Antikriegstag 2007


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Antikriegstag 2007

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für die Veranstaltung zum Antikriegstag in Münster am 1. September 2007

Liebe Friedensfreunde und -freundinnen,
Bürgerinnen und Bürger,

Norbert Wichmann (in Münster)

- Es gilt das gesprochene Wort -

überall finden bundesweit Veranstaltungen zum Antikriegstag statt. So auch hier in Münster. Eine Tradition die an Aktualität nichts verloren hat.

Mehr als sechs Jahrzehnte nach dem Ende des verheerenden Zweiten Weltkrieges, dem Ende der grausamen Hitlerdiktatur, ist es nach wie vor unsere Pflicht, immer wieder an die Folgen von Krieg und Faschismus zu erinnern und zu mahnen.

Mehr als 60 Millionen Menschen verloren ihr Leben, unsägliches Leid hat die Menschen nach dem Krieg geeint und weltweit die Überzeugung wachsen lassen:

Nie wieder Faschismus - Nie wieder Krieg!

Auch nach 60 Jahren ist diese Hoffnung, ist diese Forderung der Überlebenden, die sie an die Kinder und Enkel weiter getragen haben, immer noch keine Realität!

Noch verhallt Bertha von Suttners Mahnung: "Die Waffen nieder!" ungehört.

Vor mehr als vier Jahren begann die völkerrechtswidrige und auf Lügen basierende Invasion US-amerikanischer Truppen und deren Verbündeter im Irak. Die jüngsten Drohungen der USA gegen den Iran lassen das Schlimmste befürchten. Das Raketenabwehrschild der Amerikaner belebt möglicherweise ein neues Wettrüsten zwischen Ost und West. Der Export amerikanischer Hightechwaffen in der Größenordnung von über 60 Mrd. Dollar in den Nahen Osten ist ein verbrecherischer Akt, der selbst von Konservativen kritisiert wird. Saddam Hussein, die Taliban oder auch Osama Bin Laden wurden nach der gleichen Logik aufgerüstet. Das erklärte Ziel dem Terrorismus weltweit Einhalt zu gebieten wurde nicht nur verfehlt.

Bush hat etwas geschafft, was ohne Krieg und Zerstörung nicht möglich gewesen wäre: Al Kaida ist eine Ideologie geworden. Der Irakkrieg hat den Terror gefördert und gestärkt.

Bekämpft werden müssen nicht die Völker, bekämpft werden muss die soziale Ungerechtigkeit in der Welt. Notwendig ist und bleibt eine Politik, die die soziale Spaltung aufhebt und damit militärische Aggressionen vermeidet.

Trotz des weltweiten Protestes gegen die vermeintliche Logik der Kriegstreiber, die meinen Terrorismus nur mit Waffengewalt bekämpfen zu müssen, hat sich die Stimme der Vernunft und des Friedens nicht durchsetzen können. Zehntausende Kinder, Frauen und unschuldige Zivilisten mussten diesen Wahnsinn mit ihrem Leben bezahlen.

Krieg und Waffengewalt haben sich als untaugliche Mittel zur Herstellung von Frieden und Demokratie erwiesen. Die menschenverachtenden Terroranschläge vom 11.September 2001 die Anschläge März 2004 in Madrid oder die gescheiterten Anschläge der Kofferbomber von Köln werden von uns scharf verurteilt. Täter und Drahtzieher von Terror und Gewalt müssen mit allen rechtsstaatlichen Mitteln einschl. dem Internationalen Strafgerichtshof, zur Verantwortung gezogen werden.

Es sind Mörder, und als solche sind sie zu bestrafen.

Dennoch werden wir uns von niemandem verleiten lassen, ganze Religionen wie den Islam, ganze Kulturen oder gar Völker zu verdammen.

Doch anstatt sich die verheerende Auswirkungen der Kriege einzugestehen und angesichts der Erfolglosigkeit militärischer Aktionen Schluss damit zu machen, wird von der Politik weiter aufgerüstet. Die Militärausgaben in der Bundesrepublik, die 2006 bei 25 Mrd. lagen, wurden in 2007 um 300 Mio. aufgestockt.

Und das angesichts der Zumutungen für die Bevölkerung durch die Streichungen und Zuzahlungen in den sozialen Sicherungssystemen. Weil wir uns Soziales nicht mehr leisten können, müssen Arbeitslose nach 12 Monaten mit Arbeitslosengeld II auskommen, teilweise mit dem Rauswurf aus ihren Wohnungen rechnen und Arbeit zu jedem Preis annehmen. Andernfalls wird ihnen die Leistung entzogen.

Jeder Marschflugkörper zum Stückpreis von einer Million Dollar entfernt uns ein Stück weiter von der Erfüllung notwendiger gesellschaftlicher Aufgaben. Während das Geld für Militär zum Fenster rausgeworfen wird, bleibt die soziale Gerechtigkeit nicht nur in den so genannten Entwicklungsländern, sondern auch bei uns auf der Strecke.

Es muss Schluss sein mit dem sinnlosen Wettrüsten, das jedes Jahr in den USA und in Europa dreistellige Milliardensummen verschlingt!

Die Rüstungsausgaben in Deutschland sind heute bereits fast zweieinhalb Mal so hoch wie die Bundesmittel für Bildung und Forschung.

Geld, das für den Kampf gegen Hunger und Armut, gegen Analphabetismus und AIDS, gegen schreiende soziale Ungerechtigkeit in dieser Welt, gegen die wirklichen Ursachen von Terror, Gewalt und Diktaturen dringend benötigt wird!

Einstein schrieb einmal an seinen Freund Sigmund Freud:

"Was für eine Welt könnten wir bauen, wenn wir Kräfte, die ein Krieg entfesselt, für den Aufbau einsetzten!" Dieser Spruch gilt heute ebenso wie vor 60 Jahren im Angesicht des unbeschreibbaren Grauens der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki.

Außerdem muss endlich Schluss sein mit den boomenden Waffenexporten!

Wir brauchen eine sofortige Abrüstung und die weltweite Durchsetzung des Atomwaffenverbots - egal ob in Nordkorea, Deutschland, USA, Russland oder Israel!

Jede Atomwaffe ist eine Bedrohung der Menschheit, egal in wessen Händen!

Nie wieder Faschismus - Nie wieder Krieg!

Leider hat auch der erste Teil des Mottos nichts an Aktualität verloren. Der aufkeimende Neonazismus ist kaum zu übersehen. Immer dreister formieren sich die Rechtsradikalen - und dies ist schon lange kein ostdeutsches Phänomen mehr. Alle schauen zur Zeit nach Ostdeutschland. Mancher lehnt sich entspannt zurück und zeigt mit dem Finger gen Osten. Natürlich sind auch wir schockiert, wie die rechte Gewalt fröhliche Urstände feiert, wie rechtsfreie Räume entstehen und unter Beifall wie in Hoyerswerda oder unter klammheimlicher Freude der Einwohner wie in Mügeln Asylsuchende oder Andersfarbige verprügelt werden. Gleichzeitig formieren sich die Rechten auch in Westdeutschland immer offener. Zeitgleich findet ein Neonaziaufmarsch in Dortmund statt. Das sie sich erdreisten den Antikriegstag für ihre Aufmärsche zu nutzen, ist eine unerträgliche Provokation. Wenn sie die Gedenkstätten von Naziopfern als Veranstaltungsort wählen, ist das eine Verhöhnung der Millionen Opfer des Nationalsozialismus, den eine wehrhafte Demokratie energisch entgegentreten muss. Wir brauchen deshalb ein klares Signal und endlich ein Verbot der NPD sowie ihrer Nachfolgeorganisationen. Wir brauchen nicht die politische Auseinandersetzung statt eines Verbotes der NPD, wir brauchen beides.

Wir fordern aber auch eine Neuausrichtung in der Wirtschafts- Gesellschafts- Sozial- und Bildungspolitik. Viel zu viele fühlen sich als Verlierer einer Politik, die meint nur durch Deregulierung und die Absenkung sozialer Standards den Herausforderungen einer globalisierten Welt begegnen zu können. Es muss endlich Schluss sein mit einer Politik die zur Verelendung breiter Gesellschaftsschichten geführt hat und gleichzeitig der Umverteilung von unten nach oben den Weg bereitet. Auch die gerechte Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum ist ein Beitrag, um den rechten Rattenfängern den Boden zu entziehen.

In diesem Sinne wollen wir gemeinsam politisch Einfluss nehmen.

Glück auf.



Norbert Wichmann ist Referent für Bildung/Berufliche Bildung/Handwerk beim DGB Bezirk NRW.

E-Mail: Ute (Punkt) Neuhaus (at) dgb (Punkt) de
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