Antikriegstag 2006

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01.09.2006


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Antikriegstag 2006

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag zum Antikriegstag am 1.9.2006 in Kaiserslauter

Krieg ist nicht einfach Lauf der Zeit

Bernhard Eicher (in Kaiserlautern)

- Sperrfrist: 01.09.2006, Redebeginn: 18 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -

Liebe Menschen friedlichen Willens,

wenn wir uns hier im Innenhof der Stiftskirche versammeln, dann spüren wir noch die Wunden an diesem Ort, die Krieg und Zerstörung hinterlassen haben. Manche nehmen die Wunden der Kriege gar nicht mehr wahr. Viele nehmen die Kriege in der gegenwärtigen Welt nicht mehr wahr. Sie denken:

Das ist eben der Lauf der Zeit. Das ist eben so.

Aber Krieg ist nicht einfach Lauf der Zeit. Er wird von Menschen gemacht, geführt, gewollt. An der im Krieg zerstörten Stiftskirche ist vieles restauriert, neu gebaut worden. Manchmal werden mit der Restauration auch alte, lange überholte Vorstellungen wieder restauriert: Dass die Bibel uns Christen dazu ermutige, sich als höher stehende, bessere, moralisch qualifizierter zu halten. Kriege entspringen solchen Denken. Der Lehrtext für den heutigen Tag sagt genau das Gegenteil:

Dieses Wort für heute ist aus dem Johannesevangelium und dort sagt Jesus: "Ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden."

Also auf die Stimme dessen hören, der Frieden bringen will.

Den anderen achten, an dem Jesus mit seiner Botschaft des Friedens Interesse hat.Den anderen nicht deshalb im Blick, im gierigen Blick haben, weil er Bodenschätze, Güter und Rohstoffe, Energieträger hat. Den anderen achten als einen, der eine Zukunft hat. Und diese Zukunft fordert, dass wir alles tun, was dem Frieden dient, was den Frieden und weltweite Gerechtigkeit fördert. Heute geben wir viel Geld für Gewaltmaßnahmen aus, für tatsächliche oder angedrohte. Friedensbildendes fördert ja auch nicht die Konjunktur, jedenfalls nicht kurzfristig. Aber kurzfristig ist, wie heute noch viele, zu viele Politiker denken. Produzieren, Zerstören, Produzieren, das scheint ein verlässlich profitabler Kreislauf zu sein. Bis alles zerstört ist. Dabei gilt es schon die Anfänge wahrzunehmen: Vor Jahren, ich erinnere mich noch gut, haben sich vor allem die Kirchen einer Wehrerziehung in den Schulen der DDR entgegengestellt. Daraus war eine große Friedensbewegung entstanden. Wir haben heute eine viel umfassendere Wehrerziehung, sprich Erziehung zu Krieg und Gewalt in der Bundesrepublik: Heute gibt es kaum noch eine Straße, in der nicht Kinder, jawohl Kinder, mit Waffen, Softair-Pistolen aufeinander zielen, und so als sei das ganz selbstverständlich, einander abknallen.

Der heimliche Lehrplan:

Gewöhnung der Kinder daran, dass Waffen und Gewalt ganz selbstverständlich zu unserer Gesellschaft und denAuseinandersetzungen gehören. Eine gute Vorbereitung auf sogenannte zukünftige friedensbildende Maßnahmen. Maß genommen wird an Gewalt und Zerstörung. Nicht am Frieden. Ich höre weder in der Kirche noch in der Gesellschaft ernstzunehmende Stimmen, die diese Waffen als das benennen, was sie sind: Scheinbar spielerische Gewöhnung an todbringende Instrumente. Und wer schon gesehen hat, wie echt diese Geräte aussehen, den überkommt ein Grausen. Aber schon da kann man mit Krieg Geschäft machen. Und wer möchte heute ein Geschäft verhindern. Krieg beginnt in den Köpfen. Schon in den Köpfen von Kindern. Da wird am Computer in einem sogenannten Ego-Shooter-Spiel der Vietnam - Krieg nachgespielt, so dass Amerika ihn gewinnt. Das sind Spiele übrigens, die sich nur ganz wenig unterscheiden von den Programmen, mit denen amerikanische Soldaten auf den Krieg vorbereitet werden. Wer da aufmerksam zuschaut, der sieht: Da gibt es keine Soldatenfriedhöfe. Die toten Soldaten verschwinden einfach oder sie feiern nach 7 Sekunden, wenn es sich um den Spieler handelt, Auferstehung.

Gewöhnung an Gewalt - spielerisch.

Politisches Umfeld, Realität des Krieges, die Wirklichkeit von Verletzungen, Amputationen, das Leid der Familien - Fehlanzeige. Es könnte ja jemand darauf kommen, wie grausam ein Krieg ist. Den Krieg ächten und das - denke ich - verbindet uns, die wir hier sind, über alle Unterschiede hinweg, den Krieg ächten, damit er nicht mehr Leid erzeugen kann, ungerechte Herrschaftsstrukturen festigen kann - den Krieg ächten, das bedeutet auch diese Waffen, diese Spiele zu ächten, mit denen Kinder an den Krieg, an das Töten gewöhnt werden sollen. Ächten - nicht verbieten. Auch der Krieg der Kinder beginnt im Kopf der Eltern, weil sie nicht nachdenken, weil sie ihre Ruhe haben wollen, manche sicher auch, weil sie Gewalt gut finden.

Ächten das heißt:

Was nicht die Achtung zwischen Menschen fördert, fassen wir nicht an, lassen wir unsere Kinder nicht anfassen.

Ächten heißt:

Was nicht die Achtung zwischen Menschen fördert, darf nicht die Köpfe der Menschen erreichen.

Es muss bewusst werden: Krieg hat keine Zukunft, weil er die Zukunft der Menschheit untergräbt. Arbeiten wir, jede und jeder an seinem Platz für den Frieden, geduldig, beharrlich, damit die Wunden der Kriege wirklich der Vergangenheit angehören



Bernhard Eicher ist Prot. Pfarrer der Chistuskirche in Kaiserslautern.

E-Mail: pfarramt.kl.christuskirche.2@evkirchepfalz.de

Website: www.kirche-in-kl.de
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