Antikriegs-
Tag 2011

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31.08.2011


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Antikriegstag 2011

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für die Antikriegstagsveranstaltuung in Stuttagrt am 1. September 2011

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde

Bernhard Löffler (in Stuttgart)



- Sperrfrist: 01. September 2011, 17 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort! -



Ich darf Sie / ich darf Euch alle hier in Stuttgart zur Gedenkstunde anlässlich des heutigen Antikriegstages im Namen der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Bund der Antifaschisten und des DGB begrüßen.



Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde!

Genau 50 Jahre ist es her, da lautete 1961 das Mai-Motto des DGB "Freiheit und Frieden für die ganze Welt"

Diese Forderung ist heute, 50 Jahre später, leider aktueller denn je. Wie wenig Geschichtsbewusstsein vorhanden ist, haben wir heute erst wieder zur Kenntnis nehmen müssen: Da kommt Tatsächlich eine Beraterin der Bundeswehr ins Berufsinformationszentrum der Arbeitsagentur Heilbronn - und das ausgerechnet am Antikriegstag! Wir haben uns dazu entsprechend zu Wort gemeldet, denn wir empfinden dies als offenen Affront gegen jeden, der sich für den Frieden im Kleinen wie im Großen stark macht: Wir begehen hier den Antikriegstag - und anderswo wird gleichzeitig jungen Leuten, die aktuell zum Teil ja leider beruflich keine große Auswahl haben, der Eintritt in eine Karriere bei der Bundeswehr empfohlen! - Das ist unglaublich und für uns in keiner Weise hinnehmbar! Junge Menschen werden geworben.um später an Einsätzen der Bundeswehr, wie zum Beispiel in Afghanistan, teilzunehmen.

2011 jährt sich der Kriegsbeginn in Afghanistan zum zehnten Mal. Die Nachrichten über Opfer der Kampfhandlungen erreichen uns fast täglich. Wir sitzen vor unseren Fernsehgeräten - sehen die schrecklichen Bilder und stellen fest, dass diese Bilder in diesen letzten 10 Jahren zur Gewohnheit geworden sind. Wir dürfen uns nicht an die Kriegsbilder gewöhnen! Wir dürfen uns nicht an eine vermeintliche Normalität von Gewalt und Krieg gewöhnen und dürfen nicht aufhören aufzuklären, was die Menschen brauchen.

Was die Menschen Afghanistan brauchen, ist nicht unsere Abstumpfung und Kriegsgewöhnung - sondern unsere Solidarität: Diese Menschen brauchen Arbeit und Stabilität statt Unsicherheit und Gewalt. Wir fordern die Bundesregierung auf, den Bundeswehreinsatz in Afghanistan sofort zu beenden und die Zivilgesellschaft stärker zu unterstützen!

Der Einsatz in Afghanistan ist der Vorbote für weitere Auslandseinsätze der Bundeswehr. Ihre Neuausrichtung zur Interventionsarmee lehnen wir entschieden ab. Wir sind überzeugt: Die Bundeswehr braucht als Berufsarmee stärkere demokratische Kontrolle und enge Verbindungen in die demokratische Gesellschaft.

Im Frühjahr dieses Jahres begannen große Proteste in der arabischen Welt. Die Welle des demokratischen Aufbruchs breitete sich als eine Art "Hoffnungswelle" nach und nach auf die meisten Länder Nordafrikas und der arabischen Halbinsel aus und brachte die Regime in Tunesien, Ägypten und jetzt auch in Libyen zu Fall. Gerade die junge Generation setzt dort große Hoffnungen darauf, dass diese Gesellschaften ihren Demokratieprozess friedlich und solidarisch fortführen.

Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für die Unterstützung dieses Prozesses - stärker als bisher - zu engagieren und den Demokratisierungsprozess in der arabischen Welt auch finanziell zu unterstützen!

Und noch was, die Bundesregierung muss Lehren aus den Fehlern der Vergangenheit ziehen:

Die Waffen, die Machthaber in der arabischen Welt gegen ihr eigenes Volk einsetzen, haben unter anderem deutsche und europäische Rüstungsfirmen geliefert.

Und wieder spielt die weit über 100-jährige Waffenschmiede Oberndorf bei uns im Schwäbischen mit den Heckler und Koch - Sturmgewehren in Saudi-Arabien, aber auch in Libyen eine unrühmliche Rolle.

Deutschland ist der drittgrößte Waffenexporteur der Welt. Wir fordern die Bundesregierung einmal mehr auf, Rüstungsexporte in Krisenregionen zu verbieten und Rüstungsausgaben nachhaltig zu senken!

Das Ende der zivilen Nutzung der Atomkraft muss auch das Ende aller Atomwaffen sein. Trotz der Abrüstung nach dem Kalten Krieg sind noch immer über 23.000 Atomwaffen einsatzbereit, auch noch in Deutschland. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für ein atomwaffenfreies Deutschland und eine atomwaffenfreie Welt insgesamt einzusetzen.



Liebe Friedenfreunde und Friedensfreundinnen,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

Am Horn von Afrika, das sind Somalia, Äthiopien, Kenia und Sudan ereignet sich derzeit eine der schlimmsten Hungerkatastrophen. Millionen von Menschen sind dort von Dürre und Hunger betroffen. Dort kämpfen Menschen ums nackte Überleben und leider viel zu viele unterliegen in diesem Kampf:

Wir müssen endlich verstehen: Frieden ist weit mehr, als die Abwesenheit von Krieg: Wirklichen Friede setzt eine gerechtere Welt voraus: Und hier sind wir gefragt, ist unser Handeln gefordert: Jeder von uns kann dazu beitragen, dass ein wenig mehr Frieden auf dieser Welt wird, jeder von uns ist nämlich Teil dieser Welt...

Was Krieg in seiner letzten Konsequenz bedeutet, habe ich eindrucksvoll neu wahrgenommen, als ich letzte Woche ein Schreiben eines Mitbürgers erhielt, in welchem er seine Eindrücke anlässlich seines ersten Besuchs eines Soldatenfriedhofs im Elsass aufgeschrieben hat: Er schrieb darin: "Da irrt ein Schweizer mit Blumenschale 15 Minuten umher und sucht offensichtlich einen Verwandten, da blättern Angehörige verzweifelt im endlosen Verzeichnis, rufen währenddessen zu Haus an und fragen nach dem Geburtsdatum des Gefallenen, da vielleicht 10 Personen den gleichen Vor- und Zunamen tragen.. da schreibt ein 17-jähriger ins Gästebuch, dass er hier niemanden kenne und trotzdem zutiefst erschüttert sei" Seine emotionalen Gedanken fasst er im Anschluss in lyrische Zeilen zusammen: "Ihr Mächtigen der Welt, falls Ihr Euch wieder einmal anmaßt über Krieg und Frieden, Leben und Tod zu richten dann besucht zunächst diese mahnende Stätte und seht die Früchte": . "Schaut genau hin und geht an den nicht enden wollenden Reihen der schlichten und einheitlich akkurat ausgerichteten Gräbern gezielt vorbei: Lest die Namen und vor allem die Geburts- und Sterbedaten" . - "Stellt Euch vor, es ist euer Sohn, der dort liegt!"... Heute ist der 1. September - Antikriegstag! - ein Tag an dem wir uns auf die tiefe Sehnsucht aller Menschen nach Frieden besinnen: In allen Ländern dieser Erde leben Menschen, die ein Recht auf ein friedliches Zusammenleben haben - die sich für sich und ihre Familien Frieden und ein Leben ohne Angst und Sorge wünschen - Waffen, das wissen wir alle, schaffen keinen Frieden, keine Demokratie, keine Sicherheit und keine Gerechtigkeit Jede Form von Menschenverachtung, Kriegsverherrlichung und Chauvinismus ist ein Angriff auf die Menschenwürde.

Dies zu bekämpfen ist eine zentrale Aufgabe des demokratischen Staates. Dafür müssen ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.

Wir fordern alle politischen Vertreterinnen und Vertreter auf, die NPD und alle rechtsextremen Organisationen endgültig zu verbieten.

Rechtsextremismus und Rassismus darf in unserer Gesellschaft kein Raum gegeben werden.

Wir wollen alle in einer friedlichen Welt leben: Doch Frieden entsteht nicht von selbst: Dazu bedarf es Menschen, die sich für den Frieden einsetzen: Gut dass Sie alle da sind / dass ihr alle da seid um zu zeigen, dass wir alle eine friedlichere Welt wollen.

Wie Frieden entsteht, seine gesellschaftliche Dimension - dazu wird gleich nach dem Musikstück Ilse Kestin, Landessprecherin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes undIG Metall- Sekretärin sprechen.

Doch zunächst hören wir nochmals Hans Kumpf, dem ich an dieser Stelle ganz herzlich für die musikalische Umrahmung unserer Gedenkstunde danken möchte.

Nach Ilse Kestin werden wir den Kranz in Erinnerung aller Opfer von Krieg und Faschismus niederlegen um zum Abschluss noch gemeinsam das Moorsoldatenlied zu singen.


Bernhard Löffler ist Regionsvorsitzender des DGB Nordwürttemberg

E-Mail: stuttgart (at) dgb (Punkt) de

Website: www.nordwuerttemberg.dgb.de
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