Antikriegstag 2007


 voriger

 nächster


siehe auch:

Ablauf
Demo
15.09.2007


Antikriegstag 2007

 Demonstration 15.9.2007 Berlin

"Frieden für Afghanistan - keine Verlängerung der Bundeswehreinsätze" in Berlin am 15.9.2007

Stoppt den Wahnsinn
Truppenabzug aus Afghanistan ist ein wichtiger Schritt zum Frieden im Mittleren Osten

Mohssen Massarrat

- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 15.09.07, Redebeginn, ca: 14.30 Uhr

1998 legitimierte die Bundesregierung die deutsche Beteiligung am US-Krieg gegen Jugoslawien mit dem Slogan "Nie wieder Auschwitz". Nun ist sie dabei, mit "Nie wieder Taliban" die Teilnahme Deutschlands am US-Krieg in Afghanistan zu rechtfertigen. Die Verlängerung des Mandats der Bundeswehr in Afghanistan diene angeblich dem politischen und wirtschaftlichen Wiederaufbau. Ohne sie und ohne ISAF würden die Schulen erneut geschlossen und die Frauen wieder unter die Burka gesteckt. Diese scheinheilige Argumentation kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ISAF und Enduring Freedom beide Bestandteile einer US-Gesamt-Strategie nicht nur für Afghanistan, sondern für die gesamte Region des Mittleren und Nahen Ostens sind.

Nicht nur die Neokonservativen, sondern auch die Mehrheit der Demokraten verfolgen seit geraumer Zeit konsequent das Ziel - zahlreiche Indizien erhärten diese Annahme - den Mittleren und Nahen Osten durch den Sturz missliebiger Regime, durch das Schüren von ethnischen und religiösen Konflikten zwischen Arabern, Iraner und Kurden, zwischen Sunniten und Schiiten und durch die Spaltung der Völker in feindliche Gruppen - wie in Libanon und Palästina - in einem permanenten Kriegszustand zu halten und die Region von einem Chaos in das nächste zu stürzen.

Wenn wir heute an alle Parteien im Deutschen Bundestag appellieren, zum Afghanistan-Einsatz NEIN zu sagen, dann sagen wir keineswegs nein zu humanitären Aufgaben. Unser NEIN gilt vor allem dem amerikanischen Kriegs- und Chaos-Plan im Mittleren und Nahen Osten. Wer die Mandatsverlängerung im Bundestag befürwortet, der legitimiert die US-Verbrechen in der gesamten Region. Wem es aber wirklich eine Herzenssache ist, dass die afghanische Bevölkerung das ihr gestohlene Selbstvertrauen zurückgewinnt, um ihr arg gebeuteltes Land wieder aufzubauen, dem empfehlen wir, sich darüber Gedanken zu machen, wie der Krieg in Afghanistan schnellstens beendet werden kann. Ich stelle mir dazu folgende sofort realisierbare Schritte vor:



1.Verhandlungen zwischen dem afghanischen Präsidenten Karsai und den Taliban zur Bildung einer nationalen Übergangsregierung. Die Bereitschaft zum Dialog und zur Mitwirkung aller relevanten Kräfte, also auch der Taliban, ist die unverzichtbare Grundlage für den inneren Frieden und den Aufbau einer pluralistischen Gesellschaft.



2.Die Festlegung eines verbindlichen Zeitplans für den Abzug aller ausländischen Truppen.



3.Die mit den Taliban gebildete Übergangsregierung entscheidet im Konsens, ob und welche Art von internationalen Truppen die Besatzungsarmeen ersetzen sollen, um Bürgerkrieg und noch größeres Chaos in der Übergangsphase zu verhindern und stabile Rahmenbedingungen für den Aufbau eines neuen politischen Systems herzustellen.



-Mit unserm NEIN zu Amerikas Kriegs- und Chaosplan sagen wir auch entschieden NEIN zu einem Krieg gegen den Iran.


Der harte Kern der US-Neokonservativen ist weiterhin entschlossen, gegen den Iran einen Luftkrieg zu führen. Leider handeln sie nicht auf eigene Faust. Für das Projekt Amerikas Jahrhundert steht im Mittleren Osten, und vor allem im Iran, sehr viel auf dem Spiel. Es geht um die vollständige Kontrolle der Energieressourcen im gesamten Mittleren und Nahen Osten. Es geht ums Öl als einem wirkungsvollen Hebel für die hegemoniale Herrschaft auf dem ganzen Globus und es geht schließlich auch darum, dass der Dollar auch in diesem Jahrhundert seine Position als internationale Leitwährung beibehält. Irans Islamische Republik ist das größte Hindernis für das Projekt American Century der Neocons. Deshalb soll Irans zentralistisches Staatssystem zerschlagen werden, deshalb sollen im Iran viele sich gegenseitig bekämpfende ethnische und religiöse Machtzentren entstehen. Zu diesem Zweck hat das Pentagon laut Sunday Times vom 2. September bereits einen "Drei-Tage-Blitzkriegs-Plan" vorgelegt, der - ganz nach dem Muster von Hitlers Überfall 1939 auf Polen und Israels Überfall 1967 auf Ägypten, Syrien und Jordanien - 1.200 Ziele in kürzester Zeit zerstören soll. Die Zerstörung iranischer Atomanlagen, die den Hauptvorwand für den Krieg liefern, wäre dabei lediglich eine Nebensache. Es geht den Geostrategen der USA keineswegs um die Verhinderung iranischer Atombomben. Es geht um die Zerstörung des gesamten Militärapparates, auch um die Zerstörung der gesamten zivilen Infrastruktur, wie Brücken, Transport- und Kommunikationsverbindungen, Kraftwerke etc. Bush wiederholt immer häufiger die absurde Behauptung eines "zweiten Holocausts durch Irans Atombomben", um ein gigantisches und neues Verbrechen im Mittleren Osten zu rechtfertigen. Die gezielte Propaganda zur psychologischen Kriegsvorbereitung hat Dick Cheney bereits persönlich angeordnet.

Dennoch beschwichtigt Europas Mainstream immer noch die Kriegsgefahr. Ihr stärkstes Argument ist, dass man angesichts von ungeheuren und unkalkulierbaren Folgen eines Iran-Krieges der US-Regierung paranoide Kriegsbesessenheit unterstellen müsste. Tatsächlich muss man aber dem harten Kern der US-Neocons - wie der Irakkrieg zeigt - gar nichts unterstellen. Sie sind in dieser Hinsicht von fanatischen Nationalsozialisten nicht allzu weit entfernt, für ihre Mission notfalls alles zu riskieren. Der vermeintliche Grund zur Beruhigung gibt eigentlich Anlass zu allergrößter Sorge.

Gegen alle diese Motive und Indizien für einen Iran-Krieg noch innerhalb der Amtsperiode von Bush und Cheney haben europäische Apeasement-Politiker und Journalisten zahlreiche Einwände parat. Ihr stärkster Einwand ist aber, dass man angesichts von ungeheuren und unkalkulierbaren Folgen eines Iran-Krieges der US-Regierung paranoide Kriegsbesessenheit unterstellen müsste. Tatsächlich muss man aber dem harten Kern der US-Neocons - wie der Irakkrieg zeigt - gar nichts unterstellen. Sie sind in dieser Hinsicht von den Nationalsozialisten nicht allzu weit entfernt, für ihre Mission notfalls alles zu riskieren. Der vermeintliche Grund zur Beruhigung gibt eigentlich Anlass zu allergrößter Sorge. Angesichts der totalitären Machtfülle des US-Präsidenten in Sachen Krieg, die der Außenpolitik totalitärer Staaten in Nichts nachsteht, wird die nach innen gerichtete amerikanische Demokratie - das muss man leider auch feststellen - ein neues internationales Desaster schwer stoppen können, es sei denn, die US-Kriegsgegner erhielten wirksame Schützenhilfe.

Wenn ich hier - und mit mir viele andere aus der Friedensbewegung - auf Grund zahlreicher Indizien in voller Sorge vom worst case ausgehe und einen us-israelischen Krieg gegen den Iran für möglich, ja für wahrscheinlich halte, dann ausschließlich in der Hoffnung, ihn durch die Mobilisierung der Friedenskräfte vielleicht noch verhindern zu können. Wir Kriegsgegner in Europa, vor allem in Deutschland, in Großbritannien und insbesondere in Sarkozys Frankreich müssen die Gefahr eines neuen US-Abenteuers auf die politische Agenda setzen. Ein NEIN zur Verlängerung des Mandats der Bundeswehr in Afghanistan ist dazu ein bedeutender Schritt.



Mohssen Massarrat ist Sozialwissenschaftler. Vita siehe hier

E-Mail: Mohssen (Punkt) Massarrat (at) uos (Punkt) de

Website: www.sozialwiss.uni-osnabrueck.de/dozent/massarrat/home.htm
 voriger

 nächster




       
Bereich:

Netzwerk
Die anderen Bereiche der Netzwerk-Website
          
Themen   FriedensForum Ex-Jugo Termine   Aktuelles