht am Hindukusch verteidigt.

Wir sagen nein zum Vorauskommando der Bundeswehr in Indonesien.

Kein Land der Welt braucht deutsche Truppen als militärisches Aufsichtspersonal.

Wir fordern von der jetztigen und der zukünftigen Bundesregierung:

Holen sie alle deutschen Truppen aus dem Ausland zurück.

Von deutschem Boden muss Frieden ausgehen.

Nicht noch einmal!

Nie wieder Faschismus - Nie wider Krieg.

"Ich muss an jedem 1. September vor allem an die denken, die den Krieg verhindern wollten. Zumeist waren es einfache Frauen und Männer, vorwiegend aus der Arbeiterbewegung, die nicht erst gegen diesen Krieg kämpften, als er schon verloren war. Sie wollten den Krieg verhindern, als das nicht gelang, kämpften sie für seine Beendigung.

Alles haben sie dafür riskiert: Existenz, Freiheit, Gesundheit und Leben. Sie gaben ihr Leben um Leben zu retten".

Die Worte stammen von Peter Gingold, 85 Jahre und Bundessprecher der VVN-BdA er kämpfte in der Französischen Resistance gegen die Nazis Er gehört zu den Überlebenden des deutschen Terrorregimes.

Auch ich will mit euch, heute derjenigen gedenken, die schon vor 1939, ja schon vor 1933 gegen den Krieg der Nazis kämpften. Gegen den Eroberungskrieg der deutschen Schwerindustrie und der Großbanken um Rohstoffe, Einflußsphären und Märkte. Wir wollen deren gedenken, die das andere Deutschland repräsentierten.

Sie sind unserer Vorbilder.

In ihrer Tradition stehen wir heute hier am Antikriegstag.

Wir setzen uns dafür ein, dass nicht in Vergessenheit gerät: Großbanken und Konzerne haben Hitler und seine Faschisten an die Macht gebracht haben. Und sie, Großbanken und Konzerne haben Jahr für Jahr an diesem Terror-Krieg immense Summen verdient.

Unter denen, die an den Billionen Dollar der Kriegsausgaben und Kriegsschäden verdienten, waren die Aktionäre und Gesellschafter der Deutsche Bank, von Daimler Benz, der Mannesmann AG, AEG, IG Farben, der Hoesch AG um nur einige der Kriegsgewinnler des Faschismus zu nennen.

Heute, 60 Jahre danach müssen wir feststellen, Das "Nie wieder" von 1945 wurde nicht eingelöst.

Unter Verdrehung geschichtlicher Wahrheiten, wurde durch die rotgrüne Regierung Krieg wieder zum Mittel der Politik gemacht. Um einen angeblichen Faschismus abzuwehren führte die NATO - Deutschland inclusive - einem Angriffskrieg gegen jugoslawische Menschen.

Das Ergebnis dieses Krieges ist der Ruin eines ganzen Wirtschaftssystems, vergesellschaftete Unternehmen wurden in den Ruin getrieben, das Finanz- und das Bankensystem wurde zerstört, Sozialprogramme und soziale Institutionen wurden dem Erdboden gleich gemacht, einschließlich des Ausverkaufs ganzer Industriezweige an europäische und US amerikanische Konzerne, sowie die Gewinnung "neuer Märkte" für diese Konzerne und das Gerangel um "Einflußsphären" auf dem Balkan.

Heute, sechs Jahre nach dem Überfall auf die Bundesrepublik Jugoslawien erhalten deutsche Energiekonzerne Zugriff auf wesentliche Anteile der Strom- und Gasmärkte in Südosteuropa. Das entsprechende Abkommen, das die vormaligen Nationalunternehmen der westlichen Konkurrenz ausliefert, soll am 26.Oktober unterzeichnet werden. Betroffen sind sieben Balkanstaaten, die sich verpflichten müssen, ihre Hoheitsgebiete den EU-Energieunternehmen endgültig zu öffnen. Der Angliederung des südosteuropäischen Energiemarktes wird wegen der geografischen Brückenlage zum Mittleren Osten und nach Zentralasien hohe Bedeutung zugeschrieben.

Profitt waren die tatsächlichen Gründe für den terroristischen Bombenüberfälle auf die Menschen in Jugoslawien.

Heute stehen dort immer noch deutsche Soldaten - für wirtschaftliche deutsche Interessen

Wir fordern: Die Soldaten müssen sofort in ihre Kasernen zurückgerufen werden.

Aber die Industrie mischt sich ein. Der Bundesverbandes der deutschen Industrie fordert, Zitat "... eine Transformation der Bundeswehr von einer klassischen Verteidigungsarmee hin zu hochmobilen Krisen-Interventionskräften ..." die Wirtschaftsführer dieser Republik halten das für Zitat "zwingend erforderlich".

In ihrem 100-Seiten-Papier, das sie "Für ein attraktive Deutschland -Freiheit wagen - Fesseln sprengen" nennen fordern sie weiterhin eine "Budgetverstärkung der Verteidigungsetats". Um "die staatlichen Investitionen" für "Verteidigung" "deutlich zu steigern" fordern sie von der Regierung die "Sozialausgaben" ... "drastisch zu reduzieren"

Deutlicher als der BDI hier hat bisher niemand die Aufrüstung auf Kosten des Sozialstaats gefordert.

Heute werden bereits 30 Mrd. Euro unserer Steuergelder für Rüstung und Kriegswaffen ausgegeben Damit muss endlich Schluss sein.

Im Gegenteil:

Der Rüstungshaushalt muss gekürzt werden, die Interventionstruppen aufgelöst, und die Kriegswaffenkäufe gestoppt und schrittweise rückgängig gemacht werden. Unser Land braucht Abrüstung statt Sozialabbau, braucht ein nachhaltiges Konversionsprogramm..

Die Menschen in Deutschland brauchen vorrangig öffentlich geförderte Arbeitsplätze und Investitionen in Kinderbetreuung, Bildung, Gesundheit, Umweltschutz, in regenerative Energien und öffentlich geförderten Nah- und Fernverkehr.

Der deutsche Sozialstaat wird nicht am Hindukusch, sondern gegen die Mächtigen in Wirtschaft, Politik und Publizistik hier im Land verteidigt.

Nein, Bundeskanzler Schröder ist kein Friedenskanzler.

Denn er hat mit seiner Koalitionsregierung die Militarisierung der deutschen Politik vorangetrieben. Seinen Koalition war für den NATO-Krieg in Jugoslawien und hat sich aktiv daran beteiligt. Er schickt KSK-Truppen in den Kriegseinsatz nach Afghanistan. Er hat zwar keine deutschen Soldaten in den Irak geschickt, aber indirekt hat er die agressiven Überfall auf die Menschen im Irak unterstützt, in dem er deutsche Soldaten für die Sicherung der US-Flughäfen in Deutschland zur Verfügung gestellt hat, die Genehmigung gegeben hat, dass US-Bomber und US-Transportflugzeuge für den IRAK-Krieg deutsches Territorium nutzen und überfliegen konnten.

Der Kanzler hat die Umwandlung der Bundeswehr in eine Interventionsarmee vorangetrieben. Sich für die Militarisierung der EU eingesetzt. Und versucht, die UNO für deutsche Weltmachtambitionen zu instrumentalisieren.

Nein, dieser Kanzler hat den Friedensnobelpreis nicht verdient.

Eher schon Cindy Seehan. Die Mutter eines der 1870 toten US-Soldaten des Irak-Krieges. Seit dem 6. August - vier Wochen - campierte sie vor der Ranch von Bush, der dort Urlaub machte. Sie wollte ein Gespräch mit Bush.

"Warum musste mein Sohn im Irak sterben?", diese simple Frage will Cindy Sheehan dem US-Präsidenten Bush direkt stellen.

"I want to speak to Mister President". Bush weigerte sich

Sie ist zur Galionsfigur der US-Friedensbewegung geworden. Cindy Sheehan legt den Finger in die Wunde. 2.000 Kriegsgegner unterstützen die mutige Frau. Cindy Sheehan will Zitat "die Wahrheit" über den US-Krieg erfahren. Sheehanns Aktion schlägt hohe Wellen. Sie trifft den Nerv der Gesellschaft. Die Fragen die sie stellt sind nicht neu. Aber sie klingen anders aus dem Mund einer frau, deren Sohn gefallen ist: "Warum dieser Krieg?", "Wie lange soll das noch so weitergehen?", Genau das fragen sich immer mehr Amerikaner auch. Wir bewundern ihren Mut und ihre Hartnäckigkeit. Sie ist uns Beispiel ebenso wie der deutsche Major Florian Pfaff. Er weigerte sich als Software Spezialist Computerprogramme zu schreiben und damit den Irak-Krieg logistisch zu unterstützen. Für sein mutiges und konsequentes Eintreten unter den gegebenen Umständen die ihm erteilten Befehle zu verweigern erhielt er vom Bundesverwaltungsgericht recht. Major Florian Pfaff Degradierung musste zurückgenommen werden. Hut ab - vor solch einem Menschen.

Wir wissen, der US-Krieg gegen die irakischen Menschen war völkerrechtswidrig. Die Gründe für den US-Überfall auf den Irak sind Rohstoffraub, rabiates Streben nach globaler Hegemonie, Demonstration der militärischen High-Tech-Überlegenheit.

Krieg und Besatzung haben zehntausenden Irakis das Leben gekostet. Und hundertausende führen ein verarmtes Leben, nicht einmal genug Öl haben die Menschen in dem an Öl so reichen Land.

Wir fordern ein sofortiges Ende der Besatzung.

Denn die der völkerrechtswidrige Überfall und die anhaltenden Besatzung des Landes sind die Ursachen für den Terror und Panik.

Wir fordern die Einstellung der indirekten Unterstützung der US-Besatzung des Iraks.:

In den nächsten Tagen müssen wir unsere Stimme abgeben. Wählbar sind für uns diejenigen, die sich für eine vorausschauende nichtmilitärische Friedenspolitik einsetzen. Sie muss weltweit auf die Beseitigung von Konfliktursachen gerichtet sein. Grundlagen dieser Politik sind Gerechtigkeit, Solidarität,, Entwicklung, Emanzipation, Recht auf demokratische Teilhabe und nachhaltiger Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen. Politische Probleme dürfen nicht mit sogenannten "Friedenserzwingenden Maßnahmen" angegangen werden. Politische Probleme militärisch zu lösen ist der falsche, ist ein menschenverachtender Weg.

Krieg darf kein Mittel der Politik mehr sein.

Keine Stimme für Militarisierung und Krieg.

Abrüstung statt Sozialabbau!



Anne Rieger ist 2. Bevollmächtigte IG Metall in Waiblingen und eine Sprecherin Bundesausschuss Friedensratschlag.

E-Mail: annerieger@t-online.de

Website: anne.rieger.de.tf
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