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Antikriegstag 2005

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Redebeitrag zum Weltfriedenstag in Erfurt am 1. September 2005

Liebe Freundinnen und Freunde,

Edeltraud Kotzanek (in Erfurt)

Wir haben uns heute hier versammelt zum Gedenken und zur Mahnung an den Überfall der Wehrmacht des faschistischen Deutschlands auf Polen, am 1.September 1939. Damit begann der zweite Weltkrieg. 6 Jahre später wurde er, nach seiner Ausdehnung auf die ganze Welt und Millionen von Toten in Europa am 8. Mai und in Asien am 2. September 1945 beendet.

Formal begann der zweite Weltkrieg am 1. September 1939, doch und das darf nicht außer Acht gelassen werden, dieser Tag hat eine Vorgeschichte. Und wenn wir heute diesen Tag als Weltfriedenstag bzw. Antikriegstag begehen, so darf nicht vergessen werden, dass Kriege nicht einfach so ausbrechen, sondern vorbereitet werden.

Das heißt, er muss erst in den Köpfen vorbereitet werden, insbesondere bei dem Großteil der Bevölkerung, die meint, die da oben, die Regierenden werden es schon wissen. Für den Einsatz militärischer Gewalt, muss Akzeptanz geschaffen werden. Und dies geschieht weit vor dem Einsatz militärischer Gewalt. Krieg und Gewalt wird vorbereitet durch die Erklärung der Notwendigkeit von Krieg und Gewalt. Im Moment des "Kriegsausbruchs", des Einsatzes militärischer Gewalt erscheinen die Gründe dann für viele als nachvollziehbar.

Dies war auch die Politik der Faschisten in Deutschland. Nicht nur die politischen Gegner wurden Mundtot gemacht und in vielen Fällen auch real ermordet. Neben diesen offensichtlichen Verbrechen bestand die Politik darin, in der Gesellschaft durch unterschiedlichste Maßnahmen Akzeptanz für diesen verbrecherichen Krieg zu schaffen. Keine aktive Akzeptanz, die laut "Hurra" schreit, sondern eine passive Akzeptanz, die nicht "Nein" ruft, die wegsieht, bevor es an die eigene Haut geht, die meint, dass wird schon alles seine Richtigkeit haben.

Dass der zweite Weltkrieg beginnen konnte, dass die faschistische Wehrmacht Polen überfallen konnte, hatte ganz wesentliche Gründe darin, dass lange vorher begonnen wurde die Akzeptanz für diesen Krieg und das ihn führende aggressive System herzustellen und aufrechtzuerhalten.

Der zweite Weltkrieg begann formal am 1. September 1939. Sollen aus ihm aber Lehren gezogen werden, ist auch an die vorangehende Gewöhnung an militärische Gewalt, ja Gewöhnung an Gewalt als Mittel der Konfliktbearbeitung zu erinnern. Für uns heißt dies heute, nicht nur die Waffen zu kritisieren, sondern auch die Worte, mit denen die Waffen und ihr Einsatz begründet werden.

Diese Kritik darf sich aber nicht nur an den vermeintlich "Weltgendarm", die US-Regierung richten. Für uns in Deutschland ist der Adressat der Kritik auch die Bundesregierung. Auch sie bereitet den Einsatz von Waffen mit Worten vor. Bundeskanzler Schröders Forderung, dass, es im Bewusstsein dieser Gesellschaft zu verankern (gilt), dass es in Zukunft keine Tabuisierung der militärischen Maßnahmen mehr geben (darf)`, heißt doch wohl nicht anderes, als dass wir den Einsatz militärischer Gewalt (wieder) als Notwendigkeit zu akzeptieren haben. Ich und ich denke wir alle hier, akzeptieren diese Notwendigkeit, diesen scheinbaren Sachzwang nicht.

Im Windschatten einer vermeintlich von der US-amerikanischen Regierung betriebenen Militarisierung der internationalen Beziehungen wird innerhalb der EU daran gearbeitet auf gleiche militärische Augenhöhe mit den USA zu kommen. An dieser Linie der EU ist die Bundesrepublik maßgeblich beteiligt. Alle großen Aktionen, der EU militärische Mittel an die Hand zu geben, wurden von der Bundesrepublik zwar nicht angestoßen, aber immer zentral mitgetragen.

Zu nennen sind hier auch die Passagen in der zur Ratifizierung anstehenden EU-Verfassung, einer Verfassung, die sich in weiten Teilen damit beschäftigt, wie die militärische Handlungsfähigkeit der EU gestärkt werden kann, und die eine permanente Aufrüstung festschreibt.

Kritik an dem Verfassungsentwurf und die Ablehnung des Entwurfs wegen seiner militärischen Teile heißt aber nicht den europäischen Integrationsprozess zu verneinen. Nicht diejenigen, die Kritik an dieser Verfassung und besonders an ihrem militärischen Kern äußeren, legen die Axt an die Wurzel der europäischen Integration, sondern die, die diese Integration militarisieren wollen, anstatt Militär und Gewalt abzubauen.

Wenn wir also heute uns hier zusammengefunden haben, um der Opfer des zweiten Weltkrieges zu gedenken und zu mahnen die Lehren aus der Geschichte zu ziehen, dann sind das nicht nur die Lehren aus Krieg, es sind auch die Lehren aus Gewalt und der Herstellung von Verhältnissen die Gewalt befördern.

Und die gleichen Worte, die uns zu erklären versuchen, dass Gewalt in den internationalen Beziehungen notwendig ist, versuchen uns auch zu erklären, dass jeder sich selbst der Nächste ist. Wenn es um Friede in der Welt gehen soll, können wir dies nicht hinnehmen. Den Frieden heißt auch immer soziale Gerechtigkeit, in der Bundesrepublik und weltweit.



Edeltraud Kotzanek ist aktiv beim Aktionskreis für Frieden in Erfurt.
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